Vertrag von Nanking

Vertrag von Nanking

Der Vertrag von Nanking (chinesisch 南京條約 Nánjīng Tiáoyuē) beendete den Ersten Opiumkrieg zwischen Großbritannien und Qing-China.

Inhaltsverzeichnis

Abschluss

Der Vertrag wurde am 29. August 1842 an Bord des britischen Linienschiffs HMS Cornwallis von den Unterhändlern Qiying und Sir Henry Pottinger verhandelt, im Tempel auf dem Löwenkopfhügel unterzeichnet und am 26. Juni 1843 nach förmlicher Billigung durch Königin Viktoria und Kaiser Daoguang in Hongkong ratifiziert. Er war der erste der sogenannten Ungleichen Verträge und sicherte den Engländern insbesondere das profitable Recht auf Opiumhandel zu, was von vielen Historikern, insbesondere von chinesischen, als verheerend für die Entwicklung des Kaiserreiches Chinas angesehen wird.

Ursprünglicher Inhalt

Liberalisierung des Handels

Schematische Karte mit den nach dem Vertrag von Nanking (1842) bestimmten Vertragshäfen und Hongkong

Als zentrale Bestimmung sah der Vertrag die Öffnung der Häfen von Kanton, Xiamen (Amoy), Fuzhou, Ningbo und Shanghai für den freien Handel mit England vor (Art. 2). Insbesondere wurden die vielfältigen Einschränkungen, denen der Handel in Kanton bisher unterlegen hatte (sog. Cohong-Monopol-System), aufgehoben:

  • Die britischen Kaufleute mussten in den Vertragshäfen nicht mehr in einer Art Ghetto leben. Vielmehr wurde den britischen Untertanen in den genannten Hafenstädten nunmehr ein unbeschränktes Wohnrecht eingeräumt und sogar die Errichtung von Konsulaten zugestanden (Art. 2).
  • Die Briten mussten sich bei der Kommunikation mit den chinesischen Handelshäusern nicht mehr der Vermittlung durch Kaufleute der sog. Cohong-Gilde sowie vom Hof bestellter Handelsbeamter, sog. Hoppos, bedienen (Art. 5).
  • Die bislang üblichen monopolistisch-administrativen Preisfestsetzungen zulasten der Fremden wurden aufgegeben. Als einzige Handelsbeschränkung waren nunmehr angemessene Export-, Import- und Transitzölle für alle Kaufleute ohne Ansehung der Nationalität vorgesehen (Art. 10).

Hongkong

In Artikel 3 des Nanking-Vertrags wurde England das „ewige Besitzrecht“ an der Insel Hongkong (Hongkong Island) übertragen. De jure hätte die Volksrepublik China deshalb 1997 lediglich die Rückübertragung der erst 1898 gepachteten sog. New Territories verlangen können. Wenn gleichwohl auch Hongkong Island und das 1860 durch die Pekinger Konvention abgetretene Kowloon zurückgegeben wurde, so geschah dies aus diplomatischen Gründen.

Geldleistungen

Weiter verpflichtete sich China zur Zahlung von insgesamt 21 Mio. Silberdollar an England. Davon waren

  • 7 Mio. als Entschädigung für die im Mai 1839 durch Kommissar Lin Zexu in Kanton vernichteten 20.000 Kisten britischen Opiums (Art. 4),
  • 12 Mio. als Reparationsleistung für die militärischen Aufwendungen Englands im Ersten Opiumkrieg (Art. 6) und
  • 2 Mio. als Ablöse für britische Schulden bei den Cohong-Kaufleuten (Art. 5) vorgesehen.

Die Zahlung sollte in vier Raten bis 1845 erfolgen. Bei Terminüberschreitung wurden Verzugszinsen in Höhe von 5 % p.a. fällig (Art. 7).

Als Gegenleistung für die genannte Kriegsentschädigung verpflichteten sich die britischen Streitkräfte zum Rückzug aus Nanjing und dem Kaiserkanal nach Erhalt der ersten Rate. Das ebenfalls besetzte Zhoushan sollte indes erst nach vollständiger Begleichung der gesamten Summe geräumt werden (Art. 12).

Sonstiges

In Art. 8 und 9 des Vertrags verpflichtete sich die Qing-Regierung zur sofortigen Freilassung aller inhaftierten britischen Staatsangehörigen sowie zur bedingungslosen Amnestierung aller chinesischen Untertanen, die bei Briten gewohnt, mit Briten gehandelt oder in britischen Diensten gestanden haben.

Art. 11 schließlich sah eine Neutralisierung der Sprachregelung vor. Die Briten sollten sich im Verkehr mit den chinesischen Kaufleuten und Behörden künftig nicht mehr der tradierten unterwürfigen Ausdrücke wie „Bittschrift“ oder „erbitten“ bedienen müssen. Vielmehr sollte die Verwendung von Wörtern wie „Mitteilung“, „Feststellung“ und „Erklärung“ gestattet sein.

Folgen

Insbesondere nach seiner Ergänzung durch den Vertrag von Humen 1843 sollte der Vertrag von Nanking den Weg für eine Reihe ähnlicher Abkommen frei machen, mit denen die ausländischen Mächte China Zug um Zug großer Teile seiner staatlichen Souveränität beraubten.

Durch den vertraglich auch weiterhin abgesicherten Import von immensen Mengen Opiums durch die Kolonialmächte wurde nicht nur die Wirtschaft Chinas nachhaltig geschwächt. Auch die Bevölkerung siechte durch den Konsum des zwangsweise importierten Opiums und die Unterversorgung mit den wichtigsten Gütern des Lebens.

Siehe auch

Weblinks


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