Von Thurn und Taxis

Von Thurn und Taxis
Wappen der Familie Thurn und Taxis am Palais Thurn und Taxis in Frankfurt am Main
Wappen Thurn und Taxis

Thurn und Taxis ist ein deutsches Adelsgeschlecht, das seit 1748 in Regensburg ansässig ist und im 16. bis 18. Jahrhundert seinen Aufstieg und Reichtum als Postunternehmen erlangte. Aus diesen Erträgnissen erwarben sie Ländereien, im 19. Jahrhundert auch Industrieunternehmen und Brauereien. Von 1748 bis zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches im Jahre 1806 stellte die 1695 gefürstete Familie den Prinzipalkommissar (Vertreter des Kaisers) beim Immerwährenden Reichstag zu Regensburg. Nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches im Jahre 1806 betrieben die Thurn und Taxis ein privates Postunternehmen unter dem Namen Thurn-und-Taxis-Post mit der Zentrale in Frankfurt am Main weiter. Nach dem Sieg im Preußisch-Österreichischen Krieg besetzte Preußen die Freie Stadt Frankfurt und zwang die Thurn-und-Taxis-Post am 28. Januar 1867 zu einem Abtretungsvertrag, in dem sie die Posteinrichtungen dem preußischen Staat gegen eine Abfindung überließen. Die Übergabe erfolgte am 1. Juli 1867. In diesem Artikel wird vor allem der postalische Aspekt behandelt.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Namenserklärung

Taxis

Das aus Camerata Cornello bei Bergamo stammende Geschlecht der Taxis nannte sich ursprünglich Tasso (= Dachs), eingedeutscht Dax, Daxen,[1] woraus sich der Name Taxis entwickelte. Im französischsprachigen Postvertrag von 1505 zwischen Philipp dem Schönen und Franz von Taxis wurde die Familie de Tassis genannt. Erst mit der Adelung in den Jahren 1512 und 1514 durften sie sich von Taxis nennen. In Spanien und französischsprachigen Ländern blieb es bei de Tassis. Deren Stammreihe beginnt 1251 mit Homodeus de Tazzis.

Thurn

Nachdem die Brüsseler Taxis 1624 in den erblichen Grafenstand erhoben worden waren, brauchten sie zur Legitimierung und dem Aufstieg in den Hochadel einen weiteren Titel. Alexandrine von Taxis beauftragte Genealogen, die Herkunft der Taxis zu klären. Diese behaupteten, dass die Taxis vom italienischen Adelsgeschlecht der Torriani, bzw. della Torre abstammten, die bis 1311 in Mailand und der Lombardei geherrscht hatten. So wurde 1329 ein Volveno della Torre urkundlich erwähnt. Daraufhin beantragten die Taxis beim Kaiser eine Namensänderung. Bei der Eindeutschung wurde der Turm (Torre) zu Thurn (vgl. mhd. turn), und der Turm wurde als Wappenmehrung hinzugefügt.

Thurn und Taxis

Ab 1650 durften sich die Brüsseler Taxis mit Erlaubnis Kaiser Ferdinands III. von Thurn, Valsassina und Taxis nennen, woraus Thurn und Taxis wurde, im französischsprachigen Raum de la Tour et Tassis. Auch der Innsbrucker und Augsburger Zweig der Familie benannte sich um.

Kurzer historischer Abriss

Der Eintritt in den Dienst Maximilians I.

Nennung von Janetto, Franz und Johann Baptista „Daxen“ in den Innsbrucker Raitbüchern 1489/90

Im 15. Jahrhundert standen die Mitglieder der Taxis-Familie als Kuriere im Dienst des Papstes, wodurch sie auch den Habsburgern bekannt waren.

Nachdem der deutsche König und spätere Kaiser Maximilian I. 1490 von seinem Onkel Siegmund Tirol übernommen hatte, machte er Innsbruck zu seiner Hauptresidenz. Da Maximilians Sohn Philipp in den burgundischen Niederlanden und seine Tochter Margarethe am französischen Königshof erzogen wurde, brauchte Maximilian ein funktionierendes länderübergreifendes Nachrichtensystem.

Zunächst verpflichtete Maximilian Janetto de Tassis, der noch im selben Jahr seinen Bruder Francesco und seinen Neffen Johann Baptista nachholte, von dem die Regensburger Dynastie abstammt. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Botendiensten richteten die Taxis 1490 für Maximilian I. eine erste echte Post in Stafettenform ein, mit Reiter- und Pferdewechsel, wobei nur das Felleisen weitergereicht wurde. Zusätzlich nutzten sie Kurierrouten mit Pferdewechselstationen nach Rom und an den französischen Königshof, wo Maximilians minderjährige Tochter Margarethe lebte.

Der gesellschaftliche Aufstieg

Im Verlauf des 16. Jahrhundert wurde die Taxis-Dynastie mit der Beförderung der kaiserlichen Kurierpost im Heiligen Römischen Reich, in den Burgundischen Niederlanden, später Spanischen Niederlanden, Spanien und Burgund betraut. Der niederländische Zweig der Familie wählte zunächst Mecheln und dann Brüssel als Wohnsitz.

1512 erhielten Franz und Johann Baptista von Taxis den einfachen Adelsbrief. Erst im Jahre 1608 wurden die Taxis in den erblichen Reichsfreiherrenstand erhoben. Ab 1615 wurde das Postgeneralat erblich, und die Taxis waren von nun ab Reichsgeneralerbpostmeister. 1624 wurde Freiherr Lamoral von Taxis mitsamt seinem Sohn Leonhard II. von Taxis in den erblichen Grafenstand erhoben.

Nach einer beantragten Namensänderung erlaubte Ferdinand III. 1650, dass sich die Taxis in Zukunft von Thurn, Valsassina und Taxis nennen durften, woraus Thurn und Taxis wurde. 1695 wurde das Geschlecht in den Reichsfürstenstand erhoben.

Beim Ausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges musste die Brüsseler Zentrale aufgegeben werden, und die Thurn und Taxis übersiedelten 1702 nach Frankfurt am Main. Dort ließ Anselm Franz von Thurn und Taxis ab 1729 den Palais Thurn und Taxis erbauen.

1748 wurde Fürst Alexander Ferdinand zum Prinzipalkommissar ernannt und vertrat somit den Kaiser beim Immerwährenden Reichstag in Regensburg. Seit diesem Jahr residierten die Thurn und Taxis in Regensburg. Durch den Zukauf der schwäbischen Grafschaft Friedberg-Scheer wurden sie ab 1786 auch Territorialherren.

Die Zeit nach 1806

Briefmarke (1952) zum 100. Jahrestag der Erstausgabe der Briefmarken von Thurn und Taxis

1806 wurde das Fürstenhaus mediatisiert. Nach dem Erwerb der Klostergebäude von St. Emmeram in Regensburg 1810 erfolgte der sukzessive Ausbau zum Schloss Thurn und Taxis. Die Thurn-und-Taxis-Post überlebte als Privatunternehmen bis zur Verstaatlichung im Jahre 1867 und der Abtretung der Postrechte gegen Entschädigung.

Eine der bedeutenden Persönlichkeiten der fürstlichen Familie im 19. und 20. Jahrhundert war Albert I. von Thurn und Taxis, der von 1885 bis 1952 Familienoberhaupt war.

Weimarer Republik bis heute

Durch die Weimarer Reichsverfassung und das bayerische Adelsgesetz verlor die Familie nach dem Ersten Weltkrieg ihre Adelsrechte und das Recht des Erstgeborenen, „Fürst“ als Adelstitel zu führen. Seither tragen alle Familienmitglieder den Nachnamen Prinz bzw. Prinzessin von Thurn und Taxis. Das Haus wird im Augenblick von Albert II. von Thurn und Taxis geleitet.

Verschiedenes

Die fürstliche Hofmusik

Die fürstliche Hofkapelle zählte mit ihren berühmten Virtuosen im 18. Jahrhundert neben u. a. der Mannheimer Hofkapelle oder dem Ensemble Joseph Haydns in Eszterhaza zu den besten Orchestern der Zeit. Viele Virtuosen wie Joseph Touchemoulin, František Xaver Pokorný oder Giovanni Palestrini waren über Jahre hinweg bei Hof angestellt, etliche fürstliche Opernsänger wie Maddalena Allegranti, Clementina Baglioni-Poggi oder Johann Ignaz Ludwig Fischer feierten später in London, Wien, Berlin oder Dresden große Erfolge. Der zu Lebzeiten hochberühmte Joseph Riepel leitete als Kapellmeister von 1749 bis zu seinem Tod 1782 das Orchester; sein Nachfolger wurde J. Touchemoulin. Ganz auf die Bedürfnisse der Reichstagsgesandten hin ausgerichtet, bot die fürstliche Hofmusik mit den regelmäßigen Konzerten und Opernaufführungen ein stets aktuelles und an den großen Metropolen orientiertes Repertoire. Als Musikintendant war Freiherr Theodor von Schacht verantwortlich, der selbst zahlreiche Kompositionen schrieb. Das historische Aufführungsmaterial hat sich glücklicherweise in den reichen Beständen der Fürst Thurn und Taxis Hofbibliothek nahezu vollständig erhalten und gilt heute für die Musikwissenschaft als einer der international wichtigsten Quellenbestände für die Musik des 18. Jahrhunderts.

Brauerei

Die Thurn und Taxis besaßen neben großem Landbesitz auch Brauereien (Thurn-und-Taxis-Pils), die jedoch an die Paulaner-Brauerei verkauft wurden. Seit dem 7. Juli 2005 wird in der ehemaligen Remise des Fürstlichen Schlosses St. Emmeram, dem Fürstlichen Brauhaus in Regensburg, erneut Bier gebraut.

Die Forbes Liste der Milliardäre 2008 führt das Oberhaupt von Thurn und Taxis Albert II. als drittjüngsten Milliardär weltweit. Sein Vermögen beläuft sich auf schätzungsweise 2,3 Milliarden US-Dollar.

Stammliste

Die (Thurn und) Taxis-Dynastie

Abfolge der Generalpostmeister

1490 Janetto, Franz und Johann Baptista von Taxis treten in den Dienst Maximilians I
1501–1517 Franz von Taxis (niederländischer Generalpostmeister, Adelung 1512)
1517–1541 dessen Neffe Johann Baptista von Taxis
1541–1543 Franz II. von Taxis (Sohn von Johann Baptista)
1544–1612 Leonhard I. von Taxis (Bruder von Franz II. von Taxis; ab 1608 Reichsfreiherr)
1612–1624 Freiherr Lamoral von Taxis, (ab 1624 Reichsgraf)
1624–1628 Graf Leonhard II. von Taxis
1628–1646 Gräfin Alexandrine von Taxis, geb. de Rye, in Vertretung ihres minderjährigen Sohnes
1646–1676 Graf Lamoral Claudius Franz von Thurn und Taxis (Namensänderung 1650)
1676–1714 Graf Eugen Alexander von Thurn und Taxis, (ab 1695 Reichsfürst)
1714–1739 Fürst Anselm Franz von Thurn und Taxis
1739–1773 Fürst Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis
1773–1805 Fürst Karl Anselm von Thurn und Taxis
1806 Ende des Postgeneralats unter Napoleon

Familienoberhäupter seit 1805/06

1805–1827 Fürst Karl Alexander von Thurn und Taxis
1827–1871 Fürst Maximilian Karl von Thurn und Taxis
1871–1885 Fürst Maximilian Maria von Thurn und Taxis (zunächst unter Vormundschaft seiner Mutter)
1885–1918 Fürst Albert I. von Thurn und Taxis (bis 1888 unter Vormundschaft seiner Mutter)

Familienoberhäupter seit 1918/19

1918–1952 Albert I. von Thurn und Taxis
1952–1971 Franz Josef von Thurn und Taxis
1971–1982 Karl August von Thurn und Taxis
1982–1990 Johannes von Thurn und Taxis
seit 1990 Albert II. von Thurn und Taxis (bis 2001 unter Vormundschaft seiner Mutter Gloria von Thurn und Taxis)

Literatur

  • Wolfgang Behringer: Thurn und Taxis, Die Geschichte ihrer Post und ihrer Unternehmen. München, Zürich 1990, ISBN 3-492-03336-9. 
  • Martin Dallmeier: Quellen zur Geschichte des europäischen Postwesens. Kallmünz 1977. 
  • Martin Dallmeier, Martha Schad: Das Fürstliche Haus Thurn und Taxis, 300 Jahre Geschichte in Bildern. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1996, ISBN 3-7917-1492-9. 
  • Siegfried Grillmeyer: Habsburgs Diener in Post und Politik. Das Haus Thurn und Taxis zwischen 1745 und 1867. Philipp von Zabern, Mainz 2005, ISBN 3-8053-3566-0. 
  • Christoph Meixner: Musiktheater in Regensburg im Zeitalter des Immerwährendes Reichstages. Studio Verlag, Sinzig 2008, ISBN 978-3-89563-114-5. 

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Eintrag in den Innsbrucker Raitbüchern 1489/90, siehe Abbildung.

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