Werk Lusern

Werk Lusern
Werk Lusern nach den Kampfhandlungen
Werk Lusern heute
Vorwerk Oberwiesen

Das Werk Lusern (italienisch Campo de Luserna, zimbrisch Obar Forte) war ein Befestigungswerk der österreichischen Festungswerke an der Grenze zu Italien und liegt auf dem südlichen Ausläufer des Costa-Alta-Rückens (1.548 m) etwa einen Kilometer nordöstlich von Lusern. Es war Teil des Verteidigungsabschnitts Lafraun (Lavarone) und gehörte – ungeachtet ihrer tatsächlichen geographischen Lage – zur von der österreichisch-ungarischen Militäradministratur sogenannten Sperrgruppe auf der Hochfläche der Sieben Gemeinden.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erbaut in den Jahren 1907 bis 1910, zählte es bereits zu den moderneren Anlagen und war demgemäß in Betonbauweise, stellenweise mit Eisenbewehrung, ausgeführt. Umgeben war die Anlage mit einem bis zu acht Meter tiefen und bis zehn Meter breiten Festungsgraben. Die Besatzung bestand aus neun Offizieren und 215 Mann im Hauptwerk, einem Offizier und 33 Mann im Vorwerk Oberwiesen, sowie einem Unteroffizier und 22 Mann im Vorwerk Viaz. Die Baukosten (ohne Bewaffnung) beliefen sich auf 1.728.000 Kronen.

Die Bewaffnung bestand aus:


Dazu kamen noch die beiden Flankierungswerke:

  • Oberwiesen mit fünf Maschinengewehren M7 in zwei Panzerständen zu je zwei und einem drehbaren Panzerturm mit einem Maschinengewehr
  • Viaz mit zwei Maschinengewehren M7 in einem Panzerstand

Vom Vorwerk Viaz aus bestand Sichtkontakt zu dem italienischen Forte Casa Ratti südlich im Asticotal in etwa zehn Kilometern Entfernung.

Das Werk Lusern war das am weitesten vorgeschobene Werk der Sperrgruppe und deckte nach drei Seiten:

  • Das Asticotal (Val d'Astico) im Süden von Lusern, das von Arsiero kommend unter Lusern nordöstlich nach Carbonare führt.
  • Das Valle Rio Torto, das bei Longhi (südwestlich von Lusern) aus dem Asticotal abzweigt und nach Norden in den Rücken der Sperrgruppe führt.
  • Das Val Torra, das bei Casotto (südlich von Lusern) nach Norden aus dem Asticotal abzweigt.

Letzteres trennt das Werk Lusern von dem italienischen Panzerfort Forte Campolongo. Bedingt durch die eigene Ausstattung mit sehr kurzrohrigen Haubitzen und weil Campolongo noch mit 1.720 Metern fast 200 Meter höher lag, konnte man nicht einmal zurückschießen, da die Reichweite der eigenen Geschütze unzureichend war.

Bei Kriegsbeginn am 25. Mai 1915 wurde das Werk von den Italienern sofort mit den vier Turmgeschützen des Forte Campolongo (149-mm-A-Kanonen) sowie mobilen 28-cm-Haubitzbatterien vom Mandriol und der Mandriette beschossen. In der Zeit bis zum 28. Mai wurden etwa 700 Schuss 28 cm und etwa 600 Schuss 149 mm auf das Werk abgegeben. Davon fielen etwa 520 Schuss in das Werksgelände, ungefähr 320 trafen die Betondecke und vier Schuss auf die Stahlpanzer. Es wurde kein Durchschlag erzielt.

Nichtsdestoweniger ließ Werkskommandant Oberleutnant Emanuel Nebesar am 28. Mai 1915 wegen der „Unmöglichkeit, weiter auszuharren“ die weiße Fahne hissen und das Werk räumen. Ob dafür die Genehmigung des Sperrkommandos vorlag oder ob er eigenmächtig gehandelt hat, konnte nie geklärt werden. Eine spätere Kriegsgerichtsverhandlung verlief im Sande. Da die Italiener von der ganzen Sache nichts mitbekamen und auch zwischenzeitlich vorgetragene Infanterieangriffe aus den Gräben heraus abgewehrt wurden, konnte die Sache nach etwa einer Stunde durch die Wiederbesetzung mit der alten Werksbesatzung – jedoch ohne die Offiziere – bereinigt werden. Die Beschießung dauerte an; durch die inzwischen herbeigeführten modernen 21-cm-Mörser von Krupp und 30,5-cm-Küstenmörser wurde das Werk unbrauchbar gemacht. Im August 1915 war die Anlage ein Trümmerhaufen und die Turmhaubitzen nicht mehr einsatzfähig. Die Geschütze wurden ausgebaut und in Feldstellungen verbracht.

Dieses Werk hatte (wie alle anderen) seine Aufgabe voll und ganz erfüllt, ein Durchbruch – auch mit stärksten Kräften – konnte nicht erzielt werden.

Das Werk Lusern wurde insgesamt von etwa 13.800 Granaten der Kaliber 21 cm, 28 cm und 30,5 cm getroffen (die Einschläge der Kaliber 149 mm wurden nicht mitgezählt, da sie dem Werk ohnehin nichts anhaben konnten). Das Fort wurde nach der Bombardierung wieder instand gesetzt und war am Ende des Ersten Weltkriegs voll funktionstüchtig. In den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Werk aber, wie fast alle anderen österreichischen Festungswerke an der Grenze zu Italien, bei der Gewinnung von Eisen stark zerstört.[2] Der heutige Zustand ist dementsprechend, allerdings ist es in Teilen immer noch begehbar.

Anmerkung

Im Gegensatz zu den in der Sekundärliteratur hin und wieder verwendeten und kritiklos abgeschriebenen Begriffen Fort oder gar Festung war die Bezeichnung für die Befestigungswerke an der österreichisch-italienischen Grenze nur Werk, Zwischenwerk oder Vorwerk. Ausgenommen waren hiervon nur der Posten Vezzena und die beiden Forts Hensel und Hermann. Letztere waren nicht nach lokalen Gegebenheiten, sondern nach Personen benannt worden.

Literatur

  • Heinz von Lichem: Krieg in den Alpen 1915–1918. Weltbild Verlag, Augsburg 1992, ISBN 3-89350-545-8.
  • Gebirgskrieg 1915–1918. (3 Bände), Athesia, Bozen
  • Heinz von Lichem (Hrsg.): Per non dimenticare. Luserna e gli altipiani nella prima guerra mondiale. Foto e documenti della collezione Lichem e del Centro documentazione Luserna. = Um nicht zu vergessen. Lusern und die Hochebene im Ersten Weltkrieg. Fotos und Dokumente der Sammlung Lichem und des Dokumentationszentrums Lusern. 3. Auflage. Mediadomain, München 2000, ISBN 3-932918-01-0.
  • Robert Striffler: Von Fort Maso bis Porta Manazzo. Buchdienst Südtirol Kienesberger, Nürnberg 2004, ISBN 3-923995-24-5.
  • Erwin Anton Grestenberger: K.u.k. Befestigungsanlagen in Tirol und Kärnten 1860–1918. Verlag Österreich u. a., Wien 2000, ISBN 3-8132-0747-1.
  • Rolf Hentzschel: Österreichische Gebirgsfestungen im Ersten Weltkrieg. Die Hochebenen von Folgeria und Lavarone. Athesia, Bozen 1999, ISBN 88-8266-019-2, (Athesia-Werkstatt. Sachbuch).
  • C.H. Baer: Die Kämpfe um Tirol und Kärnten – Elfter Band. Verlag Hoffmann, Stuttgart 1917.
  • Rolf Hentzschel: Festungskrieg im Hochgebirge, Athesia, Bozen 2008, ISBN 978-88-8266-516-6.
  • euroedit / KOMPASS Karten GmbH, Carta escursionistica, cicloturistica, "Altipiano di Folgaría, Lavarone e Luserna", 1:25000
  • Walther Schaumann: Schauplätze des Gebirgskrieges in 5 Bänden; Ghedina & Tassotti Editori, Cortina, 1973.

Einzelnachweise

  1. Erwin Anton Grestenberger: Die k.u.k. Befestigungsanlagen in Tirol und Kärnten 1860–1918, S. 92
  2. Geschichte des Festungswerks Lusern; abgerufen am 15. November 2009.

Weblinks

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