Wasserglacis

Wasserglacis

Das Wasserglacis vor dem Carolinentor der Wiener Stadtbefestigung war ein im 19. Jahrhundert beliebter Erholungs- und Unterhaltungsort. Heute befindet sich auf dem Areal der 1862 angelegte Wiener Stadtpark.

Geschichte

Das Wasserglacis Mitte des 19. Jahrhunderts, links im Bild das Carolinentor in der Stadtmauer

Das Glacis, ursprünglich als freies Schussfeld vor der Wiener Stadtmauer eine Art Staubwüste, wurde schon zu Ende des 18. Jahrhunderts durch Rasen- und Baumpflanzungen zunehmend zu einem Naherholungsgebiet der Stadtbewohner. 1818 erhielt ein Wiener Bürger namens Pelikan die Genehmigung, im Glacisbereich vor dem Carolinentor ein Kaffeehaus samt „Trinkkuranstalt“ zu errichten. Der Name Wasserglacis ist auf diesen Kurpavillon zurückzuführen, in dem Mineralwasser ausgeschenkt wurde.

Rund um den Pavillon entwickelte sich ein buntes Treiben: Man verkaufte Ziegenmilch, Hohlhippen und andere Süßigkeiten, tagsüber spielten hier die Kinder, am Abend ergaben sich Rendezvous (auch solche käuflicher Art). Es gab Wohltätigkeitsfeste und Tanzkapellen konzertierten. Bei einem Fest am 2. September 1846, bei dem zwei Kapellen auftraten und Johann Strauß Sohn sein Opus 27, den Walzer Die Sanguiniker vorstellte, sollen nach zeitgenössischen Berichten 5000 bis 6000 Besucher aufs Wasserglacis gekommen sein. Johann Strauß (Vater) stellte hier am 31. August 1848 seinen Radetzkymarsch vor, sein noch berühmter gewordener Sohn hob an diesem Ort mehrere seiner Werke aus der Taufe: Neben dem bereits erwähnten Walzer Die Sanguiniker waren dies am 18. September 1847 die Fest-Quadrille, op. 44, und der Walzer im Ländlerstil Dorfgeschichten, op. 47. Am 17. September 1849 kam anlässlich eines Siegesfestes sein Walzer Aeols-Töne, op. 68, zur Uraufführung. Am 2. August 1852 führte er - wenngleich nicht als Uraufführung - die Annenpolka auf. Das Wasserglacis als Ort der Unterhaltung und des Kokettierens kommt auch in der zeitgenössischen Literatur zur Sprache, etwa in Ferdinand Raimunds Der Barometermacher auf der Zauberinsel oder in Johann Nestroys Nur Ruhe (3. Akt, 13. Szene Couplet: „'s Madl kommt in die Dreißig, und ihre Physiognomie spricht niemand mehr an auf dem Wasserglacis“).

Nach dem Abriss der Basteien und der Schaffung der Wiener Ringstraße wurde 1862 an der Stelle des Wasserglacis der Wiener Stadtpark angelegt.

Weblinks

 Commons: Wasserglacis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Felix Czeike: Historisches Wien-Lexikon, Kremayr&Scheriau, 6 Bände Wien 2004 (2. Aufl.)
48.20472222222216.380555555556

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