Weltordnung

Weltordnung

Mit Welt wird die Gesamtheit dessen, was ist, bezeichnet. Der Begriff umfasst also nicht Einzelerscheinungen, sondern eine Totalität.

Inhaltsverzeichnis

Definitionsschwierigkeiten und Begriffsgeschichte

Das große Ganze der Welt: Ein Blick ins Universum (Hubble Deep Field)

Die Einschätzung, was zu diesem Begriff im Einzelnen genau gehört, ist abhängig von subjektiven und kulturellen Vorstellungen. Deshalb bestehen je nach individuellem Wissensumfang und besonders dem jeweiligen Kulturkreis unterschiedliche Ansichten darüber, was unter Welt genau zu verstehen sei. Im Lauf der Zeit haben sich sehr viele verschiedene Verwendungen des Begriffs herausgebildet.

So ist zum Beispiel im Gegensatz zum vergleichsweise exakt definierbaren Begriff der Erde im Sinne des räumlich klar definierten Planeten der Begriff Welt meist weiter gefasst und umfasst in seiner weitesten Auslegung die Gesamtheit des physikalischen Universums bzw. des Weltalls sowie alles Seiende, das sich innerhalb dieses Universums als existierend wahrnehmen oder annehmen lässt. Für die Griechen der Antike hingegen war die Welt ein Kosmos, also im Gegensatz zum Chaos ein wohlgeordnetes harmonisches Ganzes. Der Begriff Welt muss daher für eine genaue Definition immer im Kontext kultureller, religiöser, wissenschaftlicher und philosophischer Anschauungen behandelt werden.

Geschichtlich wurde der Begriff – insbesondere vor den astronomischen und geographischen Entdeckungen der Neuzeit – meist als der jeweils bekannte Teil der Erdoberfläche, des Himmels, der Natur und teilweise auch der Götter verstanden. Dieses Verständnis änderte sich in der Neuzeit, in deren Zuge stärker zwischen der Erde als einzelnem Planeten und der Welt als ganzem Universum unterschieden wurde. Andererseits meint man auch heute noch, wenn man von Weltgeschichte spricht, in erster Linie die Geschichte der menschlichen Gesellschaft, obgleich in der Formulierung Weltgeschichte, etwa in der Fassung des Weltgeists bei Hegel, eine universelle Dimension des philosophisch Absoluten mitschwingt.

Welt ist ursprünglich ein rein singulares Wort, das erst seit Ende des 16. Jahrhunderts sprachübergreifend auch im Plural Welten verwendet wird. Dabei hielt sich zum Beispiel für den Begriff Weltall der Singular, für die Weltkugel hingegen ist die Pluralbildung möglich.

Der Begriff in verschiedenen Disziplinen

Geographie

Unsere Welt: Die Erde

Nach heutiger Betrachtungsweise ist der Begriff in Bezug auf den naturwissenschaftlichen Erkenntnishorizont deckungsgleich mit dem uns bekannten Universum und aller seiner Bestandteile. Welt wird auch teilweise als ein Synonym für Erde verstanden. Deutlich wird dies zum Beispiel an dem Begriff der Weltkarte, also einer Karte der gesamten Erdoberfläche. Auch die Bezeichnung weltweit bezieht sich meist nur auf die Erde.

Politik

In der Politik wird Welt für Abgrenzungen in geographischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht verwendet. Man spricht zum Beispiel von einer Ersten, Zweiten, Dritten und Vierten Welt oder auch von einer westlichen und einer islamischen Welt.

Soziologie

Im Sprachgebrauch gibt es viele Ausdrücke, die das Wort Welt in Bezug auf menschliche Haltungen gegenüber der Gesamtheit des sie Umgebenden beinhalten. Meist gehört zu einem derart auf menschliche Zusammenhänge bezogenen Weltbegriff auch die Vorstellung von bestimmten Regeln, nach denen die Welt funktioniert und gewissen Glaubenssätzen, die als Grundlagen des Weltverhaltens und der Weltdeutung gelten.

Zur Welt als sozialer Kategorie gehören zum Beispiel Begriffe wie Weltanschauung und Weltbild, also die Sicht des Menschen auf die Dinge um ihn herum und seine Deutung derselben. Attribute wie weltoffen, weltgewandt oder weltfremd beziehen sich auf Welt als Synonym für Gesellschaft und Kultur, wobei ein Mensch als umso weltgewandter gilt, je mehr er sich in der Welt, d.h. in seinem Lebensumfeld, zurechtzufinden weiß.

Als Gesamtheit von gesellschaftlichen Teilbereichen ist wiederum von der Berufswelt oder der Welt der Politik die Rede. Weichen Denken und Handeln eines Individuums von gesellschaftlich anerkannten Normen zu stark ab, spricht man davon, dass es sich in einer Privatwelt, die meist als Phantasiewelt oder Scheinwelt verstanden wird, aufhalte.

Theologie

Im Christentum ist Welt alles, was nicht Gott ist. Diese klare Unterscheidung führt einerseits zum Aufruf zur Weltflucht, um Gott allen Dingen vorzuziehen, anderseits zu einem Eigenwert der Welt als von Gott geliebter Schöpfung. Oft wird Welt in der Theologie auch in der Formulierung weltlich gebraucht, das heißt im Sinne des zeitlich Irdischen, Säkularen, Materiellen, Profanen im Unterschied zum ewig Göttlichen, Heiligen, Ideellen und Sakralen. Als Erlöser der Welt von Sünde und Tod ist Jesus Christus für die Christen das Ziel der Bestimmung jedes Menschen und der ganzen Geschichte. Insbesondere die Lüge, die Habgier, die Fleischeslust, das lieblose Begehren in der Sexualität, aber auch andere Sünden zählen im Christentum zum Bereich des Weltlichen, das der Gläubige durch die Hinwendung zum Heiligen, das Streben nach Seligkeit mit Hilfe der Gnade zu überwinden habe. Die Apokalypse ist in der christlichen Eschatologie das durch Gott während des Jüngsten Gerichts herbeigeführte Ende der Welt und der Anfang des vollendeten Gottesreiches.

Philosophie

Für Kant kommt dem Begriff der Welt lediglich regulative Bedeutung zu, da ihr keine Anschauung entspricht. Anschauungen haben wir nämlich stets nur von einzelnen Objekten. Die Welt kann uns aber niemals als Einzelnes, noch als Ganzes gegeben sein. Trotzdem hat der Begriff einen gewissen Wert als Orientierungshilfe, die Idee der Welt bleibt eine regulative Idee der reinen Vernunft.

Für die Phänomenologie ist die Welt ein Horizontphänomen. Das heißt, sie ist nach Karl Jaspers für die menschliche Existenz nur in Form von Grenzsituationen erfahrbar und lässt sich gerade nicht beschreiben als die Summe alles Seienden. Die Welt ist vielmehr erst die Bedingung dafür, dass uns in ihr einzelne Dinge begegnen können. Sie geht damit jeglichem Bezug gegenüber Innerweltlichem voraus. Martin Heidegger versuchte außerdem, die Subjekt-Objekt-Spaltung durch den Begriff des In-der-Welt-Seins zu überwinden. Während der neuzeitliche Subjektivismus mit Descartes ein Auseinanderfallen von Subjekt und Objekt hervorbrachte und damit die erkenntnistheoretische Frage, wie dem weltlosen Subjekt der Zugang zur Außenwelt gelinge, ist für Heidegger dem Menschen immer schon eine Welt mitgegeben. Hinter das Phänomen der Welt kann dabei denkerisch nicht zurückgegangen werden, da die Welt eine sinnhafte Totalität ist. Sinn ist jedoch ein Emergenzphänomen, das nicht durch Zusammenstücken von zunächst sinnlosen (also beziehungslosen) Objekten rekonstruiert werden kann.

Medien

Um die Figuren und Geschehnisse in Serien oder Filmen von der realen Welt abzugrenzen, werden oft die Ausdrücke Serienuniversum bzw. Filmuniversum verwendet. Sie beziehen sich darauf, dass die Welt, wie sie im Film oder der Serie gezeigt wird, nicht real ist, aber trotzdem als eine komplette Welt im soziologischen Sinne zu sehen ist.

Siehe auch

Literatur

  • Christian Bermes: Welt als Thema der Philosophie. Vom metaphysischen zum natürlichen Weltbegriff, Meiner 2004, Hamburg, ISBN 3-7873-1665-5
  • Philosophisches Wörterbuch, hrsg. von Georgi Schischkoff, Stuttgart: Kröner 1991, S. 772
  • Karl Löwith: Der Weltbegriff der neuzeitlichen Philosophie, 1960
  • Theodor Litt: Mensch und Welt, 1948

Weblinks


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