Viktor Böhmert

Viktor Böhmert
Grab von Viktor Böhmert auf dem Johannisfriedhof in Dresden.

Karl Viktor Böhmert (* 23. August 1829 in Quesitz (heute zu Markranstädt) bei Leipzig; † 12. Februar 1918 in Dresden) war ein Journalist, Freihändler, Volkswirt und Statistiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Böhmert war der Sohn des Pfarrers Karl Friedrich Böhmert. Er besuchte in Meißen die Fürstenschule St. Afra. Im Jahr 1848 verließ er die Schule in der Absicht, Pfarrer zu werden. Er studierte dann allerdings bis 1852 in Leipzig Jura und Nationalökonomie. Nach kurzer journalistischer Tätigkeit wandte er sich ganz der Volkswirtschaft, Statistik und Politik zu und ging 1855 nach Heidelberg, um hier die von Rau und seinem Förderer Wilhelm Roscher mitbegründete Zeitschrift Germania, ein Zentralblatt für die volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen Deutschlands, zu redigieren und herauszugeben.

Im Dezember 1856 wurde er bis 1860 Leiter der Redaktion des Bremer Handelsblatts, die neben der Ostseezeitung wichtigste Zeitung mit freihändlerischer Ausrichtung. Im Anschluss verwaltete er das Syndikat der Bremer Handelskammer. Im Jahr 1866 erhielt er einen Ruf als Professor der Volkswirtschaftslehre an die Universität und das Polytechnikum zu Zürich. Seit 1873 gab er mit Gneist den Arbeiterfreund heraus. Von 1875 bis 1895 war er Direktor des königlich sächsischen Statistischen Büreaus in Dresden.

Seit 1877 redigierte er die Sozialkorrespondenz und das Volkswohl. Im Jahr 1903 erreichte ihn der Ruf als Professor der Nationalökonomie und Statistik an das Polytechnikum zu Dresden. In dieser Eigenschaft gab er auch die Zeitschrift des königlich sächsischen Statistischen Büreaus heraus.

Als eifriger Verfechter der Gewerbefreiheit und des Freihandels hat er sowohl durch seine Schriften wie als Mitbegründer des deutschen volkswirtschaftlichen Kongresses den seit 1860 eingetretenen Umschwung in der liberalen wirtschaftlichen Gesetzgebung der deutschen Staaten wie später des Deutschen Reichs anregen und fördern helfen.

Böhmert befürwortete die Einigung der deutschen Staaten zu einem Nationalstaat sowie eine auf Selbstständigkeit und Freiheit basierende Gesellschaft. Freiheit und Selbstständigkeit hielt er auch als beste Antwort auf die materielle Not und geistige Armut der unteren Schichten; er unterstützte das Genossenschaftswesen des Hermann Schulze-Delitzsch, das auf Selbsthilfe der Genossenschaftler baut, anstatt für jedes Problem eine staatliche Lösung zu suchen.

Viktor Böhmert war ein Gegner jeglicher Klassenideologie und eines Klassenbewusstseins; für ihn gab es keinen Unterschied zwischen Arbeitern und Bürgern, für ihn waren die Arbeiter Bürger. Böhmert lehnte ein staatliches Wohlfahrtssystem ab,weil er davon ausging, dass ein solches System die unteren Schichten korrumpiert, die Abhängigkeit der unteren Schichten von den oberen Schichten erhöht und sich dadurch erst "Klassen" verfestigen. Dies wird auch unter dem Begriff Klassenkampf von oben zusammengefasst.

Werke (Auswahl)

  • Briefe zweier Handwerker, Preisschrift, Dresden 1854
  • Freiheit der Arbeit. Beiträge zur Reform der Gewerbegesetzgebung, Bremen 1858
  • Beiträge zur Geschichte des Zunftwesens, Leipzig 1861
  • Untersuchung und Bericht über die Lage der Fabrikarbeiter: erstattet an die gemeinnützige Gesellschaft des Kantons Zürich auf Grund der Verhandlungen einer von der Züricher kantonalen gemeinnützigen Gesellschaft niedergesetzten Commission / Viktor Böhmert, Zürich: Schabelitz 1868
  • Der Sozialismus und die Arbeiterfrage, Zürich 1872
  • Das Studieren der Frauen mit besonderer Rücksicht auf das Studium der Medicin, Leipzig: Wigand 1872
  • Schweizerische Arbeiterverhältnisse in den letzten zehn Jahren: Bericht, erstattet an die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft / von Prof. Dr. Böhmert, Zürich 1872
  • Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz, 2 Bände, Zürich: Caesar Schmidt 1873
  • Der Beruf der Kirche in der sozialen Frage, Leipzig 1874
  • Das Frauenstudium nach den Erfahrungen an der Züricher Universität, Zürich 1874
  • Die Gerechte Verteilung der Güter, in: Der Arbeiterfreund, 13. Jahrgang, 1875
  • Enquete über die Reichseisenbahnfrage, Leipzig 1876
  • Die Gewinnbeteiligung. Untersuchungen über Arbeitslohn und Unternehmergewinn, Leipzig 1878, 2 Tle.
  • Die Stellung der englischen Gewerkvereine zur Lohnfrage und zum Anteilsystem, Der Arbeiterfreund 16. Jahrgang, 1878
  • Zur Reform der Armenpflege, Dresden 1879
  • Die soziale Frage und das Wahlrecht, in den Preußischen Jahrbüchern, Band 85, 1896
  • Handelshochschulen, Dresden 1897
  • Die Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz., Dresden 1902

Literatur

Weblinks


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