Walter Truckenbrodt

Walter Truckenbrodt

Walter Truckenbrodt (* 19. Dezember 1914 in Hermsdorf; † 1. Mai 1999 in Bonn) war ein deutscher Jurist in der NS-Zeit und Diplomat in der Bundesrepublik Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Leben

In seiner 1941 in der Reihe Veröffentlichungen des Deutschen Instituts für Außenpolitische Forschung publizierten Dissertation „Deutschland und der Völkerbund. Die Behandlung reichsdeutscher Angelegenheiten im Völkerbundsrat von 1920-1939“[1] vertrat der Jurist die These, im Rahmen der Entwicklung nach 1918 habe nicht das Deutsche Reich, sondern der Völkerbund Unrecht getan und damit die Deutschen zur Aufrüstung und zum Krieg gezwungen.

Truckenbrodt kritisierte die Haltung des Völkerbundes in der Zwischenkriegszeit, z.B. die Volksbefragung in Eupen-Malmedy (1920), rechtfertigte die Besetzung des Saarlandes 1935 und den Einmarsch der Wehrmacht in das entmilitarisierte Rheinland 1936 (Rheinlandbesetzung) sowie den Anschluss Österreichs an das Deutsches Reich. Er warf dem Völkerbund bei der Umsetzung des Friedensvertrages von Versailles Einseitigkeit vor. Ihn träfe die Verantwortung dafür, dass „(es) zu einem Kampf auf Leben und Tod zwischen den größten Völkern Europas“ gekommen sei. Der Autor postulierte, ein „objektives Urteil über die wahren Ursachen des gegenwärtigen Kampfes“ zu fällen: Dieser Krieg sei ein „deutscher Freiheitskampf“.[2]

Frankreichs Regierung Laval hatte gegen eine neue deutsche Luftwaffe und die im März 1935 wieder eingeführte Wehrpflicht protestiert. Truckenbrodt bedauerte, dass 16 von 17 zuständigen Staaten im Völkerbund den Bruch des Friedensvertrags von Versailles kritisierten. Die deutsche Wiederbewaffnung sei „Selbsthilfe“[3] gewesen, dem Völkerbund habe ein Recht auf Kritik daran nicht zugestanden.

1948 erschien seine deutsche Übersetzung der Charta der Vereinten Nationen, die er als wissenschaftlicher Assistent an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg angefertigt hatte und gemeinsam mit Wilhelm Grewe herausgab.[4]

1952 trat Truckenbrodt in den höheren auswärtigen Dienst der Bundesrepublik Deutschland. Er war als Diplomat tätig und wurde bis zum Ministerialdirigenten befördert. Von 1969 bis 1973 war er Botschafter in Venezuela. 1973 schied Truckenbrodt aus Protest gegen die Unterzeichnung des Grundlagenvertrags aus dem diplomatischen Dienst aus.

1991-93 vertrat er die rechtskonservative Deutsche Soziale Union in einem erfolglosen Wahlprüfungsverfahren[5] vor dem Bundesverfassungsgericht als deren Rechtsanwalt. 1992 hielt er eine Rede vor der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft[6], einem ebenfalls dem rechtskonservativen Spektrum nahestehenden Verein.

Einzelnachweise

  1. Walter Truckenbrodt: Deutschland und der Völkerbund. Die Behandlung reichsdeutscher Angelegenheiten im Völkerbundsrat von 1920-1939. Hg. Fritz Berber, Veröffentlichungen des Deutschen Instituts für Außenpolitische Forschung, Band 9, Essen 1941
  2. Truckenbrodt 1941, Zitate aus dem Vorwort.
  3. Truckenbrodt 1941, S. 170
  4. Wilhelm Grewe/Walter Truckenbrodt, Die Satzung der Vereinten Nationen. Mit den vorbereitenden Dokumenten und dem Statut des Internationalen Gerichtshofs. Göttingen 1948.
  5. Entscheidung im Wahlprüfungsverfahren Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 23. November 1993, 2 BvC 15/91 <BVerfGE 89, 291>, Rubrum .
  6. Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft: Homepage der swg unter: Vortragsveranstaltungen.

Literatur

  • Gideon Botsch "Politische Wissenschaft" im 2. Weltkrieg. Die "deutschen Auslandswissenschaften" im Einsatz 1940 - 1945. Schöningh, Paderborn, 2006. ISBN 3-506-71358-2.

Weblinks


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