Walther Reinhardt

Walther Reinhardt
Reinhardt (2) bei der Begrüßung der Ostafrika-Kämpfer, Berlin 1919

Walther Reinhardt (* 24. März 1872 in Stuttgart; † 8. August 1930 in Berlin) war ein deutscher Offizier, letzter preußischer Kriegsminister und erster Chef der Heeresleitung der Reichswehr.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Reinhardt trat 1891 in das Grenadier-Regiment „Königin Olga“ (1. Württembergisches) Nr. 119 ein und wurde ein Jahr später zum Leutnant befördert. Seit 1904 war er Hauptmann im Großen Generalstab. Zwischen 1912 und 1915 war Reinhardt 1. Generalstabsoffizier im XIII. (Königlich Württembergischen) Armee-Korps. Im Jahr 1915 wurde Reinhardt zum Generalstabschef im Range eines Majors dieses Armeekorps ernannt. Ein Jahr später war er Chef des Stabes der 11. Armee in Mazedonien. Im Jahr 1917 wurde Reinhardt als Oberst Chef des Stabes der 7. Armee in Frankreich. Seit 1918 leitete er die Demobilisierungsabteilung im preußischen Kriegsministerium. Im Jahr 1919 war Reinhardt letzter Kriegsminister Preußens. Außerdem gehörte er dem Reichskabinett zwischen dem 13. Februar 1919 und dem 1. Oktober 1919 ohne Stimmrecht an. Im Zusammenhang mit der bevorstehenden Unterzeichnung des Versailler Vertrages und der Abtretung von Gebieten im Osten Deutschlands gehörte Reinhardt zu den Planern der Ausrufung eines selbstständiges Oststaates, von dem aus später eine nationale Erhebung in ganz Deutschland ausgehen sollte. Diese Ideen scheiterten an Wilhelm Groener.[1]

Während der Berliner Märzkämpfe 1919 befahl General Walther von Lüttwitz, rund 250 Matrosen der Volksmarinedivision, die friedlich und zum größten Teil unbewaffnet zu einem Löhnungsappell erschienen, verhaften zu lassen. Da der ausführende Oberleutnant Marloh mit den vielen Gefangenen überfordert war, fragte er Oberst Reinhardt um Rat, und dieser ließ Marloh mehrfach mitteilen, er solle bis zu 150 der Gefangenen sofort erschießen. Marloh sortierte 29 Gefangene, die ihm besonders intelligent und gebildet erschienen, aus und ließ sie mit einem Maschinengewehr erschießen. Deshalb wurde Marloh im Dezember 1919 wegen Totschlags angeklagt und freigesprochen, weil er geglaubt habe, auf Befehl (nämlich auf Befehl Reinhardts) gehandelt zu haben. Reinhardt selbst wurde wegen dieser Tat niemals verfolgt.[2]

Nach der Unterzeichnung des Versailler Vertrages kam es zu zentralen personellen und organisatorischen Veränderungen im Militär. Nach der Auflösung der Obersten Heeresleitung am 4. Juli 1919 wurde Gustav Noske am 20. August zum Reichswehrminister und Oberbefehlshaber der neuen Reichswehr ernannt. In diesem Zusammenhang endete am 13. September 1919 die Institution des preußischen Kriegsministers. Reinhardt wurde Befehlshaber der Reichswehrstelle Preußen. Diese Position baute er zu der eines Chefs der Heeresleitung aus und wurde in den Rang eines Generalmajors befördert. Damit war er dem Chef des Truppenamtes Hans von Seeckt übergeordnet. Zwischen beiden kam es daraufhin zu Spannungen. Der Württemberger Reinhardt versuchte die Reichswehr auf eine loyale Haltung gegenüber der Weimarer Republik festzulegen, während der Preuße Seeckt der neuen Staatsform eher kritisch gegenüber stand.[3] Noch vor Beginn des Kapp-Lüttwitz-Putsches forderte Walther von Lüttwitz von Friedrich Ebert neben der Auflösung der Weimarer Nationalversammlung auch die Ablösung Reinhardts.

Reinhardts Konkurrent Seeckt soll während des Putsches geäußert haben: „Truppe schießt nicht auf Truppe“. Reinhardt hingegen teilte als einziger hoher Militär die Meinung Noskes, dass man Gewalt nur mit Gewalt begegnen könne.[4] Reinhardt, der Gustav Noske in dessen Amtszeit als Reichswehrminister schätzen gelernt hatte, trat mit diesem aus Solidarität zurück. Sein Nachfolger wurde ausgerechnet Seeckt. Nach seinem Rücktritt von diesem Posten war er von 1920 bis 1924 als Generalleutnant Befehlshaber des Wehrkreises V und Kommandeur der 5. Division, gleichzeitig auch Landeskommandant für Württemberg. Reinhardt wurde im Rahmen der Reichsexekution gegen Thüringen im Jahr 1923 mit der Ausübung der vollziehenden Gewalt und der Unterdrückung der proletarischen Hundertschaften beauftragt.[5] Zuletzt war Reinhardt von 1925 bis 1927 General der Infanterie und Oberbefehlshaber des Gruppenkommandos 2 mit Sitz in Kassel.

Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst - er erhielt die Erlaubnis die Uniform des 13. (Württ.) Infanterie-Regiments zu tragen - wurde er Initiator der Reinhardt-Kurse. Dabei ging es darum, Generalstabsoffiziere durch den Besuch von zivilen Universitäten zum Denken über den engeren militärischen Bereich hinaus anzuregen.[6]

Die Reinhardt-Kaserne in Ellwangen ist nach ihm benannt.

Auszeichnungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heinrich August Winkler: Weimar 1918-1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie. München, 1993 S.94
  2. Prozessbericht, Deutsche Zeitung 5.-10. Dezember 1919; nach Emil Julius Gumbel: Vier Jahre politischer Mord. Berlin 1922, S. 21f. Online
  3. Winkler, S.113
  4. Winkler. S.121
  5. Winkler, S.214
  6. Jörg Hauptmann: Militärgeschichte in der Offiziersausbildung S.23
  7. a b c d e f g h i j k l m n o p q r Rangliste des Deutschen Reichsheeres, Mittler & Sohn Verlag, Berlin 1930, S.41

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