Virtuelles Hausverbot

Virtuelles Hausverbot

Als Virtuelles Hausverbot bezeichnet man ein Hausverbot im Internet, insbesondere das Verbot der Teilnahme an Chats, Internetforen, virtuellen Gästebüchern und ähnlichem.

Das Landgericht Bonn bekräftigte in einem einstweiligen Verfügungsverfahren ein solches „Hausverbot“ im Jahre 2000 im Diskussionsforum zu Artikeln von heise.de. In diesem Fall war es im Forum zu Streit und Beleidigungen gekommen, was vom Betreiber als Störung angesehen wurde. Das Landgericht Bonn vertrat die Auffassung, dass ein Internetforum mit öffentlichem Besucherverkehr allen offen steht und ein Hausverbot nicht willkürlich ausgeübt werden dürfe. Der Betreiber müsse im Streitfall konkret darlegen, dass eine schwerwiegende Störung des Betriebsablaufes z.B. durch Beleidigungen vorliege. Erst dann sei ein sachlicher Grund erkennbar, der den Ausschluss einzelner Nutzer rechtfertige. (LG Bonn, Urteil vom 16. November 1999, Az. 10 O 457/99).[1]

Es kann jedoch aufgrund vertraglicher Grundlagen eine Forensperre verhängt werden (Landgericht München I, Urteil vom 25. Oktober 2006, Az. 30 O 11973/05)[2] oder eine entsprechende Forensperre versagt werden (LG München I, Urteil vom 8. März 2007, Az.: 12 O 16615/06).[3] Es kommt immer auf den konkreten Einzelfall an.

Das Hanseatische Oberlandesgericht gab einem Unternehmen recht, das die IP-Adresse eines Mitbewerbers von der eigenen Website ausschloss, nachdem es durch dessen Tests zu Belastungen gekommen war (Hanseatisches OLG, Urteil vom 18. April 2007, Az. 5 U 190/06).[4]

Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte auch das Aussperren eines Wettbewerbers von der eigenen Website eines Unternehmens mit Hilfe einer Sperre dessen IP-Adresse, nachdem dieser 652 Seiten binnen zwei Stunden heruntergeladen hatte (OLG Hamm, 19. November 2008, Az. 4 U 37/08).[5][6]

Hingegen verneinte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein „virtuelles Hausrecht“. Die Befugnis zur Ausübung des Hausrechts in Räumen oder auf Grundstücken lasse sich mangels vergleichbarer Interessenlage auf eine Internetseite nicht übertragen. Das Wesen einer Internetseite liege gerade darin, von Dritten „besucht” zu werden. Solange zwischen Betreiber und Benutzer kein gegenseitiger Vertrag bestehe, seien sogar die Nutzung reglementierende Nutzungsbedingungen wirkungslos (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 5. März 2009, Az. 6 U 221/08).[7]

Mangels körperlichen Eindringens ist ein Verstoß gegen das virtuelle Hausverbot nicht als Hausfriedensbruch strafbar.

Einzelnachweise

  1. LG Bonn, Urteil vom 16. November 1999, Az. 10 O 457/99
  2. LG München I, Urteil vom 25. Oktober 2006, Az. 30 O 11973/05
  3. LG München I, Urteil vom 8. März 2007, Az.: 12 O 16615/06, unveröffentlicht
  4. Hanseatisches OLG, Urteil vom 18. April 2007, Az. 5 U 190/06
  5. OLG Hamm, 19. November 2008, Az. 4 U 37/08
  6. Heise.de: OLG Hamm bejaht „virtuelles Hausrecht“ auf Websites, 19. November 2008
  7. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 5. März 2009, Az. 6 U 221/08
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