- Viktor Lutze
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Viktor Lutze (* 28. Dezember 1890 in Bevergern; † 2. Mai 1943 bei[1] Potsdam) war ein Freikorpskämpfer und als Nachfolger Ernst Röhms Stabschef der SA.
Inhaltsverzeichnis
Politische Biographie
Viktor Lutze war ab 1912 Berufssoldat und nahm am Ersten Weltkrieg im Inf.-Reg. 369 sowie beim Res.-Inf.-Reg. 15[2] teil. Durch eine schwere Verwundung verlor er ein Auge[3]. 1919 schied er im Offiziersrang aus dem Heer aus; anschließend wurde er Mitglied im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund.[4] 1922 wurde er in Elberfeld Mitglied der NSDAP und 1923 Mitglied in deren Sturmabteilung.
Zusammen mit Albert Leo Schlageter, dem militanten Gegner des Versailler Vertrags und der damit verbundenen Reparationsforderungen, kämpfte er im Rahmen der Ruhrbesetzung als Mitglied der Organisation von Heinz Oskar Hauenstein gegen die belgisch-französischen Besatzungstruppen bzw. deren Repräsentanten und Einrichtungen.
Von Elberfeld aus leitete Lutze seit 1926 den „Gausturm Ruhr“ der SA, dessen Strukturen organisatorisches Vorbild für den Aufbau der SA in anderen Regionen wurden. Gauleiter war der spätere Oberste SA-Führer Franz von Pfeffer. 1928 wurde Lutze zum SA-Oberführer Ruhr befördert, und gelangte damit innerhalb der paramilitärisch organisierten SA in einen Rang, der etwa dem eines Obersten entspricht. Von 1930 an vertrat er seine Partei als Mitglied des Reichstages. 1933 avancierte er zum SA-Obergruppenführer (entspricht etwa einem General) und organisierte in Hannover den Terror gegen politisch Andersdenkende. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im März 1933 gelangte er zuerst auf den Posten des Polizeipräsidenten der Polizeidirektion Hannover, ehe er am 25. März 1933 nach Entfernung des Sozialdemokraten Gustav Noske Oberpräsident der preußischen Provinz Hannover wurde. Es folgte die Ernennung zum Preußischen Staatsrat. Ihm war auch die Österreichische Legion unterstellt.
Im Zuge des sogenannten Röhm-Putsches wurde Lutze 1934 Nachfolger des in der Haft ermordeten Ernst Röhm als Stabschef der SA, die, einiger entscheidenden Köpfe beraubt, unter seiner Führung innerhalb der nationalsozialistischen Organisationen nur noch wenig politische Wirksamkeit entfaltete und besonders nach Ausgliederung der SS schnell an Bedeutung verlor.
Im Vordergrund stand nach einem durch Säuberungen ausgelösten deutlichen Mitgliederrückgang die vor- und nachmilitärische Ausbildung. Damit war die SA zur Hilfstruppe der Wehrmacht degradiert. Im November 1938 aktivierte Lutze ein letztes Mal das Terrorpotential der SA, die als Träger der organisierten Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung Deutschlands reichsweit eingesetzt wurde. 1939 erhielt Lutze eine Dotation in Höhe von 154.000 Reichsmark. [5]
Im April 1941 wurde er als Reichsleiter der NSDAP auf eigenen Wunsch von seiner Position als Oberpräsident entbunden. Sein Nachfolger war Hartmann Lauterbacher. Am 1. Mai 1943 verunglückte Lutze zusammen mit zwei Töchtern in dem von seinem Sohn Viktor jr. gesteuerten Wagen bei Potsdam. Die älteste Tochter Inge verstarb noch am Unfallort; Lutze selbst nach einer Operation im Städtischen Krankenhaus in Potsdam am Abend des nächsten Tages. Hitler verlieh ihm postum den Deutschen Orden. Nach dem Tod von Lutze übernahm dessen bisheriger Stellvertreter Max Jüttner Anfang Mai 1943 kommissarisch das Amt des SA-Stabschefs, bis er Anfang August 1943 von Wilhelm Schepmann abgelöst wurde.[6]
In seiner Geburtsstadt Bevergern – seit 1975 ein Stadtteil von Hörstel – ließ Lutze 1938 unmittelbar an der Bevergerner Aa das Gut Saltenhof für sich errichten. Es wird heute als Hotel genutzt.
Literatur
- Peter Longerich: Die braunen Bataillone. Geschichte der SA. C.H. Beck, München 1989, ISBN 3-406-33624-8
- Gerhard Taddey (Hrsg.): Lexikon der deutschen Geschichte. Ereignisse – Institutionen – Personen. Von den Anfängen bis zur Kapitulation 1945. Kröner-Verlag, Stuttgart 1998 (3. Auflage), ISBN 3-520-81303-3
- Erich Stockhorst: 5000 Köpfe – Wer war was im Dritten Reich. Arndt, Kiel 2000, ISBN 3-88741-116-1.
Weblinks
Commons: Viktor Lutze – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über Viktor Lutze im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Viktor Lutze in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
- Ausführliche Lebensbeschreibung bei zukunft-braucht-erinnerung.de
- Zu Lutzes Beteiligung an der Organisation der Pogrome vom November 1938
Einzelnachweise
- ↑ Klaus Mlynek: Lutze, Viktor, in: Stadtlexikon Hannover, S. 418
- ↑ Nachruf in Saarbrücker Zeitung vom 4. Mai 1943
- ↑ Die Zeitung vom 7. Mai 1943
- ↑ Uwe Lohalm: Völkischer Radikalismus. Die Geschichte des Deutschvölkischen Schutz- und Trutz-Bundes. 1919–1923. Hamburg: Leibniz, 1970, S. 321. ISBN 3-87473-000-X
- ↑ Gerd R. Ueberschär, Winfried Vogel: Dienen und Verdienen. Hitlers Geschenke an seine Eliten. Frankfurt 1999, ISBN 3-10-086002-0
- ↑ Munzinger-Archiv – Max Jüttner
Oberpräsidenten der preußischen Provinz HannoverOtto zu Stolberg-Wernigerode (1867–1873) | Karl Heinrich von Boetticher (1873–1873) | Botho Wendt August Graf von Eulenburg (1873–1878) | Adolf Hilmar von Leipziger (1878–1888) | Rudolf von Bennigsen (1888–1897) | Constantin zu Stolberg-Wernigerode (1898–1902) | Richard von Wentzel (1902–1914) | Ludwig von Windheim (1914–1917) | Ernst von Richter (1917–1920) | Gustav Noske (1920–1933) | Friedrich von Velsen (1933) | Viktor Lutze (1933–1941) | Hartmann Lauterbacher (1941–1945) | Eberhard Hagemann (1945) | Hinrich Wilhelm Kopf (1945–1946)
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