Victor N. Gaspari

Victor N. Gaspari
Victor N. Gaspari, unsignierte Radierung, 1833

Victor N. Gaspari (* 24. Februar 1802 in Ljubljana; † 17. Mai 1833 ebenda) war ein slowenischer Dichter.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Victor N. Gaspari war ein slowenischer Dichter und wurde 1802 in Ljubljana als zweiter Sohn eines wohlhabenden Händlers geboren. Gaspari stammte aus gutem Hause, war finanziell abgesichert und vertrieb seine Zeit in den Salons der guten Gesellschaft. Er war Studienkommilitone France Prešerens in Wien. Er studierte Philosophie und Musik und galt auf beiden Gebieten als talentiert.

Gaspari interessierte den zwei Jahre älteren France Prešeren in ihrer gemeinsamen Studienzeit für die Poesie und Dichtkunst. Gemeinsam lasen sie die großen Werke der Weltliteratur, von der Antike bis zur Romantik, von Homer bis Boccacio. Eines seiner ersten Gedichtversuche widmete Prešeren dem damals unglücklich verliebten Victor N. Gaspari. Es war eine Art Studentenscherz mit dem Titel „Zarjovena Divicica“, was etwa soviel heißt wie „verrostete Jungfer“. Die Verse verfehlten jedoch die bedachte Wirkung, und Gaspari war über die öffentliche Bloßstellung zutiefst betroffen. Die Freundschaft war von da an belastet und ein paar Jahre später fand Gaspari eine weniger schöne Art des Ausgleichs. 1824 denunzierte er Prešeren, der als Lehrer am Klinkowströmschen Institut in Wien arbeitete und von einem Schüler, dem Grafen Anton Auersperg, verbotene Gedichtwerke ausgeliehen hatte. Prešeren wurde wegen freigeistiger Tendenzen entlassen und kehrte nach Ljubljana zurück.

Wandbüste der Julja Primic in Ljubljana

Die beiden ehemals guten Freunde verloren sich für die nächsten Jahre aus den Augen. Gaspari verfolgte jedoch mit Argwohn den weiteren Werdegang Prešerens. Ständig verdächtigte er den ehemaligen Kommilitonen, bei seiner Dichtkunst von den eigenen Früchten gestohlen zu haben. Gaspari wurde von Anton Martin Slomšek, dem späteren Bischof von Maribor, gefördert, in dessen Umkreis er sich bewegte. Slomsek, der die Verwendung der slowenischen Sprache auf die Liturgie reduzieren wollte und die Volksbildung im kirchlichen Sinne propagierte, übte großen Einfluss auf den jungen Gaspari aus. In dem Gedichtzyklus „Liturgische Elegien“ setzte Gaspari Anton Martin Slomšek ein viel zu wenig beachtetes Denkmal.

1833 kehrt Gaspari in das elterliche Haus nach Ljubljana zurück. Wien und seine Salons, die degenerierte Gesellschaft, zu der er selbst zählte, langweilten ihn. Er beneidete Menschen wie France Prešeren, die sich ihr Leben erarbeiteten und an etwas glaubten, ein Ziel hatten. Für ihn war das Leben ein Geschenk, das ihm keine Mühe kostete. Er ließ sich von seiner Lust und seinen flüchtigen Interessen treiben. Von der Musik hatte Gaspari sich erfolglos abgewendet und widmete sich nur noch dem Schreiben. 1833 veröffentlichte er auf eigene Kosten eine Gedichtsammlung, die sich mit „Poesie der Jugend“ übersetzen lässt. Der Band fand mäßigen Anklang und wurde von den führenden Kritikern der Zeit verrissen.

France Prešeren und Victor N. Gaspari trafen in Ljubljana immer wieder unweigerlich aufeinander. Doch die Jahre hatten die Unstimmigkeiten verblassen lassen. Bis zum 6. April 1833, als Gaspari gewahr wurde, das Prešeren die von ihm angebetete Julija Primic verehrte. Dieses Erlebnis und die daraus resultierenden Streitigkeiten zwischen Prešeren und Gaspari führten dazu, dass sich Julija Primic von beiden Männern abwandte. Für Gaspari ergab sich daraus eine unerwartete Wendung im Leben. Seine Dichtkunst trieb neue ungeahnte Blüten, die sich in dem Gedicht „Der Stolz“ (slow. "Ponos") am deutlichsten zeigten. Er schwankt in den Zeilen zwischen der Akzeptanz des Verlustes seiner großen Liebe und dem Trotz, dieser Schwäche zu widerstehen. Das Gedicht bezieht auch deutlich Stellung zu Gasparis und Prešerens Beziehung. Die letzte Strophe findet sich in abgewandelter Form in Prešerens Trinklied/Zdravljica. Diese Tatsache führte zu einem Streit zwischen den beiden ehemaligen Freunden, in dessen Verlauf Gaspari von der Drachenbrücke stürzte und ertrank. Die Ursache dieses Sturzes wurde nie geklärt.

Wandbüste Victor N. Gasparis von der Hauswand des Wohnhauses Julja Primic

Die Büste Victor N. Gasparis

1894 wurde an dem ehemaligen Wohnhaus von Julija Primic eine Büste der Julija angebracht, wie sie aus einem stilisierten Fenster heraus sehnsuchtsvoll auf die Strasse blickt. Zwei Jahre später wurde von einem unbekannten Künstler ein weiteres Portrait an der Hauswand angebracht, das Bildnis Victor N. Gasparis, der ebenfalls aus einem stilisierten Fenster heraus zu Julija herüberblickt. 1900 verschwindet dieses Bild jedoch auf geheimnisvolle Weise über Nacht, so dass 1905, als das große Standbild France Prešerens auf dem wenige Meter entfernten Platz eingeweiht wurde, der Blick der Julija nur mehr der leidenden Liebe France Prešerens gilt.

Das Andenken an Victor N. Gaspari ging mit seinem Bildnis unter. Von der Geschichte und seinen Ereignissen überholt, wurde sein Bildnis 2006 in einem Keller in Ljubljana wieder entdeckt. Die Stiftung Victor N. Gaspari ist bemüht, das Bildnis Gasparis an seinem ursprünglichen Ort, dem ehemaligen Wohnhaus von Julija Primic, anzubringen, um so das beinahe vergessene Andenken an den slowenischen Dichter zu pflegen.

Werke

  • 1828 Elegien [Elegije]
  • 1831 Liturgische Elegien [Liturgične elegije]
  • 1833 Poesie der Jugend [Poezija mladosti]
    Deckblatt des Gedichtbandes von 1833
  • 1833 Gedichte (posthum)

Quellen

  • Delo (Tageszeitung, Ljubljana) 12. Oktober 2006
  • Gedichte, Victor N. Gaspari, Berlin, Verlag E.A. Telemann, 1833
  • Polona Ahačič, "Victor N. Gaspari", in: Slovenski biografski leksikon, Ljubljana 1986 (Das slowenische biographische Lexikon, SBL)

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