Vernichtungslager Chelmno

Vernichtungslager Chelmno
Gedenkstein

Das Vernichtungslager Kulmhof befand sich in Chełmno, auf Deutsch Kulmhof an der Nehr, nahe der Stadt Dąbie (Eichstädt (Wartheland)) in der Zeit des Zweiten Weltkriegs im besetzten Polen. Das Vernichtungslager der Nationalsozialisten lag etwa 130 km östlich von Posen (zwischen 1939 und 1945 mit den Verwaltungsbezeichnungen Landkreis Warthbrücken im Reichsgau Wartheland) und nordwestlich von Łódź (Lodsch).

In einem Park am Ufer des Flusses Ner in Chełmno stand ein „Schloss“ genanntes Herrenhaus. Auf diesem Gelände wurden in der Zeit zwischen Dezember 1941 und März 1943 mindestens 145.000 Juden und über 4.000 Sinti und Roma, in einer zweiten Vernichtungswelle von Ende Juni 1944 bis Januar 1945 weitere mehrere tausend Menschen in Gaswagen ermordet, so das Schwurgericht Bonn im Jahre 1965 in seinem Urteil gegen Angehörige des Lagerpersonals. Polnische Schätzungen sprachen von 300.000 Opfern; diese Zahl wird aber als stark überhöht eingeschätzt. [1]

Zahlreiche Aussagen von Augenzeugen und Geständnisse von Tätern zeichnen ein detailreiches Bild des Geschehens.[2] Erster Kommandant des Vernichtungslagers war Herbert Lange, der im Wartheland und in Soldau bereits Gaswagen zur Ermordung Behinderter eingesetzt hatte.[3] Alle leitenden Positionen wurden von 15 Mann eines „Sonderkommandos Kulmhof“ eingenommen. Sie wurden unterstützt von 80 bis 100 Schutzpolizisten, die vom Bahnhof einer Kleinbahn aus den bewachten Transport mit Lastkraftwagen in das Schloss nach Kulmhof durchführten. Im Schlosshof wurde den Ankömmlingen eine Rede gehalten, dass sie entlaust und gebadet würden, um dann zum Arbeitsdienst nach Deutschland zu kommen. Anschließend betraten die Opfer das Innere des Schlosses. Sie mussten sich entkleiden und wurden zu einer Rampe getrieben, an deren Ende ein Gaswagen stand. Nachdem man die Opfer unter Peitschenschlägen dort hineingetrieben hatte, verschloss man die Türen. Der Fahrer kroch unter das Fahrzeug, schloss den Verbindungsschlauch vom Auspuff ins Wageninnere an und startete den Motor. Durch die eindringenden Abgase erstickten die Menschen innerhalb von zehn Minuten. Anschließend fuhr der Fahrer die Leichen in ein Lager im Wald, wo sie in Massengräbern bestattet wurden.

Vernichtungslager Kulmhof (Polen)
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Kulmhof
Kulmhof
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Karte vom heutigen Polen

Das Lager lag im Zuständigkeitsbereich des Gauleiters und Reichsstatthalters Arthur Greiser aus Posen, der nach Ende der ersten „Aktion“ den SS-Männern eine Dankesrede hielt und sie zu einem Sonderurlaub auf sein Gut einlud. Lagerkommandanten waren Kriminalkommissar und SS-Sturmbannführer Herbert Lange, ab März/April 1942 der Kriminalkommissar und SS-Hauptsturmführer Hans Bothmann. Das Schloss wurde Anfang 1943 zerstört.

Inhaltsverzeichnis

Siehe auch

Literatur

  • Adalbert Rückerl (Hrsg.): Nationalsozialistische Vernichtungslager im Spiegel deutscher Strafprozesse. Belzec, Sobibor, Treblinka, Chelmno. München 1977 (dtv 2904), ISBN 3423029048.
  • Shmuel Krakowski: Das Todeslager Chelmno / Kulmhof - Der Beginn der 'Endlösung'. Wallstein Verlag, Göttingen 2007, ISBN 978-3-8353-0222-8
  • Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 8, München 2008, ISBN 978-3-406-57237-1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Henry Fiedlander: Der Weg zum NS-Genozid. Von der Euthanasie zur Endlösung. Berlin 1997, ISBN 3-8270-0265-6, S. 453
  2. Eugen Kogon et al. (Hrsg.): Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas. Eine Dokumentation. Fischer Tb, Frankfurt 1986, ISBN 3-596-24353-X , S. 114 – 129
  3. Henry Fiedlander: Der Weg zum NS-Genozid..., S. 454

52.14388888888918.7163888888897Koordinaten: 52° 8′ 38″ N, 18° 42′ 59″ O


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