Wilhelm Fürstenberg

Wilhelm Fürstenberg

Johann Wilhelm von Fürstenberg (* 1500 in Neheim; † 1568 bei Jaroslawl, Russland) war der vorletzte Landmeister des Deutschen Ordens in Livland.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Familie

Geboren wurde Wilhelm von Fürstenberg als Sohn des Neheimer Drosten gleichen Namens und dessen Frau Sophia von Witten. Während sein Bruder Georg Nachfolger des Vaters als Drost von Neheim wurde, trat Wilhelm bereits etwa vierzehn bis sechszehnjährig in den Deutschen Orden ein. Dieser war als Versorgungseinrichtung für nachgeborene adelige Söhne aus Westfalen von erheblicher Bedeutung. Es war daher kein Zufall, dass im 16. Jahrhundert führende Mitglieder des Ordens aus dieser Region stammten. Wilhelm folgte auch dem Vorbild zahlreicher Mitglieder aus den verschiedenen Zweigen der Familie von Fürstenberg. Wie diese wurde er nach Livland geschickt, wo er im Laufe der Zeit wichtige Positionen erreichte.

Koadjutor in Livland

Im Jahr 1523 wurde er Schenk und später Komtur von Dünaburg und Fellin. Seit 1556 amtierte er als Koadjutor für den Ordensmeister Heinrich von Galen. Er war damit bereits faktisch mit der Leitung des Ordens in Livland betraut. Seine Politik zielte darauf, die Unabhängigkeit des Ordensstaates zu erhalten. Eine Annäherung an Preußen, Russland oder Polen lehnte er ab. Im Gegenteil hat er offenbar das Ziel verfolgt, dass 1525 durch Albrecht von Hohenzollern in ein weltliches Fürstentum umgewandelte Preußen, für den Orden zurück zu gewinnen. Seine Ziele versuchte er durch diplomatische Kontakte unter anderem mit Dänemark und Schweden durchzusetzen. Als es schien, dass das Erzbistum Riga durch den Koadjutor Christoph von Mecklenburg in ein weltliches Fürstentum umgewandelt werden könnte, marschierte Wilhelm 1556 mit einem Ordensheer im Bistum ein und nahm den Bischof gefangen. Auf Druck Polens und des mit diesen in Personalunion verbundenen Großfürstentum Litauen musste er allerdings wieder abziehen. Außerdem wurde der Konflikt Thema des Reichstages in Regensburg im Jahr 1557. Der deutsche König und spätere Kaiser Ferdinand I. befahl dabei den Rückzug aus Riga.

Zeit als Landmeister und Rücktritt

Am 20. Mai 1557 wurde Wilhelm von Fürstenberg Nachfolger des verstorbenen von Galen als Ordensmeister. Allerdings musste er erkennen, dass der Ordensstaat allein zu schwach war, um sich gegenüber dem Russland Iwans IV. („der Schreckliche“) zu behaupten. Von Fürstenberg schloss daher am 14. September 1557 ein Bündnis mit König Sigismund August II. von Polen. Iwan IV. sah darin einen Verstoß gegen einen älteren Friedensvertrag mit Russland und griff den Ordensstaat an. Dessen Armee bestand kaum noch aus kämpfenden Angehörigen des Ordens, sondern vor allem aus Söldnern, und war insgesamt schwach. Mit Hilfegesuchen wandte sich von Fürstenberg vergeblich an Schweden, Dänemark, an das Heilige Römische Reich und schließlich an Polen. Die russischen Truppen konnten daher ohne größeren Verluste Narwa und Dorpat besetzen.

Auch im Inneren des Ordenstaates kam es zu Spannungen. Wilhelm von Fürstenberg wurde als Koadjutor der ebenfalls aus Westfalen stammende Gotthard Kettler zu Seite gestellt. Während Wilhelm weiter auf eine Zusammenarbeit mit Schweden und Dänemark setzte, sprach sich Kettler für eine stärkere Anlehnung an Polen aus. Wilhelms Bemühungen waren dabei weitgehend gescheitert, stattdessen konnte Kettler vorübergehend die militärische Lage stabilisieren. Der Koadjutor bestimmte nunmehr weitgehend die Politik des Ordensstaates. Am 31. August 1559 kam es durch die Abtretung eines Gebietes an der mittleren Düna zu einem Bündnis mit Polen. Daraufhin legte Wilhelm von Fürstenberg das Amt des Landmeisters zu Gunsten Kettlers nieder. Allerdings behielt Wilhelm wichtige Ämter im Ordensstaat. Für diesen verwaltete er größere Gebiete und war im April 1560 Oberbefehlshaber der wichtigen und starken Festung Fellin.

Krieg gegen Russland und Gefangenschaft

Allerdings haben sich die Hoffnungen auf aktive Unterstützung des Ordensstaates durch Polen nicht erfüllt und die russischen Truppen besetzten nach und nach einen immer größeren Teil des Livlands. Am 2. August 1560 kam es bei Ermes zur letzten Feldschlacht des Krieges. Ein Großteil der Ordensritter und der Söldner wurden getötet oder später hingerichtet. Die russischen Truppen belagerten daraufhin unter anderem die Festung Fellin. Wilhelm von Fürstenberg gelang es zwei Wochen lang sich zu verteidigen, ehe Meuterei und Verrat der Söldner die Aufgabe erzwangen. Von Fürstenberg wurde von russischen Soldaten gefangen genommen und konnte nur noch tatenlos den Zusammenbruch des Ordensstaates mit ansehen. Einige Inseln fielen an Dänemark, Estland wurde schwedisch. Nur Kurland konnte von Ketteler als weltliches Lehen unter polnischer Oberhoheit behaupten. Am 5. März 1562 legte Ketteler die Insignien des Ordensmeisters ab und schwor dem polnischen König den Lehnseid.

Wilhelm blieb in russischer Gefangenschaft. Diese war offenbar nicht allzu streng, sah man ihn doch noch 1564 fern seinem eigentlichen Haftort bei Jaroslaw in Moskau. Diplomatische Bemühungen des Deutschen Ordens um eine Freilassung zu erreichen, blieben freilich vergebens. Iwan IV. machte stattdessen Wilhelm das Angebot, das ehemalige Ordensland von den Polen für Russland zu erobern und es von Fürstenberg als weltliches Herzogtum zu übertragen. Wilhelm von Fürstenberg hat dieses Angebot abgelehnt. Die letzte Nachricht von ihm war der Dank an den Orden für die Bemühungen um seine Freilassung vom 2. Januar 1568. Vermutlich kurze Zeit später ist Wilhelm von Fürstenberg gestorben.

Literatur

  • Werner Saure: Wilhelm von Fürstenberg (1500-1568). In: Michael Gosmann (Hrsg.): Fürstenberger Skizzen – Streifzüge durch 700 Jahre westfälische Familien und Landesgeschichte. Arnsberg, 1995. S.33-38
  • Johann Wilhelm von Fürstenberg. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 8, Duncker & Humblot, Leipzig 1878, S. 246.

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