Walter Frank

Walter Frank

Walter Frank (Pseudonym: Werner Fiedler) (* 12. Februar 1905 in Fürth; † 9. Mai 1945 in Groß Brunsrode bei Braunschweig) war deutscher Historiker und Präsident des Reichsinstituts für Geschichte des Neuen Deutschlands.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Frank, dessen Vater Militärbeamter war, siedelte bereits 1910 nach München über. Die Münchner Räterepublik im Frühjahr 1919, vor allem aber der Hitlerputsch im November 1923 prägten Franks politische Sozialisation und machten ihn schon früh zum Anhänger des Nationalsozialismus und des Antisemitismus.

1923 begann Frank das Studium der Geschichtswissenschaft, unter anderem bei Hermann Oncken, Karl Haushofer und Karl Alexander von Müller. Bei Müller promovierte er 1927 über den Gründer der „christlich-sozialen Bewegung“, Adolf Stöcker.

Nach dem Studienabschluss begann Frank sich der Neugestaltung der deutschen Geschichtswissenschaften zu widmen, die er als „kämpfende Wissenschaft“ in einer Art „Kriegsdienst des Geistes“ an die Seite der politischen Erneuerung stellen wollte. Auch entfaltete er eine rege Publikationstätigkeit in verschiedenen Zeitschriften der Jugendbewegung, später auch in renommierten Fachblättern wie der Historischen Zeitschrift und der Historischen Viertelsjahrschrift sowie für die von Wilhelm Stapel herausgegebene Monatszeitschrift Deutsches Volkstum. Die letztgenannte veröffentlichte Frank jedoch unter dem Pseudonym Werner Fiedler.

Franks Vorstellungen passten exakt in die Welt der Nationalsozialisten, die ihn nach der „Machtergreifung“ 1933 mit Ämtern und Würden ausstatteten. So wurde er 1934 Referent im Amt von Alfred Rosenberg sowie im Stab von Rudolf Heß, mit dem er seit der gemeinsamen Studienzeit bei Karl Alexander v. Müller persönlich befreundet war.

Ohne NSDAP-Parteimitglied zu sein, baute Frank als Leiter des neu gegründeten „Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands“ ab Juli 1935 die führende Geschichtsinstitution des nationalsozialistischen Deutschen Reiches auf.

Mit der Konzentration rechtsgerichteter Historiker im „Reichsinstitut“ ging die Ausschaltung unliebsamer und dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüberstehenden Zunftkollegen einher. Prominentestes Opfer war Franks ehemaliger Lehrer Hermann Oncken, den er 1935 in einer Zeitungskampagne scharf angriff.[1]

Am 19. November 1936 gründete Frank die „Forschungsabteilung Judenfrage“ (Geschäftsführer: Wilhelm Grau) und trat darauf in direkter Konkurrenz zu Alfred Rosenbergs „Institut zur Erforschung der Judenfrage“. In diesem teilweise offen ausgetragenen Konflikt unterlag Frank im Dezember 1941, wohl vor allem deshalb, weil sein Protektor Rudolf Heß nach England geflogen war. Eine weitere Konsequenz war, dass Frank zwangsbeurlaubt wurde.

Franks letzte Publikationen blieben großteils unbeachtet, nur die Zeitschrift Forschungen zur Judenfrage, die er seit 1937 jährlich herausgegeben hatte, betrieb er noch bis 1944 weiter. Sein großes Ziel war es, eine Gesamtausgabe und eine Biografie des Kolonialpioniers und Kolonialideologen Carl Peters zu veröffentlichen, da er in ihm einen direkten geistigen Vorläufer des Nationalsozialismus sah. Die Publikation kam aber nicht über die ersten drei Bände der Werkausgabe hinaus. Die Biografie wurde nicht vollendet und ist nach Auskunft des Historikers Hans-Ulrich Wehler keine wissenschaftlich verwertbare Lebensbeschreibung, sondern eher ein Beweis für die hemmungslose Verehrung des NS-Historikers für das Objekt seiner Darstellung.

Das Forschungsinstitut bot jungen Historikern die Möglichkeit, im Windschatten der NSDAP Karriere zu machen. Am bekanntesten von ihnen wurde Fritz Fischer, der in den 1960er Jahren mit seinen Publikationen zu den Ursachen des Ersten Weltkriegs international Aufsehen erregte. Eine Reihe von Historikern, die sich nach 1945 akademisch etablieren konnten, hatten unter Franks Ägide auch an der Geschichte der „Judenfrage“ gearbeitet wie etwa der bekannte Wirtschaftshistoriker Hermann Kellenbenz.

Am 9. Mai 1945 beging Walter Frank Suizid, den er damit begründete, dass nach dem Tod Adolf Hitlers die Welt für ihn sinnlos geworden sei.

Nach Kriegsende wurden zahlreiche seiner Schriften in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[2][3]

Literatur

  • Helmut Heiber: Walter Frank und sein Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschlands. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1966 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte. Bd. 13, ISSN 0481-3545).
  • Karl Christian Lammers: Die „Judenwissenschaft“ im nationalsozialistischen Dritten Reich. Überlegungen zur „Forschungsabteilung Judenfrage“ in Walter Franks „Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschlands“ und zu den Untersuchungen Tübinger Professoren zur „Judenfrage“. In: Freddy Raphaël (Hrsg.): „... das Flüstern eines leisen Wehens ...“ Beiträge zu Kultur und Lebenswelt europäischer Juden. Festschrift für Utz Jeggle. UVK-Verlags-Gesellschaft, Konstanz 2001, ISBN 3-89669-810-9, S. 369–391.
  • Patricia von Papen: Schützenhilfe nationalsozialistischer Judenpolitik. Die „Judenforschung“ des „Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschland“ 1935–1945. In: Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust. 1998/99, ISSN 1432-5535, S. 17–42.
Werke
  • Hofprediger Adolf Stoecker und die christlichsoziale Bewegung. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1928.
  • Händler und Soldaten. Frankreich und die Judenfrage in der "Affäre Dreyfus". Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1933.
  • Nationalismus und Demokratie im Frankreich der dritten Republik (1871 bis 1918). Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1933.
  • Franz Ritter von Epp. Der Weg eines deutschen Soldaten. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1934.
  • Geist und Macht. Historisch-politische Aufsätze. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1938.
  • "Höre Israel!" Studien zur modernen Judenfrage. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1939.
  • Der Panama-Skandal. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1942.
  • Adolf Hitler Vollender des Reichs. Manuskript, 1944.

Einzelnachweise

  1. Siehe den Artikel Grenzen und Befugnisse der Geschichtswissenschaft von Anton Ritthaler in der Ausgabe April 1935 der Monatsschrift Weiße Blätter.
  2. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-f.html
  3. http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-f.html

Weblinks


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