Watergate-Skandal

Watergate-Skandal

Als Watergate-Affäre (oder kurz Watergate) bezeichnet man, nach einer Definition des Kongresses der Vereinigten Staaten, zusammenfassend eine ganze Reihe von gravierenden „Missbräuchen von Regierungsvollmachten“ (abuses of governmental powers)[1], die es während der Amtszeit des republikanischen Präsidenten Richard Nixon zwischen 1969 und 1974 gegeben hat. Die Offenlegung dieser Missbräuche ab Juni 1972 verstärkte in den USA massiv eine durch den Vietnamkrieg ausgelöste, gesellschaftliche Vertrauenskrise gegenüber den Politikern in Washington und führte schließlich zu einem schweren Verfassungskonflikt. Höhepunkt der teils dramatischen Entwicklungen war am 9. August 1974 der Rücktritt Nixons von seinem Amt.

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Schauplatz des Einbruchs
Der Watergate-Gebäudekomplex in Washington D.C.

Die Watergate-Affäre ist benannt nach dem im Zentrum der amerikanischen Hauptstadt Washington gelegenen Watergate-Gebäudekomplex, in dem sich Anfang der 1970er-Jahre das Hauptquartier der Demokratischen Partei befand. In diesem verhaftete die von einem Wachmann verständigte Polizei in der Nacht zum 17. Juni 1972 fünf Einbrecher, die offenbar versucht hatten, Abhörwanzen zu installieren und Dokumente zu fotografieren. Schon frühzeitig wurde dieses Aufsehen erregende Ereignis in Verbindung mit den im November 1972 anstehenden Präsidentschaftswahlen gebracht, bei denen der Amtsinhaber Richard Nixon erneut für die Republikanische Partei antreten sollte.

Umfangreiche Ermittlungen des FBI offenbarten alsbald, dass die Auftraggeber des Watergate-Einbruchs unter engen Mitarbeitern des Präsidenten beziehungsweise seines Wahlkomitees zu suchen waren. Diese Erkenntnis führte nach Nixons Wiederwahl durch einen Schneeballeffekt zur Aufdeckung weiterer Verbrechen und Vergehen, die in den Jahren zuvor teils auf direkte Anweisung des Weißen Hauses hin begangen worden waren. In einer erstaunlichen Kette von Enthüllungen, die ab März 1973 die Berichterstattung der Medien dominierte, erfuhr eine schockierte amerikanische Öffentlichkeit vom Ausmaß dieser Amtsmissbräuche zulasten der politischen Gegner Nixons. Daraufhin wuchs der Druck auf den Präsidenten, zur vollständigen Aufklärung der Affäre beizutragen und umfassend mit der Justiz und mehreren Ausschüssen des Kongresses zu kooperieren. Nixons Weigerung, dies zu tun, und seine teils massiven Versuche, die Ermittlungen zu behindern oder zu begrenzen, stürzten die USA in eine lang gezogene Verfassungskrise und veranlassten das Repräsentantenhaus schließlich dazu, ein Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) gegen Nixon einzuleiten. Die in der amerikanischen Geschichte beispiellose Konfrontation der drei Staatsgewalten endete am 9. August 1974 mit dem bisher einzigen Rücktritt eines US-Präsidenten.

Häufig wird die Watergate-Affäre zugleich als ein Triumph der Pressefreiheit gedeutet, weil Journalisten wesentlich zu ihrer Aufklärung beigetragen hätten. Berühmt wurde in diesem Zusammenhang vor allem die 1973 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Berichterstattung der Washington Post und ihrer zwei Reporter Bob Woodward und Carl Bernstein. Während die den Watergate-Einbruch untersuchenden Staatsanwälte diesen, trotz widersprechender Indizien, bis Anfang 1973 als das Ergebnis des Übereifers untergeordneter Figuren ansahen, spekulierte die Washington Post schon im Sommer und Herbst 1972 – also mitten im Präsidentschaftswahlkampf – über eine weitreichende politische Verschwörung unter Einschluss des Weißen Hauses. Die Grundlage entsprechender Artikel bildeten dabei vor allem die verdeckten Hinweise, die Woodward ab Juni 1972 von seinem Hauptinformanten Mark Felt erhalten hatte. Bis Juni 1973 amtierte Felt, dem ein Redakteur der Washington Post den in die amerikanische Pressegeschichte eingegangenen Decknamen Deep Throat verlieh, als stellvertretender Direktor des FBI und war in dieser Funktion mit den Ergebnissen der Watergate-Ermittlungen engstens vertraut.

Obwohl die oft nachzulesende Behauptung, Woodward und Bernstein hätten Watergate „aufgedeckt“, nach diesbezüglich einhelliger Darstellung der Fachliteratur stark überzogen ist[2], darf ihr Einsatz für die Kontrolle der Staatsmacht durch die „Vierte Gewalt“ doch als beispielhaft für couragierten Journalismus gelten. Zwar können die Ursprünge des investigativen Journalismus in den USA bis zu den Muckrakers am Anfang des 20. Jahrhunderts und früher zurückverfolgt werden, dennoch wurde die Watergate-Affäre nach den Worten des Soziologen Michael Schudson zum „Herzstück des Mythos um den amerikanischen Journalismus“. Dieses hat die nachfolgenden Generationen von Reportern beflügelt, Machtmissbräuchen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft entschiedener nachzuspüren und diese anzuprangern. Andererseits wuchs jedoch auch eine Tendenz zur Sensationslust und dem „Produzieren“ von Skandalen durch die Medien (engl.: scandal mongering).[3]

Was gehört zur Watergate-Affäre?

Es gibt keine verbindliche Definition darüber, welche „Missbräuche von Regierungsvollmachten“, für die letztlich Präsident Richard Nixon als Haupt der Exekutive die Verantwortung trug, neben dem Kernkomplex des gescheiterten Watergate-Einbruchs vom 17. Juni 1972 unter den Sammelbegriff „Watergate-Affäre“ fallen und welche nicht. Eine erste diesbezügliche Abgrenzung ergibt sich jedoch aus den Themengebieten, die der Watergate-Ausschuss des Senats (eigentlicher Name: Senate Select Committee on Presidential Campaign Activities) unter seinem Vorsitzenden Senator Sam Ervin ab Mai 1973 untersuchte. Die Ergebnisse dieser Ermittlungen wurden im Juni 1974 in einem 1250 Seiten starken Abschlussbericht zusammengefasst. Nach dem Ervin-Ausschuss gehören die folgenden zehn Teilbereiche zur „Watergate-Affäre“:

  1. der Missbrauch von Regierungsbehörden durch das Weiße Haus oder in dessen Auftrag;
  2. der eigentliche Watergate-Einbruch;
  3. die Vertuschung der Hintergründe des Watergate-Einbruchs;
  4. die Wahlkampfpraktiken des Komitees zur Wiederwahl des Präsidenten;
  5. die Behinderung der Justiz bei den Watergate-Untersuchungen;
  6. das Finanzgebaren und die Wahlspendenpraxis von Nixons Wiederwahlkomitee;
  7. der „Milch-Fond“ illegaler Parteispenden, mit denen ein Konglomerat amerikanischer Milchproduzenten Einfluss auf die Politik in Washington zu gewinnen suchte;
  8. eine illegale Parteispende von 100.000 $, die Nixons persönlicher Freund Charles „Bebe“ Rebozo von dem Milliardär Howard Hughes entgegengenommen hatte;
  9. Vorteilnahmen (beispielsweise durch den „Verkauf“ von Botschafterposten im Austausch für Wahlkampfspenden) und Steuerhinterziehung durch Präsident Nixon;
  10. die „ITT-Affäre“, bei der es um vermeintliche Vorteilsgewährung für den Industriegiganten im Zusammenhang mit einem Kartellverfahren im Austausch für eine indirekte Wahlkampfspende ging.[4]

Über diese Themenkomplexe hinaus haben Journalisten und Historiker aber auch zahlreiche andere Vorgänge aus Nixons Amtszeit als Aspekte der Watergate-Affäre identifiziert. Teils waren diese lediglich anrüchig, teils wurden sie später aber auch durch Gerichte als illegal klassifiziert. Diese Vorgänge wurden von den Ermittlern der „Watergate Special Prosecution Force“ (WSPF) untersucht. Die amerikanische Öffentlichkeit erfuhr fast ausnahmslos erst im Zusammenhang mit der großen Welle von Watergate-Enthüllungen ab März 1973 von ihnen:

  1. das bereits kurz nach Nixons Amtsantritt erfolgte Anheuern eines eigenen Privatdetektivs durch das Weiße Haus; dieser sollte belastende Informationen über politische Gegner der Republikaner sammeln und diese dann den Medien zuspielen; ein Beispiel waren Nachforschungen über Edward Kennedy nach dessen Autounfall in Chappaquiddick;
  2. die so genannten „Kissinger-Wanzen“, eine illegale Abhöraktion, die auf Betreiben von Nixons Sicherheitsberater Henry Kissinger ab April 1969 gegen Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrats und gegen verschiedene prominente Journalisten durchgeführt wurde; dies geschah, um herauszufinden, wer aus Kissingers Stab Informationen an die Medien durchsickern ließ;
  3. der (letztlich nicht umgesetzte) „Houston-Plan“ aus dem Jahr 1970 zur Vernetzung der Aktivitäten von CIA, FBI und anderer Spionage- und Strafverfolgungsbehörden unter direkter Kontrolle des Weißen Haus; nach ihm sollte die Exekutive weitreichende Vollmachten im Kampf gegen behauptete linksradikale Staatsfeinde und militante Gegner des Vietnamkriegs erhalten;
  4. die unter der Ägide von Nixons Berater Charles Colson erfolgte Erstellung einer umfangreichen, beständig erweiterten „Feindesliste(Nixon's enemies list); diese enthielt Namen von Personen, denen man nachsagte, dem Präsidenten, seiner Regierung oder der Republikanischen Partei feindselig gegenüberzustehen; diese Personen sollten beispielsweise verstärkt mit Prüfungen der Bundessteuerbehörde IRS rechnen müssen oder von vornherein von der Vergabe lukrativer Staatsaufträge ausgeschlossen sein;
  5. die zum Teil illegalen Aktivitäten der im Sommer 1971 gegründeten „Klempner“-Einheit des Weißen Hauses; sie sollte einerseits „Lecks“ aus dem Regierungsapparat gegenüber den Medien stopfen und andererseits negative Informationen über Gegner des Weißen Hauses sammeln und gezielt (aber verdeckt) an die Öffentlichkeit weitergeben; zwei Mitglieder der „Klempner“-Einheit, Gordon Liddy und E. Howard Hunt, waren später auch für Planung, Organisation und Durchführung des Watergate-Einbruchs direkt verantwortlich.

Zu guter Letzt gibt es den Versuch revisionistischer Autoren mit starkem Hang zu Verschwörungsszenarien, die Geschichte der Watergate-Affäre durch Darlegung eines für die Öffentlichkeit größtenteils unbekannten, vermeintlichen „Sub-Plots“ umzuschreiben. Dabei werden insbesondere der Watergate-Einbruch und die Versuche zur Vertuschung von dessen Hintergründen wahlweise als Ergebnis der verdeckten Handlungen von Nixon feindlich gesinnten Institutionen wie der CIA oder der amerikanischen Armee oder der Aktivitäten intriganter, von persönlichen Motiven gelenkter Personen (wie John Dean oder Alexander Haig) in der unmittelbaren Umgebung von Präsident Nixon beschrieben.[5] In diesen Interpretationen wird die Watergate-Affäre umgedeutet zu einem „stillen Staatsstreich“, mit dem ein unliebsamer Amtsinhaber aus dem Weißen Haus getrieben wurde. Die Tatsache, dass auch einige seriöse Historiker diese Theorien zum Teil akzeptiert haben, hängt damit zusammen, dass verschiedene Aspekte der Affäre, insbesondere die genauen Hintergründe des Watergate-Einbruchs, bis heute nicht eindeutig geklärt werden konnten.

Beispiele für eine populäre Adaption dieser Verschwörungstheorien sind die Filme JFK - Tatort Dallas und Nixon von Oliver Stone. Stone konzentriert sich dabei auf die Rolle von Howard Hunt, der in seiner CIA-Zeit Mitorganisator der Schweinebucht-Invasion war. Deren Scheitern lieferte nach Ansicht verschiedener Autoren das Motiv eines unterstellten CIA-Mordkomplotts gegen den verantwortlich gemachten demokratischen Präsidenten; Hunt spielt in einigen dieser Darstellungen sogar die Rolle eines Drahtziehers der Kennedy-Ermordung vom 22. November 1963. Im Film Nixon wird dem Betrachter außerdem nahegelegt, dass ein um diese Verbindungen wissender Nixon selbige als Druckmittel gegen die CIA ausnutzt, um diese dazu zu bringen, die Watergate-Untersuchungen (und damit ein drohendes Bloßstellen der Rolle Hunts nicht nur beim Watergate-Einbruch sondern auch bei der Kennedy-Ermordung) zu behindern.

Nixons Regierungsstil und die Rolle seiner engsten Berater

Nixon in seinem Büro an Bord der Air Force One

Nixon traf sich im Unterschied zu anderen Präsidenten nur selten mit ausgewiesenen Experten aus Ministerien und Behörden. Stattdessen konsultierte er einen engen Kreis von Beratern, vornehmlich Mitarbeiter des Weißen Hauses, die alles weitere für ihn erledigen sollten. Daraus resultierte ein zentralistischer und hierarchischer Regierungsstil. Der Präsident wurde von vielen Vorgängen scheinbar „abgeschirmt“, während seine Mitarbeiter durch ihren ständigen Zugang zum Oval Office ihren eigenen Untergebenen aber immer glaubhaft machen konnten, ihre Befehle und Anweisungen seien durch den Präsidenten abgedeckt. Letzteres war jedoch nicht immer der Fall. Traditionell einflussreiche Institutionen wie etwa das Außen- oder das Verteidigungsministerium erlebten gleichzeitig einen Bedeutungsverlust, weil die zuständigen Minister William P. Rogers und Melvin R. Laird nicht zum exklusiven Nixon-Zirkel gehörten.

Nixon misstraute der Ministerialbürokratie. Er sah sie „unterwandert“ von ihm feindlich gesinnten Demokraten und Vertretern des liberalen Ostküsten-Establishments, die an Ivy-League-Universitäten wie Harvard oder Yale studiert hatten. Das Misstrauen wurde befördert durch die vielen „Lecks“ (leaks), von denen seine Regierung von Beginn an geplagt war. Selbst geheimste Regierungsdokumente und -informationen wurden den (häufig liberalen) Medien zugespielt. Nixon betrachtete dies nicht nur als persönlichen Affront, sondern auch als gezielten Versuch, seine strikt von der Öffentlichkeit abgeschirmten politischen Initiativen zu sabotieren. Das betraf vor allem die ihn primär interessierende Außenpolitik. Nixons gut dokumentierte Obsession, diese „Lecks“ um jeden Preis zu stopfen, entwickelte sich zu einem wichtigen Ausgangspunkt vom Weißen Haus gesteuerter, krimineller Aktivitäten.

Nixon begegnete der vermeintlichen Unzuverlässigkeit der Ministerien und Behörden mit der Beförderung ihm loyaler Personen auf Schlüsselpositionen. Den Versuch, diese Leute in seinem politischen oder gar persönlichen Interesse zu instrumentalisieren, zählte der Kongress später zu Nixons „Missbräuchen von Regierungsvollmachten“. Allerdings musste der Präsident beim personellen Umbau des Regierungsapparats aus Rücksicht auf die öffentliche Meinung insgesamt zögerlich vorgehen, sodass seine Skepsis gegenüber der Bürokratie im Laufe seiner ersten Amtszeit eher zu- als abnahm. Der Präsident und seine engsten Berater formten ein manichäisches Freund-Feind-Denken aus, das sich durch anfängliche Misserfolge der Regierungspolitik noch verstärkte. Eine Wiederwahl Nixons im Jahr 1972 schien zunehmend fraglich. Spätestens im Laufe des Jahres 1970 bildete sich so eine Belagerungsmentalität im Weißen Haus aus, die auch in den Medien registriert und kritisiert wurde. Man sprach von einer „Palastgarde“ oder gar (wegen der deutschen oder deutsch klingenden Nachnamen von Nixons Mitarbeitern) von einer „Berliner Mauer“, die den Präsidenten immer stärker von der Wirklichkeit abschirme.

John Ehrlichman und Harry Robbins Haldeman im April 1973

Diese „Palastgarde“, die in der Regel täglichen Kontakt mit dem Präsidenten hatte, bestand zu Beginn von Nixons Amtszeit im Wesentlichen aus drei Personen: Justizminister (Attorney General) John N. Mitchell, Stabschef des Weißen Hauses (White House Chief of Staff) H.R. „Bob“ Haldeman und dem Rechtsberater (Counsel) des Präsidenten und späteren Berater für innenpolitische Fragen (Assistant to the President for Domestic Affairs) John Ehrlichman. Haldeman und Ehrlichman waren seit Anfang der 1960er Jahre politisch mit Nixon verbunden und hatten in seinen gescheiterten Wahlkampagnen für die Präsidentschaft (1960) und den Gouverneursposten in Kalifornien (1962) mitgewirkt. Als Westküstler teilten sie nicht nur Nixons konservative Weltsicht, sondern auch seine Vorbehalte gegenüber dem als gleichermaßen arrogant wie liberal betrachteten Ostküsten-Establishment. Mit Mitchell, einem profilierten Rechtsanwalt, war Nixon zunächst geschäftlich verbunden, als er in den 1960er Jahren in New York als Anwalt residierte. Als einziger seiner engsten Berater kann Mitchell auch als persönlicher Freund Nixons gelten.

In diesen Kreis politischer Vertrauter stießen im Laufe des Jahres 1969 zwei weitere Männer vor: Henry Kissinger, der als Nationaler Sicherheitsberater die Verlagerung der Verantwortung für die Außenpolitik weg vom State Department und hin ins Weiße Haus personifizierte, und Charles Colson. Letzterer fungierte formal als Chefberater (Chief Counsel) des Präsidenten, steuerte tatsächlich jedoch parteipolitische Aktivitäten, die dem Weißen Haus eigentlich untersagt waren, und konfrontative Medienkampagnen.

Mitchell willigte auf Drängen Nixons im Jahr 1971 ein, sein Ministeramt im Frühjahr 1972 aufzugeben und mit der Leitung des Komitees zur Wiederwahl des Präsidenten (engl. Committee to Re-elect the President; CRP) die Verantwortung für die Organisation des Wahlkampfes zu übernehmen. Er blieb aber auch in dieser Zeit einer der engsten Berater des Präsidenten und hatte täglichen Kontakt mit dessen Stab. Bereits unmittelbar nach dem Watergate-Einbruch vom 17. Juni 1972 musste er den CRP-Vorsitz jedoch abgeben und zog sich aus der Politik zurück. Zum Jahreswechsel 1972/1973 schied Colson, ebenfalls insgeheim bereits aufgrund seiner Watergate-Verstrickungen, aus dem Weißen Haus aus. Nach einer Welle von Watergate-Enthüllungen, die das Land zwischen März und April 1973 ergriffen hatten, mussten dann am 30. April 1973 auch Haldeman und Ehrlichman ihre Posten räumen.

Die Mitglieder der „Palastgarde“ waren, mit der partiellen Ausnahme Kissinger, tief verstrickt in die Rechtsbrüche, die es in der Zeit von Nixons Amtszeit gab. Mitchell, Haldeman, Ehrlichman und Colson mussten dies später mit Haftstrafen büßen. Spätestens das Ausscheiden von Haldeman und Ehrlichman aus ihren Funktionen verlagerte ab Mai 1973 die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die zentrale Frage „was wusste der Präsident wann“ (wie es im Untersuchungsausschuss des Senats immer wieder formuliert wurde) von den ganzen Watergate-Vorkommnissen, die von der „Palastgarde“ gesteuert worden waren.

Vorgeschichte des Watergate-Einbruchs

Wahlkampf 1968: Nixon mit seinem „Markenzeichen

Seit seinem politischen Aufstieg dank der Alger-Hiss-Affäre fühlte sich Nixon von den Liberalen – wie er die Anhänger der Demokratischen Partei nannte – und der von ihnen beherrschten Presse des Ostküsten-Establishments bekämpft. Schon 1952, bei seiner Kandidatur als Vizepräsident, konnte er sich nur durch einen rhetorischen Auftritt (Checkers Speech) gegen deren Vorwürfe retten. Seine Niederlage im Wahlkampf 1960 gegen John F. Kennedy führte er in seinen Memoiren auf die Machenschaften dieser Liberalen zurück. Selbst 1968, als die Demokraten wegen ihrer Verantwortung für den Vietnamkrieg auf einem Tiefpunkt waren, konnte er die Wahl nur knapp gewinnen.

Als 1971 die Vorbereitungen für die Wahl 1972 anstanden, waren seine Aussichten auf eine Wiederwahl keinesfalls so rosig, wie sie sich im Nachhinein darstellten; die Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg waren auf ihrem Höhepunkt und Nixon konnte nicht einmal die Examensfeier seiner Tochter besuchen, weil die Polizei dort seine Sicherheit nicht gewährleisten konnte. Um seine Wiederwahl zu sichern, ließ er das Komitee zur Wiederwahl des Präsidenten unter Leitung seines Justizministers John Mitchell gründen. Die Finanzierung dieses Komitees verliert sich im Dunkeln. Unter anderem waren dort die Drahtzieher des Watergate-Einbruchs beschäftigt. Das Komitee setzte seine Tätigkeit noch fort, als die Wiederwahl Nixons längst gesichert war.

Organisationen, die sich mit den weniger feinen und legalen Aspekten des Wahlkampfs beschäftigten, waren damals – auf beiden Seiten – durchaus üblich und sind nicht als Erfindung Nixons zu betrachten.

Wieweit Nixon mit den Einzelheiten der Arbeit des CRP vertraut war, weiß man nicht. In seinen Memoiren bezeichnete er diesen Einbruch als idiotisch und völlig sinnlos. Seiner Darstellung nach gab es dort nichts zu erfahren, was nicht ohnehin schon bekannt war. Außerdem war seine Wiederwahl zum Zeitpunkt des Einbruchs schon so gut wie sicher.

Der Einbruch

In der Nacht des 17. Juni 1972 bemerkte ein Wachmann bei seinem Rundgang im Watergate-Komplex, dass ein Schloss zu einem Aufgang notdürftig angebracht war. Dies kam ihm sofort verdächtig vor, weshalb er die Polizei alarmierte. Diese nahm eine Gruppe von fünf Männern fest, nachdem diese bereits in das Hauptquartier der demokratischen Partei im Watergate-Komplex in Washington, D.C. eingebrochen waren. Diese Männer waren Bernard Barker, Virgilio Gonzalez, Eugenio Martinez, James W. McCord, Jr. und Frank Sturgis. Dies war bereits der zweite Einbruch. Es sollten nicht funktionierende Abhörmikrofone neu justiert und einige Fotos gemacht werden.

Die Beteiligung McCords, der mit dem CRP in Verbindung stand, sorgte für Spekulationen über eine Verstrickung des Weißen Hauses in dieses Verbrechen.

Vertuschung

Präsident Nixons Sekretär Ron Ziegler jedoch dementierte dies und bezeichnete den Einbruch als „drittrangig“. Bei der Verlesung der Anklage identifizierte sich McCord jedoch als ehemaliges Mitglied des Geheimdienstes CIA, was das Interesse zweier Journalisten der Washington Post erregte, die bei der Verhandlung anwesend waren. Diese beiden Journalisten waren Robert Woodward und Carl Bernstein. Sie begannen – mit Rückendeckung ihres Chefredakteurs Ben Bradlee – unermüdlich die Fakten zu den verhafteten Männern freizulegen. Ein Informant („Deep Throat“) half ihnen dabei, indem er die jeweiligen Rechercheergebnisse bestätigte oder ihnen sagte, wenn sie auf der falschen Fährte waren. Die Identität des Mannes wurde 33 Jahre lang geheim gehalten. Erst am 31. Mai 2005 wurde durch einen Artikel der amerikanischen Zeitschrift Vanity Fair bekannt, dass es sich dabei um Mark Felt, seinerzeit Nummer zwei des FBI, handelte. Felt und Woodward vereinbarten regelmäßige Geheimtreffen in einer Tiefgarage, um Informationen auszutauschen.

Nixon beratschlagt sich mit Kissinger, November 1971

Der Präsident versuchte vergeblich, die CIA einzuschalten, um die Ermittlungen der Bundespolizei FBI zu verschleppen, indem nationale Sicherheitsinteressen geltend gemacht werden sollten. Tatsächlich wurde das Verbrechen, neben zahlreichen weiteren „schmutzigen Tricks“, vom Weißen Haus aus vom CRP-Vorsitzenden und Justizminister John N. Mitchell geplant, und zwar auf Anordnung Präsident Nixons: Eine spezielle Untersuchungseinheit war seit 1971 vom Weißen Haus aufgebaut worden. Dabei handelte es sich um die genannte Gruppe von „Klempnern“, unter der Direktion von Gordon Liddy und Howard Hunt, die Informationslecks untersuchte und verschiedene Operationen gegen die Demokraten durchführte. Dreh- und Angelpunkt des Unternehmens war Nixons Paranoia in Bezug auf den Wahlkampfleiter der Demokraten Larry O'Brien, der seit 1968 auf der Gehaltsliste des Milliardärs Howard Hughes stand, von dem auch Nixon selbst mehrfach Spenden- sowie Bestechungsgelder erhalten hatte. Da seine Präsidentschaftskandidatur 1960 an einer Spendenaffäre, in die Hughes und Nixons Bruder Donald verwickelt waren, gescheitert war, fürchtete Nixon, dass O'Brien über Insiderwissen verfügte, mit dem er Nixons Ruf ruinieren könnte. Der Präsident ordnete die Abhöraktion im Watergate-Komplex an, um herauszufinden, inwieweit O'Brien ihm gefährlich werden könne. Howard Hughes verstand diese Zusammenhänge bis an sein Lebensende nicht.

Gerichtsverhandlungen

Am 8. Januar 1973 wurden die Einbrecher zusammen mit Liddy und Hunt vor Gericht gestellt. Alle mit Ausnahme von McCord und Liddy plädierten auf schuldig, und alle wurden der Verschwörung, des Einbruchs und des Abhörens für schuldig befunden. Die Angeklagten wurden dafür bezahlt, auf schuldig zu plädieren, aber keine weiteren Aussagen zu machen. Dies versetzte den Richter John Sirica (auch bekannt als Maximum John wegen seiner unnachsichtigen Urteile) so in Rage, dass er 30-jährige Haftstrafen verkündete (als Vergleich: Ein Mörder bekam damals 20–25 Jahre und konnte nach 15 Jahren mit seiner Entlassung rechnen), jedoch andeutete, sein Urteil zu überdenken, wenn die Angeklagten kooperativer wären. McCord stimmte daraufhin der Zusammenarbeit zu, beschuldigte das Komitee zur Wiederwahl des Präsidenten und gab zu, einen Meineid geleistet zu haben. Anstatt also das Verfahren zu beenden, wurden die Untersuchungen ausgeweitet. Der Senat setzte den Watergate-Ausschuss ein, um den Watergate-Skandal zu untersuchen, und es wurde damit begonnen, Stabsmitglieder des Weißen Hauses vorzuladen.

Ermittlungen im Umfeld des Präsidenten

Am 30. April war Nixon gezwungen, zwei seiner einflussreichsten Berater zum Rücktritt zu bewegen: H. R. „Bob“ Haldeman (Stabschef im Weißen Haus) und John Ehrlichman (Berater für innere Angelegenheiten). Beide wurden kurze Zeit später zu Gefängnisstrafen verurteilt. Nixon entließ ebenfalls den Rechtsberater des Weißen Hauses John Dean, der sich bereit erklärt hatte, mit der Staatsanwaltschaft zu kooperieren und später bei seinem Auftreten vor dem Watergate-Ausschuss des Senats zu einem Schlüsselzeugen gegen Nixon selbst werden sollte. Am selben Tag benannte Nixon mit Elliot L. Richardson einen neuen Justizminister und gab ihm die Autorität, einen Sonderstaatsanwalt (Special Prosecutor) für die wachsenden Ermittlungen in der Watergate-Affäre einzusetzen. Richardson ließ sich von Nixon zusichern, dass der Sonderstaatsanwalt (der institutionell dem Justizministerium unterstehen würde) freie Hand bei den Watergate-Untersuchungen haben sollte. Am 18. Mai setzte Richardson den Harvard-Rechtsprofessor Archibald Cox auf diesem Posten ein. Die im Fernsehen übertragenen Anhörungen im Senat hatten am Tag zuvor begonnen. Sieben Berater Präsident Nixons wurden am 1. März 1974 wegen ihrer Rollen im Watergate-Skandal der Verschwörung und der Behinderung der Justiz für schuldig befunden und verurteilt.

Die Tonbänder

Die Anhörungen, die vom Watergate-Ausschuss des US-Senats durchgeführt wurden und in denen Dean als Starzeuge neben vielen anderen ehemaligen Schlüsselpersonen der Nixon-Regierung ein verheerendes Zeugnis ablegte, wurden fast während des gesamten Sommers 1973 im Fernsehen übertragen und verursachten einen katastrophalen politischen Schaden für Nixon. Die Ermittler des Senats entdeckten am 16. Juli eine ausschlaggebende Tatsache: Alexander Butterfield, der bis Dezember 1972 als Mitarbeiter von Nixons Stabschef Haldeman einer der wenigen war, der in dieses streng gehütete Geheimnis eingeweiht gewesen war, sagte aus, dass ein Tonbandsystem im Weißen Haus automatisch alles aufzeichnete, was im Oval Office gesprochen wurde. Diese Tonbandaufnahmen, so schlussfolgerten die Ermittler, könnten zeigen, ob Nixon oder Dean die Wahrheit über die Schlüsseltreffen im Weißen Haus aussagten. Die Bänder wurden daraufhin sowohl von Cox als auch vom Senat zur Beschlagnahme verlangt. Nixon erklärte jedoch, dass der direkte Zugriff der Justiz oder eines Parlamentsauschusses auf Tonbandaufnahmen des Präsidenten einen ungerechtfertigten Eingriff in seine Vollmachten als Haupt der Exekutive (Executive privilege) und damit eine Verletzung der Gewaltenteilung darstellen würde.

Es entwickelte sich ein monatelanges Tauziehen um die Herausgabe der Bänder, bei dem Nixon auf Cox mit dem Ziel einwirken wollte, seine Beschlagnahmeforderung fallen zu lassen. Schließlich offerierte der Präsident am 19. Oktober 1973 einen Kompromiss, nach dem der von ihm geachtete Senator John C. Stennis, ein konservativer Südstaaten-Demokrat, die Bänder anhören und ihren Inhalt für Cox schriftlich zusammenfassen sollte (Stennis compromise). Cox wies dieses Angebot jedoch sofort zurück, woraufhin Nixon am 20. Oktober 1973, einem Samstag, als Regierungschef Justizminister Elliot Richardson aufforderte, den Sonderstaatsanwalt seines Amtes zu entheben. Mit Hinweis auf Nixons frühere Zusage, dem Ermittler freie Hand zu lassen, erklärte Richardson, er könne dies nicht tun, und trat von seinem Amt zurück. Daraufhin befahl Nixon dem stellvertretenden und nun amtierenden Justizminister William Ruckelshaus, seine Order umzusetzen, aber auch dieser weigerte sich und wurde von Nixon entlassen. Erst der dritte Mann in der Rangordnung des Justizministeriums, Solicitor General Robert Bork, fand sich bereit, die Anweisung des Präsidenten zu akzeptieren und Cox zu entlassen. Die dramatischen Ereignisse dieses 20. Oktober 1973 wurden von den Medien schnell als „Saturday Night Massacre“ charakterisiert und riefen eine Welle der Empörung in der amerikanischen Öffentlichkeit hervor. Im Kongress brachten in den folgenden Tagen zahlreiche Abgeordnete Gesetzesinitiativen in Gang, die auf eine Amtsenthebung Nixons abzielten.

Während Nixon weiterhin die Übergabe der Bänder verweigerte, stimmte er der Übergabe von Abschriften einer großen Zahl von Bändern zu. Sie bestätigten zum größten Teil die Aussagen Deans und führten zu weiterer Erschütterung, als entdeckt wurde, dass ein entscheidender Teil eines Tonbandes, das niemals den Gewahrsam des Weißen Hauses verlassen hatte, gelöscht worden war.

Nixon hatte das System mit den Bändern keineswegs selbst erfunden, sondern er fand das System bei seinem Amtsantritt vor. Zunächst ließ er es abbauen. Später wurde es neu installiert – wie er sagte – um die Bänder beim Verfassen seiner Memoiren zu verwenden. John Ehrlichman sagt in seinen Memoiren jedoch, Nixon habe das System wieder einbauen lassen um gegen den Anspruch Henry Kissingers seinen Anteil an der Außenpolitik dokumentieren zu können. Die Schimpfwörter, die er ab und an gebrauchte, wurden ihm natürlich auch vorgeworfen. Dass sein Vorgänger, Lyndon B. Johnson, ihn in dieser Beziehung weit übertraf, sagte niemand. Erstaunlich ist, dass die schlechte Qualität der Bandaufnahmen erst während des Ermittlungsverfahrens auffiel. Selbst Experten waren sich oft uneinig, was gesagt wurde und wer es gesagt hatte. Offensichtlich hatte sich nie jemand – auch Nixon nicht – die Mühe gemacht, die Funktion des Systems zu überprüfen.

Amtsenthebungsverfahren und Rücktritt

Im Jahre 1974 begannen im Repräsentantenhaus die formalen Untersuchungen zur Amtsenthebung des Präsidenten. (Vorher war der Vizepräsident Spiro Agnew, gegen den Vorwürfe wegen Bestechlichkeit erhoben wurden, zum Rücktritt gedrängt worden; sein Nachfolger war Gerald Ford.) Der erste Gesetzesartikel wurde am 27. Juli 1974 mit 28 gegen 10 Stimmen verabschiedet, wenige Tage nachdem der Oberste Gerichtshof einstimmig gegen Nixons Ansprüche im Fall der Tonbandmitschnitte entschieden hatte. Drei weitere Artikel zur Behinderung der Justiz bei den Ermittlungen zum ursprünglichen Watergate-Einbruch sowie zu den Untersuchungen über die illegale Verwendung von Wahlkampfgeldern wurden ebenfalls verabschiedet.

Nixon verlässt am 9. August 1974 nach seiner Rücktrittsrede das Weiße Haus mit der Army One.

Im August wurde ein zuvor unbekanntes Tonband vom 23. Juni 1972, also nur wenige Tage nach dem Watergate-Einbruch, publik, worin Nixon und sein Stabschef Haldeman den Plan zur Blockierung der Ermittlungen durch fiktive Gründe der nationalen Sicherheit schmiedeten. Dieses Band wurde als „Smoking Gun“, also als unumstößlicher Beweis, bezeichnet. Aufgrund der Last dieses letzten Beweisstücks wurde Nixon nun auch von seinen letzten verbliebenen Anhängern im Stich gelassen. Die zehn Kongressabgeordneten, die zuvor im Ausschuss gegen den Amtsenthebungsartikel gestimmt hatten, kündigten nun an, dass sie die Amtsenthebung in ihrem Hause unterstützen würden. Auch Nixons Unterstützung im Senat war nun sehr schwach.

Nachdem die republikanischen Senatoren Nixon mitgeteilt hatten, dass eine Mehrheit für eine Verurteilung stand, entschied sich Nixon zurückzutreten, was er am 9. August 1974 tat.

Letztendlich wurde Nixon nicht des Amtes enthoben und niemals verurteilt, da durch seinen Rücktritt das eingeleitete Amtsenthebungsverfahren (impeachment) beendet war und sein Nachfolger Gerald Ford wenige Wochen nach dessen Ernennung zum Präsidenten am 8. September 1974 eine Begnadigung für Nixon erließ.

Rücktrittserklärung von Richard Nixon

Folgen und öffentliche Aufnahme

Der Watergate-Skandal zeigte auch nach dem Rücktritt Präsident Nixons noch Folgen. Indirekt war Watergate der Grund für neue Gesetze, die zu einschneidenden Änderungen in der Wahlkampffinanzierung führten. Watergate war auch ein wichtiger Faktor bei der Verabschiedung sowohl des Freedom of Information Act als auch neuer Gesetze, die Regierungsangehörige zur Offenlegung ihrer Finanzen zwingen. Obwohl nicht von Gesetzes wegen gefordert, erwartet die Öffentlichkeit seit der Affäre ebenso andere Formen der Offenlegung, wie z. B. die Veröffentlichung der Steuererklärungen von Politikern.

In dem Wissen, dass er bei den Präsidentschaftswahlen von 1972 seinem Gegner George McGovern weit voraus war, lehnte es Nixon ab, mit seinem politischen Gegner zu debattieren. Kein Präsidentschaftskandidat nach ihm war mehr in der Lage, solche Debatten abzulehnen.

Seit Franklin D. Roosevelt hatten viele Präsidenten ihre Gespräche aufgezeichnet, aber nach dem Watergate-Skandal wurde diese Praxis faktisch abgeschafft. Watergate läutete eine neue Epoche ein, in der die Massenmedien viel aggressiver, aber auch zynischer bei der politischen Berichterstattung wurden. Eine neue Generation von Journalisten, die selbst zu den neuen Woodward und Bernstein werden wollten, widmete sich dem investigativen Journalismus, in der Hoffnung, neue Politskandale aufzudecken.

Da der Begriff Watergate untrennbar mit umfangreichen politischen Verschwörungen verknüpft ist, wird er häufig auf andere politische Skandale übertragen. Beispiele sind die Barschel- oder die Whitewater-Affäre (Immobilienskandal der Familie Bill Clintons), die in den Medien zu „Waterkantgate“, bzw. „Whitewatergate“ wurden. Viele weitere politische (und unpolitische) Skandale in den USA und aller Welt wurden und werden daran anlehnend mit Namen bezeichnet, die auf „-gate“ enden (z. B. Monicagate, Nipplegate).

1976 drehte Alan J. Pakula nach einem Buch von Woodward und Bernstein über die Watergate-Affäre den Film All the President's Men (deutscher Titel: Die Unbestechlichen). Robert Redford und Dustin Hoffman spielten darin die beiden Reporter. Robert Altman drehte 1984 den Film Secret Honor; in einem kammerspielartigen Format wird darin entwickelt, wie sich die Affäre aus der Sicht Richard Nixons dargestellt haben könnte. 1995 kam unter der Regie von Oliver Stone der Film Nixon mit Sir Anthony Hopkins als Nixon in die Kinos. Auch zahlreiche andere Filme, die sich nicht unmittelbar mit Watergate beschäftigen, nehmen – meist satirisch – auf die Affäre Bezug. Zum Beispiel beschwert sich Tom Hanks als Forrest Gump ganz unschuldig darüber, dass er aufgrund von Aktivitäten im gegenüberliegenden Watergate-Gebäude nicht schlafen könne. In der Rocky Horror Picture Show wiederum hören Brad und Janet auf ihrer Fahrt durch den Regen Richard Nixons Abschiedsrede im Autoradio. Am 5. Februar 2009 erschien der Film Frost/Nixon in Deutschland, welcher sich ebenfalls mit der Watergate-Affäre beschäftigt; Regie führte Ron Howard. Der Film war erstmals am 15. Oktober 2008 beim London Film Festival zu sehen.

Das Dead-Kennedys-Lied „I Am The Owl“ beschäftigt sich teilweise mit der Watergate-Affäre. So heißt es im Text: „I am your plumber (Klempner) […]I still bug your bedrooms“ beziehungsweise „Watergate hurt; But nothing really ever changed; A teeny bit quiter; But we still play our little games“.

Enttarnung von Deep Throat

Im Februar 2005 (Mark Felt war bereits 91 Jahre alt) deuteten Berichte in den Medien darauf hin, dass Deep Throat krank und dem Tode nahe sei. Bob Woodward soll außerdem schon einen Nachruf auf Deep Throat geschrieben und Kollegen der Washington Post darüber informiert haben. Als Vanity Fair im Mai 2005 die Geschichte über Deep Throat veröffentlicht hatte, bestätigte Woodward schließlich, dass Felt Deep Throat ist.

Weil er seine Informationen seinerzeit aus moralischen und patriotischen Gründen weitergegeben habe, wurde Mark Felt von seiner Familie daraufhin in öffentlichen Erklärungen als „american hero“ („amerikanischer Held“) betitelt. Kommentatoren der Medien äußerten allerdings den Verdacht, dass, da er nach Hoovers Tod nicht zu dessen Nachfolger als FBI-Direktor ernannt wurde, auch Rachegedanken Nixon gegenüber Felt dazu gebracht hätten, so zu handeln. Andere meinten, die Beweggründe Felts seien in seiner institutionellen Loyalität gegenüber dem FBI, in dem viele Verantwortliche glaubten, dass die Watergate-Affäre die Unabhängigkeit des FBI zeigte, zu suchen.

Mark Felt verkaufte die Filmrechte an seiner Geschichte zwischenzeitlich an Tom Hanks und veröffentlichte im Mai 2006 ein, teils biographisch, teils autobiographisch geschriebenes Buch mit dem Titel A G-Man's Life. Am 18. Dezember 2008 starb Mark Felt in seinem Haus in Santa Rosa (Kalifornien) im Alter von 95 Jahren an Herzversagen.[6]

Personen der Watergate-Affäre

Fußnoten

  1. So die Definition des Presidential Recordings and Materials Preservation Act (PRAMPA) von 1974, 44 U.S.C. § 2111, Sec. 104 (a)(1) [1].
  2. Edward Jay Epstein, „Did the Press Uncover Watergate?“, Commentary, Juli 1974, S. 21–4. [2]
  3. Michael Schudson, Watergate in American Memory: How We Remember, Forget, and Reconstruct the Past, New York: BasicBooks, 1992, bes. S. 69–82 und 103-26, Zitat S. 126.
  4. Nixon Presidential Materials - About Watergate-Related Tapes
  5. Die bekanntesten „revisionistischen“ Watergate-Darstellungen sind: Jim Hougan, Secret Agenda: Watergate, Deep Throat and the CIA, New York: Ballantine Books, 1984; Len Colodny und Robert Gettlin, Silent Coup: The Removal of a President, New York: St. Martin’s Press, 1991.
  6. Tim Weiner: W. Mark Felt, Watergate Deep Throat, Dies at 95. In: The New York Times. 19. Dezember 2008. Abgerufen am 20. Dezember 2008.

Literatur

  • Carl Bernstein, Bob Woodward: Die Watergate-Affäre. Droemer Knaur, 1974, ISBN 3-426-00362-7
  • Carl Bernstein, Bob Woodward: Amerikanischer Alptraum – Das unrühmliche Ende der Ära Nixon. Europäische Verlagsanstalt, 1976, ISBN 3-434-00227-8
  • Fred Emery: Watergate – The Corruption of American Politics and the Fall of Richard Nixon. Touchstone, New York 1990.
  • Christopher Hitchens: The Trial of Henry Kissinger. Verso, London und New York 2001.
  • Joan Hoff: Nixon Reconsidered. Basic Books, New York 1994.
  • Stanley L. Kutler: The Wars of Watergate – The Last Crisis of Richard Nixon. Knopf, New York 1990.
  • J. Anthony Lukas: Nightmare – The Underside of the Nixon Years. Viking, New York 1976.
  • Dan Rather und Gary Paul Gates: The Palace Guard. Harper & Row, New York 1974.
  • Michael Schudson: Watergate in American Memory – How We Remember, Forget, and Reconstruct the Past. BasicBooks, New York 1992.
  • Bob Woodward: Der Informant – Deep Throat, die geheime Quelle der Watergate-Enthüller. DVA, 2005, ISBN 3-421-05928-4

Weblinks


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