Werner Naumann (NSDAP)

Werner Naumann (NSDAP)

Werner Naumann (* 16. Juni 1909 in Guhrau, Schlesien; † 25. Oktober 1982 in Lüdenscheid), Dr. rer. nat., war Volkswirt sowie Nationalsozialist, Staatssekretär im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und zuvor persönlicher Referent von Joseph Goebbels. Naumann war 1953 maßgeblich an einer Verschwörung beteiligt, bei der eine Gruppe ehemaliger NS-Funktionäre den nordrhein-westfälischen Landesverband der FDP zu unterwandern versuchte.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Jahre

Naumann trat 1928 in die NSDAP ein und wurde 1933 in Stettin zum SS-Brigadeführer ernannt. 1938 erfolgte die Berufung zum persönlichen Referenten von Reichspropagandaminister Goebbels. 1942 wurde er zum Ministerialdirigenten befördert. 1944 ernannte ihn Goebbels nach dem Ausscheiden von Leopold Gutterer zum neuen Staatssekretär im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Zugleich fungierte er als Sonderbeauftragter für Volkssturmfragen. Außerdem gehörte Naumann zum so genannten „Freundeskreis Reichsführer SS“ und tat während des Kriegs mehrfach Militärdienst in der SS-Leibstandarte Adolf Hitler.

In Hitlers Politischem Testament wurde Naumann zum Nachfolger Goebbels’ bestimmt. Faktisch war Naumann also letzter Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda. Naumann hielt sich bis zu Hitlers Tod im Führerbunker auf, den er erst am 2. Mai 1945 zusammen mit Martin Bormann und Arthur Axmann verließ. Statt sich jedoch zur geschäftsführenden Reichsregierung unter Großadmiral Karl Dönitz nach Flensburg zu begeben, tauchte Naumann vorerst unter. Zuvor hatte Naumann als Regimentskommandeur das Volkssturmregiment Wilhelmplatz I befehligt, in dem die Mitarbeiter des Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda zum Dienst eingezogen worden waren.

Nach dem Krieg

Von 1945 bis 1949 lebte Naumann unerkannt unter falschem Namen in Süddeutschland. Eine Gesellenprüfung als Maurer schloss er mit Bestnote ab. 1950 trat er in die Düsseldorfer Import-Export-Firma Cominbel (deutsch-belgisch) ein, deren Inhaber Herbert Lucht früher Leiter der Außenstelle Wehrmachtspropaganda in Paris gewesen war.

Um Naumann formierte sich der so genannte Düsseldorfer Kreis, zu dem unter anderen der ehemalige Organisator der Einsatzgruppen und Vertreter Heydrichs, Werner Best, gezählt wurde.

Am 15. Januar 1953 gab die britische Besatzungsmacht bekannt, eine Verschwörung ehemals führender NS-Funktionäre aufgedeckt und die Rädelsführer verhaftet zu haben. Die Gruppe um Naumann („Gauleiter-Kreis“ oder Naumann-Kreis) hatte den nordrhein-westfälischen Landesverband der FDP unterwandert und war in einflussreiche Positionen gelangt. Dem Historiker Ulrich Herbert zufolge ging es den beteiligten Personen dabei um eine „Rehabilitierung des Nationalsozialismus im allgemeinen“ und „der eigenen Person im besonderen“. Zu den politischen Vorstellungen habe aber auch die Wiedererrichtung eines autoritären Machtstaates gehört.

Zum Netzwerk um Naumann zählten zahlreiche ehemalige NS-Funktionäre, wie der ehemalige Leiter der Rundfunkabteilung im Reichspropagandaministerium, Hans Fritzsche, der frühere Leiter des Referats Antikomintern, Eberhard Taubert, der SS-Oberstgruppenführer Paul Hausser, der ehemalige HJ-Gebietsführer Horst Huisgen, zeitweilig Landesgeschäftsführer der FDP, der ehemalige Referatsleiter Rundfunk im Propagandaministerium, Wolfgang Diewerge, sowie Ernst Achenbach, der als Attaché der Botschaft in Paris in die Judendeportationen verstrickt war.

Bei diesem Unterfangen scheiterte Naumann ebenso wie bei seiner darauf folgenden Spitzenkandidatur für die rechtsgerichtete Deutsche Reichspartei in Niedersachsen.

Naumann wurde später Direktor der Busch-Jaeger Metallwerk GmbH Lüdenscheid.

Hinweis

Die Ausführungen basieren im Wesentlichen auf einem anlässlich einer Beförderung Naumanns erstellten Personalbogen mit persönlichen Angaben Naumanns zu seiner Biographie und beruflichem Werdegang. Das Material ist überliefert im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde (BAB), Bestand R-43 II (Reichskanzlei), Akte Nr. 1150c, Bl. 52.

Literatur

  • Norbert Frei: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit. 2. Auflage. München 1997, ISBN 3-406-42557-7
  • Ulrich Herbert: Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft 1903–1989. 2. Aufl., Bonn 1996, ISBN 3-8012-5019-9
  • Rüdiger Jungbluth: Die Quandts. Ihr leiser Aufstieg zur mächtigsten Wirtschaftsdynastie Deutschlands. Frankfurt a. M. et al. 2002, ISBN 3-593-36940-0
  • Ernst Klee: Werner Naumann. Eintrag in ders.: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Aktualisierte Ausgabe. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0. S. 429
  • Stefan Krings: Das Propagandaministerium. Joseph Goebbels und seine Spezialisten. In: Lutz Hachmeister, Michael Kloft (Hg.): Das Goebbels-Experiment. Propaganda und Politik. Stuttgart 2005, ISBN 3-421-05879-2. S. 29–48
  • David K. Yelton: Hitler's Volkssturm. The Nazi Militia and the Fall of Germany 1945–1945, Lawrence (Kans.) 2002, ISBN 0-7006-1192-4
  • Norbert Frei: Deutsches Programm. Wie Nordrhein-Westfalens FDP Anfang der fünfziger Jahre bewährte Nazis zur Unterwanderung der Partei einlud. In: Die Zeit Nr. 23 v. 29. Mai 2002. S. 82
  • Lev Bezymenskii: Auf den Spuren von Martin Bormann. 1965

Weblinks


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