Wer die Nachtigall stört

Wer die Nachtigall stört
Mockingbird – ein amerikanischer Nationalvogel

Wer die Nachtigall stört (Originaltitel To Kill a Mockingbird) ist ein 1960 erschienener Roman der US-Amerikanerin Harper Lee, die 1961 dafür mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde. Das Buch handelt von Kindheit und Heranwachsen und vom Rassismus in den Südstaaten der USA.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Wer die Nachtigall stört beschreibt eine Kindheit in einer kleinen Stadt in Alabama der 1930er Jahre aus der Sicht des aufgeweckten kleinen Mädchens Jean Louise, genannt Scout. Die Welt Scouts und ihres älteren Bruders Jem wird von ihrem alleinerziehenden Vater, dem Abgeordneten und Anwalt Atticus Fink (im Original Finch), zusammengehalten. Atticus ist für die Kinder Freund, Vertrauter, Lehrer und Autorität. Bereichert wird die Gedankenwelt der Kinder durch den mysteriösen Nachbarn Arthur Boo Radley, der selten das väterliche Haus verlässt.

In diese Kindheitsidylle dringt langsam die intolerante Welt des Rassismus ein. Atticus Fink, aufrecht und vorurteilslos, wird vom Richter, wissend, dass Atticus ein hervorragender Anwalt ist, zum Pflichtverteidiger des schwarzen Farmarbeiters Tom Robinson berufen. Dieser wird beschuldigt, eine junge weiße Frau vergewaltigt zu haben. Während der Leser durch die Handlungen von Atticus Fink den Angeklagten als Menschen sehen kann, nimmt die Mehrheit der Weißen ihn nur als Teil der abgelehnten schwarzen Minderheit wahr.

Atticus wird von vielen seiner Mitbürger aufgrund seiner Einstellung, dass ein Schwarzer die gleichen Rechte wie ein Weißer besitze, angefeindet. Diese Ablehnung bekommen auch seine Kinder zu spüren. In diesem Umfeld von Vorurteilen und Intoleranz, Sein und Schein und Widersprüchlichkeiten versucht Atticus, seinen Kindern auf dem Weg ins Erwachsenwerden beizustehen.

Im Prozess kann Atticus die Unhaltbarkeit der Vorwürfe leicht nachweisen. Dennoch beugt sich die weiße Jury dem ungeschriebenen Gesetz, dass der Aussage eines Schwarzen gegenüber der einer Weißen nicht zu glauben sei, und spricht den Angeklagten schuldig. Letzterer wird kurz darauf bei einem Fluchtversuch erschossen.

Aufgrund seines engagierten Einsatzes für Tom Robinson hat sich Atticus Fink den Hass des Vaters des angeblichen Opfers, dessen Aussage im Prozess als falsch entlarvt wurde, zugezogen. Dieser lauert den Kindern eines Abends auf, wird aber im Gerangel von Boo Radley erstochen. Um den menschenscheuen Boo Radley nicht der kollektiven Neugier der Kleinstadt auszusetzen, wird der Tod des Täters im Polizeibericht als Sturz ins eigene Messer dargestellt.

Scout kommentiert dieses Verschweigen mit der Bemerkung, dass Boo genau wie eine Nachtigall nicht gestört werden darf. Dieser späte Bezug auf den Titel des Romans stammt vom Verbot Atticus' an seine Kinder, die Nachtigall (im Original allerdings ein „Mockingbird“, eine Spottdrossel) zu jagen, weil „sie nur schön singt und niemandem etwas zu Leide tut“.

Rezeption

Der Roman erschien am 11. Juli 1960 in den USA[1] und erhielt im darauf folgenden Jahr den Pulitzer-Preis. Der Freund der Autorin und amerikanische Schriftsteller Truman Capote war wahrscheinlich Vorbild für den Nachbarjungen Dill im Roman. Capote hat gelegentlich angedeutet, dass Teile des Romans aus seiner Feder stammen. Pearl Kazin Bell, eine Verlagseditorin bei Harper’s Magazine, sieht diese Behauptungen gestützt, weil Harper Lee danach keine Romane mehr veröffentlicht hat, was nach ihrer eigenen Aussage aber daran liege, dass jedes Nachfolgewerk im Schatten des ersten Erfolges stehen würde.

Der Roman wurde mittlerweile in über vierzig Sprachen übersetzt. Die bislang einzige deutsche Übertragung stammt von Claire Malignon.

1962 wurde der Roman von Robert Mulligan mit Gregory Peck in der Hauptrolle verfilmt.

In den USA wird das Buch „von konservativen wie progressiven Kreisen bis heute verdammt.“[2] Die einen stört das negative Bild der US-Gesellschaft, die anderen stoßen sich an der „politisch unkorrekten“ Sprache, zum Beispiel dem Wort „Nigger“. „Von 1990 bis 1999 befand sich das Werk daher regelmäßig unter den Top Ten jener Bücher, die am häufigsten aus dem Unterricht der öffentlichen Schulen verbannt wurden.“ (ebd.) Die Stadt Chicago dagegen hat 2001 den Roman zum Thema ihrer Kampagne „Eine Stadt liest ein Buch“ gemacht, für 40.000 Dollar zusätzliche Exemplare angeschafft und diese in ihren 78 öffentlichen Büchereien mehrere Wochen lang gratis ausgeliehen.

Autobiographisches

Harper Lee hat eine Reihe autobiographischer Elemente in den Roman eingebracht: Die Figur des Atticus Fink ist ihrem eigenen Vater nachempfunden, die Nachbarschaft entspricht der ihrer Kindheit, und auch der mysteriöse Boo Radley war dort zu Hause.

Literatur

Einzelnachweise

  1. To Kill a Mockingbird – About the Author. Arts Midwest, abgerufen am 11. Juli 2010 (englisch).
  2. Malte Lehming: Amerikanische Lesart. Der Tagesspiegel, 4. März 2002, abgerufen am 11. Juli 2010.

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