Vatikanische Staatsbahn

Vatikanische Staatsbahn
Vatikanische Staatsbahn
Strecke der Vatikanische Staatsbahn
Bahnhof der Vatikanstadt
Streckenlänge: 0,4 km
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Verlauf
Legende
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von Roma Ostiense
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Roma-San Pietro
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nach Viterbo
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Viadukt über die Via Aurelia
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Staatsgrenze und Einfahrtstor
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Bahnhofsgebäude
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Ladegleise
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Ausziehgleis im Tunnel
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Die Vatikanische Staatsbahn ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen, das den Gleisanschluss des Vatikans an die italienische Eisenbahninfrastruktur betreibt. Es besitzt keine eigenen Eisenbahnfahrzeuge.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nachdem Italien im Zuge des Risorgimento den Kirchenstaat, in dem bereits Eisenbahnen verkehrten, 1870 endgültig beseitigt hatte, begaben sich die Päpste in eine selbst gewählte Isolation im Vatikan, die sie auch nicht verließen. Dies änderte sich erst durch den Lateranvertrag von 1929, mit dem die Vatikanstadt seitens Italiens als eigener Staat anerkannt wurde. In Artikel 6 des Lateranvertrages wurde seitens Italiens dem Vatikan zugestanden, einen Eisenbahnanschluss an das italienische Eisenbahnnetz und auf dem Boden des Vatikanstaates einen Bahnhof zu errichten. Der Anschluss erfolgte im römischen Bahnhof Roma-San Pietro als Abzweig von der Bahnstrecke Rom–Viterbo.

Die Arbeiten wurden unter der Regie der für Eisenbahnneubau zuständigen Direktion des Ministeriums für öffentliche Arbeiten des Königreichs Italien durchgeführt und bereits am 3. April 1929 begonnen.

Anlage

Errichtung

Die Bahnanlage wurde zwischen der Piazza Santa Marta und dem Gouverneurspalast errichtet. Dazu waren erhebliche Erdarbeiten erforderlich, um für die Fläche ein einheitliches Niveau (38 m über dem Meeresspiegel) zu erreichen, das dem des Bahnhofs Roma-San Pietro entspricht. Die Verbindung zwischen diesem italienischen Bahnhof und der Bahnanlage des Vatikan war nur über ein 143 m langes, gemauertes Viadukt möglich. Es wurde in Backstein errichtet und zum Teil mit Travertin verkleidet. Es hat acht Bögen mit einer Spannweite von 15,30 m. Bauzeitbedingt sind an dem Bauwerk die Wappen des Hauses Savoyen und Liktorenbündel, Zeichen des italienischen Faschismus, zu sehen. Das Viadukt überquert die Via Aurelia und unterbricht die Viale Vaticano.

Im Zuge der Bauarbeiten erreichte erstmals im März 1932 eine Lokomotive den Vatikan. Das für den grenzüberschreitenden Verkehr erforderliche Übereinkommen zwischen dem Vatikan und der italienischen Eisenbahn wurde jedoch erst am 12. September 1934 geschlossen. Im Oktober desselben Jahres übergab Italien die technischen Anlagen, soweit sie auf dem Gebiet des Vatikans lagen. Diese wurden durch den Vatikan bezahlt. Soweit sie auf italienischem Staatsgebiet liegen, wurden sie von Italien bezahlt und gehören zur italienischen Eisenbahninfrastruktur.[1]

Technische Einrichtungen

Bahnhof Vatikan Totale.jpg
Eisenbahntor der Vatikanstadt
Straßenseite des Empfangsgebäudes
Ausziehgleis im Tunnel
Güterwagen beim Entladen
Einfahrt eines Sonderzuges in den Bahnhof des Vatikans
Hauptartikel: Bahnhof der Vatikanstadt

Die Vatikanische Staatsbahn besteht im Wesentlichen aus einem Gleisfeld und einem Empfangsgebäude. Die Zufahrt führt durch ein eigenes Tor im Festungswall des Vatikans, das von einem Wappen Papst Pius XI. geziert wird. Die Durchfahrt ist in der Regel mit einem Stahltor gegenüber der italienischen Seite abgeschlossen. Das Tor besteht aus zwei Flügeln, jeweils ein solider Stahlrahmen, der mit 8 mm starkem Stahlblech verkleidet ist. Die Flügel rollen auf je zwei Schmalspur-Fahrgestellen mit einer Spurweite von 480 mm. Sie können per Hand oder mit Maschinenkraft in den Wall hinein- und herausgezogen werden. Von diesem Tor bis zum Gleisende sind es etwa 300 m.[2] Wahrscheinlich handelt es sich um die Staatsbahn mit der kürzesten Gleisanlage der Welt.[3] Unmittelbar hinter dem Tor beginnt bereits der (einzige) Bahnsteig, an den auch das Empfangsgebäude grenzt.

Die Bahnanlage ist recht einfach. Der Bahnhof weist zwei parallele Gleise auf, eines davon ist das Bahnsteiggleis. Abzweigend gibt es zwei kurze Stumpfgleise, auf denen Güterwagen, die entladen werden sollen, abgestellt werden können. Die Weichen der Anlage werden von Hand gestellt.

Die Gleise liegen in einer weiten, flachen Mulde, mitten in den vatikanischen Gärten. Um die nötige Gleislänge zum Rangieren überhaupt zu erreichen, musste das Ausziehgleis am Kopfende des Bahnhofs mit seinem Endstück in einen 97 m langen Stumpftunnel gelegt werden, der in den westlich des Bahnhofs gelegenen Hügel führt. Der Tunnel weist – um seine Entwässerung sicherzustellen – eine leichte Neigung auf. Er wurde komplett aus einem Marmorfelsen heraus gearbeitet.

Rechtliche Organisation

Bereits 1929 legte der Vatikan fest, dass für den Eisenbahnbetrieb auf seinem Territorium die italienischen Vorschriften gelten.[4] Unterhalt der Anlagen und ihr Betrieb blieben zunächst getrennt.[5] Der Unterhalt der Anlagen lag bei der Abteilung für Eisenbahn und Verkehr, der Betrieb bei der Abteilung Annona und Finanzen.[6] 1934 wurde dann die Abteilung für Eisenbahn und Verkehr in den technisch-finanziellen Strang der Verwaltung eingegliedert, so dass sie ebenso wie die Abteilung Annona und Finanzen dem Generaldirektor für Finanzdienstleistungen unterstand.[7]

1939 wurde der Gouverneur des Vatikans ermächtigt, eine Verwaltung für die Versorgung des Vatikans mit Gütern zu errichten. Dieser wurden unter anderem auch die Zuständigkeiten für alle aus dem Eisenbahnabkommen mit Italien erwachsenden Fragen zugeordnet. 1969 wurden diese Aufgaben der Aufsicht des Generalsekretärs unterstellt[8], seit 1976/77 liegen die Eisenbahnangelegenheiten bei der Verwaltung für Handelsgüter.[9] Die Verwaltung für Handelsgüter untersteht dem Generaldirektor für technische Dienstleistungen im Vatikan, die wiederum Teil der Verwaltung des Gouverneurs der Vatikanstadt ist.

Betrieb und Nutzung

Das Bahnpersonal gehört nicht zum Vatikan, sondern wird seitens der italienischen Eisenbahn gestellt. Auch besteht eine Telefon- und Telegrafenverbindung zum benachbarten Bahnhof Roma-San Pietro.

In der Regel wird lediglich Schienengüterverkehr über den Bahnhof abgewickelt. Personenverkehr ist äußerst selten und beschränkt sich auf wenige Fahrzeuge von Sonderzügen.

Obwohl Papst Pius XI. anlässlich der Versöhnung mit dem italienischen Staat auf dem Bahnanschluss bestand, hat er ihn selbst nie genutzt und den Vatikan nie verlassen. Der erste Papst, der die Bahn persönlich nutzte, war Johannes XXIII. am 4. Oktober 1962 – eine Woche vor Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils – für eine Pilgerfahrt nach Loreto und Assisi. Als Fahrzeug diente dazu der für diesen Anlass ausgeliehene Salonwagen des italienischen Staatspräsidenten. Diese Fahrt wurde als symbolischer Bruch gegenüber der Tradition der Weltabgewandtheit und Öffnung gegenüber der Welt gewertet[10], weil über 90 Jahre zuvor Pius IX. der letzte Papst gewesen war, der Loreto – noch als Staatsoberhaupt des Kirchenstaats – besucht hatte, dabei auch als letzter Papst mit der Bahn gefahren war und sich außerhalb der Mauern des Vatikans aufgehalten hatte.

Literatur

  • Ministero dei Lavori Pubblici del Regno d'Italia: La ferrovia per lo Stato della Città del Vaticano. Roma, Istituto Poligrafico dello Stato, 1934.
  • G. Pini: La ferrovia della Città del Vaticano. 1934
  • F. Zanetti: Dalle prime ferrovie dello Stato Pontificio a quella dello Stato della Città del Vaticano. In L'Illustrazione Vaticana 3 (1932), S. 376–378

Weblinks

 Commons: Vatikanische Staatsbahn – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Thomas J. Reese: Inside the Vatican: The Politics and Organization of the Catholic Church. Harvard University Press 1996, ISBN 0-674-93261-7, S. 203.
  2. Andere Angaben, die von 850 m sprechen([1]), erscheinen nach Augenscheinnahme der Anlage anlässlich einer Bereisung mit der DGEG am 2. Oktober 2008 unzutreffend hoch.
  3. Frank J. Korn: A Catholic's Guide to Rome: Discovering the Soul of the Eternal City. Paulist Press. 2000, ISBN 0-8091-3926-X, S. 49.
  4. Art. 20 Abs. 4 Legge sulle fonti del diritto Nr. 2 vom 7. Juni 1929.
  5. Regolamento per gli Uffici e Servizi del Governatorato, Nr. 23 vom 5. Dezember 1932.
  6. Vgl.: Governatorat der Vatikanstadt.
  7. Art. 5 Abs. 2c und Art. 34 des Modificazioni al Regolamento 5 dicembre 1932 Nr. 23 per gli Uffici e Servizi del Governatorato, Nr. 53 vom 28. Dezember 1934.
  8. Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Legge sul Governo della Città del Vaticano Nr. 51 vom 24 Juni 1969.
  9. Vgl.: Decreto della Pontificia Commissione per lo Stato della Città del Vaticano in relazione alle attribuzioni dell'Ufficio Merci Nr. 134 vom 1. April 1977; Attribuzioni e funzioni dell'Ufficio Merci vom 31. März 1976.
  10. Bernard P. Prusak: The Church Unfinished: Ecclesiology Through the Centuries. Paulist Press 2004, ISBN 0-8091-4286-4. S. 271.
41.900812.45102

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