Weiße Horde

Weiße Horde

Die Weiße Horde (tatarisch: Aq Urda, türkisch: Ak Ordu) war ein mongolisches Teilreich in (West-)Sibirien und dem heutigen Kasachstan.

Nach manchen Darstellungen (Abu'I-Gazi) war sie der Herrschaftsbereich von Shibani Khans Nachkommenschaft. Häufig wird die Nachkommenschaft von Shibanis älterem Bruder Orda – die Orda-Horde – aber ebenfalls als "Weiße Horde" bezeichnet. Das liegt daran, dass sich beide Herrschaftsbereiche im Westen Sibiriens überschnitten, und dass die Farbbezeichnungen der turkomongolischen Steppenvölker nicht eindeutig sind und daher im Verlauf ihrer Geschichte wechseln konnten. In manchen Quellen erscheint das sibirische Herrschaftsgebiet sogar als Blaue Horde.[1] Daneben wird noch ein dritter Klan erwähnt, der sich auf Ordas und Shibanis jüngeren Bruder Toqa Timur zurückführte und der ebenfalls in Westsibirien und dem heutigen Kasachstan siedelte.

Alle diese Klans unterstanden der Blauen Horde, d.h. Batu Khans († 1255) Nachkommenschaft an der Wolga. Das Gesamtreich nennt man – angeblich unter Bezug auf das goldene Herrscherzelt – in der modernen Geschichtsschreibung auch Goldene Horde.

Als Batus Nachkommenschaft nach dem Tod Dschani Begs 1357 in mehreren Morden und blutigen Machtkämpfen ausstarb, mischten sich diese sibirischen Klans ein. Zunächst versuchte der Scheibanide[2] Hizr Khan Mahmud um 1361 die Macht an der Wolga an sich zu reißen, wurde jedoch ermordet. Ein anderer Nachkomme Shibanis war Arabshah, der um 1378 im Wolgaraum regierte. Dann versuchten es Urus Khan († 1376) und Toktamisch (reg. 1380-1395 in Sarai, † 1406/07), zwei Nachkommen Ordas[3], wobei sich Toktamisch durchsetzen konnte.

Im 15. Jahrhundert spielte sich Shibanis Nachkommenschaft in Westsibirien in den Vordergrund, zum Teil mit Hilfe der Nogaier. Vor allem der Gründer des Usbekenreiches, Abu'l-Chair Khan (* um 1412, † 1468) – ein Scheibanide – kam um 1428 über die Ermordung Boraqs (eines Enkels von Urus Khan) an die Macht und verdrängte dessen Söhne (Kerei und Janibek), bis diese sich eines Tages revanchieren konnten und das Kasachen-Khanat begründeten.

Aus dem gemeinsamen Erbe der Weißen Horde sollte schließlich im 15. Jahrhundert das Volk der Usbeken, das Khanat Sibir und zudem die Kasachen hervorgehen.

Anmerkungen

  1. So z.B. bei Ötemish Hajji, Autor des "Tarikh-i Dust Sultan", geschrieben in Choresm (1550er Jahre), aber auch in russischen Texten. Vgl. Devin A. DeWeese: Islamization and Native Religion in the Golden Horde, S. 148; Howorth: History of the Mongols, Part 2, S. 216. Aber gewöhnlich wird von den Autoren der timuidischen und usbekischen Zeit der östliche Flügel als die Weiße Horde bezeichnet, und nicht der Teil an der Wolga. Vgl. Thomas T. Allsen: The Princes of the Left Hand: An Introduction to the History of the Ulus of Orda in the Thirteenth Centuries, in: Archivum Eurasiae Medii Aevi, 1987, S. 5.
  2. Vgl. Spuler: Goldene Horde, S. 111f., anders: Safargaliev: Raspad Zolotoj Ordy, S.114.
  3. So steht es z. B. bei dem timuridischen Autor Natanzi (um 1414). Andere, wie der Autor des Tavarikh-i guzida Nusrat-nama (16. Jh.), ordnen die Fürsten der Nachkommenschaft Toqa Timurs zu.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Horde — Eine Horde ist eine umherziehende wilde Bande oder Rotte. Etymologie und Bedeutungswandel Das Wort wurde über das Polnische – wo sich erstmals der konsonantische Anlaut nachweisen lässt – aus einer Turksprache in verschiedene europäische Sprachen …   Deutsch Wikipedia

  • Khanat der Goldenen Horde — Goldene Horde (1389) Die Goldene Horde (mong. Алтан Орд Altan Ord; tatarisch: Altın Urda; russisch: Золотая Орда Zolotaya Orda) ist die Bezeichnung für ein turko mongolisches Teilreich in Osteuropa und Westsibirien. Die Bezeichnung leitet sich… …   Deutsch Wikipedia

  • Khanat der goldenen Horde — Goldene Horde (1389) Die Goldene Horde (mong. Алтан Орд Altan Ord; tatarisch: Altın Urda; russisch: Золотая Орда Zolotaya Orda) ist die Bezeichnung für ein turko mongolisches Teilreich in Osteuropa und Westsibirien. Die Bezeichnung leitet sich… …   Deutsch Wikipedia

  • Kyptschak-Horde — Goldene Horde (1389) Die Goldene Horde (mong. Алтан Орд Altan Ord; tatarisch: Altın Urda; russisch: Золотая Орда Zolotaya Orda) ist die Bezeichnung für ein turko mongolisches Teilreich in Osteuropa und Westsibirien. Die Bezeichnung leitet sich… …   Deutsch Wikipedia

  • Blaue Horde — Der Begriff Blaue Horde (tatarisch: Qüq Urda, mongolisch: Qöq Orda) bezeichnet ein mongolisches Khanat an der Wolga. Dieses unterstand der direkten Nachkommenschaft Batu Khans († 1255) und seiner Brüder. Allerdings war die Farbbezeichnung im… …   Deutsch Wikipedia

  • Orda-Horde — Die Orda Horde (tatarisch: Urda Ulus; mongolisch: Orda Ulus) war ein selbständiger Bestandteil der mongolischen Goldenen Horde. Ihre Fürsten erkannten zwar (laut Raschid ed Din, um 1303) die jeweiligen Khane an der Wolga als vorrangig an, indem… …   Deutsch Wikipedia

  • Der weiße Reiter (Cornwell) — Der weiße Reiter ist ein Roman des britischen Schriftstellers Bernard Cornwell. Das Buch wurde erstmals am 3. Oktober 2005 unter dem Titel The Pale Horseman bei Harper Collins veröffentlicht. Es erschien im Juli 2007 in der deutschen Übersetzung… …   Deutsch Wikipedia

  • Orda-Khanat — Die Orda Horde (tatarisch: Urda Ulus; mongolisch: Orda Ulus) war ein selbständiger Bestandteil der mongolischen Goldenen Horde. Ihre Fürsten erkannten zwar (laut Raschid ed Din, um 1303) die jeweiligen Khane an der Wolga als vorrangig an, indem… …   Deutsch Wikipedia

  • Orda Khanat — Die Orda Horde (tatarisch: Urda Ulus; mongolisch: Orda Ulus) war ein selbständiger Bestandteil der mongolischen Goldenen Horde. Ihre Fürsten erkannten zwar (laut Raschid ed Din, um 1303) die jeweiligen Khane an der Wolga als vorrangig an, indem… …   Deutsch Wikipedia

  • Orda — Khan († nach Abulfeda gegen 1280) war ein sibirischer Mongolenfürst, Sohn Jochis und älterer Bruder des bedeutenden Mongolenkhans Batu. Orda war laut gängiger Darstellung eigentlich als Nachfolger seines Vaters vorgesehen, doch er überließ dem… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”