Wenzelsbibel

Wenzelsbibel
Detail: Bademädchen (Cod. 2759, fol. 160).

Die Wenzelsbibel ist eine zwischen 1390 und 1400 entstandene Prachthandschrift. Diese deutschsprachige Bibel wurde für den König Wenzel IV. von Böhmen geschrieben und gemalt.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Die Wenzelsbibel befindet sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Sie umfasst im jetzigen Zustand 6 Bände mit zusammen 1214 Pergament-Blättern, wobei das Werk im Jahre 1790 in der heutigen Form gebunden wurde. Jede Seite ist mit 2 Kolumnen zu 36 Zeilen beschrieben mit einer Kopfleiste über jeder Kolumne. Besonders wertvoll sind die 654 zum Teil mit Gold ausgelegten Miniaturen. Zwar wird die Wenzelsbibel häufig als Vollbibel bezeichnet, tatsächlich blieb sie aber unvollendet: Es fehlen die 12 Kleinen Propheten, die 2 Bücher Makkabäer und das Neue Testament.

Schrift und Miniaturen

Die Handschrift ist in der so genannten Textura, also der „gotischen“ Schrift verfasst, bis auf den Punkt fehlen Satzzeichen; Großbuchstaben werden nur am Zeilenanfang verwendet. Die Namen der Schreiber sind nicht überliefert, man geht aber davon aus, dass mindestens drei Schreiber mit dem Text beschäftigt waren und weitere Fachkräfte in Arbeitsteilung für die Miniaturen, die Kapitelzählung, etc. zuständig waren. Die namentlich meist nicht oder nicht sicher bekannten sieben oder mehr Buchmaler aus dieser Wenzelswerkstatt werden von Kunsthistorikern z.B. nach den von ihnen jeweils illustrierten Teilen Balaam-Meister oder Ruth-Meister benannt, man vermutet auch, dass ein Großteil der Arbeiten von einem Maler mit Namen Frana (Frantisek) stammt[1][2][3].

Entstehung

Zwar achtete die römische Kirche im 14. Jh. angesichts vor- und frühreformatorischer Bewegungen wie der Lollarden John Wyclifs in England darauf, dass die Bibel nicht unkontrolliert in der Volkssprache verbreitet werden konnte und auch Kaiser Karl IV. bekräftigte für sein Herrschaftsgebiet 1369 das Übersetzungsverbot für die Vulgata. Karls Sohn und Nachfolger Wenzel jedoch setzte sich hierüber hinweg und gab die Prachthandschrift in deutscher Sprache im Jahr 1385 in Auftrag, wobei Martin Rotlev, ein reicher Kaufmann mit engen Beziehungen zum Hof der Luxemburger, die Finanzierung übernahm. Wer allerdings die Übersetzung selbst vornahm, ist bis heute unbekannt. Mit der Absetzung Wenzels im Jahre 1400 wurde die Arbeit an der Bibel bis auf weiteres unterbrochen. Erst 1441, unter dem Habsburger Friedrich III. wurde die Arbeit fortgesetzt, ohne dass man dabei zum Ende gekommen wäre. Insgesamt wurden 607 Kalbshäute für die Bibel verwendet.

Besitzgeschichte

1447 werden die Blätter erstmals gebunden, wobei etwa dem heutigen 5. Band die Habsburger-Devise A.E.I.O.U. beigefügt wird.

Um 1500 wird die Bibel auf die Innsbrucker Hofburg verbracht. Um 1580 ist Erzherzog Ferdinand ihr Besitzer, der sie auf Schloss Ambras aufbewahrt.

Als die Tiroler Linie der Habsburger 1665 ausstirbt, wird die Ambraser Bibliothek mit der Wiener in der Hofbibliothek in Wien vereinigt. 1790 erfolgt die Neubindung in 6 Bände, 1803 wird das Werk kurzfristig vor dem Ansturm der napoleonischen Truppen nach Ungarn verbracht.

Seit 1936 ist die Wenzelsbibel als Codices vindobonensis Nr. 2759–2764 Besitz der Österreichischen Nationalbibliothek. Der Forschergemeinde ist sie lediglich in Form von Faksimiles zugänglich. Die vollständige Faksimile-Ausgabe der Wenzelsbibel ist bei der Akademischen Druck- u. Verlagsanstalt in Graz erschienen.

Einzelnachweise

  1. G. Schmidt, Malerei bis 1450. In: K.M. Swoboda (Hrsg.): Gotik in Böhmen, München 1969, S. 167-321
  2. andere Namensgebung z.B. bei J. Krasa: Die Handschriften König Wenzels IV. Wien 1971
  3. vgl. dazu auch z.B. M. Thomas, G. Schmidt, M. Krieger: Die Bibel des Königs Wenzel. Graz 1989

Literatur

  • Horst Appuhn: Wenzelsbibel: König Wenzels Prachthandschrift der deutschen Bibel. Harenberg, Dortmund 1990, ISBN 3-611-02001-X
  • Katharina Hranitzky: Die schönsten Bilder aus der Wenzelsbibel. ADEVA, Graz 1998, ISBN 3-201-01700-0
  • Josef Krasa: Die Handschriften König Wenzels IV. Prag 1971
  • Klaus Priptsch: Mittelalterliche Buchmalerei am Beispiel der Wenzelsbibel in Faksimile. Duisburg 1988
  • Marcel Thomas, Gerhardt Schmidt: Die Bibel des Königs Wenzel. ADEVA, Graz 1989, ISBN 3-201-01490-7
  • Julius von Schlosser: Die Bilderhandschriften Königs Wenzel I. In: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Bd. XIV., Wien 1893, S. 214-251, 266-269 (Digitalisat)

Weblinks


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