Weinbau in Tschechien

Weinbau in Tschechien
Weinkellerei in Chvalovice, nahe Znojmo

Der tschechische Weinbau kann auf eine tausendjährige Tradition zurückblicken. Der Weinkonsum in Tschechien wird zu etwa 45 % aus heimischer Produktion gedeckt, mit steigender Tendenz.[1][2] Kurz vor dem EU-Beitritt 2004 entstanden noch neue Weinberge mit insgesamt über 1.000 Hektar Fläche. Mitte 2004 wurden rund 18.750 Hektar bewirtschaftet. [1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Zu Beginn der Herrschaft der Přemysliden wurde auf der Cecemina bei Dřísy ein einzelner dem heiligen Wenzel gewidmeter Weinberg namens Svatováclavská vinice angelegt, der als der älteste Böhmens gilt und bis 1877 bewirtschaftet wurde. Vor dem Dreißigjährigen Krieg soll es in Böhmen schätzungsweise 10.000 Hektar und in Mähren 20.000 Hektar Rebfläche gegeben haben. Als das goldene Zeitalter des Weinanbaus gilt die Zeit zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert. Karl IV. war ein großer Weinliebhaber und hat sich während dieser Zeit um den Weinanbau in Prag verdient gemacht. Den Weinbauern wurden beispielsweise Anbauflächen zur Rebkultivierung zur Verfügung gestellt oder Karl erließ ihnen Steuern. Zum Schutz der Winzer wurde die Einfuhr ausländischer Weine verboten.[3]

Ein Weinmarkt soll bereits vor 1850 zum ersten Mal in Valtice (deutsch Feldsberg) veranstaltet worden sein, somit wäre dies die älteste Weinausstellung auf dem Gebiet Tschechiens und Niederösterreichs. Die jüngere dokumentierte Geschichte der Ausstellung begann 1967.[4] In den Kellergewölben von Schloss Valtice befindet sich ein bedeutender Weinkeller. Dort werden jährlich neu prämierte Weine (Siegel „Salon“) zur Verkostung und zum Kauf angeboten.

Aufgrund der Dismembration der Tschechoslowakei am 1. Januar 1993 wurden die Staaten Tschechien und Slowakei gegründet. Zu dieser Zeit waren ca. 47.000 Hektar Rebfläche bestockt, von denen 36.000 Hektar in Ertrag waren. Der größere Anteil an bestockter Rebfläche liegt heute in der Slowakei. Die Weinbaugebiete beider Staaten grenzen bis auf die böhmischen Flächen an Österreich und Ungarn, bis nach Tokaj-Hegyalja.

1995 entstand ein neues Weingesetz. Dieses definiert den Weinbau, die Produktion sowie die verschiedenen Weintypen. Aufgrund des Zuckergehaltes werden die Weine in Tafelweine, Qualitätsweine und Weine mit Prädikatsbezeichnung eingestuft. Die letzteren werden wiederum in Kabinettweine, Spätlese und Auslese eingeteilt. Den juristischen Rahmen für den tschechischen Weinbau bildet seit 1. Mai 2004 das Weingesetz der Europäischen Union. Die neuesten Reformvorschläge der EU werden vom tschechischen Landwirtschaftsministerium jedoch abgelehnt.[5]

Im Jahr 2002 wurde in Valtice das Tschechische Weinbauzentrum (Narodni vinarske centrum) gegründet. Hierbei handelt es sich um eine gemeinnützige Organisation, an deren Entstehung sich einige Vereinigungen beteiligt hatten, die im Bereich Weinproduktion und Tourismus tätig sind.[6]

Klima

Das Gebiet weist Kontinentalklima mit typisch heißen Sommern und kalten Wintern auf. Es gibt nur mäßige Niederschläge.[7]

Regionen

Südmähren

Weinanbaugebiet Südmähren

Südmähren ist die bedeutendste Weinregion des Landes. Der Weinbau konzentriert sich um den Fluss Thaya, einem Nebenfluss der March, und das Gebiet um die Städte Velké Pavlovice[8], Mikulov , Znojmo[9] Hustopeče und Šatov die zusammen mit der Region Slovácko 94 % der Rebfläche Tschechiens repräsentieren. Am wichtigsten sind hierbei Weißweine, besonders der auch im benachbarten Niederösterreich bekannte Grüne Veltliner. Angebaut werden ferner Müller-Thurgau, Welschriesling und Chardonnay, letzterer mit stark steigender Tendenz.

Mittelböhmen

Weinanbaugebiet Mittelböhmen

Ein weiteres Anbaugebiet ist das Mittelböhmische Gebirge entlang der Elbe mit ihren Zuflüssen Moldau und Berounka, rings um Litoměřice und Mělník. Vor dem Dreißigjährigen Krieg war Leitmeritz nach Prag die größte Weinbaugemeinde Böhmens. Die Kriegsfolgen und die Reblaus führten zu einem weitgehenden Niedergang. Im 20. Jahrhundert wurde der mittelböhmische Weinbau reaktiviert, der heute wieder 5 % der gesamten Rebfläche in Tschechien ausmacht. Der Rebsortenspiegel zeigt hier Müller-Thurgau, Pinot Blanc (tschechisch: Rulandské bílé) und Gewürztraminer (tschechisch: Tramín červený) sowie Grüner Veltliner (tschechisch: Veltínské zelené) sowie auch Grauburgunder, Riesling und in geringem Maße auch rote Rebsorten (Blauen Portugieser).

Historische Parallelen bestanden im Mittelalter zum Weinbaugebiet Sachsen; Pirna und Litoměřice liegen nur 70 km voneinander entfernt. Bedingt durch die geografische Unterbrechung der Elbweinbaugebiete durch die Sächsische Schweiz und die unterschiedliche Geschichte der Regionen nach dem Dreißigjährigen Krieg besteht jedoch heute keine Kontinuität zur Sächsischen Weinstraße.

Rebsortenspiegel

Die weitverbreitetsten Rebsorten Tschechiens unter tschechischen und deutschen Namen[10] mit Angabe des prozentualen Anteils:

Rote Rebsorten (červené)

Frankovka (Blaufränkisch)
Ryzlink rýnský (Rheinriesling)

Daneben werden noch im kommerziellen Weinbau die Sorten Agni, Alibernet, André, Ariana, Cabernet Moravia, Jakubské (Frühburgunder) und Neronet angebaut.

Weiße Rebsorten (bílé)

Eine untergeordnete Rolle spielen die Rebsorten Aurelius, Bouvierův hrozen (Bouvier), Čabaňská perla (Perle von Csaba), Červenošpičák (Rotgipfler), Děvin, Kerner, Lena, Malverina, Modrý Janek (Blauer Hans), Muškát Ottonel (Muskat-Ottonel), Pálava, Sylvánské červené (Roter Silvaner), Sylvánské zelené (Silvaner) und Veltlínské červenobílé (Roter Veltliner)

Quelle: Liste der Klassifizierungen von Rebsorten für die Weinherstellung nach Artikel 20 der Verordnung (EG) 1227/2000, Stand November 2007[11]

Etikettierung

Herkunftsangaben

  • vinařská oblast - Region, z.B. Morava (Mähren)
  • vinařská podoblast - Subregion z.B. Velkopavlovická (Velké Pavlovice)
  • vinařská obec - Ortsbezeichnung
  • trať - Lagenangabe
  • Logo: Weine aus Böhmen, Weine aus Mähren. (seit 2006)[12]

Qualitätsangaben

  • révové víno - Traubenwein (zur Unterscheidung von anderen Weinen; nicht verbindlich)
  • stolní víno - Tafelwein
  • jakostní víno - mindestens 15 Grad Brix
    • jakostní víno odrůdové - enthält maximal drei zugelassenen Rebsorten
    • jakostní víno známkové - Cuvée aus mindestens zwei zugelassenen Rebsorten
    • jakostní víno s přívlastkem - Qualitätswein aus maximal drei zugelassenen Rebsorten (fakultative Angabe auf dem Etikett für Anteile von mindestens 15%). Mindestmostgewicht von 19 Grad Brix vergärbare Zucker - keine Chaptalisation erlaubt. Der maximale Ertrag ist auf 12 Tonnen/Hektar begrenzt. Der Wein muss die Qualitätskriterien erfüllen und von der SZPI, der tschechische Organisation für Lebensmittelkontrolle eingestuft werden.[13]

Restzuckergehalt

Grundsätzlich entscheiden muss man sich zwischen suché - trocken und sladké - süß als Geschmacksrichtung.[14]

Trivia

In Hustopeče existiert das wohl weltweit einzige Denkmal für die Weinhefe (Saccharomyces cerevisiae). Dargestellt wird eine sprossende Hefezelle in 70.000-facher Vergrößerung.[15]

Quellen

Literatur

  • Helena Baker: Kapesní průvodce po vinařstvích a vínech České republiky 2007; ISBN 80-7350-071-X

Einzelnachweise

  1. a b Weinanbau in Tschechien nach dem EU-Beitritt
  2. Hugh Johnson: Der Kleine Johnson. Hallwag, München 2000 (ISBN 3-444-70202-7).
  3. Prager Weinberge
  4. Weinmarkt in Valtice
  5. Tschechien lehnt EU-Weinreform ab
  6. Salon der Weine der Tschechischen Republik
  7. André Dominé, Armin Faber, Thomas Pothmann: Wein (Deutsch). Könemann Verlagsgesellschaft 2000, ISBN 3-8290-2765-6
  8. Historischer Weinkeller in Velke Pavlovice
  9. Znojmo: Unverwechselbare Weine aus historischen Weingärten
  10. Rot, weiß, rosé
  11. Liste der Klassifizierungen von Rebsorten für die Weinherstellung (PDF)
  12. Qualitätsmarke für Weine aus Tschechien
  13. Staatliche Landwirtschafts- und Lebensmittelinspektion SZPI
  14. Der tschechische Wein
  15. Hohe Würdigung: Weinhefe in Stein gemeißelt

Weblinks


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