Weinbergschnecken

Weinbergschnecken
Weinbergschnecke
Weinbergschnecke

Weinbergschnecke

Systematik
Ordnung: Lungenschnecken (Pulmonata)
Unterordnung: Landlungenschnecken (Stylommatophora)
Überfamilie: Schnirkelschnecken (Helicoidea)
Familie: Echte Schnirkelschnecken (Helicidae)
Gattung: Helix
Art: Weinbergschnecke
Wissenschaftlicher Name
Helix pomatia
Linnaeus, 1758

Die Weinbergschnecke (Helix pomatia) ist eine ausgewachsen bis zu 10 cm lange und etwa 30 g schwere, gehäusetragende Landschnecke, die systematisch zu den Landlungenschnecken (Stylommatophora) und hier zur Familie der Helicidae gerechnet wird. Sie kommt vor allem auf kalkreichen, feuchten Böden vor.

Weinbergschnecken stehen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sowie auch in vielen anderen Ländern, unter Naturschutz (in Deutschland: „besonders geschützt“ nach Anlage 1 zur Bundesartenschutzverordnung).

In freier Natur kann sie ein Alter von acht Jahren erreichen, bei Gehegeschnecken ist bei guter Pflege eine Lebenserwartung von 20 Jahren nicht selten.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Wie bei Schnecken allgemein gliedert sich der Körper in Kopf, Fuß, Eingeweidesack und Mantel. Zusätzlich besitzt die Weinbergschnecke wie andere Gehäuseschnecken auch ein spiralig gewundenes Gehäuse aus Kalk, umgangssprachlich auch Schneckenhaus genannt. Es hat fast immer die Form einer rechtsgängigen Spirale. Nur bei etwa einem von 20.000 Exemplaren ist sie linksgängig. Diese Tiere nennt man auch Schneckenkönig. Der lateinische Name Helix leitet sich von diesem spiraligen Gehäuse ab. Neben Helix pomatia gibt es noch eine kleinere, im Mittelmeerraum sowie in den Niederlanden und Großbritannien verbreitete Art, die Gefleckte Weinbergschnecke (Helix aspersa oder auch Cornu aspersum).

Fortbewegung und Atmung

Porträt

Mit der Kriechsohle ihres muskulösen Fußes kriecht die Weinbergschnecke, eine feuchte Schleimspur hinterlassend und ihr Gehäuse tragend, über den Untergrund. Dabei streckt sie ihre vier Fühler aus. Zwei kleinere Fühler befinden sich unten am Kopf, zwei größere weiter oben. Stoßen diese Fühler auf ein Hindernis oder reizt man sie auf andere Weise, werden sie schnell zurückgezogen. Die beiden größeren Fühler tragen an ihrem Ende je ein Auge. Bei Gefahr zieht sie sich in ihr Schneckenhaus zurück.
Die äußere Atmung erfolgt mit einem deutlich sichtbaren Atemloch, das in die Mantelhöhle führt, deren Wandung reich mit sauerstoffresorbierenden Blutgefäßen ausgestattet ist.

Ernährung

Das Ausscheidungsorgan für den grünen Kot befindet sich seitlich an der Öffnung des Schneckenhauses

Die Weinbergschnecke ernährt sich von weichen, welken Pflanzenteilen und Algenbewüchsen, die sie mit ihrer Raspelzunge, der Radula, auf der sich rund 40.000 Zähnchen befinden, abweidet.

Die Annahme, dass Weinbergschnecken die Gelege anderer Schnecken fressen, beruht möglicherweise auf Kannibalismus, der manchmal zwischen den Jungschnecken in der Bruthöhle auftritt. Bei erwachsenen Weinbergschnecken hat sie sich allerdings als völlig haltlos erwiesen.

Weinbergschnecken sind auf einen Lebensraum angewiesen, in dem sie Kalk aufnehmen können. Diesen benötigen sie zur Stabilisierung ihres Schneckenhauses und zum Bau des Schutzdeckels für die Überwinterung. Wenn wenig Kalk in Boden und Gestein vorhanden ist, können der Weinbergschnecke Sepiaschalen oder Eierschalen als Kalkquelle angeboten werden.

Fortpflanzung

Weinbergschnecken bei der Fortpflanzung

Weinbergschnecken sind Zwitter, das heißt jedes Tier produziert männliche und weibliche Keimzellen. Die Schnecken können sich jedoch nicht selbst befruchten. Es kommt vielmehr zu einem Liebesspiel zwischen zwei Tieren, bei dem sich beide Schnecken – Fuß an Fuß – gemeinsam aufrichten und sich gegenseitig so genannte ca. 11 mm lange Liebespfeile in ihre Körper treiben, die, mit einem stimulierenden Sekret bedeckt, den Paarungserfolg steigern. [1] Gleichzeitig erfolgt die nicht immer wechselseitige Begattung. Vier bis sechs Wochen später legen die Schnecken 40–60 weißliche Eier in eine mit Hilfe ihres Fußes und Gehäuses gegrabene Erdgrube ab, die sie nach der Eiablage wieder verschließen. Die Jungschnecken entwickeln sich von da an selbstständig und schlüpfen nach einer rund zweiwöchigen Embryonalentwicklung mit einem Gewicht von etwa 0,1 g. Sie fressen zur Kalkaufnahme ihre Eihüllen und graben sich dann an die Erdoberfläche. Ihr Schneckenhaus ist noch sehr weich und viele der Jungschnecken fallen darum Fressfeinden zum Opfer, sodass im Schnitt nur fünf von 100 Weinbergschnecken das geschlechtsreife Alter (zwei bis drei Jahre) erreichen und Eier ablegen können.

Überwinterung

Weinbergschnecke mit Epiphragma nach dem Winter
Weinbergschnecke im April (DE)
Helix pomatia

Den Winter verbringen die Weinbergschnecken in einer Kältestarre. Nachdem sie sich einen Nahrungsvorrat angefressen haben, verkriechen sie sich in der Erde und ziehen sich in ihre Schale zurück. Die Schalenöffnung verschließt die Schnecke mit einem Kalkdeckel (Epiphragma), der im Frühjahr beim Ausschlüpfen wieder abgestoßen wird. Bei starker Trockenheit im Sommer und damit verbundenem Wassermangel können die Weinbergschnecken auch einen Trockenschlaf halten.

Weinbergschnecken als Lebensmittel

Hauptartikel: Schnecke (Lebensmittel)

Französisches Schneckengericht

Weinbergschnecken sind besonders in Frankreich eine beliebte Delikatesse. Man isst in der Regel ein halbes oder ganzes Dutzend als Vorspeise, in sog. „Schneckenpfännchen“ mit Kräuterbutter im Backofen gegart.

Die besten Weinbergschnecken kommen aus dem Burgund, dem Schweizer Waadtland und aus Süddeutschland – sie stammen heute meist aus der Schneckenzucht.

Vor der Unterschutzstellung wurde in Baden-Württemberg das Sammeln der Schnecken durch die Weinbergschneckenverordnung geregelt.

Sonstiges

In der Schweiz hat die Gemeinde Zell ZH die Weinbergschnecke als Wappentier, und in Zürich gibt es seit 1870 offiziell eine „Schneckenmannstrasse“, deren Bezeichnung auf den Zunamen eines ehemaligen Schneckenzüchters oder -sammlers zurückgeführt wird[2].

Literatur

  • Rudolf Kilias: Die Weinbergschnecke. Über Leben und Nutzung von Helix pomatia, 2. Auflage, Magdeburg 1995. ISBN 3-89432-320-5

Einzelnachweise

  1. Ronald Chase und Katrina C. Blanchard: „The snail's love-dart delivers mucus to increase paternity“, in: Proceedings of the Royal Society B 273 (1593), 2006, S. 1471–1475. doi:10.1098/rspb.2006.3474
  2. www.stadt-zuerich.ch: Offizielles Strassennamenverzeichnis und www.gebrueder-duerst.ch: Gang dur Züri.

Weblinks


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