Victimae Paschali Laudes

Victimae Paschali Laudes

Die Ostersequenz Victimae paschali laudes ist eine Dichtung, die unter dem Namen des aus dem alemannischen Teil Burgunds stammenden Dichters und Geschichtsschreibers Wipo († nach 1046) überliefert ist. Besungen wird der Inhalt des christlichen Osterfestes - Jesu Auferstehung und den Übergang vom Tod zum Leben.

Victimae paschali laudes gehört zu jenen fünf Sequenzen, die nach der Reform des tridentinischen Konzils (1545-1563) noch beibehalten wurden. Die anderen vier sind Dies irae, Lauda Sion, Stabat mater und Veni Sancte Spiritus). Das Gotteslob enthält den lateinischen und deutschen Text mit der Melodie des 11. Jahrhunderts (Nr. 215 und 216) sowie eine weitere Übertragung mit einer rhythmisierten Melodiefassung von Heinrich Rohr (Nr. 217).

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Struktur

Die aus fast tausendjähriger Tradition entstandene Ostersequenz ist eine Mischung zwischen Lyrik und dramatischer Entfaltung. Sie preist das Ostergeheimnis in unübertroffener Kürze und klassisch-lateinischer Prägnanz. Im Gegensatz zu andern Sequenzen hat sie noch eine ursprüngliche Form: Kein einheitliches Versmaß, nur silbenzählend und ohne durchgängiges Reimgefüge.

Der als Verfasser genannte Wipo dürfte um 995 im alemannischen Teil von Burgund oder bei Solothurn geboren sein. Diese Stadt gehörte zum Bistum Lausanne und dem Erzbistum Besançon. Seiner hohen Bildung verdankte Wipo freundschaftliche Beziehungen zu einigen Großen seiner Zeit. Als Freund das Kaisers Konrad II. nahm er 1027 an dessen Kaiserkrönung in Rom teil, später wirkte er als Erzieher des jungen Heinrich III. Gegen sein Lebensende zog er sich als Eremit ins bayrisch-böhmische Grenzgebiet zurück, wo er um 1050 starb. Seine Präsenz in dieser Region erklärt vermutlich die dort frühe Verbreitung des Osterliedes "Christ ist erstanden".

Das im Gefolge des Konzils von Trient erschienene Römische Missale von 1570 behält die Sequenz bei, eliminiert aber den wegen des antisemitischen Inhalts anstößigen Vers 6 der untenstehenden Fassung nach dem Codex Einsiedeln 366, ändert das suos in Vers 5 in vos (dies wurde 1908 rückgängig gemacht) und fügt ein abschliessendes Alleluia. Amen hinzu.

Der melodische Duktus des in Stanzen ausgeführten Gedichts gibt eine klare Struktur vor:

  • Die erste Doppelstrophe (Verse 2+3: Dramatik des Erlösungsgeschehens) benützt die oberen Register der Dorischen Kirchentonart,
  • die zweite Doppelstrofe (Verse 4+5) - der einem Osterspiel ähnliche Dialog mit Maria v.Magdala - bewegt sich im tieferen Register (plagales Dorisch).
  • Den Rahmen bildet der einleitende Aufruf zum Osterlob (dem Osterlamm sollen Christen Lobgesänge weihen) und ein abschließendes Osterbekenntnis: Wir wissen, Christus ist wahrhaft auferstanden.
  • Dieses Bekenntnis entspricht dem bis heute in Griechenland üblichen Ostergruß Christos aneste! und belegt das hohe Alter eventueller Vorlagen.

Die Sequenz ist in zahlreichen Handschriften des 11. und 12. Jahrhunderts erhalten. Zu den frühesten mit der Neumen- Notenschrift versehenen Manuskripten gehören die aus Benediktinerklöstern stammenden Codices Rheinau 132 (11. Jahrhundert) und Codex Einsiedeln 366 aus dem 12. Jahrhundert.

Die Sequenz "Victimae paschali laude" war früher in die Liturgie der Osternacht und vielfach auch der folgenden Wochen eingebunden - insbesondere in den Klöstern der Benediktiner. Doch hat sie in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung verloren und ihre Funktion an das festliche Exsultet (zur nächtlichen Weihe der Osterkerze) sowie an neuere Halleluja- und Osterlieder abgegeben.

Der Text

1. Victimae paschali laudes
Immolent Christiani.

2. Agnus redemit oves;
Christus innocens Patri
Reconciliavit
Peccatores

3. Mors et Vita duello
Conflixere mirando;
Dux vitae mortuus
Regnat vivus.

Luther übersetzt diese Strophe und späteres wie folgt:
Es war ein wunderlicher Krieg - da Tod und Leben rungen,
das Leben behielt den Sieg - es hat den Tod verschlungen.
Die Schrift hat verkündet das - wie ein Tod den andern fraß,
ein Spott aus dem Tod ist worden. - Halleluja.

4. Dic nobis, Maria.
Quid vidisti in via?
Sepulchrum Christi viventis
Et gloriam vidi resurgentis.

5. Angelicos testes.
Sudarium et vestes.
Surrexit Christus spes mea;
Praecedet suos in Galilaeam.

6. Credendum est magis soli
Mariae veraci
Quam Judaeorum
Turbae fallaci.

7. Scimus Christum surrexisse
A mortuis vere.
Tu nobis victor
Rex miserere. ( Amen. Alleluia.)

Hörprobe: Gregorianisch gesungene Ostersequenz, hier klicken.

Wörtliche Übersetzung

1. Dem Osteropfer sollen Lobgesänge weihen die Christen.

2. Das Lamm hat die Schafe erlöst.
Christus, der Schuldlose,
hat die Sünder mit dem Vater versöhnt.

3. Tod und Leben rangen in wundersamem Zweikampf.
Der Fürst des Lebens, gestorben,
herrscht jetzt lebend.

4. Sag uns Maria, was hast du gesehen auf dem Weg?
Des Grab Christi, des Lebenden, hab ich gesehen
und die Herrlichkeit des Auferstandenen

5. und Engel als Zeugen,
das Schweißtuch und die Leinentücher.
Auferstanden ist Christus, meine Hoffnung.
Vorangehen wird er den Seinen nach Galiläa."

6. Glauben schenken muss man mehr Maria, der allein Wahrhaften,
als der Juden falscher Schar.

7. Wir wissen, Christus ist wahrhaft auferstanden von den Toten.
Du siegreicher König, erbarme dich unser.

Freie Übersetzung für einen Chor (Köln 2004)

Dem Osterlamm, das geopfert wurde, weiht, ihr Christen, das Opfer des Lobes!
Das Lamm erlöste die Schafe. Christus, der ohne Schuld,
versöhnte die Sünder mit dem Vater.

Tod und Leben stritten im Kampf, wie nie einer war:
Der Fürst des Leben, der starb, regiert als Lebendiger.

Sag uns, Maria: Was hast du auf dem Wege gesehen?
Ich sah das Grab Christi, der lebt,
und die Herrlichkeit des Auferstandenen.

Ich sah die Engel, die mir Kunde gaben; das Schweißtuch und die Linnen.
Auferstanden ist Christus, meine Hoffnung.
Er geht euch nach Galiläa voran.
... ...
Wir wissen: Christus ist wahrhaft von den Toten erstanden.
Du Sieger, König, erbarme dich unser. ( Amen. Halleluja. )

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