Wiener Hauptkläranlage

Wiener Hauptkläranlage

Die Hauptkläranlage Wien befindet sich am topografisch tiefsten Punkt der Stadt auf der Simmeringer Haide und reinigt täglich rund 500.000 m³ Abwässer, das sind rund 90 % des gesamten Wiener Abwassers bei Trockenwetter (der Rest wird in der Kläranlage Blumental in Liesing gereinigt). Sie wurde nach mehrjähriger Planung 1980 für ursprünglich 2 Millionen Einwohnergleichwerte (EGW) angelegt. Eigens für den Betrieb der Anlage wurden 1976 die Entsorgungsbetriebe Simmering gegründet, welche neben der Kläranlage bis zum Jahr 2000 auch eine Verbrennungsanlage für die anfallenden Klärschlämme sowie für Sondermüll, darunter auch die ausgesiebten Feststoffe, betrieben haben. Im Jahr 2000 wurde die thermische Klärschlamm- und Sonderabfallbehandlungsanlage der Entsorgungsbetriebe Simmering von Fernwärme Wien, die auch die thermischen Abfallbehandlungsanlagen Spittelau und Flötzersteig betreibt, übernommen und wird seitdem unter der Bezeichnung "Werk Simmeringer Haide" weitergeführt.

Inhaltsverzeichnis

Leistung

Das gesamte Gelände besitzt ein Ausmaß von rund 40 ha. Seit der Eröffnung der Erweiterung am 18. Juni 2005 kann die Anlage Abwasser im Ausmaß von 4 Millionen EGW reinigen, wobei die derzeitige Auslastung rund 3,25 Mio. EGW beträgt. Zudem kann seither eine Reinigungsleistung von über 95 % des BSB5 erreicht werden. Zuvor waren es rund 85 %. Mehr als 70 % des Stickstoffes können entfernt werden und die Durchlaufzeit des Abwassers beträgt rund 20 Stunden statt vormals 5 Stunden.

Pro Sekunde können 18 m³ (18.000 Liter) zur Reinigung aufgenommen werden. Da das Wiener Kanalsystem ein Mischwassersystem ist, d.h. sowohl Regenwasser als auch Gebäudeabwässer abgeleitet werden, wird bei Regenwetter überschüssiges Abwasser durch ein neues Rückhaltesystem aufgestaut, damit sämtliches Abwasser auch zur biologischen Reinigung gelangen kann. Vor dem Ausbau wurden bei Überlastung je 12 m³ zur biologischen und zur mechanischen Reinigung geleitet, was die Reinigungsleistung zu Regenzeiten dementsprechend dezimierte.

Anlagentechnik

  • 5 Verdichter mit je 45.000 Nm³/h bzw. je 1.250 kW.
  • Im Zwischenpumpwerk gibt es 8 Pumpen mit einer Leistung von je 2,6 m³/s und 6 Pumpen mit je 2,7 m³/s.
  • Im Verteilbauwerk gibt es 15 induktive Durchflussmessgeräte mit Regelklappen, DN 1200.
  • 15 Belebungsbecken mit einer Länge von je ca. 79 Metern, einer Breite von je rund 33 Meter und einer Tiefe von 5,5 Meter, was ein Gesamtvolumen von rund 171.000 m³ ergibt.
  • 15 Nachklärbecken mit einem Innendurchmesser von je 64 Metern, einer mittleren Tiefe von 4,1 Meter und einem Gesamtvolumen von 200.000 m³.

Funktionsweise dieser Kläranlage

Das über die Hauptsammelkanäle der Wiener Kanalisation gesammelte Abwasser wird im Schotterfang, der Rechenanlage, dem Sandfang und in den Vorklärbecken vom Großteil der ungelösten Verunreinigungen befreit. Dadurch lassen sich bereits 30 % der Schmutzstoffe entfernen. Danach folgt die biologische Reinigung, welche sich verschiedenster hinzugefügter Mikroorganismen bedient, welche die organischen Verunreinigungen in ihre chemischen Bestandteile wie Kohlenstoff aufspalten. Dazu stehen vier sogenannte Belebungsbecken zur Verfügung. Der für die Mikroorganismen wichtige Sauerstoff wird mittels 32 Kreisbelüftern eingeblasen.

Danach werden bereits in den Zuläufen zu den 16 Zwischenklärbecken, in denen die organischen Schlämme vom Abwasser getrennt werden, unter Beimengung von Eisen(III)chlorid Phosphate aus dem Wasser gefällt. Die Mikroorganismen setzen sich dann mitsamt dem aufgenommenen Schmutz als Belebtschlamm ab, von welchem ein Teil als Rücklaufschlamm in die Belebungsbecken der ersten Stufe rückgeführt werden, um die Anreicherung mit Mikroorganismen zu beschleunigen und den Abbauprozess intakt zu halten. Der Überschussschlamm hingegen wird in die Eindicker gepumpt.

Im Verteilbauwerk wird der Abwasserstrom dann gleichmäßig auf die 15 Belebungsbecken der zweiten Stufe aufgeteilt, wo das Abwasser von weiteren Verunreinigung u. A. durch Denitrifikation befreit wird. Daraufhin folgen 15 Nachklärbecken, mit je einem Durchmesser von 64 Metern. In diesen wird der nun verbliebene Klärschlamm ebenfalls in die Eindicker gepumpt, wo der gesamte Schlamm unter Einwirkung der Schwerkraft eingedickt und daraufhin in Wirbelschichtöfen verbrannt. Das verbliebene, nun von Schadstoffen befreite Abwasser, wird nach nun bereits rund 20 Stunden Durchlaufzeit (vor dem Ausbau waren es nur 5 Stunden) über die Auslaufgerinne in den Donaukanal eingeleitet.

Verbrennungsanlagen

Klärschlammverbrennung

In Wirbelschichtöfen werden die jährlich anfallenden rund 1,8 Mio. Tonnen Dünnschlamm vorsichtig erwärmt und mit Flockungshilfsmittel (Kunststoff in Pulverform) vermischt. Danach wird diese Masse durch zentrifugieren entwässert und es verbleiben jährlich rund 180.000 Tonnen Dickschlamm mit einem Feststoffanteil von 34 bis 37 %. Dieses Vorbehandlungsverfahren zur Verbrennung wurde in den Jahren 1986 bis 1990 in Zusammenarbeit mit den Lieferfirmen der Geräte und Additive so weit verbessert, dass die Verbrennungsanlage bis heute mit international beispielgebenden Leistungsdaten aufwarten kann. Dieses Verfahren wurde daher für die US-Bundesstaaten New York und Connecticut im großen Stil übernommen.

Durch eine hoch entwickelte Brenntechnologie kann der nun entwässerte Klärschlamm in drei Wirbelschichtöfen bei 850 bis 880° C zur Energiegewinnung genutzt werden. Die Gasleistung der drei Öfen beträgt zusammen 176.000 m³ pro Stunde.

Sonderabfallverbrennung

Neben den in der Kläranlage ausgesiebten und gefilterten Feststoffen werden auch Altöle, Gewerbe- und Industriemüll, Altmedikamente, Spitalmüll und Problemstoffe in zwei Drehrohröfen bei 1.200 °C verbrannt. Die Öfen haben eine Kapazität von 100.000 Tonnen jährlich und einen inneren Durchmesser von 4 Metern, eine Höhe von 14 Metern und drehen sich weniger als ein Mal pro Minute. Nach der Verbrennung verbleiben Schlacke, Asche und Rauchgas.

Energiegewinnung

Die Heißgase aller fünf Verbrennungsöfen vereinigen sich zu einem einzigen Rohr und werden zur Dampfproduktion herangezogen. Die Dampfkessel liefern ihren Dampf an zwei Dampfturbinen. Dieser Dampf wird zur Produktion von Strom und Fernwärme genutzt, welche über das Wiener Fernwärmenetz zur Beheizung und Warmwasserbereitung genützt wird. Somit werden pro Jahr 250.000 MWh Fernwärme und 47.000 MWh Strom für den Eigenverbrauch gewonnen.

Rauchgasreinigung

Nach den Dampfkesseln erzeugen Elektrofilter und vierstufige Gaswäscher ein sehr gut gereinigtes Abgas. Dennoch werden diese über eine energieneutrale Wiederaufheizung von 60 auf 110 °C und über Aktivkoksfilter (weltweit einzigartig bei einer Sonderabfallverbrennungsanlage) zusätzlich gereinigt, so dass letztendlich nur noch 3 Pikogramm Dioxine und Furane pro Kubikmeter in die Umwelt entlassen werden, was drei Hundertstel des Grenzwertes nach dem Österreichischen Luftreinhaltegesetz entspricht, welche zudem die strengsten der Welt sind. Zudem wird über die vorgeschrieben punktuelle Messung der einzelnen Schadstoffe wie Quecksilber (0,0008 mg/Nm³ bei einem Grenzwert von 0,1 mg/Nm³) eine kontinuierliche Dioxinüberwachung durchgeführt, welche die deutlichen Grenzwertunterschreitungen jeglicher Schadstoffe bestätigt. Auch Staub- und Stickstoffemmissionen (100 mg/Nm³) finden selbst ohne Katalysator in einem nur sehr geringen Ausmaß statt.

Siehe auch

Weblinks

48.17111111111116.4641666666677Koordinaten: 48° 10′ 16″ N, 16° 27′ 51″ O


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