Wildfangkrieg

Wildfangkrieg

Der Begriff Wildfang hat mehrere unterschiedliche Bedeutungen.

Inhaltsverzeichnis

Tierhaltung

In der Tierhaltung wird dieser Begriff verwendet, um Tiere zu bezeichnen, die der Natur entnommen wurden und nicht aus Nachzuchten in Gefangenschaft stammen. Wildfänge sind häufig in Zoos anzutreffen. In der Terraristik, Aquaristik und Vogelhaltung werden auch Privathaltern Wildfänge verkauft. Bei Fischen gilt dies vor allem für solche Tiere, die nur sehr schwierig nachzuzüchten sind. Wildfänge sind aufgrund des meist schlechten Gesundheitszustandes der Tiere nach dem Fangen, welcher sich vor allem durch den Transport ergibt, und der Verringerung der natürlichen Bestände zu vermeiden.

Wildfänge gehören generell nicht in die Hände unerfahrener Pfleger und unterliegen darüber hinaus strengen behördlichen Auflagen. Wildfänge werden auf Herkunftsbescheinigungen mit WF gefolgt vom Jahr der Gefangennahme gekennzeichnet, z. B. WF06. Die Mortalitätsrate vom Fang bis zum Endverbraucher ist je nach Tierart, Fangmethode, Transportmethode und anderen Faktoren stark schwankend. Sie kann zwischen 0 und 100 % liegen, durchschnittliche Mortalitätsraten zwischen 50 und 70 % sind keine Seltenheit.

Rechtsbegriff im Mittelalter

Ein Wildfang ist in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Rechtssprache eine Person ohne eigenen Leibherrn, die aus einer anderen Gegend zugezogen war und die deshalb Leibeigene des Ortsherrn wurde.

Mädchen

Hauptartikel: Tomboy

Mädchen mit eher typisch männlichem anstatt weiblichem Verhalten bezeichnet man auch als Wildfang. Umgangssprachlich und in Romanen wird der Begriff für lebhafte Mädchen verwendet, die gern mit Jungen und deren Spielsachen spielen und raufen oder Freude an Schwertkämpfen haben. Die Bezeichnung bezieht sich gewöhnlich auf vorpubertäres bis pubertäres Alter, selten auf Jugendliche. Wird der Begriff wissenschaftlich verwendet, spielt auch die Auflehnung gegen die Geschlechterrolle (das Frau-Sein) eine Rolle.

Etymologie

Wildfang stammt vom spätmittelhochdeutschen wiltvanc. Die genaue Bedeutungsentwicklung ist sehr unklar, aber schon im 15. Jh. verschmelzen die ursprüngliche Tätigkeitsbezeichnung „das Wild“ + „fangen“ und die Sachbezeichnung mit dem Adjektiv „wild“ (freilebend, damit auch ungestüm, ungezähmt) + „der Fang“ (die Beute). So kam es zum nebeneinander der Bedeutungen:[1][2][3][4]

  • 1.) Fang des Wildes und im übertragenen Sinne auch Jagdrecht und Jagdrevier welches heute nicht mehr in Gebrauch ist.
  • 2.) Übertragung auf den zu fangenden Gegenstand, das Ergebnis des Wildfanges, egal ob tot, lebendig oder noch zu fangend, was heute ebenfalls nicht mehr in Gebrauch ist.
  • 3.) Noch im Bereich der Jagd das mit Fallen oder Netzen lebendig gefangene Wild, im Gegensatz zum erschossenen Wild, was ab dem 18. Jahrhundert die überwiegende Bedeutung im Jagdbereich ist.
  • 4.) Es wird ausgedehnt auf
    • a.) andere Tiere als Wild, speziell auch für wild gefangene und gezähmte Vögel angewendet (zuerst Jagdvögel, später auf alle Vogelarten ausgedehnt), im Gegensatz zu in Gefangenschaft geborenen, und wird in dieser Bedeutung noch verwendet. Später wurde es auch auf Pferde übertragen. Somit geht der Zusammenhang zum eigentlichen Wild verloren und es wird allgemein „das wild [freilebend] Gefangene“, auch wenn es nicht Gegenstand der eigentlichen Jagd ist.
    • b.) Da wild gefangene Pferde oft größer und stärker als zahme Pferde waren übertrug man es auch auf andere Tiere, wenn sie außergewöhnlich groß waren, wie etwa Fische.
  • 5.) Im oberdeutschen Bereich, wie Elsaß ab dem 15. Jh. und in der Schweiz ab dem 17. Jh., wird es auch auf Obstbäume angewendet, dringt aber nicht in die Schriftsprache ein, wo stattdessen der synonyme Ausdruck Wildling eingang findet.
  • 6.) Es wird auch auf den Menschen ausgedehnt und bezeichnet dort
    • a.) einen heimatlos umherirrenden, einen Landstreicher und
    • b.) einen herrenlosen Menschen, einen Flüchtling, jemand der unter den Bedingen des Wildfangrechts vom Landesherren in den Untertanenverband aufgenommen werden kann. Dies führt beides zur allgemeinen Bedeutung „Fremder, Ausländer“.
  • c.) Schließlich bezeichnet es auch einen wilden, unbändigen oder wenigstens eigensinnigen Menschen, einen Taugenichts. Es wird ursprünglich als Schimpfwort verwendet, immer mehr abgeschwächt, wobei einen tadelnder Unterton bleibt und im 17. Jahrhundert wird diese Verwendung in die Schriftsprache aufgenommen. Es schwächt sich weiter ab auf „gedankenloser, leichtsinniger, lebhafter Mensch“, „die Gesetze des Anstandes leichtfertig übertretender Mensch“ und die Verwendung konzentriert sich immer mehr auf ausgelassene Jugendliche und Kinder, und wird immer mehr zum Kosewort. Manchmal wird es auch für jugendfrische ältere Menschen verwendet. Eine weitere überwiegende, aber nicht zwingende, Konzentration auf Mädchen findet erst im 20. Jahrhundert statt.

Siehe auch

Literatur

  • Thomas Meinecke: Tomboy. Roman. 1998. ISBN 3-518-40995-6
  • Thorsten Bisschopinck, Michael Pütsch, Mario Steinmetz: Untersuchungen zur Transportmortalität beim Import von Vögeln und Reptilien nach Deutschland

Einzelnachweise

  1. WILDFANG, WILDFANGRECHT ff. (Band 30, Spalten 71 - 77)“ in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. 16 Bde. [in 32 Teilbänden]., S. Hirzel, Leipzig 1854-1960
  2. Wildfang, der“ in: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1545-1546., bei zeno.org
  3. Wildfang“ in: Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 212.
  4. Wildfang“ in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 629

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