Verkehrsprojekte Deutsche Einheit

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Die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit (VDE) sind groß angelegte Bauprojekte für Verkehrsverbindungen zwischen Ost- und Westdeutschland, von denen sich unmittelbar positive Auswirkungen auch auf die Regionalplanung und Infrastruktur auf dem Gebiet der ehemaligen innerdeutschen Grenze versprochen wurden (siehe auch Zonenrandgebiet).

Inhaltsverzeichnis

Einführung und Hintergründe

Aufgelegt wurden die Programme nach der deutschen Wiedervereinigung Anfang der 1990er-Jahre. Sie wurden im April 1991 von der Bundesregierung im Vorgriff auf den Bundesverkehrswegeplan beschlossen[1]. Wichtige Gründe für die Bauprojekte waren sowohl die Verbesserung der Verknüpfungen zwischen alten und neuen Bundesländern, als auch die Tatsache, dass die DDR spätestens seit den 1970er Jahren nur noch punktuell in größerem Maßstab in ihre Verkehrsinfrastruktur investiert hatte. Viele Autobahnen, Straßen und Bahnstrecken waren vom Ausbaustandard auf dem Niveau der 1940er Jahre (mit z. T. notdürftigen Reparaturen in den 1950er Jahren) und stark vernachlässigt: DDR-Fernstraßen, die Gegenstücke zur Bundesstraße, waren noch 1990 vor allem auf dem Land über weite Strecken gepflastert und hatten zahlreiche Schlaglöcher. In ehemalige Reichsautobahnstrecken wie die A 2, A 4 oder A 9 war durch die DDR kaum investiert worden. Sie wiesen 1990 über weite Strecken ihren ursprünglichen Querschnitt (oft ohne Standstreifen) und die originalen, mittlerweile sehr lädierten Fahrbahndecken auf. An Anschlussstellen gab es keine Beschleunigungs- und Verzögerungsspuren, auch eine durchgehende schützende Mittelleitplanke fehlte auf weiten Strecken. Die westdeutschen Zubringerstrecken waren mit den Jahren auf einen gewissen Standard gebracht worden, hatten aber über Jahrzehnte ein Schattendasein geführt.

An den DDR-Reichsautobahnstrecken war nach der Wende abschnittsweise ein vollständiger Neubau notwendig: Zunächst wurde neben der Bestandsstrecke eine vollständig neue Richtungsfahrbahn errichtet, nach deren Fertigstellung wurde der gesamte Verkehr dann vorübergehend auf diese umgeleitet. Dann wurde die alte Reichsautobahnstrecke komplett abgetragen und anschließend eine völlig neue zweite Richtungsfahrbahn an ihrer Stelle errichtet.

Auch das Eisenbahnnetz der DDR war durch die jahrzehntelange Mangelwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Austausch von Schwellen war, ebenso wie beispielsweise die Reparatur von Weichen und Drainagerohren, immer wieder hinausgezögert worden. Langsamfahrstellen waren die Regel. Oft waren die Eisenbahnstrecken in der DDR um 1989 wesentlich leistungsschwächer als in den 1930er Jahren. So benötigte der Schnelltriebwagen Fliegender Hamburger auf der Berlin-Hamburger Bahn (s. auch dort) im Jahr 1933 für die Strecke Hamburg–Berlin 138 Minuten, während ein typischer Schnellzug 1989 die Strecke in 243 Minuten zurücklegte. An einigen Strecken war zudem, oft für Reparationszwecke, nach dem Zweiten Weltkrieg das zweite Streckengleis entfernt worden.

Mit dem Fall der Mauer und der Öffnung der Grenzen in Europa änderten sich für allem für Deutschland und andere Länder am ehemaligen Eisernen Vorhang die Richtungen der Hauptverkehrsströme und die Bedeutung der Verkehrsachsen. War für Westdeutschland vorher die Nord-Süd-Richtung (Rheinschiene und Hamburg–Stuttgart/München) bedeutsam gewesen, gewannen nach dem Mauerfall die historischen Ost-West-Ströme wieder extrem an Bedeutung, welche plötzlich über das seit Jahrzehnten vernachlässigte und im Dornröschenschlaf vor sich hindämmernde DDR-Verkehrsnetz hereinbrachen. Diese Verbindungen auf einen angemessenen Ausbaustandard zu bringen war ein weiterer wichtiger Grund für dieses VDE-Programm.

Alle 17 Projekte sind im Bau oder bereits fertiggestellt. Auf Grund ihrer finanziellen wie baulichen Dimensionen sind einige der Projekte nach wie vor erheblich umstritten (z. B. VDE Nr. 13 = A 38 Göttingen–Halle).

Geschichte

Am 9. Januar 1990 fand in Ost-Berlin die konstituierende Sitzung der deutsch-deutschen Kommission Verkehrswege statt, die sich mit grenzüberschreitenden Verkehrsverbindungen und der mittel- und langfristigen Verkehrswegeplanung im Straßen- und Luftverkehr befasste.[2]

Am 9. April 1991 legte der Bundesverkehrsminister dem Kabinett das VDE-Programm vor.[3] Bis Ende 1994 wurden rund zehn Milliarden D-Mark in die VDE-Projekte investiert.[4]

Im Jahr 2002 gab es 17 Verkehrsprojekte mit der Bezeichnung Deutsche Einheit. Die veranschlagten Gesamtkosten betragen knapp 38 Milliarden Euro. Davon waren bis Jahresende 2004 fast 25 Milliarden Euro ausgegeben. Bis 1995 waren 12,4 Milliarden D-Mark investiert[5].

VDE-Projekte

Die 17 VDE-Projekte wurden, nach Schiene/Straße/Wasserstraße getrennt, aus der Perspektive der damaligen Bundeshauptstadt Bonn in Richtung von den alten in die neuen Bundesländer aufsteigend nummeriert.

Schiene

Es gibt insgesamt neun Schienenprojekte mit Gesamtkosten von ca. 20,0 Milliarden Euro, davon wurden bis Ende 2010 14,6 Milliarden Euro verbaut.[6] Sieben von neun Projekten wurden bisher in Betrieb genommen.

Die Verkehrsprojekte sind im Einzelnen:

Als erstes VDE-Projekt wurde Nr. 6 am 27. Mai 1994 abgeschlossen. Im Mai 1995 folgte Projekt 7, Ende 1995 Projekt 5.[3]

Autobahnen

Insgesamt sind sieben Straßenbauprojekte im Umfang von 16,8 Milliarden Euro geplant bzw. im Bau. Bis Ende 2010 waren davon 14,7 Milliarden Euro investiert.[6]

Die Betreuung der Projekte erfolgt in den neuen Bundesländern durch die neu gegründete DEGES.

Wasserwege

Dieses Projekt ist bei Umweltgruppen und Anwohnern umstritten. Laut Bundesverkehrswegeplan von 1992 sollte der Ausbau auf 280 Kilometer Wasserweg eine Wassertiefe von vier Metern und eine Breite von 42 bis 77 Metern in Kurven erfolgen. Das gefährde nach Kritikermeinung die Flusslandschaft der Havel und Kulturerbe in Berlin und Potsdam.

Nach Verhandlungen wurde das Budget für den Abschnitt „Südtrasse“ von 706 Mio. DM auf 352 Mio. DM zurückgefahren. Auf die ursprünglich vorgesehene Kapazität für Großmotorgüterschiffe (Großes Rheinschiff, 110 Meter Länge) und Großschubverbände (185 Meter Länge) wurde verzichtet. Damit entspricht dieser Teil der Wasserstraße der Klasse IV.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Frank Kniestedt: Erste Weichen gestellt: Eisenbahn-Neubautrasse Erfurt-Leipzig/Halle. In: Baukultur, Heft 3, 1994, S. 20–24, ISSN 0722-3099
  2. Schnellbahnverbindung zwischen Hannover und Berlin. In: Die Bahn informiert, Heft 1, 1990, S. 10.
  3. a b Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit mbH (Hrsg.): Info-Brief. Heft 1/1999, 15. Juli 1999, S. 8.
  4. Siegfried Mängel: Verkehrsprojekte Deutsche Einheit: Politischer Wille wird erfolgreich umgesetzt. In: Eisenbahntechnische Rundschau, Jahrgang 44 (1995), Heft 4 (April), S. 261–266.
  5. Meldung 67,5 Milliarden Mark für Verkehrswege. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 11, 1995, ISSN 0174-4917, S. 10.
  6. a b c Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.): Sachstandsbericht Verkehrsprojekte Deutsche Einheit Mai 2011, S. 1.

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