Visuelle Astronomie

Visuelle Astronomie

Unter visueller Astronomie oder Astronomie im Visuellen versteht man den Teilbereich der Optischen Astronomie, der sich mit der Beobachtung der Himmelsobjekte im elektromagnetischen Spektralbereich des sichtbaren Lichts befasst. Ursprünglich, vor Erfindung des Teleskops, waren dies Beobachtungen mit dem bloßen Auge, das Wellenlängen von 380 (Violett) bis 780 nm (Rot) wahrnehmen kann. Da sich seit der Erfindung der CCD-Sensor (CCD) der erweiterte Wellenlängenbereich von ca. 350 bis 1000 nm mit denselben Instrumenten erfassen lässt, die traditionell in der visuellen Astronomie genutzt wurden, wird gelegentlich auch dieser Wellenlängenbereich "visuell" genannt.

Die Galaxie M51 im visuellen Licht

Inhaltsverzeichnis

Historische Entwicklung

Siehe auch den Hauptartikel Geschichte der Astronomie.

Visuelle Astronomie beginnt mit dem freien Blick des Auges zum Himmel. Auf diese Weise wurde lange vor Erfindung des Fernrohres der Nachthimmel beobachtet. Recht bald begann die Orientierung am Nachthimmel, indem charakteristische Sterngruppen zu Sternbildern zusammengefasst wurden. Alte Geschichten und Überlieferungen taten das ihre, und so erlangten nach und nach zahlreiche Gestalten der griechischen Mythologie eine bleibende Heimat am nächtlichen Himmel. Die atmosphärischen und astronomischen Beobachtungen aus der Zeit vor Erfindung des Teleskops beinhalten etwa die Beobachtung und Registrierung von Meteoritenschauern, das Erscheinen von Kometen oder besonders auffällige Planetenkonstellationen und Sonnen- und Mondfinsternisse

Die Erfindung des Fernrohres durch Galileo Galilei brachte einen enormen Fortschritt für die Beobachtung und Erforschung des Nachthimmels. Endlich wurde sichtbar, dass beispielsweise die schwach schimmernde Milchstraße aus unzähligen Sternen besteht. Auch die vier größten Monde des Planeten Jupiter wurden entdeckt und Gegenstand anhaltender Beobachtung. Mitte des 19. Jahrhundert begann die Fotoplatte das menschliche Auge als Detektor abzulösen, wodurch Beobachtungen objektiver und reproduzierbarer wurden. Im Laufe des 20. Jahrhunderts gab es zahlreiche fotografische Spezialfilme für die Astronomie. Im späten 20. Jahrhundert wurde die Fotografie ihrerseits vom CCD-Detektor verdrängt.

Technik

Optische Teleskope für wissenschaftliche Zwecke sind heute fast ausschließlich Spiegelteleskope. Das gegenwärtig größte hat einen Hauptspiegel mit 10,4 m Durchmesser (Gran Telescopio Canarias), das erst mit seiner Fertigstellung im August 2008 die beiden 10 m großen Teleskope des Keck-Observatoriums auf Hawaii ablöste. Instrumente dieser Größenordnung besitzen jedoch nicht einen großen Spiegel, sondern setzen sich aus i.d.R. sechseckigen Spiegelsegmenten zusammen. Die größten einteiligen Spiegel sind die vier 8,2 m durchmessenden des European Southern Observatory (ESO), die zusammen das Very Large Telescope (VLT) bilden. Das Hubble-Weltraumteleskop ist ein Beispiel für ein großes optisches Teleskop auf einer Erdumlaufbahn. Da sich die technischen Details der Optik im visuellen und infraroten Bereich nicht wesentlich unterscheiden, sind an all diesen Teleskopen sowohl visuelle als auch Instrumente für die Infrarotastronomie montiert.

Im wissenschaftlichen Bereich wird das Auge nicht mehr zur Beobachtung verwendet. Tatsächlich sind neue Forschungsteleskope gar nicht mehr mit einem Okular verwendbar. Stattdessen werden Instrumente an das Teleskop angeschlossen, die spezielle Mess-Aufgaben erfüllen. Dies sind hauptsächlich die Aufnahme von Bildern und Spektroskopie. Speziellere Verfahren sind die Polarimetrie und die Interferometrie. Von abnehmender Bedeutung sind spezialisierte photometrische Instrumente, da Helligkeiten heute auf den CCD-Bilder direkt gemessen werden können.

Bilder werden von den Instrumenten stets nur in schwarz-weiß aufgenommen. Dadurch, dass genau definierte Farbfilter in den Strahlengang der Instrumente eingebracht werden können, ist es möglich Einzelbilder zu Farbaufnahmen zu kombinieren. Dies wird fast ausschließlich zu Zwecken der Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Da die astronomischen Filter nur grob dem Farbempfinden des Auges entsprechen sind die Ergebnisse oft nur annähernd farbecht oder komplett in Falschfarben.

Als Detektoren finden in den meisten Instrumenten CCDs Verwendung, mit Ausnahme von Photometern, die stattdessen mit Photomultipliern arbeiten. Letztere können keine Bilder machen, sind dafür aber effizienter als CCDs.

Amateurastronomie

Die Amateurastronomie ist in den allermeisten Fällen auf den klassischen visuellen Spektralbereich beschränkt, entweder durch Astrofotografie oder mit dem bloßen Auge, zunehmend finden aber auch hier CCDs Verwendung. Amateurastronomen beschränken sich hierbei nicht nur auf Abbildungen, auch Spektroskopie wird von Amateuren erfolgreich betrieben.

Die Beobachtung mit optischen Geräten

Es gibt eine Vielzahl optischer Geräte, die die visuelle Beobachtung des Nachthimmels erlauben. Für die visuelle Beobachtung gut geeignet sind vor allem das Prismenfernglas und das Fernrohr oder Spiegelteleskopee. Je nach Ziel der Beobachtung ist ein gering vergrößerndes Gerät mit großem Gesichtsfeld oder ein hoch vergrößerndes Gerät mit entsprechend kleinerem Gesichtsfeld das Mittel der Wahl: Ausgedehnte Objekte, wie beispielsweise die Milchstraße, bestimmte offene Sternhaufen, große Gasnebel oder auch die Kometen kann man innerhalb ihrer Umgebung bereits in kleinen Ferngläsern sehen, bei den meisten Planeten bieten sich Refraktoren mit hoher Vergrößerung an, während für die meisten Deep-Sky-Objekte eine große Öffnung besonders wichtig ist, ein Spiegelteleskop mit einer Öffnung von beispielsweise 200 mm kann wesentlich mehr Licht sammeln als ein Fernglas mit 50 mm Öffnung.

Die Öffnung des Teleskops geteilt durch die Brennweite, das Öffnungsverhältnis, legt den Abbildungsmaßstab im Primärfokus fest, in einem Teleskop mit geringem Abbildungsmaßstab wird das gesammelte Licht auf weniger Fläche verteilt und ausgedehnte Objekte erscheinen heller. Während Spiegelteleskope normalerweise größere ("schnellere") Öffnungsverhältnisse haben und sich gut für Deep-Sky-Beobachtungen eignen, sind Linsenteleskope wegen ihres höheren Kontrastes für Planeten sehr gut geeignet. Die tatsächliche Vergrößerung kommt dann durch das Okular zustande, mit dem das Bild im Primärfokus wie mit einer Lupe betrachtet wird.

Außer mit Teleskopen kann auch mit dem Fernglas beobachtet werden. Die Beobachtung mit dem Fernglas kann sowohl sehr einfach sein als auch mit relativ großem technischen Aufwand betrieben werden. Dabei steigt der Aufwand mit der Größe des verwendeten Fernglases. Bei der Verwendung von größeren Ferngläsern spielt vor allem die Fixierung des Fernglases eine wichtige Rolle, da bei zunehmender Größe und Vergrößerungsleistung ein sinnvolles freihändiges Beobachten nicht mehr möglich ist. Für diese Anwendung sind alle Arten von Fixierungen und Stativen erdacht worden. Ein handliches Fernglas dagegen bietet eine Möglichkeit zur Beobachtung der Milchstraße oder anderer Objekte. Vorteilhaft bei der Beobachtung mit dem Fernglas ist - im Gegensatz zu einem Teleskop - das große Gesichtsfeld. Lohnende Objekte zur Beobachtung mit dem Fernglas sind die Messier-Objekte, Planeten und ihre Monde, der Erdmond, Kometen, sowie die Sonne und Sonnenflecken, die aber nur durch einen Filter beobachtet werden dürfen.

Die astronomische Beobachtung mit dem Auge

Für den Erfolg und die Aussagekraft einer Beobachtung ist wichtig, welche Details man sehen konnte und welche nicht. Die objektiv sichtbaren Details hängen nicht nur von den technischen Details der Ausrüstung ab, sondern ändern sich mit dem Zustand der Atmosphäre, die wesentlich durch die Merkmale Transparenz und Seeing qualifiziert wird.

Dazu kommen individuelle Faktoren, die eine Beobachtung mehr oder weniger erfolgreich werden lassen. Zunächst die Dunkeladaption des Auges, die im Wesentlichen aus zwei Phasen besteht. Erst öffnen sich die Pupillen der Augen, um eine größere Lichtmenge ins Auge zu lassen. Nach etwa einer halben Stunde ist diese Phase vollständig abgeschlossen, wobei jeder Lichteinfall die Anpassung verhindert. Der zweite Teil der Dunkeladaption ist ein biochemischer Prozess: Hormongesteuert wird Rhodopsin in den Stäbchen der Netzhaut eingelagert, um deren ohnehin hohe Lichtempfindlichkeit weiter zu erhöhen. Dieser Prozess beginnt nach etwa einer dreiviertel Stunde in der Dunkelheit und endet nach ungefähr zwei Stunden. Das bedeutet, dass die vollständige Dunkelanpassung des Auges erst nach etwa zwei Stunden erreicht wird. Wichtig für eine optimale Wahrnehmung ist das persönliche Wohlbefinden. Ebenso kann eine Überanstrengung der Augen den Beobachtungserfolg verhindern.

Die astronomische Zeichnung

Die Zeichnung, im Gegensatz zum fotografischen oder elektronischen Bild, erlaubt es dem Beobachter, genau das festzuhalten, was er mit eigenen Augen gesehen hat. Der Beobachter kann damit Veränderungen der Beobachtungsbedingungen dokumentieren und Fortschritte in der eigenen Beobachtungstechnik verfolgen. Die Zeichnung setzt Genauigkeit in der Beobachtung voraus, kann aber seit dem allgemeinen Aufkommen der Fotografie nicht mehr den Anspruch auf wissenschaftliche Exaktheit erheben, wenngleich sehr detaillierte Zeichnungen aus dem 18. bis frühen 20. Jahrhundert existieren. Frühere Zeichnungen litten oft unter der schlechteren Qualität der Teleskope. Erwähnenswert sind besonders die Mars-Zeichnungen von Giovanni Schiaparelli, die detailreichen Mondatlanten von Philipp Fauth oder Antonín Rükl und die Nebelzeichnungen des Angelo Secchi.

Siehe auch

Optik - Astronomie - Fotografie - Zeichnung

Literatur

Clark, R.N.: Visual Astronomy of the Deep Sky, Cambridge University Press and Sky Publishing, 1990

Weblinks

Visuelle Astronomie und die Leistungsfähigkeit des menschlichen Auges (englisch).


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