Weltkonferenz gegen Rassismus

Weltkonferenz gegen Rassismus

Die Weltkonferenzen gegen Rassismus (engl.: World Conference against Racism; internationale Abkürzung: WCAR) sind internationale Konferenzen der Vereinten Nationen, die politische Maßnahmen zur weltweiten Bekämpfung des Rassismus fördern sollen. Bisher fanden drei Weltkonferenzen statt, sowie 2009 im schweizerischen Genf die Nachfolgekonferenz zur Weltkonferenz von Durban.

Inhaltsverzeichnis

Bisherige Konferenzen

Die Konferenzen von 1978 und 1983

Die erste Weltkonferenz zur Bekämpfung von Rassismus und rassistischer Diskriminierung wurde von der UNESCO 1978 in Genf abgehalten. Ein Hauptthema war die Apartheid in Südafrika, wobei rassistische Segregation und Diskriminierung diskutiert wurden. Die zweite Weltkonferenz wurde 1983 ebenfalls in Genf abgehalten.

Dritte Weltkonferenz 2001 in Durban

Die Dritte Weltkonferenz unter dem Titel „Weltkonferenz gegen Rassismus, rassistische Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz“ wurde vom 31. August bis 7. September 2001 abgehalten unter der Leitung der Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson. Der Konferenzort Durban in Südafrika wurde ausgewählt, um den Kampf gegen die Apartheid symbolisch zu würdigen. Die Konferenz endete mit einer Abschlusserklärung, die mit einem Aktionsprogramm verbunden ist, in dem alle Regierungen zur Verabschiedung eigener nationaler Aktionspläne aufgefordert werden.

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hatte im Vorfeld fünf Themenkomplexe bestimmt, die über den Schwerpunkt Apartheid der beiden ersten Weltkonferenzen hinausgingen. Diese waren:

  1. Quellen, Ursachen, Formen und gegenwärtige Manifestation von Rassismus;
  2. Opfer von Rassismus;
  3. Maßnahmen zur Prävention;
  4. Maßnahmen zur Wiedergutmachung und Kompensation;
  5. Strategien zur Verwirklichung von Gleichberechtigung.

Das Anliegen vor allem afrikanischer Staaten, sich auch mit gegenwärtigen Formen von Rassismus auseinander zu setzen, fand Ausdruck in dem erweiterten Titel der Weltkonferenz, der „Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz“ mit einschloss. Das Aktionsprogramm legt den Staaten nahe, wissenschaftlich fundierte Bestandsaufnahmen zu unternehmen und dabei auch Formen der institutionellen Diskriminierung zu analysieren und die Gesetzgebung zu untersuchen. Die Weltkonferenz in Durban war begleitet durch eine NGO-Konferenz mit 10'000 Betroffenen aus aller Welt. Diese große Mobilisierung wurde vom Staat Südafrika unterstützt. [1]

Die schwarzen zivilgesellschaftlichen Gruppen hatten sich im Vorfeld für einen Perspektivenwechsel hin zu den Opfern von Rassismus eingesetzt. Die Abschlusserklärung erkannte zwar die Sklaverei und den Sklavenhandel (über den Atlantik, die Sahara und den Indischen Ozean) als Verbrechen gegen die Menschlichkeit an und anerkannte, dass Kolonialismus zu Rassismus führt. Den afrikanischen Staaten und den Nichtregierungsorganisationen der Schwarzen gelang es nicht, eine Entschuldigung für vergangene, mit Rassismus legitimierte Verbrechen in den Abschlusstext hineinzubringen, erst recht nicht wurden Reparationen für diese Verbrechen und ihre Folgen vereinbart. Die Gruppe erreichte lediglich einen Aufruf zur Entschuldung afrikanischer Staaten, zur Hilfe gegen AIDS, zur Rücküberweisung der illegal transferierten Guthaben früherer afrikanischer Diktatoren von westlichen Konten und zur Beendigung des Menschenhandels. In den Aktionsplan wurde eine moralische Verpflichtung zur verstärkten Partnerschaft mit dem afrikanischen Kontinent aufgenommen.

Einen erheblichen Streitpunkt stellte die Behandlung der Palästinenser durch Israel dar. In der Schlusserklärung wurden die Palästinenser zwar als Opfer von Rassismus erwähnt, die Forderungen der NGO-Konferenz, dass die Ursache der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern eine institutionalisierte Form von Rassismus und Apartheid wäre, wurde von der Staatenkonferenz nicht berücksichtigt. Die NGO-Konferenz verlangt zudem die Wiederinkraftsetzung der UNO-Resolution 3379 von 1975, die den Zionismus als eine Form von Rassismus und Imperialismus bezeichnete. Auf Grund dieser Kritik zogen Israel und die Vereinigten Staaten ihre Delegationen zurück. Der endgültige Beschlusstext vermied zwar die Erwähnung Israels, erkannte aber das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung an und kritisierte die ausländische Besetzung der palästinensischen Gebiete.

Die Ergebnisse der Dritten Weltkonferenz gegen Rassismus wurden durch die Flugzeugattentate auf das World Trade Center und das Pentagon am 11. September – drei Tage nach Abschluss der Konferenz – bald in den Hintergrund gedrängt.

Durban-Review-Konferenz 2009 in Genf

Vom 20. bis 24. April 2009 veranstalteten die Vereinten Nationen in Genf die „Durban Review Conference“. Die Nachfolgekonferenz diente dazu, die Umsetzung der 2001 in Durban verabschiedeten Abschlusserklärung und des damit verbundenen Aktionsprogramms einzuschätzen.

Gegen diese Konferenz erhoben Teile des Westens Kritik mit Blick sowohl auf die von ihnen als israelfeindlich wahrgenommene Vorgängerkonferenz als auch auf die Bestrebungen islamischer Länder, Kritik an Religionen als „Verunglimpfung“ und „Beleidigung“ strafbar zu machen resp. zu ächten.

Der französische Autor Pascal Bruckner und zahlreiche westliche Intellektuelle, darunter aus Deutschland Ralph Giordano, Necla Kelek oder Peter Schneider, riefen im Juli 2008 zum Boykott der Nachfolgekonferenz auf. Am 19. April 2009 sagten die Länder Australien, Deutschland, Israel, Italien, Kanada, Niederlande, Neuseeland, Polen, Schweden, Tschechien und die Vereinigten Staaten ihre Teilnahme ab.

Für einen Eklat sorgte gleich zu Beginn der Konferenz der Auftritt des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, der eine Rede während der Eröffnungsveranstaltung dazu nutzte, den mit dem Iran verfeindeten Staat Israel anzugreifen.[2] So warf er Israel vor, das „grausamste und rassistischste Regime“ zu sein. Zionismus sei der „personifizierte Rassismus“. Auch hätten „Zionisten und ihre Verbündete“ den Irak-Krieg geplant.[3] Delegierte der europäischen Staaten verließen zu Beginn der antiisraelischen Äußerungen Ahmadinedschads aus Protest den Saal; Norwegens Vertreter jedoch widersprach dem iranischen Präsidenten im Plenum. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon kritisierte die Rede Ahmadinedschads als „das Gegenteil dessen, was diese Konferenz erreichen will“. Ein so „zerstörerisches Vorgehen eines UN-Mitglieds“ habe er „noch nie erlebt“.[4] Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Navi Pillay, die die Staaten mehrfach zur Teilnahme an der Konferenz aufgerufen hatte, lehnte die Äußerungen Ahmadinedschads ebenfalls ab. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sprach von einer „Hassrede“, auf die die Europäische Union mit „äußerster Entschlossenheit“ reagieren müsse.[5]

Für einen weiteren Eklat sorgte die libysche Vorsitzende des Hauptkomittees der Konferenz, Najjat al-Hajjaji, indem sie den palästinensischen Arzt Ashraf Al Hajuj, der im Namen der Organisation UN Watch sprach, mehrfach unterbrach und ihm schließlich das Rederecht entzog. Hajuj, der gemeinsam mit fünf bulgarischen Krankenschwestern in Libyen acht Jahre lang zu Unrecht gefangen gehalten und in der Haft misshandelt worden war (siehe auch HIV-Prozess in Libyen)[6], wollte sein Schicksal dem anwesenden Plenum vortragen und eine Verurteilung Libyens erwirken. Al-Hajjaji begründete ihre Entscheidung mit der Behauptung, der vorgetragene Fall habe nichts mit den Themen der Konferenz zu tun.[7]

In der Medienberichterstattung vor und während der Weltkonferenz wurde kaum wahrgenommen, dass viele Experten den Gipfel differenzierter und positiver beurteilten als die oben genannten Publizisten. Der Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte Heiner Bielefeldt hatte von einem Boykott abgeraten.[8] Das Institut begrüßte die Abschlusserklärung der Genfer Nachfolgekonferenz als „exzellente Basis“[9] für die weitere Umsetzung der Durbaner Beschlüsse. Eine Verurteilung Israels ist im Genfer Abschlussdokument im Übrigen ebenso wenig enthalten wie eine dem Wunsch islamischer Staaten entsprechende Ächtung der Verunglimpfung von Religion, wohl aber eine Mahnung gegen den Holokaust. Die Bundesregierung erklärte später,[10] sie trage das Genfer Abschlussdokument [11] mit.

Nationale Aktionspläne

Im Aktionsprogramm der Weltrassismuskonferenz von Durban wurde festgehalten, dass die Regierungen unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft nationale Aktionspläne erarbeiten sollen, um die im Aktionsprogramm enthaltenen Empfehlungen umzusetzen. Im Oktober 2007 hatten fünfzehn Staaten Nationale Aktionspläne gegen Rassismus verabschiedet.

Von den deutschsprachigen Ländern haben Liechtenstein 2003 und Deutschland 2008 einen solchen Plan erstellt. In Deutschland verabschiedete das Bundeskabinett den Nationalen Aktionsplan am 8. Oktober 2008. Der Plan wurde von Menschenrechtsorganisationen als substanzlos kritisiert. Bereits seit 2001 hatte es kontroverse Auseinandersetzungen zwischen dem federführenden Bundesinnenministerium und zivilgesellschaftlichen Organisationen gegeben. Einige der Stellungnahmen wurden von der Bundesregierung mit dem Aktionsplan zusammen den Vereinten Nationen übermittelt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Schlusserklärung der NGO-Konferenz auf i-p-o.org
  2. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,620016,00.html
  3. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,620022,00.html
  4. [1]
  5. http://www.tagesschau.de/ausland/rassismuskonferenz124.html (nicht mehr online verfügbar)
  6. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,499132,00.html
  7. http://www.unwatch.org/site/c.bdKKISNqEmG/b.5109305/k.891C/Confrontation_at_Durban_II.htm
  8. http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Policy_Paper/policy_paper_13_rassismusbekaempfung_im_streit_der_internationalen_menschenrechtspolitik.pdf
  9. http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/UN-Dokumente/Durban_Review/statement_german_institute_for_human_rights_durban_review_conference_23_04_2009.pdf
  10. BT-Drs. 16/1337 S. 3 5.6.09 Schriftliche Fragen
  11. Genfer Abschlussdokument http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/UN-Dokumente/Durban_Review/durban_draft_outcome_document_rev2.pdf

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