Westfälische Hallenkirche

Westfälische Hallenkirche

Die Hallenkirche ist ein Bautyp, der durch die Gestalt des Langhauses gekennzeichnet ist. Dessen Schiffe sind von gleicher oder annähernd gleicher Höhe und meist unter einem gemeinsamen Satteldach vereinigt. Zusammen mit der Saalkirche, der Basilika und dem Zentralbau bildet er einen der vier Grundtypen des christlichen Kirchenbaus.

Inhaltsverzeichnis

Formen

Der Paderborner Dom, eine Hallenkirche des 13. Jahrhundert Die Joche der Seitenschiffe tragen einzelne Quersatteldächer.

Neben der am häufigsten anzutreffenden dreischiffigen Form, gibt es auch fünfschiffige und asymmetrische mit nur einem Seitenschiff. Hallenkirchen können schlichte Holzbalkendecken oder Gewölbe besitzen. Sie sind mit oder ohne Querhaus anzutreffen und mit unterschiedlicher Ausbildung des Chors erbaut. Da differenzierte Raumgliederungen zurücktreten, wirken Hallenkirche durch ihren großzügigen Innenraum.

Von einer pseudobasilikalen Hallenkirche spricht man, wenn die Raumhöhe in den Seitenschiffen entsprechend der Dachneigung deutlich unter der des Mittelschiffs bleibt. Im Unterschied zur Basilika hat die Hallenkirche keinen Obergaden (auch Lichtgaden), sondern eine Seitenwand über die volle Höhe des Bauwerks, deren Dimension, neben statischen Bedingungen, zu der Entwicklung der mit diesem Bautypus verbundenen gotischen Fensterhöhe bis dahin unbekannter Maße führte.

Geschichte

Innenraum der Wiesenkirche in Soest

Wohl seit dem 9. Jahrhundert begann in Italien die Entwicklung des dreischiffigen gewölbten Raumes, unterhalb des Chors als Grablege genannt. Eine solche Hallenkrypta zeigt z.B. auch der Dom zu Speyer. Die älteste Hallenkirche nördlich der Alpen ist die Bartholomäuskapelle in Paderborn aus dem Jahre 1017. Weitere frühe Beispiele von Hallenkirchen in Deutschland stammen aus dem 12. Jahrhundert. Seit dem 14. Jahrhundert wird dieser Bautyp bei Stadtpfarrkirchen bevorzugt. Als bedeutendste frühgotische Hallenkirche gilt die Elisabethkirche in Marburg. Einen Höhepunkt erreicht diese Bauform in den sieben Kirchenbauten des Burghausener Baumeisters Hans Stethaimer.

In der Gotik, insbesondere der Spätzeit, war die Hallenkirche besonders für Deutschland kennzeichnend, und gilt als typisch deutsche Sonderform „gotischen“ Stils. Einer der ersten Vertreter der süddeutschen Sondergotik war das durch die Baumeisterfamilie Parler errichtete Heilig-Kreuz-Münster in Schwäbisch Gmünd. Auftraggeber für den Kirchenbau war im Spätmittelalter immer öfter nicht mehr der Adel, sondern das aufstrebende Bürgertum: die Hallenkirche scheint diesen Verhältnissen angemessener: die Kirchgänger sind hier als einheitliche Gemeinde vereint und sitzen nicht verteilt in voneinander getrennten Logen. Bei der Hallenkirche entfallen gegenüber der Basilika eine Fensterzone, das Triforium, und die Strebebögen – einfache Strebepfeiler genügten.

Regionale Bauformen

Pfarrkirche Maria zur Höhe (Hohnekirche) in Soest

In den Städten Westfalens erreichten bürgerliche Hallenkirchen eine Sonderform von im Ideal quadratischem Grundriss. Wichtige Beispiele sind die Petrikirche in Dortmund, die Wiesenkirche in Soest und die Lambertikirche in Münster. Eine der ältesten westfälischen Hallenkirchen, an der sich die Entwicklung des westfälischen Typs der Hallenkirche, der architektonisch bis nach Nordosteuropa ausstrahlte, gut ablesen lässt, ist die Hohnekirche in Soest. Der Gemeinderaum dieser Kirche ist tatsächlich breiter als lang.

Die Schwarze Kirche in Kronstadt/Braşov, Rumänien

In Österreich wurde nach bedeutenden Vorläufern in Tulln (Dominikanerkirche) mit dem 1295 geweihten Hallenchor der Stiftskirche Heiligenkreuz eines der größten und zugleich innovativsten Beispiele dieses Bautypus errichtet. Ausgehend davon begann 1327 der Bau des Neuberger Münsters, einer besonders eindrucksvollen, architektonisch einheitlichen und klaren Halle mit geradem Chorabschluss.

St. Marien in Pirna (spätgotische Hallenkirche)

Eine weitere Form dieses Kirchenbautyps mit gleich hohen Schiffen stellen die so genannten obersächsischen Hallenkirchen dar. Beispiele sind der Freiberger Dom, die St. Wolfgangskirche in Schneeberg, die St. Marienkirche in Marienberg, die St. Annenkirche in Annaberg-Buchholz und die Marienkirche in Pirna.

Die größte spätgotische Hallenkirche östlich von Wien ist die Schwarze Kirche in Braşov, Siebenbürgen aus dem 14. Jahrhundert.

Weitere Hallenkirchen

Siehe unter Liste von Hallenkirchen

Weblinks


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