Verfassungswidrig

Verfassungswidrig

Verfassungswidrigkeit ist die Unvereinbarkeit eines staatlichen Hoheitsakts mit der bestehenden Verfassung. Insbesondere bei Verletzung von Grundrechten ist die Verfassungswidrigkeit gegeben.

Sofern der Begriff der Verfassungswidrigkeit im Rechtssystem eines Landes existiert, wird diese meist von Gerichten festgestellt. Dabei unterscheidet sich die Praxis dieser Feststellung zwischen verschiedenen Ländern. In einigen politischen Systemen kann die Verfassungswidrigkeit nur von besonderen dazu errichteten Gerichten festgestellt werden, während in anderen diese Befugnisse allen Gerichten zusteht.

In einigen Ländern wie zum Beispiel Großbritannien gibt es keine festgeschriebene Verfassung. Der Gesetzgeber hat hier unbegrenzte Gesetzgebungskompetenzen und Gesetze können daher definitionsgemäß nie verfassungswidrig sein.

Situation in Deutschland

In Deutschland stellt grundsätzlich das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen fest. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts haben ihrerseits Gesetzeskraft (§ 31 BVerfGG). Nur Gesetze, die bereits vor Inkrafttreten des Grundgesetzes (GG) am 23. Mai 1949 existierten, dürfen auch von den einfachen Gerichten für verfassungswidrig erklärt werden. Halten die Gerichte dagegen ein entscheidungserhebliches Gesetz, das nach Inkrafttreten des Grundgesetzes verabschiedet wurde, für verfassungswidrig, müssen sie die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorlegen (Art. 100 GG). Das gilt auch für Gesetze, die nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes aber vor Errichtung des Bundesverfassungsgerichtes Geltung erlangten. Landesgesetze müssen dem jeweiligen Landesverfassungsgericht vorgelegt werden. Existiert kein Landesverfassungsgericht (so nur in Schleswig-Holstein), so entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

Weitere Normen wie Rechtsverordnungen oder Satzungen, sowie Einzelakte der öffentlichen Gewalt (Verwaltungsakte, tatsächliches Handeln) können ebenfalls durch die einfachen Gerichte auf ihre Verfassungswidrigkeit überprüft werden. Da jedoch staatliche Handlungen immer unter dem Vorrang des Gesetzes stehen, d.h. mit den gesetzlichen Vorschriften übereinstimmen müssen, ist zumeist die einfachrechtliche Lage entscheidend. Wird mit Einzelakten oder Normen gegen einfaches höherrangiges Recht verstoßen, ist die Maßnahme rechtswidrig, jedoch noch nicht zwingend verfassungswidrig.

Situation in Österreich

In Österreich stellt grundsätzlich der Verfassungsgerichtshof die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen fest - sowohl auf Bundes-, als auch auf Landesebene. Sofern Verfassungswidrigkeit festgestellt wird, sind die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs im Bundesgesetzblatt (für Bundesgesetze) bzw. im jeweiligen Ladesgesetzblatt (für Landesgesetze) kundzumachen. Die Aufhebung wird mit Ablauf des Tages der Kundmachung wirksam, sofern der Verfassungsgerichtshof keine andere Frist bestimmt; bis dahin sind alle an die ursprüngliche Fassung gebunden.

Die Überprüfung gehörig kundgemachter Gesetze auf ihre Verfassungswidrigkeit steht den übrigen Gerichten nicht zu (siehe Art. 89 Abs. 1 B-VG), sie können aber im Anlaßfall beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung der von ihnen anzuwendenden Gesetze beantragen. Nicht gehörig kundgemachte Gesetze sind hingegen nicht anzuwenden.

Die Überprüfung von Rechtsverordnungen auf ihre Verfassungswidrigkeit oder selbst auf ihre Rechtswidrigkeit durch die einfachen Gerichte ist ebenfalls unzulässig. Doch auch hier besteht die Möglichkeit eines Überprüfungsantrags an den Verfassungsgerichtshof.

Siehe auch

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