Vratislavice nad Nisou

Vratislavice nad Nisou
Vratislavice nad Nisou
Wappen von Vratislavice nad Nisou
Vratislavice nad Nisou (Tschechien)
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Basisdaten
Staat: Tschechien
Region: Liberecký kraj
Bezirk: Liberec
Stadtbezirk von: Liberec
Fläche: 1292 ha
Geographische Lage: 50° 45′ N, 15° 6′ O50.74333333333315.0925380Koordinaten: 50° 44′ 36″ N, 15° 5′ 33″ O
Höhe: 380 m n.m.
Einwohner: 6.764 (31. August 2004)
Postleitzahl: 463 11
Kfz-Kennzeichen: L
Verkehr
Straße: Liberec - Jablonec nad Nisou
Bahnanschluss: Liberec–Tanvald
Struktur
Ortsteile: 1
Verwaltung
Bürgermeister: Lukáš Pohanka (Stand: 2009)
Adresse: Tanvaldská 50
463 11 Liberec XXX
Website: www.liberec.cz/pages/vratislavice/index.htm

Vratislavice nad Nisou (deutsch Maffersdorf) ist ein Stadtbezirk (Liberec XXX) von Liberec (Reichenberg) in Tschechien. Er liegt beiderseits der Lausitzer Neiße zwischen Liberec und Jablonec nad Nisou (Gablonz), etwa 3,5 km südöstlich des Liberecer Stadtzentrums.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Ort Wratislawicz entstand vermutlich im 13. Jahrhundert links der Neiße durch böhmische Kolonisten. Ab 1460 ist die Siedlung urkundlich nachweisbar, die zu der Zeit eine gemauerte Kirche besaß. Im 16. Jahrhundert wanderten deutsche Siedler aus dem nördlichen Teil des Isergebirges ein, die am rechten Neißeufer einen weiteren Ort anlegten, der nach ihrem Heimatdorf Meffersdorf (heute: Pobiedna) benannt wurde. Die Dörfer rechts und links des Flusses waren selbständige Orte und gehörten unterschiedlichen Herrschaften (Reichenberg, Böhmisch Aicha). Im Laufe der Jahre entwickelte sich der Ortsname zu Maffersdorf, diese Bezeichnung wurde seit dem Dreißigjährigen Krieg auch auf das Dorf links der Neiße übertragen und die Bezeichnung Wratislawicz geriet in Vergessenheit.

Maffersdorf rechts der Neiße, auch als Reichenberger Seite bezeichnet, wuchs beständig. 1701 erfolgte dort Bau der neuen Pfarrkirche nach Plänen des Prager Baumeisters Marco Antonio Canevalle.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte in beiden Teilen die Industrialisierung an. 1871 gründete Franz Peukert eine Firma, die er später zu einem renommierten Unternehmen für Fleischereieinrichtungen ausbaute. 1896 entstand die Porzellanfabrik Eduard Stiassny. Die von Ignaz Ginzkey gegründete und von seinem Sohn Wilhelm Ginzkey weitergeführte Teppich- und Deckenfabrik besaß Weltruf. Im Jahre 1924 lieferte die Firma Ginzkey an das New Yorker Hotel Waldorf-Astoria den größten Teppich der Welt.

Seit der Entdeckung einer Heilquelle im Jahre 1862 wurde im Dorf links der Neiße bald der Badebetrieb aufgenommen. Der Badebesitzer Rudolf schloss sich 1913 mit dem Besitzer des zweiten, 1866 entstandenen Mineralwasserbrunnen Weber zusammen. 1918 kaufte jedoch der Besitzer des Kurbades in Bad Liebwerda das Heilbad in Maffersdorf auf, um den Konkurrenzbetrieb einzustellen.

Die 1872 als Aktiengesellschaft gegründete Reichenberger Bierbrauerei und Malzfabrik in Maffersdorf rechts der Neiße war bekannt für ihr gutes Bier. Beide Gemeinden, die der böhmischen Bezirkshauptmannschaft Reichenberg angehörten, hatten 1880 zusammen 4.910 Einwohner. Mit der am 12. Juli 1894 eingeweihten Lokalbahnstrecke der 1888 gegründeten Reichenberg-Gablonz-Tannwalder Eisenbahn AG entstanden auf der Flur von Maffersdorf links der Neiße zwei Bahnstationen (Maffersdorf und Dörfel).

Am 14. Juli 1901 erfolgte die Vereinigung beider Gemeinden zum Marktflecken Maffersdorf, der 1939 6.234 Einwohner zählte.

1919 kam der Ort an die neu gegründete Tschechoslowakei; die Bezeichnung Vratislavice wurde wieder benutzt. 1938 wurde der Ort als Teil des Sudetenlandes vom Deutschen Reich besetzt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zur Vertreibung der fast ausschließlich deutschen Bevölkerung. Im Jahre 1951 wurde das bereits seit 1900 geplante Straßenbahnprojekt zwischen Liberec und Jablonec realisiert, das Vratislavice fortan mit beiden Städten verband. Nach 1970 erfolgte zeitweilig eine Einstellung des Straßenbahnverkehrs, da sich die Gleisanlagen in einem sehr schlechten Zustand befanden. Durch die Verkehrsbetriebe Liberec wird die Strecke heute wieder befahren.

1956 wurde Vratislavice zur Stadt erhoben und 1980 nach Liberec (heute Liberec XXX) eingemeindet. 1991 hatte der Ort 6054 Einwohner. Im Jahre 2001 bestand Vratislavice aus 1007 Häusern, in denen 6657 Menschen lebten.

Wirtschaft

Nach der Machtablösung der Kommunisten in der Samtenen Revolution bereitete der Übergang in die Marktwirtschaft einigen Betrieben große Probleme. Die 1872 gegründete Brauerei (Marke Vratislav) war so heruntergewirtschaftet, dass sie 1998 schließen musste. Nach zweijähriger Stilllegung wurde das inzwischen von der Firma Hols aufgekaufte Unternehmen mit Unterstützung zahlreicher Freunde des Maffersdorfer Bieres im Sommer 2000 wieder in Betrieb genommen und die neue Biermarke Konrad vorgestellt. 2003 betrug der Absatz der Brauerei Hols wieder 65.000 Hektoliter. Im Oktober 2004 entstand auf dem Brauereigelände ein Oldtimermuseum der Bürgervereinigung Auto-Museum.

Die Bier-Handelsmarke Stara Bohemia, welche für eine deutsche Supermarktkette exklusiv hergestellt wird, ist ebenfalls ein Produkt der Pivovar Konrad in Vratislavice.

Außerdem werden in Vratislavice noch andere Getränke hergestellt. Die Vratislavická kyselka s.r.o., die sich im Besitz der UNIPO a.s. Pardubice befindet, produziert Mineralwasser (Vratislavická kyselka) und weitere alkoholfreie Getränke.

Persönlichkeiten

  • Franz Kafka war während seiner Tätigkeit für die Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt oft in der Industriegemeinde.
  • Roland Bulirsch wuchs in Maffersdorf-Neurode auf.

Söhne und Töchter des Ortes

Weblinks


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