Was geschah wirklich mit Baby Jane

Was geschah wirklich mit Baby Jane
Filmdaten
Deutscher Titel: Was geschah wirklich mit Baby Jane?
Originaltitel: What Ever Happened to Baby Jane?
Produktionsland: USA
Erscheinungsjahr: 1962
Länge: 134 Minuten
Originalsprache: englisch
Altersfreigabe: FSK 16
Stab
Regie: Robert Aldrich
Drehbuch: Lukas Heller nach dem gleichnamigen Roman von Henry Farrell
Produktion: Robert Aldrich
Musik: Frank De Vol
Kamera: Ernest Haller
Schnitt: Michael Luciano
Besetzung

Was geschah wirklich mit Baby Jane? (OT: What Ever Happened to Baby Jane?) ist ein Spielfilm des US-amerikanischen Regisseurs Robert Aldrich mit Bette Davis und Joan Crawford aus dem Jahr 1962.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Die beiden Schwestern Jane und Blanche Hudson leben seit Jahren völlig zurückgezogen in einer Villa in Hollywood. Um 1917 war Jane Hudson unter dem Künstlernamen Baby Jane ein gefeierter Kinderstar. Jane schaffte jedoch nicht den Sprung ins Erwachsenenfach und in dem Umfang, in dem ihre eigene Karriere schwand, stieg Blanche zum gefeierten Filmstar auf. Doch auf dem Zenit ihrer Karriere erlitt Blanche einen mysteriösen Autounfall, der sie an den Rollstuhl fesselte.

Nach einigen Jahren, in denen Jane immer mehr zur Alkoholikerin verkommt und zunehmend an Realitätsverlust leidet, beschließt Blanche, heimlich das Haus zu verkaufen und Jane in eine Nervenheilanstalt einzuweisen. Jane kommt ihrer Schwester auf die Schliche und beginnt ein grausames Spiel mit der hilflosen Blanche. Sie serviert ihrer Schwester eine tote Ratte zum Frühstück und fälscht Blanches Unterschrift, um an ihr Bankkonto zu gelangen. Gleichzeitig versucht Jane, ihre Karriere als Kinderstar fortzuführen. Sie lässt Kopien ihrer ehemaligen Kostüme anfertigen und findet in Edwin Flagg, einem arbeitslosen Klavierspieler, einen Partner.

Blanche, mittlerweile eine Gefangene im eigenen Haus, versucht die Nachbarn zu alarmieren. Jane kommt ihr jedoch zuvor und quält ihre Schwester mit offener Gewalt. Gleichzeitig verweigert sie Blanche Essen und Trinken, um sie langsam zu töten. Als eine ehemalige Hausangestellte versucht, Zutritt zum Haus zu erlangen, erschlägt Jane, die völlig den Verstand verloren hat, die Frau. In Panik schleppt sie Blanche, die im Sterben liegt, an einen öffentlichen Strand. Die Polizei findet am Ende Jane Hudson, die vor einer Gruppe von Schaulustigen ihre alte Baby Jane Nummer aufführt.

Entstehungsgeschichte

Die aktive Karriere von Joan Crawford schien 1957 beendet, als sich die Schauspielerin nach dem Erfolg von Esther Costello trotz einer Vielzahl von Folgeangeboten freiwillig von der Leinwand zurückzog, um sich künftig um die Belange des Getränkeherstellers Pepsi zu kümmen. Crawford hatte 1955 Alfed Steele, den Aufsichtsratsvorsitzenden des Konzerns, geheiratet und widmete sich mit Verve der Werbung für das Unternehmen. 1959 war Steele völlig überraschend verstorben und hinterließ Crawford nichts außer Schulden in Millionenhöhe. Die Schauspielerin baute im Verlauf der nächsten Monate die meisten Rückstände ab, teilweise auch mittels der Gage für ihren Cameo-Auftritt in Alle meine Träume, in dem sie die Chefredakteurin eines Verlages darstellte. Eine Zeitlang schwankte die Schauspielerin, wieder ins Filmgeschäft einzusteigen, doch am Ende wurde sie in den Aufsichtsrat von Pepsi gewählt und verbrachte die nächsten Jahre mit Reisen um die ganze Welt als Repräsentantin von Pepsi.

Im Gegensatz zu Crawford war die Karriere von Bette Davis seit 1950 und ihrem Erfolg mit Alles über Eva nie wieder richtig in Schwung gekommen. Sie erkrankte zudem Mitte des Jahrzehnts schwer und konnte jahrelang nicht arbeiten. Gegen Ende der Dekade fand sie sich dann als Nebendarstellerin in wenig ambitionierten Filmen wieder. Ihre Hoffnung, Ende 1961 durch den Auftritt in dem Stück Die Nacht des Leguans am Broadway wieder an alte Erfolge anknüpfen zu können, zerschlug sich rasch, da die Kritiker ihre Darstellung verrissen.

Robert Aldrich hatte 1961 die Rechte an dem makaberen Roman What Ever Happened to Baby Jane? erworben. Zunächst überzeugte er Joan Crawford, eine der Hauptrollen zu übernehmen. Die beiden hatten bereits 1956 das romantische Melodrama Herbststürme gedreht. Beide waren sich einig, dass nur Bette Davis für die Rolle der verrückten, in einer Traumwelt lebenden Baby Jane in Betracht kam. Mit viel Mühe gelang es Aldrich, die Finanzierung zu sichern, da kein etabliertes Filmstudio Geld für eine Produktion mit zwei Ex-Stars ausgeben wollte. Jack Warner, bei dessen Studio Warner Brothers Crawford und Davis teilweise zeitgleich unter Vertrag waren, nannte die zwei wenig charmant two old washed-up broads.

Der Film steht in einer Tradition mit Werken wie Boulevard der Dämmerung und Stadt der Illusionen, die bereits einen besorgten Blick hinter die Glitzerfassade von Hollywood geworfen hatten und die emotionalen Probleme und exzessive Ruhmsucht der Stars aufdeckten. Zusätzliche Bedeutung gewinnt der Film durch die Besetzung mit Crawford und Davis, die während ihrer Glanzzeit von der Presse oft als Rivalinnen bezeichnet wurden. Während Bette Davis meist für ihre temperamentvolle Darstellung auch negativer Charaktere bekannt wurde, war Joan Crawford eher berühmt für ihr glanzvolles Image auf der Leinwand und die prachtvolle Garderobe, die zu einem Markenzeichen ihrer Filme avencierte.

Entgegen dem, was in der Klatschpresse immer behauptet wurde, kamen die beiden Frauen nach Aussagen aller Beteiligten leidlich miteinander aus.

Joan Crawford gab sich in späteren Jahren keinen Illusionen darüber hin, in welchem Umfang der Film ihrem Image als glamouröser Hollywoodstar schadete. Gegenüber Roy Newquist äußerte sie sich mit entsprechender Offenheit.

Grundgütiger. Ich habe immer noch Alpträume deshalb. Ich weiß, warum der Film niemals hätte gedreht werden dürfen. Ich weiss aber auch, warum es eine Notwendigkeit gab, ihn zu realisieren. Ich war einsam. Schlimmer als das, ich habe mich zu Tode gelangweilt. Und ich brauchte das Geld.
Christ. I still have nightmares about it. I know why the picture shouldn't have been made, and I know why it had to be made. I was lonely, worse than lonely, bored out of my skull, and I needed the money.

Die Schauspielerin sollte in den folgenden Jahren nur noch in kostengünstig hergestellten Gruselfilmen auftreten, die mitunter die Grenze zum Horror und Grand-Guignol überschritten.

Rezeption

Der Erfolg von Was geschah wirklich mit Baby Jane? war stilbildend für eine ganze Reihe von Filmen, in denen ältere Schauspielerinnen, die den Zenit ihres Ruhms bereits überschritten hatten, allerlei Schrecken und physische Unbill zu erleiden haben. Als sogar die stets damenhaft agierende Olivia de Havilland in Lady in a Cage von einer Horde Jugendlicher tyrannisiert wird, meinte ein Kritiker treffend zu diesen Ausflügen von ehemaligen Stars in billige Schocker:

Add Olivia to the list of actesses who would rather be freaks than forgotten.

Was geschah wirklich mit Baby Jane? war Gegenstand zweier Remakes. 1991 entstand ein US-amerikanischer Fernsehfilm, in dem das Geschwisterpaar Lynn und Vanessa Redgrave die Hauptrollen spielten. 2003 inszenierte Oskar Roehler den deutschen TV-Film Fahr zur Hölle, Schwester! mit Hannelore Elsner und Iris Berben als verfeindete Schwestern.

Kritik

Die zeitgenössischen Kritiken waren durchwachsen. Während die darstellerischen Leistungen der beiden Hauptdarstellerinnen gelobt wurden, fanden die meisten Rezensenten das Drehbuch unlogisch und die Geschichte wenig ansprechend.

Bosley Crowther hatte einiges an dem Film auszusetzen in der New York Times und fand, wie üblich, kein freundliches Wort für Joan Crawford:

Joan Crawford and Bette Davis make a couple of formidable freaks in the new Robert Aldrich melodrama, "What Ever Happened to Baby Jane?" But we're afraid this unique conjunction of the two one-time top-ranking stars in a story about two aging sisters who were once theatrical celebrities themselves does not afford either opportunity to do more than wear grotesque costumes, make up to look like witches and chew the scenery to shreds. [...] Miss Crawford does have the less malevolent and more sympathetic role. As a poor thing stuck in a wheelchair, unable to counter or resist her diabolic sister when she delivers a dinner tray bearing a dead pet canary or a scalded rat, she might earn one's gentle compassion. But she is such a sweetly smiling fraud, such an artlessly helpless ninny, that one feels virtually nothing for her. No wonder her crazy sister finds her a deadly bore.

Paul V. Beckley urteilte weniger streng in der New York Herald Tribune:

If Miss Davis' portrait of an outrageous slattern with the mind of an infant has something of the force of a hurricane, Miss Crawford's performance could be described as the eye of that hurricane, abnormally quiet, perhaps, but ominous and desperate.

Variety, das führende Branchenblatt, fand viel Lob für Crawford:

Miss Crawford gives a quiet, remarkably fine interpretation of the crippled Blanche, held in emotionally by the nature and temperament of her role. Physically confined to a wheelchair and bed throughout the picture, she has to act from the inside and has her best scenes (because she wisely underplays with Davis) with a maid and those she plays alone. In one superb bit, Miss Crawford reacting to herself on television makes her face fairly glow with the remembrance of fame past. [...] A genuine heartbreaker.

Kinoauswertung

Das Budget des Films betrug nur $ 978.000. Aufgrund einer aggressiven Marketingstrategie und zahlreicher Bereichterstattung in den Medien spielte er in den USA gut $ 3.500.000 ein. Die immer wieder kolportierten drei- bis vierfach so hohen Beträge entsprechen nicht der Realität.

Auszeichnungen

Der Film gewann zahlreiche Preise und Nominierungen.

Oscar 1963 Gewonnen in der Kategorie

  • Beste Kostüme - schwarzweiß

Nominiert in den Kategorien

  • Beste Hauptdarstellerin -Bette Davis
  • Bester Nebendarsteller - Victor Buono
  • Beste Kamera - schwarzweiß
  • Bester Ton

British Film Academy Award 1964

  • nominiert in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin: Joan Crawford und Bette Davis

Golden Globe 1963 Nominiert in den Kategorien

  • Beste Hauptdarstellerin - Bette Davis
  • Bester Nebendarsteller - Victor Buono

Internationale Filmfestspiele von Cannes 1963

  • nominiert für die Goldene Palme als bester Film

Directors Guild of America 1963

  • nominiert für die beste Regie

verwendete Quellen

  • David Bret: Joan Crawford. Hollywood Martyr. Robson Books, London 2006, ISBN 1-86105-931-0
  • Charlotte Chandler: Not the Girl Next Door. Simon and Schuster, New York, 2008, ISBN 1-4332-0926-8
  • Shaun Considine: Bette and Joan. The Divine Feud. Dutton, New York 1989, ISBN 0-525-24770-X
  • Lawrence J. Quirk, William Schoell: Joan Crawford. The Essential Biography. University Press, Lexington, KY. 2002, ISBN 0-8131-2254-6
  • Alexander Walker: Joan Crawford. The Ultimate Star. Weidenfeld & Nicolson, London 1983, ISBN 0-297-78216-9

Weblinks


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