Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt (Ludwigshafen)

Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt (Ludwigshafen)
Fassade der Wallfahrtskirche
Wallfahrtskirche, Seitenansicht

Die Schloss- und Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt im Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim (Bundesland Rheinland-Pfalz) ist ein katholisches Gotteshaus im frühklassizistischen Stil, das auch noch barocke Elemente aufweist. Es wurde über einer älteren Loretokapelle errichtet, die dabei vollständig erhalten blieb.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Loretowallfahrt

Die Loretowallfahrt basiert auf der Verehrung der Heiligen Familie, deren Haus, die Casa sancta, der Legende nach aus Nazareth floh, als 1263 das Heilige Land an den Islam fiel. Im Jahre 1554 propagierten die Jesuiten in Loreto (Mittelitalien) den Kult des Heiligen Hauses, das mit der Loretokapelle gleichgesetzt wurde. Daraufhin entstanden in vielen Ländern Nachbildungen der Loretokapelle mit eigenen Wallfahrten.

Loretokapelle in Oggersheim

Die Loretokapelle in Oggersheim wurde zwischen 1729 und 1733 zunächst als kleiner Andachtsraum im Schlosspark errichtet. In ihrer Nähe war ursprünglich noch ein „Beichthäusel“ vorgesehen. Die Jesuiten übernahmen die Kapelle am 1.nbsp;März 1733 und betreuten sie von Mannheim aus. Kurfürst Karl Philipp wünschte, „zum allgemeinen Nutzen und Trost des Vaterlandes“ die lauretanische Verehrung aufzunehmen. Der feierliche Beginn wurde auf das Fest Mariä Verkündigung im Jahr 1733 gelegt.

Die Wallfahrt ist eng mit dem Schloss und dem Herrscherhaus verbunden. Über den Bau der Loretokapelle und die Einführung der Wallfahrt schreibt der Jesuit Matthäus Vogel, der erste Betreuer der Oggersheimer Wallfahrt:

Das schöne Beispiel so vieler christlicher Länder … die Begierde, Gott den Herrn in seiner hl. Mutter zu loben und die Ehre der wertesten Himmelskönigin in diesen Landen zu erweitern wie auch ihrer Fürbitte verschiedene Gnaden vom Himmel zu erhalten, hat Pfalzgraf Joseph Karl, Erbprinz des Herzogtums Sulzbach, bewogen, auch in kurpfälzischen Landen eine nach Form des hl. Hauses zu Loreto gestaltete Kapelle aufzurichten.

Die vom Kirchenraum überbaute Loretokapelle.
Das Innere der Loretokapelle, im Hintergrund das Gnadenbild
Das Oggersheimer Gnadenbild (Schwarze Madonna mit Kind).

Gefördert wurde die Wallfahrt durch das Vorbild der Kurfürstin Elisabeth Auguste. Sie besuchte regelmäßig die Kapelle, und ihr Gemahl Carl Theodor erließ all denen, die an Marienfesten zur Oggersheimer Kapelle zogen, den Brückenzoll über die Schiffbrücke von Mannheim. Die Wallfahrt nahm zu, als der schwerkranke Kurfürst im Jahr 1743 auf wunderbare Weise genas, nachdem die Kurfürstin in der Loretokapelle eine Novene hatte abhalten lassen. Aus Dank für die Heilung ließ der Fürst die Inneneinrichtung der Kapelle neu gestalten.

Auch vor der Geburt des erhofften Thronfolgers wandte sich das Paar an die Gottesmutter, doch starb das Kind 1761, nur einen Tag alt. Obwohl sich Kurfürst Carl Theodor in der Folgezeit von seiner Gemahlin abwandte, ließ sie bei einer erneuten Erkrankung ihres Ehemannes im Jahr 1774 eine Prozession nach Oggersheim abhalten.

1774 bis 1793 lebte Kurfürstin Elisabeth Augusta zumeist getrennt von ihrem Gatten, im Schloss Oggersheim gegenüber der Loretokapelle. Diese ließ sie (laut Inschrift über dem Hauptportal) 1775 von dem flämischen Architekten Peter Anton von Verschaffelt mit der heutigen Wallfahrtskirche überbauen, wobei die Kapelle vollständig erhalten blieb.

1777 wurde die Kirche eingeweiht, nun aber durch Kapuziner-Patres versorgt, da der bisher hier tätige Jesuitenorden 1773 aufgehoben worden war. Am Jahresende 1793 floh die Kurfürstin vor den heranrückenden französischen Revolutionstruppen nach Weinheim, wo sie fortan im dortigen Schloss wohnte. 1798 vertrieb man auch die Kapuziner aus Oggersheim. Die Wallfahrtskirche ging in die Obhut der örtlichen Pfarrei über. König Ludwig I. von Bayern stellte das Ordensleben in Oggersheim wieder her, indem er dort 1844 aus privaten Mitteln ein Kloster der Franziskaner-Minoriten stiftete, das bis heute besteht und die Wallfahrt betreut.[1]

Friedrich Matthisson schreibt über seinen Besuch in Oggersheim:

Meine Abreise von Mannheim (1786) ward um acht volle Tage über den bestimmten Scheidepunkt hinausgerückt. Doch am Ende behauptete die Notwendigkeit ihr altes Despotenrecht, und so mußte gerade an dem Tage, wo der Theaterzettel Iffland als Franz Moor ankündigte, ein mürrischer Lohnkutscher mich im trägsten Leichenschritte nach Oggersheim fahren. – Die Kurfürstin war in der Tat sehr wohl beraten, da sie diesen heitern und reinlichen Ort zu ihrer gewöhnlichen Residenz wählte. Die Hofkapelle (Wallfahrtskirche) zu Oggersheim macht ihren Ruf, eins von den fehlerfreiesten Architekturwerken der Pfalz zu sein, alle nur mögliche Ehre. Mag der Kunstgeweihte das zierliche Gebäude mit vitruvischer Lampe beleuchten; mir Laien wurde dadurch das lebhafte Vergnügen zuteil, welches immer aus seiner Form und richtigem Verhältnis hervorgeht.

Gebäude und Einrichtung

Kapelle

Das Innere der Kapelle wurde durch ein Gitter zweigeteilt. Vor dem Gitter steht der Altar der Gnadenkapelle, der hintere, schmälere Raumteil ist für das Gnadenbild vorgesehen. Die Wände sind wie in allen Loretokapellen nach der Wandgliederung des ursprünglichen Heiligen Hauses gebildet.

Der Mannheimer Hofbildhauer Paul Egell entwarf nach 1740 die Nische mit dem Gnadenbild der Gottesmutter.

Kirche

Der weite einschiffige Raum vollzieht den rechteckigen Grundriss der Loretokapelle nach und ist wie diese nach Südwesten gerichtet. Das Langhaus nimmt die Loretokapelle vollständig in sich auf. Deren nordöstliche Außenwand bildet gleichzeitig die Rückwand des Hochaltars der großen Wallfahrtskirche.

Orgel

Die Orgel wurde von der Firma Mayer aus Heusweiler gefertigt und verfügt über die folgenden technischen Daten:

Winddruck: HW 70 mm WS; RP 60 mm WS; Ped 75 mm WS
Koppeln (elektromech.): RP/HW – HW/P – RP/P
Register: 24 mit 1761 Pfeifen und 3 Transmissionen
Spieltraktur: mechanisch
Registertraktur: mechanisch und elektrisch; 16-fache elektrische Setzerkombination

Bildergalerie

Literatur

  • Karl Kreuter: Festschrift zur 150–Jahrfeier der Pfarr– und Wallfahrtskirche zu Oggersheim. Katholisches Pfarramt, Oggersheim 1925.
  • 200 Jahre Pfarr– und Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt, Ludwigshafen–Oggersheim. 3. geänd. Auflage. Pfarrgemeinderat Maria Himmelfahrt, Ludwigshafen–Oggersheim 1977.
  • Jürgen Kaiser: Ludwigshafen–Oggersheim, Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt. 2. neu bearb. Auflage. Schnell und Steiner, Regensburg 2002.

Weblinks

 Commons: Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Webseite zu Stiftung des Minoritenklosters durch König Ludwig I. von Bayern
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