Weltbund zum Schutz des Lebens

Weltbund zum Schutz des Lebens
Emblem der Sektion WSL-D ab 1970

Der Weltbund zum Schutz des Lebens (WSL; englisch: World Union for Protection of Life (WUPL), französisch: Union Mondiale pour la Protection de la Vie, russisch: Всемирный союз для защиты жизни) ist eine 1958 in Salzburg (Österreich) gegründete internationale Non-Profit-Organisation und Nichtregierungsorganisation, die den „Schutz des Lebens auf der Erde“ zum Gegenstand hat. Das Selbstverständnis der Organisation wird aus der in Deutschland verwendeten Bezeichnung „Aktionsgemeinschaft zur Erhaltung gesunder Lebensgrundlagen für Natur, Landschaft, Tier und Mensch“ deutlich.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Den Anstoß zur Gründung der Organisation gab der 1955 erschienene Roman „Der Tanz mit dem Teufel“ des Schriftstellers, Ex-NSDAP-Mitglieds und Ex-SA-Offiziers Günther Schwab.[1] In dem Roman legte Schwab seine „völkisch-biologistischen Ansichten“[2] nieder, prangerte die drohende Natur- und Umweltzerstörung an und mahnte frühzeitig vor der Nutzung der Atomenergie. Auf Grundlage der Ideale, die in diesem Buch vertreten wurden, gründete Schwab den „Weltbund zur Rettung des Lebens“ (WRL).[3] Amtlich registriert wurde der WRL zunächst in Österreich am 24. September 1958 von der Sicherheitsdirektion Salzburg unter der Nummer 10.277/58. Im Jahre 1963 wurde die Organisation in Weltbund zum Schutze des Lebens umbenannt. Der Weltbund wurde in der Folge in 32 Staaten aktiv. Internationale Tagungen mit Wissenschaftlern und kirchlichen Organisationen fanden zunächst hauptsächlich im deutschsprachigen Raum statt.

Deutschland

Am 25./26. Juni 1960 fand auf Betreiben und in Anwesenheit von Günther Schwab die Gründungsversammlung des WRL Sektion Deutschland in Bad Hersfeld statt. Der Verein wurde dort in das Vereinsregister eingetragen. Als Organ wurde einstimmig Schwabs Zeitschrift Der stille Weg eingesetzt. Erster Präsident der deutschen Sektion wurde der ehemalige Nationalsozialist und Euthanasiearzt Walter Gmelin.[4]

Zehn Jahre nach der Gründung hatte der WSL in der Bundesrepublik Deutschland mehrere tausend Mitglieder und war in allen Bundesländern mit Landesverbänden ins Vereinsregister eingetragen. Je nach Zahl der Mitglieder bildeten sich auch Orts- und Kreisvereine. Aufgrund der schnell wachsenden Mitgliederzahl konnten keine Vollversammlungen mehr stattfinden, so dass Delegierte gewählt wurden. Zu den bekanntesten Mitgliedern gehörten der Physiker Karl Bechert (1901-1981), der Spiekerooger Arzt Klaus Klasing (1910-1975), der Sachbuchautor und Arzt Max Otto Bruker (1909-2001) und der Autor Ewald Gaul (1919-2004).

In der Jugendarbeit setzte sich der WSL für einen Unterricht in Ökologie/Umweltschutz/Naturschutz/Lebensschutz an allen Schulen und mit Plakataktionen gegen das Rauchen ein. Gesundheitserziehung und Vollwerternährung (z.B. nach Max Otto Bruker, Werner Kollath und Johann Georg Schnitzer) waren weitere Schwerpunkte der Arbeit.

Streit um die Zuständigkeiten auf internationaler Ebene, politische Verdächtigungen wegen der Verbindungen in Ostblockstaaten und zahlreiche Prozesse gegen Atomkraftwerke in Deutschland führten schließlich zum Zerfall der Organisation. In Deutschland traten Mitglieder aus dem nationalen Landesverband der „Sektion Deutschland“ aus und schlossen sich der Gründungsorganisation im österreichischen Salzburg an. Als Gründe wurde dabei u.a. angegeben, die heimatlichen Vereinsaktivisten hätten rechtsextreme Ziele. Die Kritik richtete sich insbesondere gegen den rechtsextremen Präsidenten Werner Georg Haverbeck (WSL-Präsident von 1974-1982) und seinem Vizepräsidenten, dem Holocaust-Leugner Ernst Otto Cohrs (Vizepräsident von 1974-1982). Als im Mai 1981 auf einer Bundesvorstandssitzung Haverbeck und Cohrs ihre Ämter dem Präsidium zur Verfügung stellten, falls sie sich vom NS-System oder Hitler distanzieren müssten, wurde ein entsprechender Antrag fallengelassen. 1982 ersetzte Max Otto Bruker Haverbeck als 1. Präsident. Ernst Otto Cohrs durfte Vizepräsident bleiben. Erst nach öffentlichen Protesten und zahlreichen Kündigungen von Mitgliedern wendete sich Bruker in einem Rundschreiben an alle Mitglieder, wo er die öffentliche Aussprache rechtsradikalen Gedankenguts ausdrücklich verbot, jedoch nicht die Mitgliedschaft von Rechtsradikalen im WSL. Aufgrund des Briefes kam es zum Machtkampf innerhalb des WSL in dessen Zug Bruker im Dezember 1982 von seinem Amt als Präsident zurücktrat.[5]

Robert Jungk schrieb in den „Lebensschutzinformationen“ im Juni 1983:

„Seit der Gründung des Weltbundes zum Schutze des Lebens vor rund einem Viertel Jahrhundert besteht seine Geschichte aus fortgesetzten Versuchen, diese unbequeme, dem Fortschritts‑ und Wachstumswahn NICHT verfallene, daher profithemmende Körperschaft VON INNEN HER in ihrer Arbeit zu behindern und schließlich aufzulösen. Das geschah und geschieht noch mit denselben Mitteln, die sich ... zu Adenauers Zeiten so erfolgreich bewährt haben. Damals handelte es sich um eine im Bundestag vertretene Partei wie heute die Grünen, daneben aber auch bereits um den ersten und ältesten Zusammenschluss in der aufkommenden Lebens‑ und Umweltschutzbewegung, den WSL.“

Im Jahre 1985 wurde die „Sektion Deutschland“ (WSL-D) wegen rechtsradikaler Aktivitäten aus dem internationalen Verband ausgeschlossen. In der Folge wurde aufgrund des überalterten Mitgliederbestandes, mangelnden Nachwuchses und fehlender internationaler Strukturen die Vereinstätigkeit weitgehend eingestellt, und schließlich entzogen die Finanzbehörden dem Verein die Gemeinnützigkeit. Anfang des Jahres 2001 gab der 1961 gegründete WSL-D seine Auflösung bekannt. Die Vereinszeitung wurde vom mit dem Weltbund verflochtenen „Collegium Humanum“ fortgeführt.[6].

Österreich

Heute ist die gegenwärtig zahlenmäßig größte aktive Gruppe nach wie vor in Österreich zu finden.

Schwab schrieb: „In Österreich konnten wir beispielsweise mithelfen, den Betrieb des Atomkraftwerkes in Zwentendorf zu verhindern oder den Wiener Wald als Mischwald zu erhalten.“[7] Die Bodenbiologin und Schriftstellerin Annie Francé-Harrar war Ehrenmitglied und aktive Mitarbeiterin.

Die Tätigkeit von WSL-Funktionären in der staatlichen „Anti-Atom-Offensive“ ist seit einigen Jahren Gegenstand politischer Auseinandersetzungen.[8]

Inhaltliches Profil

Der WSL wurde von verschiedenen Naturschutz- und Lebensschutzverbänden, völkischen Gruppen und Einzelpersonen als überparteilicher und überkonfessioneller Bund zur Bekämpfung der Gefährdung der Natur, die auch als Gefährdung des Volkes begriffen wurde gegründet, und war von Anfang an durch ein konservatives Menschen- und Naturbild geprägt. Laut Günther Schwab sollte der Bund „für Erneuerung und Vertiefung des Lebens im Sinne der ewigen sittlichen Werte und der natürlichen Lebensordnung“ wirken. In dieser Auffassung wird der die Technik und die Zivilisation konstituierende Verstand als der Natur entgegengesetzt und als natürliche Ordnungen und organische Strukturen zerstörend betrachtet. Der Mensch wird so zum Feind der göttlichen Ordnung erklärt, wobei als Ziel des Lebensschutzes seine Reintegration in den natürlichen Kreislauf bezeichnet wird. Der ehemalige deutsche WSL-Vorsitzende Helmut Mommsen formulierte das wie folgt:

Der Mensch ist bestimmt zum Dienen als verlängerter Arm einer alles beherrschenden Macht und zum anwaltlichen Fürsprecher der lebenden Natur unter Hintanstellung seines persönlichen Nutzens.

Finanzierung

Die Finanzierung des WSL erfolgt durch Mitgliedsbeiträge und Spenden und anderen Maßnahmen, wie etwa vom WSL-Landesverband Rheinland-Pfalz, der sich am Verkauf der offiziellen Wohlfahrtsmarken der Deutschen Bundespost beteiligte und den Erlös für die Jugendarbeit einsetzte.

Internationale Aktivitäten

Neben der Bundesrepublik Deutschland waren Österreich, die Schweiz und Luxemburg die Länder mit den meisten Mitgliedern. Die weltpolitische Lage erschwerte allerdings – insbesondere wegen des Ost-West-Konfliktes – den angestrebten Aufbau einer internationalen Organisation, obwohl bereits gute Beziehungen auf dieser Ebene bestanden (Europarat, UNO, Unesco usw.).

Nach eigenen Angaben war der WSL in folgenden Ländern vertreten: Ägypten, Äthiopien, Australien, Belgien, Brasilien, Bulgarien, Bundesrepublik Deutschland, DDR, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Irland, Israel, Italien, Japan, Jugoslawien, Kanada, Luxemburg, Mexiko, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Rumänien, Schweden, Schweiz, Spanien, Südkorea, Tschechoslowakei, Ungarn und USA. Ein wissenschaftlicher Beirat von 400 Fachleuten aus 53 Ländern, darunter 40 Nobelpreisträger, unterstützte die Arbeit des WSL. Präsident des Beirates war Linus Pauling.[9]

In Australien versuchte die Organisation seit 1969 öffentlich auf die Gefahren hinzuweisen, die mit dem Betrieb des geplanten Kernkraftwerks von Jervis Bay drohten.[10] Nach Meinung einiger Vertreter hat die australische Sektion dazu beigetragen, dass bis heute dort keine Kernkraftwerke – von dem Forschungsreaktor OPAL abgesehen – betrieben werden.

Der Weltbund zum Schutz des Lebens verlieh eine Auszeichnung namens "Hans-Adalbert-Schweigart-Medaille" an folgende Personen:

Nach dem Tod des Gründers im Jahre 2006 wurde im Hinblick auf das 50jährige Jubiläum eine neue Struktur aufgebaut, die sich nicht an nationalstaatlichen Grenzen orientiert. Stattdessen werden die Mitglieder in Ländern gleicher Sprache (z.B. englischsprachige Mitglieder in Australien, Großbritannien, Kanada und den USA) weltweit zusammenarbeiten.

Angesichts der Vielzahl von Organisationen mit ähnlichen Zielen versteht sich der WSL als internationaler Dachverband. Daher sollen nur Wissenschaftler bzw. Personen mit einer wissenschaftlichen Qualifikation oder gewählte Vertreter von Organisationen mit gleicher Zielsetzung als Mitglied aufgenommen werden. Die praktische Umsetzung und die Definition der Qualifikation bleiben aber weiterhin den jeweiligen nationalen Gebietsverbänden überlassen.

Literatur

  • Klaus Klasing: Apokalypse auf Raten. Respektlose Gedanken über den Fortschritt. Biederstein Verlag, München 1971, ISBN 3-7642-0143-6.
  • World Union for Protection of Life (Hrsg.): Gefährdete Schöpfung. Vortragsreihe einer wissenschaftlichen Tagung des Weltbundes zum Schutze des Lebens mit Beiträgen von Aloys Bernatzky, Wilhelm Blasius, Wilhelm Braunewell u. a. Bircher-Benner-Verlag, Bad Homburg vor der Höhe [1970].

Fußnoten

  1. Jörg Melzer, Vollwerternährung: Diätetik, Naturheilkunde, Nationalsozialismus, sozialer Anspruch, Franz Steiner Verlag, 2003, S.317
  2. Franz Gress, Hans-Gerd Jaschke, Klaus Schönekäs, Neue Rechte und Rechtsextremismus in Europa: Bundesrepublik, Frankreich, Grossbritannien, Westdeutscher Verlag 1990, S. 322
  3. https://www.xing.com/net/wupl/internal-forum-interner-bereich-all-languages-allowed-alle-sprachen-erlaubt-419517/european-region-austria-osterreich-grundungsdokument-24853031 Text des Gründungsdokumentes
  4. Jörg Melzer, Vollwerternährung: Diätetik, Naturheilkunde, Nationalsozialismus, sozialer Anspruch, Franz Steiner Verlag 2003, S.317
  5. Jörg Melzer, Vollwerternährung: Diätetik, Naturheilkunde, Nationalsozialismus, sozialer Anspruch, Franz Steiner Verlag, 2003, S.396 und 370
  6. Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen http://www.im.nrw.de/inn/doks/vs/z2001.pdf
  7. Internet-Angebot der Salzburger Nachrichten Zitat
  8. Peter Bierl: "Kein Atom im Volkskörper". Jungle World 34, 25. August 2011.
  9. Zu den Arbeitsthemen auf internationaler Ebene gehörte auch der Kampf gegen Krebserkrankungen http://agirpoursasante.free.fr/remissions/pages/prevention_cancer.htm
  10. Brief des WSL-Präsidenten 'South East Asia and Oceanic Region', Harry F. Kurth, Sydney, 8 April 1972
  11. UDEO Themen: Ralph Graeub - Ein Leben im Kampf gegen die "sanften Mörder"

Quellen

  • LSI - Lebensschutzinformationen Heft 6/1983
  • Radkau, Joachim. Natur und Macht. Eine Weltgeschichte der Umwelt. München 2000.
  • Rundschreiben des WSL-Landesverbandes Niedersachsen e.V. und der Sektion Deutschland e.V. aus den Jahren 1968-1972
  • Verfassungsschutzberichte des Landes Nordrhein-Westfalen
  • Internationale Satzung der WUPL aus dem Jahre 2008
  • Offizielle Website der Internationalen Stufe

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