Wiener Singverein

Wiener Singverein
Wiener Singverein
Gustav Mahler: Sinfonie der Tausend (2009) – Wiener Singverein – Slovenský filharmonický zbor – Wiener Sängerknaben – Staatskapelle Berlin – Pierre Boulez im Goldenen Saal des Musikvereins
Sitz: Wien / Österreich
Träger: Wiener Musikverein
Gründung: 1858
Leiter: Johannes Prinz
Stimmen: ~230 (S A T B)
Website: http://www.singverein.at/

Der Wiener Singverein ist der Konzertchor des Wiener Musikvereins mit rund 230 Mitgliedern.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1812 wurde in der Winterreitschule der Wiener Hofburg das Händel-Oratorium Timotheus aufgeführt, ein Ereignis, das zur Gründung der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien führte.[1] Auf Antonio Salieris Initiative gehen die ersten Choraktivitäten des Musikvereins zurück, der beispielsweise 1824 auch an den Wiener Erst- bzw. Uraufführungen von Ludwig van Beethovens Missa solemnis und 9. Sinfonie beteiligt war.

Das Gründungsdatum des Chors in seiner heutigen Form ist 1858. Erster Chefdirigent bis zu seinem Wechsel an die Wiener Hofoper war Johann von Herbeck. Von Schuberts Singspiel Die Verschworenen, Brahms (Ein deutsches Requiem), über Anton Bruckner (Te Deum), Gustav Mahler (8. Sinfonie) und Franz Schmidt (Das Buch mit sieben Siegeln), bis hin zu Komponisten der zweiten Nachkriegszeit wie Christian Muthspiel, Arvo Pärt, Wolfram Wagner und Otto M. Zykan, reicht die Reihe der Uraufführungen, an denen der Singverein maßgeblich beteiligt war.

Seit seiner Gründung ist der Singverein Partner bedeutender Dirigenten, darunter Franz Schalk, Wilhelm Furtwängler, Dimitri Mitropoulos, Karl Böhm und Leonard Bernstein. Von 1947 bis 1989 prägte Herbert von Karajan das Profil des Chores und machte den Wiener Singverein auch durch Schallplattenaufnahmen und Konzertfilm-Produktionen auf Laserdisc weltbekannt.

Konzerttourneen gab es nach Australien, Japan und in die USA; weitere Konzerte u. a. in Israel, Athen, Berlin, Budapest, Frankfurt, London, Madrid, Moskau, München, Paris, Pisa, Rom und Zürich, ferner auch 1959 eine Aufführung des Bruckner-Te Deums im Vatican sowie 1985 jene von Mozarts Krönungsmesse bei einem Hochamt mit Papst Johannes Paul II. im Petersdom unter der Leitung von Karajan.

Chordirektoren

Zu den früheren Chordirektoren nach Johann Herbeck zählen Johannes Brahms, Ferdinand Grossmann, Reinhold Schmid und Helmuth Froschauer. Seit 1991 leitet den Singverein im Auftrag des Wiener Musikvereins Chordirektor Johannes Prinz.

Dirigenten und Orchester

In jüngerer Zeit arbeiteten mit dem Wiener Singverein u. a. Daniel Barenboim, Bertrand de Billy, Michael Boder, Andrey Boreyko, Pierre Boulez, Semyon Bychkov, Riccardo Chailly, Myung-Whun Chung, Christoph von Dohnányi, Gustavo Dudamel, Christoph Eschenbach, Wladimir Fedossejew, Adam Fischer, Rafael Frühbeck de Burgos, Daniele Gatti, Waleri Gergijew, Leopold Hager, Nikolaus Harnoncourt, Martin Haselböck, Kristjan Järvi, Mariss Jansons, Ton Koopman, Markus Landerer, Fabio Luisi, Sir Charles Mackerras, Guido Mancusi, Wayne Marshall, Zubin Mehta, Cornelius Meister, Ingo Metzmacher, Riccardo Muti, Andrés Orozco-Estrada, Eiji Ōue, Seiji Ozawa, Krzysztof Penderecki, Georges Prêtre, Sir Simon Rattle, Wolfgang Sawallisch, Tugan Sokhiev, Christian Thielemann, Marcello Viotti, Bruno Weil und Franz Welser-Möst.

Unter den kontinuierlich mit dem Singverein konzertierenden Wiener Orchestern sind zu nennen die Wiener Philharmoniker, die Wiener Symphoniker, das RSO Wien sowie das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich. Unter den auswärtigen Orchestern sind u. a. die Berliner Philharmoniker, die Staatskapelle Berlin, das Bayerische Staatsorchester, die Capella Leopoldina, das Cleveland Orchestra, das Koninklijk Concertgebouworkest Amsterdam, das Philharmonia Orchestra London, L’Orchestre philharmonique de Radio France und das Orchestre National de France, das Gewandhausorchester Leipzig, die Österreich-Ungarische Haydnphilharmonie, das Mozarteum Orchester Salzburg, Osaka Philharmonic Orchestra, das Tschaikowsky-Symphonieorchester des Moskauer Rundfunks, die Sinfónica de la Juventud Venezolana Simón Bolívar, das Orchestra Giovanile Luigi Cherubini sowie das Kammerorchester des Opernhauses Zürich.

Jubiläum 2008 und Aktuelles

Die Jubiläums-Saison 150 Jahre Wiener Singverein (2008) wurde u. a. mit einer Konzertreise nach Moskau (Festakt mit der Missa Solemnis im Tschaikowski-Konservatorium), einem Festakt sowie einem gemeinsamen Konzert mit der Wiener Singakademie begangen, bei der sowohl im Musikvereinsgebäude als auch im Wiener Konzerthaus das Requiem von Hector Berlioz erklang. Als letzte Jubiläumskonzerte fanden in Amsterdam und Wien, gemeinsam mit dem Koninklijk Concertgebouworkest unter Mariss Jansons vier Aufführungen von Antonín Dvořáks Requiem op. 89 sowie schließlich ein Leonard-Bernstein-Konzert und eine Festmesse mit Kardinal Christoph Schönborn mit der Aufführung von Beethovens Messe in C-Dur op. 86 im Stephansdom statt.

Die Saison 2009/10 begann u. a. mit einer Konzertreise nach Japan, wo in der Izumi-Hall in Osaka Konzerte mit Haydns Schöpfung und Brahms' Requiem stattfanden. Unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt wurde anlässlich seines 80. Geburtstags wieder das Buch mit sieben Siegeln aufgeführt. Pierre Boulez leitete anlässlich seines 85. Geburtstages Konzerte mit den Wiener Philharmonikern und dem Singverein; zu Gehör kamen dabei das Lied der Nacht (Symphonie Nr. 3, op. 27) von Szymanowski und die Symphonie de psaumes von Strawinski sowie die Glagolitische Messe (Glagolská mše) von Janáček. Außerdem wurde der Chor erstmals von Christian Thielemann zur Aufführung von Beethovens 9. Symphonie in dem Gesamtzyklus der Beethoven-Symphonien mit den Wiener Philharmonikern herangezogen. Auch am Wiener Sommernachtskonzert 2010, das die Philharmoniker im Park von Schloss Schönbrunn gaben und das live vom ORF und international auf 3Sat übertragen wurde, war der Singverein mit der Darbietung von Otto Nicolais Mondchor aus den Lustigen Weibern von Windsor beteiligt. Nach zwei Aufführungen von Arthur Honeggers Jeanne d’Arc au bûcher im Linzer Brucknerhaus und in Wien – mit dem RSO unter Bertrand de Billy, Johanna Wokalek, Peter Matic, Herbert Lippert und den Wiener Sängerknaben – hat der Chor mit diesem Werk auch bei den Salzburger Festspielen in der Felsenreitschule gastiert. Es war das letzte Konzert von de Billy als Chefdirigent des RSO, die Jeanne verkörperte Fanny Ardant. Darüber hinaus bot der Singverein beim Musik-Festival Grafenegg Felix Mendelssohn Bartholdys Kantate Die erste Walpurgisnacht (MWV D 3) dar.

Zur Feier des hundertjährigen Jubiläums der Uraufführung von Mahlers 8. Sinfonie (Sinfonie der Tausend), an der der Singverein im September 1910 beteiligt war, war der Chor neben dem Philharmonischen Chor München und dem Tölzer Knabenchor zur Mitwirkung in der Philharmonie im Gasteig eingeladen, die Aufführungen haben unter Leitung von Christian Thielemann im Oktober 2010 stattgefunden.

Für das Jahr 2011 wurden u. a. Konzerte mit Werken von Olivier Messiaen, Schostakowitsch und Mahler unter Ingo Metzmacher, Bruckners e-Moll-Messe und Chorwerke von Benjamin Britten, John Stainer, Henry Balfour Gardiner und Peter Planyavsky sowie ein Bach-Händel-Programm unter Johannes Prinz einstudiert. Erstmals fanden Auftritte unter der Leitung von Cornelius Meister und Gustavo Dudamel statt, der bei den Salzburger Festspielen eine Aufführung von Mahlers Zweiter Sinfonie leitete.

Neuere Tonträgeraufzeichnungen (CD oder DVD)

  • L. v. Beethoven Symphonie Nr. 9 – Ode an die Freude (Wiener Philharmoniker – C. Thielemann) – DVD[2]
  • J. Brahms Ein deutsches Requiem (Cleveland Orchestra – F. Welser-Möst)
  • A. Dvorak Requiem (Koninklijk Concertgebouworkest – M. Jansons)
  • G. Mahler Symphonie Nr. 2 – Auferstehung (Wiener Philharmoniker – G. Kaplan)
  • G. Mahler Symphonie Nr. 2 – Auferstehung (Wiener Philharmoniker – P. Boulez)
  • G. Mahler Symphonie Nr. 3 (Bayerisches Staatsorchester – Z. Mehta)
  • G. Mahler Symphonie Nr. 3 (Wiener Philharmoniker – P. Boulez)
  • O. Nicolai: Mondchor aus Die lustigen Weiber von Windsor (Sommernachtskonzert Schönbrunn 2010, Wiener Philharmoniker, F. Welser-Möst)
  • R. Schumann Manfred – Schauspielmusik (Tonkünstler Orchester NÖ – B. Weil)
  • F. Schmidt Das Buch mit sieben Siegeln (Wiener Philharmoniker – N. Harnoncourt)
  • F. Schmidt Das Buch mit sieben Siegeln (Tonkünstler Orchester NÖ – K. Järvi)
  • K. Szymanowski Symphonie Nr. 3 – Lied der Nacht (Wiener Philharmoniker – P. Boulez) – ECHO Klassik für die Sinfonische Einspielung des Jahres 2011
  • R. Wagner Tristan und Isolde – Duett-Szenen (RSO Wien – B. de Billy)

Literatur

  • August Böhm: Geschichte des Singvereines der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Wien 1908.
  • Albrecht Claus: Geschichte des Singvereines der Gesellschaft der Musikfreunde 1858-1933. Wien 1933.
  • Gottfried Möser (Hrsg.): Festschrift 125 Jahre Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (1858-1983). Wien 1983 (Text: Desiree Hornek/Chronik: Rudolf Toncourt).
  • Gottfried Möser: Der Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien; seine Geschichte mit besonderer Darstellung der Jahre 1933 bis 2000. Diplomarbeit Universität Wien 2003.
  • Gottfried Möser: Das Chorwesen in Wien in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Diss. Universität Wien 2004.
  • Joachim Reiber: Wiener Singverein – Menschen Stimmen Götterfunken (2007). [1]

Einzelnachweise

  1. Händels Alexanderfest (Timotheus) in der Winterreitschule.
  2. Chorfinale von Beethovens Neunter Sinfonie, Wiener Philharmoniker, Christian Thielemann. Fernseh-Mitschnitt April 2010.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wiener Singverein — G. Mahler: Sinfonie der Tausend – Wiener Singverein – Slovenský filharmonický zbor – Petits Chanteurs de Vienne – Staatskapelle Berlin – Pierre Boulez dans le Musikverein Wiener Singve …   Wikipédia en Français

  • Wiener Singverein — The Wiener Singverein is a choir founded in 1858 in Vienna by the Society of Music Friends.The choir has 180 members, which makes it the largest in Vienna.External links* [http://www.singverein.at Official website] * [http://www.bach… …   Wikipedia

  • Wiener Singakademie — As the first mixed choir in Vienna, the Wiener Singakademie was founded in 1858 with the idea to establish a Singübungsanstalt (an institution for the training of voices). From the beginning, its repertory has been shaped by two major interests:… …   Wikipedia

  • Венское Певческое общество — Густав Малер: Симфония Nr. 8 – Венское певческое общество – Словенский филармонический хор – Венский хор мальчиков – Берлинская государственная капелла – Пьер Булез в Золотом зале Венской филармонии (Музикферайн, 2009) Венское певческое общество… …   Википедия

  • Sinfonie der Tausend — Erstaufführung in den USA 1916 unter Leopold Stokowski Die Sinfonie Nr. 8 (Es Dur) von Gustav Mahler, die auch unter dem nicht von Mahler stammenden Beinamen Sinfonie der Tausend bekannt ist, wurde im Sommer des Jahres 1906 komponiert und im… …   Deutsch Wikipedia

  • Symphonie der Tausend — Erstaufführung in den USA 1916 unter Leopold Stokowski Die Sinfonie Nr. 8 (Es Dur) von Gustav Mahler, die auch unter dem nicht von Mahler stammenden Beinamen Sinfonie der Tausend bekannt ist, wurde im Sommer des Jahres 1906 komponiert und im… …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Welser-Möst — (born 16 August 1960) is an Austrian conductor. Biography Franz Leopold Maria Möst was born in Linz, Austria and later studied under the composer Balduin Sulzer. As a youth in Linz, he studied the violin and had developed an interest in… …   Wikipedia

  • Liste von Chorleitern — Diese Liste führt Chorleiter ab 1900 auf. Inhaltsverzeichnis 1 Leiter von Berufschören 2 Kirchenmusiker und Kantoren 3 Leiter von Knabenchören 4 Leiter von Schulchören …   Deutsch Wikipedia

  • Gesellschaft der Musikfreunde — Die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (kurz: Wiener Musikverein) ist ein traditionsreicher Verein in Wien (Österreich) zur Förderung der musikalischen Kultur. Er wurde 1812 gegründet. Geschichte Am 29. November und 3. Dezember 1812 wurde in… …   Deutsch Wikipedia

  • The book with seven seals (oratorio) — The Book with Seven Seals ( Das Buch mit sieben Siegeln ) is an oratorio in german completed in 1937 and first presented in 1938 in Vienna by the Austrian composer Franz Schmidt on themes from the biblical Book of Revelation of Saint John. The… …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”