Vaux-le-Vicomte

Vaux-le-Vicomte
Ansicht der Gartenseite des Schlosses

Das Schloss Vaux-le-Vicomte im französischen Maincy, bei Melun im Département Seine-et-Marne (Region Île-de-France) und sein Park wurden in den Jahren 1656 bis 1661 auf Veranlassung des französischen Finanzminister Nicolas Fouquet nach den Plänen des Architekten Louis Le Vau und des Gartenarchitekten André Le Nôtre im klassizistischen Barockstil erschaffen. Die Innenausstattung entwarf der Maler Charles Lebrun, der zur Ausführung Pierre Mignard und Pierre Puget hinzuzog.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Eingangsportal
Blick in die Kuppel des Schlosses

Der Anlage, die neben dem Garten auch einen voluminösen Park umfasste, mussten insgesamt drei Dörfer weichen. Am 17. August des Jahres 1661 veranstaltete Nicolas Fouquet zu Ehren von König Ludwig XIV. ein opulentes Fest. Neben der verschwenderischen Inszenierung der Festlichkeiten in Schloss und Park (unter anderem durch den berühmten François Vatel) erregte vor allem das massiv goldene Tischgeschirr Fouquets Aufsehen.

Der König, dessen verschiedene Schlösser in und um Paris dem neuartigen Konzept von Vaux-le-Vicomte nichts vergleichbares entgegenzusetzen hatten, soll über die öffentliche Zurschaustellung von Fouquets Reichtum verärgert gewesen sein, was dessen schlechte Meinung über Fouquet nur noch vertiefte. Drei Wochen nach dieser prunkvollen Einweihungsfeier ließ er Fouquet verhaften, da dieser Staatsgelder veruntreut und sogar eine Festung ohne Zustimmung des Königs erbaut hatte, womit er aus Sicht des Königs eine Gefahr für den Staat darstellte. Aus der Fouquet-Affäre entwickelte sich später die Legende, Ludwig XIV. hätte seinen Finanzminister allein aus Neid über Vaux-le-Vicomte verhaften lassen. Was allerdings wenig wahrscheinlich ist, denn Fouquets Absetzung und Inhaftierung war im August 1661 schon lange beschlossen. Dennoch wurde aber durch diese Legende die Schönheit des Schlosses nicht nur in der Kunstgeschichte unsterblich. Heute lautet einer der Werbeslogans der Domäne Vaux: „Das Schloss, das den Neid des Sonnenkönigs erregte“.

Ludwig XIV. veranlasste noch im selben Jahr, dass die drei prägenden Künstler von Vaux-le-Vicomte (Le Vau, Le Brun und Le Nôtre), das kleine Jagdschloss Versailles um- und ausbauten. Vaux-le-Vicomte wurde 1704 von der Familie Fouquet an den französischen General und Helden des Spanischen Erbfolgekriegs Claude-Louis-Hector de Villars verkauft und in Vaux-Villars umbenannt. Ludwig XIV. erhob kurz darauf Vaux zum Herzogtum, als Auszeichnung für die Verdienste seines Inhabers.

Gesamtanlage

Die Anlage aus Sicht der Herkulesstatue

Vaux-le-Vicomte übertrifft an Pracht und an gestalterischer Konsequenz alle bis dahin in Frankreich bekannten Schlösser und Gärten. Nie zuvor waren die Anfahrt, die Höfe und Nebengebäude, der Wohnbau selbst und der Garten einer so strengen, alles übergreifenden Ordnung unterworfen worden. Die gesamte Anlage gliedert sich hierarchisch, symmetrisch und axial. Bereits auf der Nordseite versammelt ein Fünfstrahl mit hervorgehobener Mittelachse die räumlichen Kräfte und führt sie auf den Vorhof und den Ehrenhof. Da ehemals im Mittelbereich des Wohnbaus Fenster und Türen offen waren, konnte die Hauptachse noch besser durch das Gebäude hindurch bis in den symmetrisch angelegten Garten verfolgt werden, wo sie über die Parterres samt rahmenden Bosketts bis in den fernen Waldbereich führt.

Vorhof und Wirtschaftsgebäude

Rechts und links des Schlossvorhofs (französisch: Avant-cour) befinden sich die – äußerlich symmetrisch angelegten – Wirtschaftsgebäude (französisch: Communs): Stallungen, Dienstbotenquartiere sowie die Schlosskapelle. Ihre Architektur weist im Unterschied zum Corps de Logis Ziegelflächen mit Hausteingliederung auf. Während die östliche Anlage heute Besuchern nicht zugänglich ist, befindet sich in der westlichen ein Kutschenmuseum und das Besucherzentrum mit Shop und Restaurant.

Corps de Logis

Frontansicht des Schlosses

Das Corps de Logis des Schlosses ist wie eine Burg von Wassergräben umgeben, die aber hier keine wehrtechnische Bedeutung haben, sondern als Würdeformel zu verstehen sind. Das Gleiche gilt für die turmartigen Pavillons mit ihren Steildächern an den Ecken. Die Pavillons sind außen durch eine beide Geschosse zusammenfassende ionische Kolossalordnung mit Pilastern gegliedert – betont altmodisch in der regelwidrigen Ausbildung zweiachsiger Fassaden zum Hof und an den Schmalseiten. Ein aus dem Sakralbau entliehenes Element ist der quer-ovale, Mittelpavillon der Gartenseite, dessen Kuppeldach von einer Laterne bekrönt wird. Der Außenbau wird durch Büsten geschmückt, und es findet sich immer wieder das Wappentier Fouquets, das Eichhörnchen.

Bei diesem Corps de logis, das durch seine Inselplattform und den Sockel bereits hervorgehoben ist, war es möglich, die repräsentativen Wohn- und Gesellschaftsräume im Erdgeschoss unterzubringen, was eine enge Verbindung zum Garten erlaubt. Auf ein repräsentatives Treppenhaus konnte so verzichtet werden.

Das Corps de logis hat einen streng symmetrischen Grundriss. Vom Ehrenhof aus, dessen Seitenflügel nur wenig vortreten, betritt man zunächst das Vestibül und dann den Grand Salon in der Mitte der Gartenseite. Zum Garten hin waren die Fenster und die mittlere Tür dieses großen Saales einst offen. So bot sich bereits hier ein imposanter Fächerblick über die Gartenanlage. Der Saal ist zweigeschossig, ein sogenannter Salle à l'Italienne. Unten gliedert eine Pilasterordnung die Wände. Im Geschoss darüber befinden sich sechzehn kuppeltragende Figuren, welche die zwölf Monate und die vier Jahreszeiten darstellen. Da die Kuppeldecke zum Zeitpunkt der Verhaftung Fouquets noch nicht ausgemalt war, sind im Kuppelsaal heute die Studien Le Bruns für die Deckengemälde ausgestellt.

Vom Salon gehen symmetrisch nach beiden Seiten die Wohnungen ab, deren Räume mit axial ausgerichteten Türen eine durch das ganze Gebäude gehende Enfilade bilden. Die östliche Wohnung war als Appartement du roi für den königlichen Gast bestimmt, die westliche für den Hausherrn. Jede Wohnung weist zunächst ein Vorzimmer (französisch: antichambre) auf. Von dort gelangt man in das eigentliche Zimmer (chambre), einen multifunktionalen Schlaf-, Wohn- und Empfangsraum. Das anschließende Kabinett (französisch: cabinet) hat die Funktion eines Rückzugsraumes.

Im Inneren sind wegen des mehrfachen Besitzerwechsels die Wanddekorationen zwar zu einem großen Teil erhalten, das ursprüngliche Mobiliar fehlt jedoch ganz. Die heutige Einrichtung ist eine moderne museale Präsentation. Beeindruckend ist das für den König bestimmte Zimmer (französisch: Chambre de roi). Das Schloss enthält überdies das erste ausdrücklich als solches geplante und genutzte Speisezimmer Frankreichs.

Garten

Garten aus Sicht der Laterne
Garten aus Sicht der Terrasse

Der Garten ist im französischen Stil angelegt, er gilt als erster Barockgarten Frankreichs. Auch nimmt er schon die Gedanken von Versailles vorweg.

Schloss und Garten sind eng miteinander verbunden, im Garten herrscht eine streng geometrische Ordnung. Vom Schloss gelangt man über eine breite Treppe zu einer Brücke, die über den das Schloss umgebenden Wassergraben zum Broderieparterre, dem Beginn des Gartens, führt. Eine große Allee, eingesäumt von Wasserkandelabern, bildet die Hauptachse des Gartens. Sie endet an einem Wasserbecken und einer Wand von Arkaden. Auffallend ist die geometrische Anordnung: So sind von der Schlossterrasse aus die quer verlaufenden Bassins nicht zu sehen, sondern tauchen durch die verschiedenen Höhenebenen beim Spazieren im Park wie von Zauberhand plötzlich auf. Auffallend sind die klaren Sichtachsen, die sich vom Schloss aus sowie von bestimmten Punkten des Parks durch die Anlage und die umgebenden Parkwälder ergeben.

An einem Wasserbecken befinden sich die durch Skulpturen personifizierten Flüsse Tiber und Anqueil. Ein Fischteich spiegelt als Spiegelweiher das Schloss im Ganzen wider. Der vom Schloss entfernteste Punkt des Geländes ist ein Hügel mit einer Statue des Herkules Farnese, von der aus sich fast die komplette Anlage erfassen lässt.

An bestimmten Sommertagen werden die Wasserspiele des Gartens in Betrieb gesetzt, die noch komplett im Originalzustand sind und aus einem Regenwasserbassin durch reine Schwerkraft betrieben werden.

Das Schloss heute

Das Schloss befindet sich heute noch im Privatbesitz und ist in den Sommermonaten für Besichtigungen zugänglich. Ein besonderes Ereignis sind die Visites aux chandelles, die Besuche bei Kerzenschein; an bestimmten Abenden werden Schloss und Park in das Licht von 2000 Kerzen getaucht. Für Besucher, die den gesamten Park erkunden wollen, stehen gegen Gebühr auch Golf-Karts zur Verfügung.

Sehenswert ist auch das Kutschenmuseum, in dem viele Kutschen, die restauriert oder nachgebaut wurden, zu besichtigen sind.

Die Innenräume sind heute überwiegend im Stil der Bauzeit des Schlosses möbliert. Fast schon einzigartig in Frankreich ist die – aufpreispflichtige – Besichtigung des Dachstuhls der Kuppel und der Zugang zur krönenden Laterne des Schlosses. Für eine Besichtigung der Gesamtanlage sollte man mindestens drei Stunden einplanen.

Vaux-le-Vicomte wird auch gerne als Filmkulisse verwendet, so etwa in James Bond - Moonraker, Das Halsband der Königin, Marie Antoinette oder in der neueren Verfilmung von Der Mann in der eisernen Maske.

Literatur

  • Michael Brix: Der barocke Garten. Magie und Ursprung - André Le Nôtre in Vaux-le-Vicomte. Arnold, Stuttgart 2004, ISBN 3-89790-199-4. 
  • Jean-Marie Pérouse de Montclos: Vaux-le-Vicomte. Scala, Paris 1997, ISBN 2-86656-148-1. 

Weblinks

48.5658333333332.71416666666677Koordinaten: 48° 33′ 57″ N, 2° 42′ 51″ O


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