Versetzung (Schule)

Versetzung (Schule)

Unter Versetzung versteht man das am Ende eines Schuljahres erfolgende Aufrücken eines Schülers in die nächste (höhere) Klassenstufe. In Österreich spricht man in diesem Fall von 'Aufsteigen', in der Schweiz von Promotion (Versetzung bedeutet dort eher die strafweise Versetzung in eine Nachbarklasse). An bayerischen Schulen heißt der Fachausdruck 'Vorrücken' [1][2][3]

Inhaltsverzeichnis

Diskussion

Die Befürworter der Praxis sagen, dass eine sinnvolle Beschulung nur möglich wäre, wenn die Schüler einer Klasse ein akademisch homogenes Umfeld bilden. Die Gegner wenden ein, dass alle Schüler verschieden seien und daher nie eine homogene Klasse entstehe. Des Weiteren wenden sie ein, dass Schüler, die ein Jahr zurückgestuft werden, schon im Jahr nach der wiederholten Klasse erneut auf ihr altes Leistungsniveau zurückfielen. Außerdem demotiviere man Schüler mit dieser Praxis.

Situation in Deutschland

Allgemeines

Der Besuch der nächsthöheren Jahrgangsstufe mit anschließendem, staatlich anerkannten Zeugnis erfordert in Deutschland eine Berechtigung, die durch ein Zeugnis mit ausreichendem Leistungsnachweis der letzten Jahrgangsstufe erteilt wird.

Die Entscheidung über die Versetzung oder Nicht-Versetzung eines Schülers obliegt den Lehrern, die sich wiederum an den Leistungen des Schülern orientieren. In der Regel muss für eine Versetzung mindestens ein Notendurchschnitt von 4,0 (ausreichend) erreicht werden. Allerdings müssen weitere Kriterien berücksichtigt werden, so dass es durchaus möglich ist, mit einem besseren Notenschnitt dennoch nicht versetzt zu werden. Auf Rat der Eltern und Lehrer kann sich der Schüler auch für eine freiwillige Nichtversetzung entscheiden.

Möglichkeit der Versetzung trotz mangelhafter Leistungen

Erkennbares Talent in einer Fachrichtung

Falls die Leistungen im Schuljahr schlecht waren und nicht den benötigten Anforderungen entsprechen, wird während der sogenannten Versetzungskonferenz von den Lehrkräften (in manchen Bundesländern mit Eltern- und Schülervertretern) diskutiert, ob eine Versetzung in die nächste Klassenstufe dennoch möglich ist. Hier wird entschieden, ob ein Schüler trotz einer Nichterfüllung der Versetzungsbestimmungen versetzt werden kann. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein außerordentliches Talent in einer Fachrichtung offensichtlich ist oder andere pädagogische Gründe dafür sprechen.

Wenn dies nicht der Fall ist, wird der Schüler nicht versetzt, umgangssprachlich auch Sitzenbleiben oder eine Ehrenrunde drehen genannt.

Ausgleich

Das Zeugnis bildet die Basis für die Versetzung. Es gibt gewisse Grenzen, ab denen eine Versetzung nicht mehr möglich bzw. fraglich ist. Jedoch gibt es die Möglichkeit durch den sogenannten Notenausgleich, schlechte Leistungen in den einzelnen Fächern durch gute Leistung in anderen Fächern auszugleichen. Die Versetzungsbestimmungen dafür sind für jede Schulform (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) und jedes Bundesland unterschiedlich geregelt. Grundsätzlich können gute Nebenfächer kein schlechtes Hauptfach ausgleichen. Eine Schulnote 6 in einem Hauptfach kann oft nicht ausgeglichen werden, eine 5 jedoch meist durch eine 3, 2 oder 1. Ausnahme hierbei, wenn es in zwei Fächern mangelhafte Leistungen gibt, müssen beide Fächer ausgeglichen werden. Als Hauptfächer gelten Deutsch, Mathematik und die erstgewählte Fremdsprache, an einigen Schulen kann auch eine zweite bzw. dritte Fremdsprache oder auch eine Naturwissenschaft (Physik, Chemie etc.) als Hauptfach gewertet werden. Es gilt dann als Kriterium die gleiche Stundenzahl in den fraglichen Fächern.

Regelungen

Die Regelungen zur Versetzung sind in jedem Bundesland unterschiedlich, es lassen sich aber doch Gemeinsamkeiten erkennen: Man unterteilt dabei die Fächer in Hauptfächer (Deutsch, Mathematik, Fremdsprachen und oft auch Physik) und Nebenfächer (Biologie, Physik [wenn nicht als Hauptfach vorhanden], Chemie, Musik, Bildende Kunst, Sport, Erdkunde, etc.). In der gymnasialen Oberstufe findet in die Qualifikationsstufe der letzten beiden Jahre hinein noch eine Versetzung statt. Im Kurssystem selbst findet keine Versetzung mehr statt; ein freiwilliges Zurückgehen ist möglich. Es besteht oft die Möglichkeit einer Nachprüfung.

Erneute Nichtversetzung

Wer innerhalb einer Schulstufe (Unter-, Mittel-, Oberstufe) zweimal nicht versetzt wird, muss in der Regel die Schulform verlassen und eine niedere Schulform besuchen („Abschulung“). In anderen Ländern gilt dies, wenn die Nichtversetzung in zwei aufeinanderfolgenden Klassenstufen erfolgt.

Ursache und Begründung

Die Versetzung hängt mit der Einführung der homogenen Jahrgangsklasse zusammen. Man nimmt an, dass Gleichaltrige von ähnlicher Leistungsstärke gleich schnell lernen. Wenn dies nicht der Fall ist, soll die Wiederholung einer Klassenstufe die Lerndefizite ausgleichen, um das Bildungsziel doch noch zu erreichen. Das Sitzenbleiben könnte auch ganz abgeschafft werden und durch individuelle Förderung ersetzt werden, was im politischen Raum auch diskutiert wird. Dies ist in vielen Bildungssystemen, etwa in nordischen Ländern, der Fall.

Auslassen einer Klassenstufe („Überspringen“)

Auf der anderen Seite können besonders begabte Schüler mit Einverständnis der Erziehungsberechtigten auch eine Klassenstufe überspringen, also nach einem Schuljahr gleich zwei Klassenstufen aufrücken.

Kritik

Laut einer aktuellen Studie der Bertelsmannstiftung[4][5] sind Klassenwiederholungen pädagogisch unwirksam und noch dazu teuer. Wie die Studie zeigt werden in Deutschland jährlich 931 Millionen Euro für "Sitzenbleiber" ausgegeben, obwohl sich deren Leistungen durch Klassenwiederholung nicht verbessern.

Situation in Österreich

Schüler mit einem "Nicht genügend" (5) können aufsteigen, wenn dies in diesem Fach nicht schon im Vorjahr der Fall war und der Gegenstand weiter unterrichtet wird und die Klassenkonferenz aufgrund des Gesamtnotenbildes zustimmt. Außerdem besteht die Möglichkeit einer Wiederholungsprüfung im Herbst.[6]

Situation in anderen Ländern

Wiederholen von Klassenstufen

Nicht alle Schulsysteme kennen den Zwang, eine Klassenstufe zu wiederholen. So findet in Schweden und Finnland stattdessen eine individuelle Förderung statt. Auch im Schulsystem in Großbritannien ist eine Wiederholung der Klassenstufe nicht üblich.

In den Vereinigten Staaten rücken Schüler am Ende des Schuljahres automatisch, d. h. unabhängig von ihren Noten, in die nächste Klassenstufe auf; der Begriff der „Versetzung“ ist dort ungeläufig. Möglich ist jedoch das „Zurückhalten“ (Retaining) eines Schülers, der vom Curriculum der nächsten Klassenstufe offensichtlich überfordert wäre. Stärker verbreitet ist ein Retaining allerdings nur in den Klassenstufen K und 1; die Entscheidung, dass ein Schüler eine Klassenstufe wiederholen soll, fällt der Klassenlehrer im Einvernehmen mit den Eltern. An die Stelle einer Nicht-Versetzung treten in den USA individuelle Fördermaßnahmen wie der Besuch der Summer School (= Förderungsprogramm der Schule in der Zeit der Sommerferien) oder die Inanspruchnahme eines gemeinnützigen oder kommerziellen Hausaufgaben-Betreuungs-Service. Für behinderte Schüler sowie für junge Ausländer, die noch nicht gut Englisch sprechen, stehen besondere Programme zur Verfügung.

Auslassen einer Klassenstufe

In den USA ist das „Überspringen“ einzelner Klassenstufen (Educational acceleration, Grade skipping) weit verbreitet, obwohl dort für besonders begabte Schüler Förderungsprogramme (Educational enrichment) zur Verfügung stehen, die auch Hochbegabten eine normale Schullaufbahn ohne größere Versetzungssprünge ermöglichen sollen. Günstige Bedingungen finden hochbegabte Schüler oft auch an Privatschulen. Kritiker des „Überspringens“ erwähnen, dass die Schüler durch das Auslassen einer Klassenstufe in ein soziales Umfeld versetzt werden, dem sie zwar intellektuell, nicht aber sozial und emotional gewachsen sind, ein prinzipielles Problem von Hochbegabten.[7]

In Österreich ist das Überspringen von Schulstufen jeweils einmal in der Grundschule, in der Sekundarstufe I und in der Sekundarstufe II nach § 26 SchUG unter dort nachzulesenden besonderen Voraussetzungen möglich. [8]

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Versetzung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Bayerische FOS- und BOS-Ordnung
  2. Bayerische Realschulordnung
  3. Bayerische Gymnasialschulordnung
  4. http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bst/hs.xsl/nachrichten_97560.htm Pressemeldung der Bertelsmannstufitung vom 3. September 2009
  5. http://de.sitestat.com/bertelsmann/stiftung-de/s?bst.PDF.rechts.Presse.Nachrichten.Sitzenbleibenkoste_97560.Downloads.StudieKlassenWiede&ns_type=pdf&ns_url=http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xbcr/SID-2ABDE95F-F09E05D9/bst/xcms_bst_dms_29361_29362_2.pdf "Klassenwiederholungen - Unwirksam und Teuer", Studie der Bertelsmannstiftung von 2009
  6. http://www.bmukk.gv.at/schulen/service/schulinfo/nicht_genuegend.xml Aufsteigen in Österreich - Voraussetzungen
  7. Acceleration; Getting Your Child An Appropriate Education
  8. http://www.bmukk.gv.at/schulen/unterricht/ba/rechtsbasis.xml

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