Wader

Wader
Hannes Wader, 2004

Hannes Wader (* 23. Juni 1942 in Hoberge-Uerentrup/Bielefeld, Nordrhein-Westfalen als Hans Eckard Wader) ist ein Musiker und Liedermacher.

Er gilt neben Reinhard Mey, Konstantin Wecker, Franz Josef Degenhardt und anderen als einer der letzten Liedermacher der „alten Schule“. Zunächst als sozialkritischer Chansonnier bekannt geworden, der Einfluss auf die antiautoritäre Bewegung um 1970 ausübte, wandte sich Wader anschließend dem traditionellen, deutschen Liedgut zu. Seit Ende der 1970er begann er sich verstärkt als DKP-Mitglied zu engagieren und trat auf zahlreichen politischen Veranstaltungen auf. Arbeiterlieder und sozialistische Hymnen, die damals einen wichtigen Teil seines Repertoires ausmachten, trägt er heute allerdings kaum noch vor. Seit den 1990ern interpretierte Wader auch verstärkt Werke großer Dichter wie Eichendorff oder Bellman.

Musikalisch anfangs stark beeinflusst vom französischen Chansonnier Georges Brassens und von Bob Dylan, wurde sein Werk in den 1970ern und der Folgezeit inspiriert von den Meistern des traditionellen, speziell anglo-amerikanischen Folk Blues. Seine eigenen lyrischen Texte sind zumeist auch mit eigenen Kompositionen unterlegt und oft autobiographisch geprägt. Einige Vertonungen Waders wurden Volkslieder und finden sich in einschlägigen Publikationen wie der Mundorgel. Als sein wohl bekanntestes Lied gilt Heute hier, morgen dort.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Kindheit und Jugend

1942 wurde Hannes Wader in dem kleinen Ort Bethel bei Bielefeld (heute zu dessen Stadtteil Gadderbaum gehörig), mitten im Teutoburger Wald, geboren. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen mit zwei acht und neun Jahre älteren Schwestern auf. Im Alter von drei Jahren sammelte er bei Familienfesten erste Auftrittserfahrungen. 1948 wurde er eingeschult. Wie Wader von sich selbst sagt, hatte er während der acht Jahre Volksschule nie etwas anderes gekonnt als Singen und Zeichnen.

Nach dem Schulabschluss begann Wader eine dreijährige Lehre als Dekorateur in einem Schuhgeschäft und arbeitete anschließend noch drei Jahre in diesem Beruf. Während dieser Zeit lernte er Mandoline und Gitarre. 1957 starb sein Vater im 55. Lebensjahr. Nach eigenen Angaben hatte Wader nie Freude an seinem Beruf. Er wurde mit der Zeit immer nachlässiger und 1962 entließ ihn sein Chef schließlich wegen „Unfähigkeit, Streitsucht und Musizierens während der Arbeitszeit”. Wader hatte ihm im Streit „ein paar Schuhe vor den Wanst” geworfen.

Beginn der Liedermacherlaufbahn

Noch während seiner Lehrzeit unternahm Hannes Wader die ersten Schritte als Musiker. Er begann sich für Jazz zu interessieren, spielte Klarinette und Saxophon. Wader trat in eine Amateurband ein und wurde dort, im kleinen Kreis, als musikalisches Wunderkind gefeiert. Nach seiner Kündigung 1962 spielte Hannes Wader in verschiedenen Jazzkapellen und trat als Klarinettist und Saxophonist in Bars und Lokalen auf. Noch im selben Jahr lernte er eine Modegrafik-Studentin kennen, die ihn dazu bewegen konnte, ein Grafik-Studium an der Werkkunstschule in Bielefeld zu beginnen. Wader begann wieder zu zeichnen, bewarb sich für ein Studium und wurde angenommen.

Er studierte drei Semester, bekam Ärger mit Dozenten und entschloss sich, Bielefeld zu verlassen. Mit einer Mappe unter dem Arm trampte er nach Berlin, um sich an der Akademie für Graphik, Druck und Werbung, der heutigen Hochschule der Künste anzumelden, wo er auch angenommen wurde. Während dieser Zeit (1962/63) hörte Wader zum ersten Mal Georges Brassens und war „ungeheuer fasziniert”. An dessen Bandbreite von Zynismus bis Zärtlichkeit – musikalisch nur sparsam unterlegt, aber ausgefeilt bis ins Detail –  orientierte sich Hannes Wader vornehmlich in seinen ersten Gehversuchen als Liedermacher. Der Kontakt mit der Musik des französischen Chansonniers kann wohl als Initialzündung und erste Inspirationsquelle für Waders Werk bezeichnet werden. Er begann, selbst zu singen, Gitarre zu spielen und eigene Lieder zu schreiben. Das Loch unterm Dach war seine erste Komposition.

Wader führte vorerst sein Studium fort, weiterhin in der Absicht, Grafiker zu werden. Er hörte zum ersten Mal vom Festival Chanson Folklore International auf der Burg Waldeck (Hunsrück). Dort, wo auch die in der Berliner Folkszene aktiven Reinhard Mey, Katja Ebstein, Schobert und Black und Ingo Insterburg ihre Karriere begannen, hatte er Pfingsten 1966 selbst seinen ersten großen Auftritt, welcher als musikalischer Durchbruch bezeichnet werden kann und Wader zu einer Art Geheimtipp machte. Anscheinend war der Liedermacher von seiner Performance zunächst nicht so begeistert wie das Publikum, außerdem ging dabei auch einiges schief, wie er es selbst einmal im folgenden Bericht beschrieb:

„Feucht war's, ich hatte klamme Finger und bin mit meiner Gitarre auf das Podium geklettert. Ich hatte doch noch nie auf so einem Ding gestanden. Vor allem nicht vor dreitausend Leuten! Ich fange an, die Gitarre ist total verstimmt. Überall grinsende Gesichter. Dann reißt mir auch noch eine Saite. Ich habe also auf fünf Saiten weitergespielt, danebengegriffen und so meine Lieder durchgesungen. Dann bin ich wie aus dem Wasser gezogen und weich in den Knien die Treppe runter. Da kamen welche auf mich zu, und ich dachte, die wollen mir was tun. Sie packten mich am Arm, ich habe mich losgerissen und bin abgehauen. Ich habe mich an einen Baum gesetzt, weil ich nicht mehr stehen konnte, und habe erstmal geheult, weil ich dachte, jetzt kannst du dich dort nicht mehr sehen lassen, die schlagen dich tot. Es stellte sich aber heraus: Es war mein Durchbruch! Als ich zurückkam, erntete ich freundliche, anerkennende Blicke und Schulterklopfen.“

Anfang 1967 brach er sein Grafik-Studium ab, wurde aber im selben Jahr noch von Hans A. Nikel, dem damaligen Herausgeber des Satire-Magazins Pardon für ein dreiviertel Jahr als Layouter engagiert, weil ihm seine Lieder gefielen.

Schnell begann Wader in der bereits lebendigen Liedermacherszene Berlins Fuß zu fassen. Er stand jeden Abend auf bis zu fünf Bühnen und kassierte eine Spitzengage. In der Folgezeit tourte Wader mit Reinhard Mey durch Kneipen und Clubs – ihre Auftritte waren gefragt, doch ihr Repertoire an Liedern war noch relativ klein, so dass sie einige ins Französische übersetzten und jeweils zweimal vortrugen, um den Abend füllen zu können.

Erstes Album

1968 war Hannes Wader 26 Jahre alt und ein fester Bestandteil der sich in Berlin entwickelnden Folkszene. Alle Versuche Waders, der der Plattenindustrie ohnehin skeptisch gegenüber stand, ein Band mit seinen Liedern zu verkaufen, scheiterten bis dahin. Er blitzte auch bei dem mäßig erfolgreichen Schlagerproduzenten Walter Richter ab, den er durch eine Vermittlung Reinhard Meys kennenlernte.

Bei einem Rundfunkauftritt in Baden-Baden lernte Wader schließlich den Musiker Knut Kiesewetter kennen, der Gefallen an seinen Liedern fand und mit ihm eine Platte aufnehmen wollte. Nach einigem Hin und Her kam es 1969 zu der Produktion Hannes Wader singt… im Studio Windrose in Hamburg. Auf dieser Platte befinden sich ausschließlich eigene Kompositionen. Wader legte bei dieser Aufnahme zeitweise einen Biss und eine Sozialkritik an den Tag, die auf den folgenden Platten, aber auch späteren Texten regelmäßig wiederkehrten und sicherlich einen großen Teil seiner musikalischen Identität und Popularität definierten und das auch noch heute tun. Zunächst gelang es Kiesewetter nicht, eine Veröffentlichung zu erreichen. Schließlich brachte er die Produktion bei Philips unter, wo er zuvor eine erfolgreiche Witzplatte produziert hatte. Die Androhung, es würde keine zweite Witzplatte geben, wenn Wader nicht genommen würde, führte schließlich zum Erfolg. Innerhalb weniger Monate wurden mehrere zehntausend Exemplare verkauft, was für einen Plattenneuling damals äußerst ungewöhnlich war. Wader erhielt dank dieses Erfolges einen langfristigen Vertrag.

Die 70er Jahre: Wader und die Politik

In den 1970er Jahren wurde Hannes Wader durch seine provokanten Texte einer der Stars der links-alternativen Szene.

Wader kam Anfang der 1970er nach Hamburg. Im Oktober 1971 überließ er seine Wohnung im Stadtteil Poppenbüttel für einige Monate Hella Utesch, einer vermeintlichen NDR-Reporterin. Während dieser Zeit reiste Wader zum letzten Mal per Anhalter durch Europa, um anschließend mit seiner gerade fertiggestellten und sehr erfolgversprechenden LP 7 Lieder auf Tournee zu gehen. Nach seiner Rückkehr fand er seine Wohnung jedoch völlig verwüstet vor. „Hella Utesch” war der Deckname von Gudrun Ensslin, Mitglied der RAF, die sich Waders Behausung als Hauptquartier einrichteten und dort Experimente mit Sprengstoff durchführten. Bei einem Konzert wurde Wader verhaftet. Die Staatsanwaltschaft strengte gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung an. Er und seine Freunde wurden in der Folgezeit observiert und abgehört. Die Medien reagierten mit Boykott, dennoch zeichneten sich seine Sängerkollegen wie zum Beispiel Reinhard Mey in dieser Zeit durch eine Solidarität aus, ohne die Waders Karriere als Liedermacher beendet gewesen wäre: Bei einem geplanten gemeinsamen Rundfunkauftritt hieß es: „Herr Wader, Sie nicht!” Seine Kollegen drohten damit, den Auftritt platzen zu lassen, und so kam Wader doch zu seinem Auftritt. Erst nach Jahren wurde das Verfahren eingestellt. Die Eindrücke dieser Zeit verarbeitete er mit 17 Jahren Verzögerung in dem Lied Alptraum, das auf der Nach Hamburg-LP von 1989 veröffentlicht wurde:

„Ein alter Alptraum steckt mir jetzt noch in den Knochen, in Hamburg steht ein Spukhaus, da fing alles an […] und ich vermeide dieses Thema, wenn ich kann. Meine Wohnung das Versteck gesuchter Terroristen, die Verhaftung, die Verhöre und dann vor dem Haus die Leiche des erschossenen Polizisten, erspart mir Einzelheiten, ich will auf was andres raus […] ich denke, nur der weiß, wovon ich spreche, den die Justiz auch schon mal in die Mangel nahm, totales Ausgeliefertsein, die Schwäche, die nackte Angst und das Gefühl der Scham […]“

Den Plan, in Hamburg zu bleiben, betrachtete Wader als gescheitert. Er zog 1973 nach Struckum im Nordfriesland in eine vom ihm sanierte Windmühle, wo auch einige der späteren Alben entstanden und aufgenommen wurden, unter anderem 1978 und 1980 die zwei Produktionen Folk Friends mit Interpreten aus England, Irland, Schottland und den USA.

1974 heiratete Wader die Schauspielerin Susanne Tremper aus Berlin. Kurz darauf nahm sie ein Engagement am Basler Stadttheater an. Das Paar sah sich kaum noch und die Ehe wurde sechs Jahre später geschieden.

1977 trat er in die Deutsche Kommunistische Partei ein. Die Medien reagierten mit noch intensiverem Boykott auf seinen Parteieintritt. Die Wirkung war, dass mit dem Namen des Liedermachers bei der jungen Generation nichts mehr verbunden wurde. Trotzdem trat Wader bei politischen Veranstaltungen in bestreikten Betrieben auf und wurde aktiv in der Friedensbewegung.

1980 bis heute

Von 1980 an tourte Wader etwa 5 Jahre im Ensemble mit Lydie Auvray (Akkordeon), Hans Hartmann (Bass) und Reinhard Bärenz (Gitarre), mit denen er auch im Studio arbeitete.

1986 heiratete Hannes Wader die Psychologin Cordula Finck. Im Jahr darauf wurde sein Sohn Johann geboren.

Mit dem Erscheinen von Michail Gorbatschow in der Politik bröckelte Waders politische Überzeugung, die laut eigener Auskunft bis dahin „felsenfest“ gewesen ist. Das Ende der Sowjetunion setzte dem Liedermacher schwer zu. Seine stark ausgeprägte Leidenschaft zur politischen Aktivität nahm zusehends ab. Seine sozialistische Grundüberzeugung aber blieb erhalten, weil er der Meinung ist, dass sich seit der Wende die Verhältnisse nicht entscheidend verändert haben. Er stürzte sich in die Arbeit für seinen Hamburg-Lieder-Zyklus, der schließlich 1989 auf dem Album Nach Hamburg publiziert wurde. 1991 trat er schließlich aus der DKP aus.

1995 wurde Waders Tochter Dorothea Louise geboren.

1998 verließ er die Windmühle in Struckum und zog mit seiner Familie auf einen Resthof im Kreis Steinburg.

2000 und 2001 gab es Sommertourneen mit Konstantin Wecker. Zum Abschluss dieser Tourneen erschien das Live-Album Was für eine Nacht, das die gemeinsamen Konzerte dokumentiert. Zum 60. Geburtstag Waders gab es in seiner Heimatstadt Bielefeld gemeinsam mit Reinhard Mey und Konstantin Wecker ein Konzert, dessen Mitschnitt auf der Doppel-CD Mey Wader Wecker - das Konzert veröffentlicht wurde.

Lieder

Hannes Wader auf dem UZ-Pressefest 2003 in Dortmund

Der Rebell

Hannes Wader hat sich gerade in den 70er Jahren, in denen er politisch sehr aktiv war, den Ruf eines Rebellen erworben. Schon auf seinem ersten Album Hannes Wader singt … tauchten gesellschaftskritische Titel wie Frau Klotzke, Die gute Tat und Strenge Gesellen auf.

Auf seinem zweiten Album Ich hatte mir noch so viel vorgenommen sind Titel wie Charley, Steh doch auf, du armer Hund und Ich hatte mir noch so viel vorgenommen zu finden, die sich mit Außenseitern auseinandersetzen, deren Stellung in der Gesellschaft analysieren, sich aber auch kritisch mit dem Verhalten dieser Leute auseinandersetzen. Wader vertritt die These, dass das gesellschaftliche System so ist, wie es ist, weil die Menschen sich entsprechend verhalten und nicht, dass die Menschen Opfer des Systems seien. Dies wird auch bei vielen anderen Titeln des Liedermachers deutlich, zum Beispiel bei der Arschkriecher-Ballade, die ebenfalls auf Ich hatte mir noch soviel vorgenommen zu finden ist.

Legendär sind seine Talking-Blues Titel wie Langeweile auf 7 Lieder (1972) und der Talking-Böser-Traum Blues auf dem Album Der Rattenfänger (1974). Das bekannteste Lied dieser Kategorie ist Der Tankerkönig, das ebenfalls auf 7 Lieder zu finden ist. Es fand in Der Putsch auf dem Album Kleines Testament eine Fortsetzung. Auch diese Titel sind als politisch und gesellschaftskritisch zu betrachten. Die Talking-Blues-Tradition schloss Wader mit Der Putsch ab. Später knüpfte auf Nicht nur ich allein (1983) mit den Titeln Erfülltes Leben und Der Büffel sowie zuletzt auf dem Album 10 Lieder (1995) mit Der Unsichtbare noch einmal an die Talking Blues Tradition an.

Wader sieht aber nicht nur schwarz, sondern setzt auch auf die Hoffnung, wie es zum Beispiel in den Titeln Schon so lang und in Talking-Böser-Traum-Blues deutlich wird.

In dem Titel Wir werden sehen, der auf Glut am Horizont (1985) zu finden ist, setzt sich Wader mit der Vertreibung und Vernichtung der Indianer auseinander und legt als Text eine Bearbeitung der dem Häuptling Seattle zugeschriebenen Rede zugrunde.

Weitere wichtige Titel in dieser Kategorie sind Der Rattenfänger, der sich auf dem gleichnamigen Album von 1974 befindet und sein Lied Es ist an der Zeit, das sich regelrecht zur Hymne der Friedensbewegung entwickelt hat und auf Demonstrationen von Millionen von Menschen gesungen wird.

Poetisches und Politisches

Hannes Wader beherrscht neben dem deutschen Liedgut und den politisch-gesellschaftskritischen Liedern auch die „zarten Töne“.

Der Liedermacher fällt schon auf seinem Debütalbum Hannes Wader singt… mit derartigen Titeln auf. Besonders stark in dieser Tradition sind in diesem Zusammenhang die Lieder Blumen des Armen, Ich hatte lange schon gespart und Das Loch unterm Dach (bei dem es sich um seinen ersten selbstgeschriebenen – nach eigenen Angaben im Jahr 1962 entstandenen – Titel handelt) zu sehen. Weitere wichtige lyrische Lieder. Wieder eine Nacht aus dem Album Der Rattenfänger von 1974 und das bildhafte, poetische Schon morgen vom Album Kleines Testament von 1976. Das Lied Schlaf, Liebste, das auf den Alben Wieder unterwegs von 1979 und Liebeslieder von 1986 zu finden ist, steht ebenfalls in dieser Tradition.

Es darf auch nicht der Titel Am Fluß vergessen werden, der auf den Alben Glut am Horizont von 1985 und Bis jetzt von 1986 zu finden ist. Mit Au bord de la rivière auf dem Album von 1998 Auftritt: Hannes Wader wurde dieses Lied von ihm sogar in einer französischen Fassung gesungen. Es wurde in den 80er Jahren auch durch zahlreiche Fernsehauftritte bekannt, die er aus Anlass seines zwanzigjährigen Bühnenjubiläums absolvierte.

Volkssänger

Spätestens seit dem Album Hannes Wader: Volkssänger von 1975 hat sich der Liedermacher auch auf diesem Gebiet bekannt gemacht. Sein populärstes Lied als Volkssänger ist ohne Zweifel der Titel Heute hier, morgen dort, der bekannter ist als der Liedermacher selbst. Er hat eigentlich das deutsche Volkslied wieder salonfähig gemacht, den Deutschen ihr eigenes Lied wiedergegeben. Es war in den 70er Jahren fast verpönt, Volkslieder zu singen, da diese mit einer ausgeprägten politisch rechten Einstellung assoziiert wurden, vor allem wegen ihrer starken ideologischen Instrumentalisierung durch das nationalsozialistische Regime. Trotz aller Kritik daran, dass gerade der linksorientierte Hannes Wader jetzt auch Volkslieder singen würde, ließ er sich nicht beirren. Die Resonanz war positiv und in der Liedermacherszene und Folkbewegung gab es immer mehr Gruppen und Interpreten, die den Mut hatten, die Kultur des Volksliedes zu pflegen.

Schon 1974 hatte er sich in dem Album Plattdeutsche Lieder mit norddeutschen Volksliedern auseinandergesetzt. Neben Altüberliefertem wie Dat du min Leevsten büst und Lütt Matten singt er dort auch zwei Gedichtvertonungen von Klaus Groth, He sä mi so vel und Min Jehann.

Traditionelles Liedgut verwendete er zum Beispiel auch in dem Album Hannes Wader singt Arbeiterlieder von 1976, wo neben Titeln wie Bella ciao, Solidaritätslied, Die Internationale und Die Moorsoldaten auch eine aktualisierte Version mit eigenen Text von Trotz alledem zu finden ist. Überwiegend in Plattdeutsch setzt sich Hannes Wader auch mit Shanties auseinander und nahm 1978 das Album Hannes Wader singt Shanties auf. Hannes Wader singt Volkslieder knüpfte an seine Tätigkeit als Volkssänger an, die überwiegend in den 70er Jahren lag.

Zu dieser Kategorie gehören auch seine Interpretationen von internationalen Folksongs, unter anderem von Colin Wilkie und Bob Dylan. Von Colin Wilkie sang er Lieder wie Manche Stadt, das auf drei Alben zu finden ist. Von Wilkie stammt auch Im Garten, das auf dem Album Wieder unterwegs (1979) zu finden ist. Von Bob Dylan, einem seiner großen Vorbilder, singt er in eigener Übersetzung den Titel Nachtfahrt, enthalten auf dem Album 10 Lieder (1995).

Wader trug auch zur Popularisierung des in Deutschland nur wenig bekannten schwedischen Rokoko-Komponisten Carl Michael Bellman bei. Teilweise griff er dafür auf Übersetzungen von Carl Zuckmayer zurück und arbeitete mit Reinhard Mey und Klaus Hoffmann zusammen. (Siehe u. a. die CD Liebe, Schnaps, Tod – Wader singt Bellmann).

Heute singt er bis auf Bella ciao, Min Jehann und Ade zu guten Nacht kaum noch Titel aus diesem Repertoire. Seine Aktivitäten als Volkssänger können daher als abgeschlossen betrachtet werden.

Versuch an Schubert

Hannes Wader hat sich auch an eine Interpretation von Schubert-Liedern gewagt (An dich hab’ ich gedacht – Wader singt Schubert, 1997). Dafür hat er Gesangsunterricht genommen, obwohl er sich nicht um einen klassischen Stimmklang bemüht hat. Die instrumentale Begleitung zu diesen musikalisch sehr anspruchsvollen Liedern überließ er anderen Gitarristen.

Autobiographische Titel

Hannes Wader hat immer wieder persönliche Erfahrungen und Erlebnisse in seine Lieder einfließen lassen, dies bestimmt auch, um diese besser verarbeiten und bewältigen zu können. Hier seien die Titel "Erinnerung", der sich mit seinen frühesten Kindheitserinnerungen während und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg auseinandersetzt, und "Ballade vom Fisch" genannt, die auf dem Album "Es ist an der Zeit" zu finden sind. Auf "Wieder unterwegs" findet sich das Lied "So was gibt es noch", das seine Lehrzeit als Schaufenstergestalter satirisch beschreibt. Auf "Nie mehr zurück" (1991) sind die Lieder "Schön ist die Jugend" und "Erste Liebe" zu finden, die sich mit Erlebnissen und Erfahrungen in der Jugendzeit auseinandersetzen. Erwähnenswert sind noch "Wenn Du meine Lieder hörst", in dem er sich mit der Kritik an seiner Musik und seinen Liedern auseinandersetzt.

In dem Lied "Vaters Land" setzt sich Wader sehr kritisch mit seinem Verhältnis zu seinen Heimatland Deutschland auseinander. Auf seinem 2006 veröffentlichten Album "Mal angenommen" befindet sich das Lied "Familienerbe", das von seiner Familie und deren politischen Schwierigkeiten vom Kaiserreich bis zur Zeit des Nationalsozialismus handelt.

Die autobiographischen Titel machen deutlich, dass man Wader als Person und seine Lieder nicht getrennt, sondern als eng zusammengehörig betrachten muss. Der Liedermacher bringt in allen seinen Titel immer wieder persönliche Erfahrungen ein und das nicht nur in den eindeutig biographischen Titeln.

Diskografie

Literatur

  • Thomas Rothschild: Liedermacher. 23 Porträts. Fischer, Frankfurt 1980.
  • Nico Kroon: 'Hannes Wader, seine politische Entwicklung dargestellt an den Liedern.' Universitätsarbeit, Nimwegen, Niederlande 1983.
  • Ulrich Maske: Daß nichts bleibt wie es war – Hannes Wader und seine Lieder. Pläne, Dortmund 1984
  • Matthias Henke: Hermes Handlexikon. Die großen Chansonniers und Liedermacher. Düsseldorf 1987.
  • Beate Dapper (Hrsg.): Hannes Wader – Liederbuch. Bund-Verlag, Frankfurt 1999.
  • Reginald Rudorf: Schach der Show: über Lach- und Liedermacher in Deutschland. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1974.
  • Hannes Wader: Lieder. Zweitausendeins, Frankfurt 1977.
  • Hannes Wader: Lieder 2000 - 2005. Noten und Texte. Pläne, Dortmund, 2006.
  • Hannes Wader: Booklet zu An dich hab ich gedacht - Wader singt Schubert, 1997
  • Hannes Wader: Booklet zu Hannes Wader singt, Neuauflage 2000

Auszeichnungen

Weblinks



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  • Wader — Wad er, n. 1. One who, or that which, wades. [1913 Webster] 2. (Zo[ o]l.) Any long legged bird that wades in the water in search of food, especially any species of limicoline or grallatorial birds; called also {wading bird}. See Illust. g, under… …   The Collaborative International Dictionary of English

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  • Wader Study Group Bulletin — Pays  Royaume Uni Langue anglais Périodicité Trimestrielle Genre revue scientifique …   Wikipédia en Français

  • wader — noun Date: 1673 1. one that wades 2. shorebird; also wading bird 3. plural high waterproof boots or a one piece waterproof garment usually consisting of pants with attached boots that are used for wading (as when fishing) …   New Collegiate Dictionary

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