Verkehrsberuhigter Bereich

Verkehrsberuhigter Bereich
Verkehrsberuhigter Bereich

Als verkehrsberuhigter Bereich wird in Deutschland eine mit Verkehrszeichen 325 beschilderte Straße oder Verkehrsfläche bezeichnet. Der Bereich dient der Verkehrsberuhigung in geschlossenen Ortschaften. Erste Modellprojekte wurden seit 1977 realisiert. Die offizielle Einführung erfolgte 1980.

Umgangssprachlich wird der verkehrsberuhigte Bereich häufig als „Spielstraße“ bezeichnet, was aber kein verkehrsrechtlicher Begriff ist. Ähnliche Bereiche mit eigenen Regelungen heißen in Österreich Wohnstraßen und in der Schweiz Begegnungszonen.

Ein neues, mit dem verkehrsberuhigten Bereich nur bedingt vergleichbares Konzept ist das Projekt des Shared Space.

Inhaltsverzeichnis

Straßenverkehrsordnung

Die Verkehrsberuhigung wird in Deutschland durch das Verkehrszeichen 325.1 angekündigt und durch das Verkehrszeichen 325.2 aufgehoben.

Innerhalb dieses Bereiches gilt

  • Fußgänger dürfen die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen; Kinderspiele sind überall erlaubt.
  • Der Fahrzeugverkehr muss Schrittgeschwindigkeit einhalten.
  • Die Fahrzeugführer dürfen die Fußgänger weder gefährden noch behindern; wenn nötig müssen sie warten.
  • Die Fußgänger dürfen den Fahrverkehr nicht unnötig behindern.
  • Das Parken ist außerhalb der dafür gekennzeichneten Flächen unzulässig, ausgenommen zum Ein- oder Aussteigen, zum Be- oder Entladen.
  • Wenn man den verkehrsberuhigten Bereich verlässt, gilt nicht die Regel »Rechts-vor-links«, sondern man ist wartepflichtig gegenüber allen anderen Fahrzeugen. Das gilt sogar, wenn zwischen dem Verkehrszeichen »Ende des verkehrsberuhigten Bereichs« und der Hauptstraße noch einige Meter zurückzulegen sind.

Beim Ausfahren aus einem verkehrsberuhigten Bereich ist gemäß § 10 StVO eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Wie beim Ausfahren aus einem Grundstück ist man gegenüber allen anderen Verkehrsteilnehmern wartepflichtig. Rechts-vor-Links gilt nicht.

Verwaltungsvorschriften

Die Kennzeichnung von verkehrsberuhigten Bereichen setzt voraus, dass die in Betracht kommenden Straßen, insbesondere durch geschwindigkeitsmindernde Maßnahmen des Straßenbaulastträgers oder der Straßenbaubehörde, überwiegend Aufenthalts- und Erschließungsfunktion haben. Das bedeutet, der verkehrsberuhigte Bereich muss baulich so angelegt sein, dass der typische Charakter einer Straße mit Fahrbahn, Gehweg, Radweg nicht vorherrscht. In der Regel wird dies durch einen niveaugleichen Ausbau (Pflasterung), Pflanzbeete, wechselseitige Parkstände, Plateau-Aufpflasterungen und Einengungen erreicht.

Umstritten sind kostengünstige „Sperren“, wie zum Beispiel Bremsschwellen, Rampensteine und Beton-Pflanzkübel. Sie beeinträchtigen das optische Gesamtbild und können für Radfahrer, ältere und behinderte Menschen gefährlich werden und Rettungsfahrzeuge behindern.

Rechtlich gesehen hat ein verkehrsberuhigter Bereich keine Fahrbahn, sondern besteht aus einer Sonderfläche. Daher ist das Gebot, auf der rechten Seite der Fahrbahn zu parken (§12 Abs. 4 StVO) unwirksam. Ebenso sind Einbahnstraßenregelungen unwirksam, da diese sich ausschließlich auf die (nicht vorhandene) Fahrbahn beziehen.

Durchgangsverkehr und LKW-Verkehr sind grundsätzlich nicht verboten, der verkehrsberuhigte Bereich ist also keine Anliegerstraße. Um den Durchgangsverkehr aus diesem Gebieten heraus zu halten, werden oftmals Sackgassen angelegt oder die Einfahrt wird nur von einer Seite aus erlaubt.

Gelegentlich sind Haltverbot- oder Parkplatzbeschilderungen anzutreffen. Haltverbotszeichen sind in verkehrsberuhigten Bereichen allerdings wirkungslos, da sie ausschließlich das Halten auf der Fahrbahn betreffen, die es in einem verkehrsberuhigten Bereiche per Definition nicht gibt. Aus dem selben Grund ist es im verkehrsberuhigten Bereich auch nicht möglich, eine Ordnungswidrigkeit durch Halten oder Parken auf der "linken Fahrbahnseite" zu begehen.

Häufiges Fehlverhalten

Ein nicht selten zu beobachtendes Phänomen in verkehrsberuhigten Bereichen ist, dass sich gerade die Anlieger über die Geschwindigkeitsbegrenzung hinwegsetzen, obwohl die Maßnahme zur Steigerung der Wohnqualität und der Sicherheit der Anwohner dient. Die subjektive Wahrnehmung von Rechten durch den einzelnen Verkehrsteilnehmer kann zu Konflikten mit anderen führen. Auf Grundlage der StVO sind jedoch Lösungen möglich. Die häufigsten Konflikte entstehen dabei um:

  • Das Parken in verkehrsberuhigten Bereichen ist außerhalb der gekennzeichneten Bereiche verboten. Zuwiderhandlungen werden mit 10 Euro Verwarngeld bedacht.
  • Es darf in diesen Bereichen nur Schrittgeschwindigkeit gefahren werden, um „schwachen“ Verkehrsteilnehmern die gefahrlose Nutzung zu ermöglichen.
  • Beim Verlassen des verkehrsberuhigten Bereichs muss der Fahrzeugführer § 10 StVO beachten und ist somit wartepflichtig gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern. Dies wird häufig vergessen und ist einigen Fahrern unbekannt. Viele Ausfahrende, aber auch Fahrer außerhalb dieses Bereichs kennen jedoch die Rechts-vor-Links-Regelung und wenden sie dort fälschlicherweise an. Vorfahrtregelnde Verkehrszeichen sind nicht vorgesehen, da der Bereich in dem Sinn keine Straße ist, was baulich auch erkennbar sein soll. Der Bundesgerichtshof hat 2007 klargestellt, dass die Zeichen 325.1/325.2 durchaus bis zu 30 m vor dem Ende des verkehrsberuhigten Bereiches stehen können, ohne dass dadurch die Sorgfaltspflicht beim Ausfahren aus dem Bereich aufgehoben wird.
  • Häufig werden Fahrzeugführer, die die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit einhalten, von ihnen folgenden Fahrzeugführern bedrängt, wenn ein Überholen nicht möglich ist.

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Synonyme:

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