Wiener Naschmarkt

Wiener Naschmarkt
Typischer Stand am Wiener Naschmarkt
Naschmarkt um 1900

Der Naschmarkt ist ein Markt im 6. Wiener Gemeindebezirk Mariahilf. Er liegt an der Wienzeile, zwischen Getreidemarkt/Secession und Kettenbrücke auf dem überbauten Wienfluss. Der Naschmarkt ist mit 2,315 Hektar der größte innerstädtische Markt in Wien.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Name

Schon im 18. Jahrhundert existierte an den Ufern der Wien – am Gelände des heutigen Naschmarkts – ein Bauernmarkt, auf dem vorwiegend Milchprodukte gehandelt wurden. Dieser Markt befand sich an der Rechten Wienzeile und wurde im Norden durch die Elisabethbrücke (heute Karlsplatz/Operngasse), im Süden durch die heutige Treitlstraße und im Osten durch die Wiedner Hauptstraße begrenzt. Er war um 1780 durch Verlegung des Marktes von der Freyung entstanden, nachdem es dort wiederholt zu Konflikten zwischen dem Magistrat und dem Schottenkloster gekommen war. Zuvor befand sich an dieser Stelle ein städtischer Aschen- und Mistablagerungsplatz. Offiziell hieß er damals Kärntnertormarkt.

Der alte Naschmarkt an der Elisabethbrücke, mit Blick über die Kärntner Straße Richtung Stephansdom (spätes 19. Jh.)
Der alte Naschmarkt mit der Secession im Hintergrund (spätes 19. Jh.)
Naschmarkt (2006)

1793 wurde angeordnet, dass alles auf Wagen in die Stadt geführte Obst und Gemüse auf diesem Markt zum Verkauf gelangen muss. Alles mit Donauschiffen eintreffende Obst hatte hingegen auf dem bis etwa 1900 existierenden Schanzelmarkt gehandelt zu werden.

Auf die Frühzeit des Marktes gehen auch die beiden möglichen Ableitungen des in der Bevölkerung verbreiteten Namens Aschenmarkt zurück. Einerseits kann der Name von der früheren Nutzung des Areals als Deponie für Asche hergeleitet werden, möglich ist auch die Übernahme der alten Bezeichnung „Asch“ für die aus Eschenholz gefertigten Milchbehälter. Ab etwa 1820 ist die Benennung als Naschmarkt belegt, die wiederum möglicherweise von den teils exotischen Süßigkeiten und Waren, etwa in Zucker eingelegte Orangenschalen und Datteln, herrührte.

Im Zuge der Neugestaltung des Wientales durch Otto Wagner um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wurde der Verlauf der Wien reguliert, der Fluss weitgehend überbaut und die gewonnene Fläche als Marktgelände ausgewiesen. 1905 wurde der Kärntnertormarkt auch offiziell in Naschmarkt umbenannt. Er erstreckte sich damals von der heutigen Operngasse bis zum neu überdachten Wienflussgelände, schloss also Teile des Karlsplatzes mit ein. Im Zuge der umfangreichen städtebaulichen Maßnahmen jener Zeit (vgl. Wiener Ringstraße, Gründerzeit) war geplant den Markt abzusiedeln um Raum für einen Prachtboulevard von der Innenstadt bis zum Schloss Schönbrunn zu schaffen.

Auf dem Flohmarkt

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges vereitelte weitere große Umbauten in der Stadt, wodurch auch die Umsiedlung des Naschmarktes obsolet geworden war, und noch während des Krieges wurden die heute noch stehenden Stände und Gebäude des Marktes errichtet. 1916 wurde das stadtauswärts an den Markt anschließende Gelände vorübergehend als Viktualien­markt ausgebaut. Da an dieser Stelle der Stadt keine Anbindung an das Eisenbahnnetz bestand konnte sich der geplante Obst- und Gemüsegroßmarkt nicht etablieren und dieser Teil des Marktes wurde bald wieder aufgelassen. Heute befindet sich an dieser Stelle ein Parkplatz, auf dem seit den 1970er Jahren ein Flohmarkt stattfindet. Nach dem Ende des Krieges wurde 1919 auch der alte Teil des Marktes am Karlsplatz aufgelöst und der Naschmarkt hatte damit weitgehend seine heutige Gestalt bekommen. Pläne aus den 1970er-Jahren, den Naschmarkt aus Verkehrsgründen abzusiedeln, wurden nach Protesten letztlich nicht realisiert.[1]

Bis Anfang 2009 verlief die Grenze zwischen dem 4. und 6. Bezirk durch den Naschmarkt. Zum Zweck der Vereinfachung der Verwaltung wurde aufgrund eines Gemeinderatsbeschlusses der Anteil des 4. Bezirks an den 6. Bezirk abgetreten, weshalb der Naschmarkt heute zur Gänze auf Mariahilfer Gebiet liegt.[2]

Der Naschmarkt gilt als eine der Wiener Sehenswürdigkeiten. Der reine Marktbetrieb ist mittlerweile durch eine Vielzahl an gastronomischen Betrieben ergänzt worden.

Gegenwart

Verschiedenste Sorten Essig
Tücher am Flohmarkt

Am Naschmarkt werden vorwiegend Obst, Gemüse, Backwaren, Fisch und Fleisch gehandelt. Bekannt ist der Markt auch für das Angebot an internationalen Waren aus den Ländern des früheren Jugoslawien, Griechenland, der Türkei und zunehmend auch Ostasien, speziell Japan und China. Teils haben sich Gruppen von Geschäften mit ähnlichen Waren herausgebildet. So gibt es am inneren Ende, nahe der Secession mehrere Fischläden und im ersten Drittel des Marktes einige asiatische Geschäfte.

Seit einigen Jahren bietet der Markt auch eine große Auswahl an Gastronomiebetrieben. Speziell in der Zeit von 2001 bis 2004 wurden viele Geschäfte in Restaurants umgebaut. Im Sommer 2005 wurde diese Entwicklung durch eine Sperre gestoppt, die weitere Umwandlungen von Geschäften in Restaurants verbietet. Diese Sperre wurde im Jahre 2006 wieder aufgehoben. Seit dieser Zeit sind einige neue Lokalitäten in neu gebauten Ständen auf ehemaligen Parkplätzen entstanden. Durch die neue Marktordnung aus dem Jahr 2006 ist es den Gastronomiebetrieben gestattet, bis Mitternacht offenzuhalten. Daher ist vor allem in den Sommermonaten auch nachts reger Betrieb am Naschmarkt.

2010 befinden sich 123 fixe Marktstände auf dem Naschmarkt, weitere 35 Plätze für Landparteien, Marktfahrerinnen und Marktfahrer auf dem sogenannten Landparteienplatz. Die meisten Stände verkaufen wochentags von 6 bis 18.30 Uhr, samstags bis 17 Uhr.

Flohmarkt

Auf dem großen Parkplatz westlich des Naschmarkts, bei der U-Bahn-Station Kettenbrückengasse, findet jeden Samstag Wiens größter Flohmarkt statt. Händler sind hier nicht nur Privatpersonen, die sich einen Platz für einen Tag mieten, sondern auch regelmäßig ihren Geschäften nachgehende Antiquitätenhändler. Der Flohmarkt beginnt um 5 Uhr morgens, und vor allem die besseren Stücke der Antiquitätenhändler werden meist schon in den ersten Stunden des Flohmarktbetriebs gehandelt.

Erneuerung der Infrastruktur

Das städtische Marktamt (Magistratsabteilung 59) nimmt 2010 „eine grundlegende infrastrukturelle Sanierung und Revitalisierung“ in Angriff; 2015 sollen die Arbeiten fertig sein. Alle Wasser- (950 m) und Stromleitungen (5.750 m) sowie Kanalisation (2.050 m) und Regenwasserabfluss werden komplett erneuert, eine Abfallverdichtungsanlage und eine Problemstoffsammelstelle werden errichtet. Gehwege und Fahrbahnen im Bereich des Marktes (1.400 m² Betonsteine, 2.930 m² Betonfläche) werden erneuert und sollen barrierefrei gemacht werden. „Für die Wirtschaftstreibenden, die mit ihrem Stand unmittelbar von den Sanierungsarbeiten betroffen sind, wird es Ausweichcontainer geben.“ Die Gesamtkosten der Arbeiten wurden im Frühjahr 2010 mit 14,7 Mio. € angegeben[3]. Am 28. August 2010 erfolgte der Spatenstich für dieses Vorhaben. Es soll unter anderem auch eine moderne Abfallverdichtungsanlage errichtet werden, um den Markt ökologischer zu machen und die Entsorgungskosten zu senken. [4]

Umgebung

„Freihaus am Naschmarkt“, Karl Pippich (1916)

Am östlichen, der Innenstadt zugewandten Ende des Naschmarktes steht das 1897/98 errichtete Ausstellungsgebäude der Wiener Secession, kurz Secession genannt. An der Linken Wienzeile befindet sich auf Höhe des zentrumsnäheren Teils des Marktes das Theater an der Wien. Auf mittlerer Höhe schließt auf Seite des vierten Bezirks das Freihausviertel an, das in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erlebte und eine Reihe von Designer- und Delikatessengeschäften und Lokalen vorzuweisen hat.

In der nächsten Umgebung des Naschmarktes befinden sich auf der ganzen Länge Restaurants, Kaffeehäuser und kleinere Lokale, die teils schon früh öffnen und wo sich mitunter die Nachtschwärmer mit den Markthändlern mischen.

Wissenswertes

Der Naschmarkt ist Schauplatz des 2004 erschienen Romans Ohnehin von Doron Rabinovici.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Siehe dazu das Musical "Schabernack" von Misthaufen (Band)
  2. wien.at – Gesetz über die Änderung der Grenze zwischen dem 4. und 6. Bezirk
  3. Sanierung des Naschmarktes auf der Website der Stadt Wien
  4. http://wien.orf.at/stories/465783/

Literatur

  • Werner T. Bauer, Jörg Klauber (Fotograf): Die Wiener Märkte: 100 Märkte, von Naschmarkt bis Flohmarkt. Mit einer umfassenden Geschichte des Marktwesens in Wien. Falter, Wien 1996, ISBN 3-8543-9162-5
  • Beppo Beyerl: Der Naschmarkt – Wege durch Wiens kulinarisches Herz. edition moKKa, Wien 2009, ISBN 978-3-902693-22-8
  • Michael Lynn: Der Wiener Naschmarkt – Die Anatomie des Genießens. Holzhausen Verlag, Wien 2000, ISBN 3-8549-3008-9
  • Manfred Schenekl: Der Wiener Naschmarkt. Dissertation Universität Wien, Wien 2008 (Online-Version)
  • Achim Schneyder, Rudolf Semotan (Fotos): Auf dem Naschmarkt. Notizen eines Spaziergängers. Pichler, Wien / Graz / Klagenfurt 2009, ISBN 978-3-85431-480-6

Weblinks

 Commons: Naschmarkt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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