Walter Lippmann

Walter Lippmann
Walter Lippmann, 1914

Walter Lippmann (* 23. September 1889 in New York; † 14. Dezember 1974 bei New York) war ein einflussreicher US-amerikanischer Journalist, Schriftsteller und Medienkritiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Lippmann wurde in New York als Kind deutsch-jüdischer Eltern, Jacob Lippmann und Daisy Baum Lippmann, geboren. Im Alter von 17 Jahren nahm er sein Studium an der Harvard University auf. Zu seinen Dozenten zählten George Santayana, William James und Graham Wallas. Er legte den Schwerpunkt auf Philosophie und Sprachen (er sprach Deutsch und Französisch) und machte nach nur drei Jahren seinen Abschluss.[1]

1914 gründeten Lippmann, Herbert Croly und Walter Weyl das Magazin The New Republic. Während des Ersten Weltkriegs wurde Lippmann Berater von US-Präsident Woodrow Wilson und half bei der Ausgestaltung von Wilsons 14-Punkte-Programm.[1]

Lippmann hatte leichten Zugang zu den Entscheidungsträgern der Nation und lehnte den Kommunismus strikt ab. Der Spionagering um Jacob Golos benutzte seine Sekretärin Mary Price, um Lippmanns Quellen oder die Sachverhalte, an denen er arbeitete, in Erfahrung zu bringen.

Lippman war zunächst optimistisch hinsichtlich der Funktionsfähigkeit der amerikanischen Demokratie. Er war fest davon überzeugt, dass die Amerikaner sich intellektuell mit politischen und weltpolitischen Problemen auseinandersetzen würden, um so ihrer Rolle als gebildetes Wahlvolk gerecht werden zu können. Durch die Ereignisse, die zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und dem Aufkommen des Totalitarismus führten, änderte er jedoch seine Meinung.

Lippman prägte für Journalisten den Ausdruck gatekeeper. Die Gatekeeper würden entscheiden: Was wird der Öffentlichkeit vorenthalten, was wird weiterbefördert? „Jede Zeitung ist, wenn sie den Leser erreicht, das Ergebnis einer ganzen Serie von Selektionen…“. Indem die Auswahlregeln der gleichgeschalteten Journalisten weitgehend übereinstimmen, kommt so eine Konsonanz der Berichterstattung zustande, die auf das Publikum wie eine Bestätigung wirkt (alle sagen es, also muss es stimmen) und jene oben beschriebene Stereotypen-gestützte Pseudoumwelt in den Köpfen des Publikums installiert.[2]

Walter Lippmann und Charles Merz stellten 1920 in einer Studie mit dem Titel A Test of the News[3] fest, dass die Berichterstattung der New York Times über die Oktoberrevolution voreingenommen und ungenau war. Für seine Zeitungskolumne "Today and Tomorrow" wurde er mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.

Heute noch wegweisend und auf Universitätsliteraturlisten zu finden, ist seine Schrift über die öffentliche Meinung (public opinion) aus dem Jahre 1922.

Im August 1938 lud Lippmann in Paris zu einem Colloque über die Entwicklung des Liberalismus ein, der angesichts des Versagens der neoklassischen Wirtschaftstheorie während der Weltwirtschaftskrise und des Aufstiegs totalitärer Systeme ins Hintertreffen geraten war. Dieses prägte den Begriff des Neoliberalismus und ist heute als Colloque Walter Lippmann bekannt.

Zudem prägte Walter Lippmann in seinem Werk The Cold War im Jahre 1947 den von Bernard Baruch ausgesprochenen Begriff „Kalter Krieg“ maßgeblich. Heute ist der Begriff „Kalter Krieg“ in nahezu allen Sprachen bekannt. Wegen seiner konservativen und strikt antikommunistischen Einstellung wurde Lippmann als Noam Chomskys moralischer und intellektueller Gegenpol betrachtet.

Obwohl Lippmann den Kommunismus ablehnte, erkannte er “den Vorteil” zentraler politischer Beeinflussung der Massen, nach dem Vorbild des Politbüros der Sowjetunion. Die Öffentlichkeit konnte mit ihrer Hilfe für politische Ziele gewonnen werden, die sie im Grunde ablehnt. Diese Manipulation der Massen sei notwendig, da "das Interesse des Gemeinwesens sich der öffentlichen Meinung völlig entzieht“ und nur von so genannten verantwortlichen Männern getragen werden dürfe.

Laut Lippmanns Demokratieverständnis besteht eine intakte Demokratie also aus zwei Klassen. Die sehr kleine Klasse der “Spezialisten” wird aktiv mit den Angelegenheiten des Allgemeinwohls betraut. Diese Männer analysieren die Lage der Nation und treffen Entscheidungen auf politischer, wirtschaftlicher und ideologischer Ebene. Ihr gegenüber steht die Klasse der den Spezialisten überlassenen “Handlungsobjekte”, nach Lippmann die “verwirrte Herde”, vor deren Getrampel und Gelärm die Spezialisten geschützt werden müssen. In seinen Essays zur Demokratie fordert er, dass nur die spezialisierte Klasse für die “Herausbildung einer gesunden öffentlichen Meinung” Sorge tragen darf, weil die Öffentlichkeit lediglich aus “unwissenden und zudringlichen Außenseitern” besteht.

In einer funktionierenden Demokratie hat die Masse der Menschen (“die Herde”) laut Lippmann lediglich die Befugnis, die Spezialisten zu wählen und den Rest der Zeit mit “Grasen” zu verbringen.

Werke

Literatur

  • McAllister, Ted V. (1996): Revolt against modernity: Leo Strauss, Eric Voegelin & the search for postliberal order: Lawrence, Kansas, University Press of Kansas. ISBN 0-7006-0740-4.
  • Riccio, Barry D. (1994): Walter Lippmann - Odyssey of a liberal. Transaction Publishers. ISBN 1-56000-096-1.
  • Steel, Ronald (1980): Walter Lippmann and the American century. Little, Brown and Company. ISBN 0-7658-0464-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Walter Lippmann in der Notable Names Database (englisch)
  2. Lippman Walter, "Die öffentliche Meinung", Rütten + Leoning (München)
  3. A Test of the News, Artikel in der englischsprachigen Wikipedia

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