VERA (Vergleichsarbeiten in der Schule)

VERA (Vergleichsarbeiten in der Schule)

VERA ist eine Abkürzung für "VERgleichsArbeiten" und startete in der Grundschule 2004 als Gemeinschaftsprojekt von sieben Bundesländern, koordiniert von der Universität Koblenz-Landau. Seit 2007/2008 beteiligen sich alle 16 Bundesländer daran, seit 2009/2010 auch Südtirol sowie die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens. Unter VERA werden mittlerweile Lernstandserhebungen in Klasse 3, 6 und 8 zusammengefasst, in denen der Leistungsstand – bezogen auf die von der Kultusministerkonferenz verabschiedeten Bildungsstandards – von Schülerinnen und Schülern in den Hauptfächern Deutsch und Mathematik (in der Jahrgangsstufe 8 auch Englisch und Französisch) ermittelt werden soll.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Grundlagen

Mit der Durchführung von VERA werden verschiedene, teilweise von Land zu Land unterschiedlich gewichtete Ziele in den Blick genommen. Im Mittelpunkt steht dabei die Unterrichtsentwicklung. VERA entstand als Konsequenz der Diskussion um das schlechte Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler in PISA 2000 und steht damit im Kontext der so genannten empirischen Wende, in der die tatsächlich erreichten Ergebnisse (Output-Orientierung) für die Schul- und Unterrichtsentwicklung wie auch für die Steuerung der Bildungssysteme entscheidende Bedeutung erlangt haben.

Ziele

Mit dem VERA-Projekt werden mehrere Ziele[1] verfolgt, die sich in Auftreten und Ausprägung von Land zu Land unterscheiden können:

  • Unterrichtsentwicklung
  • Erfassung und Verbesserung der Diagnosegenauigkeit
  • Standardsicherung und -entwicklung
  • Informationsquelle im Rahmen der Internen und Externen Evaluation
  • Ergänzende Information für die Schulberatung und -aufsicht
  • Ergänzende Information zur Beratung der Eltern

Entwicklung

Das Projekt wurde 2002 in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur Rheinland-Pfalz an der Universität Koblenz-Landau (Campus Landau) entwickelt. Seit der Etablierung des ländergemeinsamen Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, Berlin (IQB) werden die Testhefte sowie zugehörige Dokumente (didaktisch-methodische Materialien, Kodieranweisungen etc.) von diesem Institut erstellt, das hierzu eng mit fachdidaktischen Lehrstühlen in der gesamten Republik zusammenarbeitet. Begleitet wird diese Arbeit durch eine Steuerungsgruppe, der Mitglieder aus allen beteiligten Länder angehören.

In den Jahren 2004 bis 2006 wurde in Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein unter dem Namen VERA eine Lernstandserhebung in den Grundschulklassen der Jahrgangsstufe 4 durchgeführt. Getestet wurden die Fächer Deutsch und Mathematik. Ab dem Schuljahr 2007/2008 wird der Lernstand nicht mehr in der vierten, sondern in der dritten Jahrgangsstufe erhoben. Seit 2008/2009 wird VERA-3 bundesweit durchgeführt.

Seit dem Schuljahr 2006/2007 werden Lernstandserhebungen erstmalig zusätzlich in den Klassen der Jahrgangsstufe 8 durchgeführt, seitdem finden die Testungen in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch in fast allen Bundesländern statt.

Die genauen Durchführungsbestimmungen legen die Länder eigenständig fest. Dies betrifft beispielsweise den Grad der Verbindlichkeit der Durchführung oder die zur Teilnahme verpflichteten Schularten.

Durchführung

Zu einem bundesweit zentralen Termin (VERA-3: Mai, VERA-8: März) erhalten alle Jugendlichen einer Jahrgangsstufe standardisierte Aufgaben, die in einer vorgegebenen Zeit zu bearbeiten sind. Die jeweiligen Klassen- oder Fachlehrer werten die Aufgabebögen aus und geben die Ergebnisse, teilweise zusammen mit soziodemographischen Daten zur Klassenzusammensetzung, in anonymisierter Form in landeseigene oder länderübergreifende Internet-Portale ein. Unmittelbar danach bzw. nach einiger Zeit lässt sich dann eine Auswertung, vorgenommen durch Universitäten oder Qualitätsagenturen der Länder, abrufen, die die Lernniveaus der einzelnen Schüler enthält. Zudem kann häufig eine statistische Übersicht, die die Anteile der Schüler in den einzelnen Niveaus relativ zu Klasse, Schule und Bundesland darstellt, abgerufen werden.

Kritik

Eine Übersicht über die häufigsten Kritikpunkte sowie eine Entgegnung darauf findet sich auf den VERA-Seiten der bayerischen Qualitätsagentur. [2] Beispiele für eine kritische Auseinandersetzung mit VERA-3 werden von der Universität Dortmund zur Verfügung gestellt.

Ein Kritikpunkt ist, dass die Kosten für die Vervielfältigung der Testhefte durch den Schulaufwandsträger zu tragen sind, d. h. die Kommunen (Konnexitätsprinzip). Da die Aufgabenstellungen häufig sehr umfangreich sind, bedeutet dies zudem einen hohen Kopieraufwand für die durchführenden Lehrkräfte oder Verwaltungsangestellte. Einige Länder haben sich daraufhin entschieden, den Druck der Testhefte zentral zu organisieren und den Schulen die Testmaterialien postalisch zur Verfügung zu stellen.

Manche Lehrkräfte und Didaktikwissenschaftler kritisieren Testgestaltung und Bearbeitungszeit. Auch sind die Vergleichsarbeiten nicht immer in einen verpflichtenden und strukturierten Prozess zur Verbesserung der Unterrichtsqualität eingebunden. Wie Lehrkräfte mit den Ergebnissen ihrer Klassen umgehen, ist ihnen selbst überlassen, wobei die Länder diverse Materialien mit Durchführungshinweisen und Informationen zur Weiterarbeit mit den Ergebnissen anbieten.

Das EMSE-Netzwerk setzt sich aus Mitgliedern zusammen, die in den Bundesländern an empirischen Verfahren der Schulentwicklung tätig sind. Die Mitglieder des Netzwerkes formulieren in ihrem Positionspapier: „Die Erwartung, dass allein die Bereitstellung von externen Evaluationsdaten eine praxiswirksame Diagnose- und Reflexionsfunktion ausübe und gleichsam im Selbstlauf unterrichtsentwickelnde Konsequenzen nach sich ziehe, bestätigt sich bislang nicht.“ [3]

Weiter formulieren sie, dass das Verständnis dieser Situation noch mangelhaft ausgeprägt sei: „Die Gründe dafür sind erst in Ansätzen empirisch herausgearbeitet.“

Quellen

  1. Ziele des VERA-Projekts
  2. http://vergleichsarbeiten.isb-qa.de/userfiles/Kritikanalyse-VERA.pdf
  3. Zweites Positionspapier. „Nutzung und Nutzen von Schulrückmeldungen im Rahmen standardisierter Lernstandserhebungen / Vergleichsarbeiten“ (Dez 2008), Seite 2. Aufgerufen am 22. August 2011.

Weiterführende Literatur zu VERA 3

  • H. Bartnitzky: Reihenweise Fehlurteile. VERA-Deutschaufgaben unter der Lupe. (2008) In: Grundschulzeitschrift, 22. Jg., H. 217, 14-17.
  • A. Bremerich-Vos, A. u. a.: Stellungnahme zur Kritik an VERA. (2005) In: Grundschule aktuell, Nr. 90, 3-6.
  • H. Brügelmann: Wahrheit durch Vera? Anmerkungen zum ersten Durchgang der landesweiten Leistungstests in sieben Bundesländern. (2005) In: Grundschule aktuell, Nr. 89, S. 7-9.
  • H. Brügelmann: Schule verstehen und gestalten – Perspektiven der Forschung auf Probleme von Erziehung und Unterricht. (2005) Libelle: CH-Lengwil (bis Ende 2008 aktualisiert unter: www.agprim.uni-siegen.de/schuleverstehen) Kap. 46-49.
  • J. Groß Ophoff u. a.: Formen der Ergebnisrezeption und damit verbundene Schul- und Unterrichtsentwicklung. (2007) In: Empirische Pädagogik, Zeitschrift zu Theorie und Praxis erziehungswissenschaftlicher Forschung, 21. Jg., H 4, 411-427.
  • A. Helmke/ I. Hosenfeld: Vergleichsarbeiten (VERA): Eine Standortbestimmung zur Sicherung schulischer Kompetenzen (2003a+b) – Teil 1 & 2. In: SchulVerwaltung, Ausgabe Nordrhein-Westfalen (2003), H. 4, S. 107-110, und H. 5, S. 143-145.
  • A.M. Hüther: VERA - oder das Problem des Messens von Schulleistungen bei Hörgeschädigten. (2007) In: Hörgeschädigten Pädagogik, 61. Jahrgang, Nr. 3, S.84-88.
  • K. Isaac: Diagnostisches Potenzial von Vergleichsarbeiten. In: S. Kliemann (Hrsg.): Diagnostizieren und Fördern - Kompetenzen erkennen, unterstützen und erweitern. (2010) Beispiele und Anregungen für die Jahrgänge 1 bis 4. Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor, S. 59-65.
  • H. Lorenz: Wozu können Vergleichsarbeiten dienen? VERA-Mathematikaufgaben als Planungshilfe. (2008) In: Grundschulzeitschrift, 22. Jg., H. 217, 10-13.
  • D. Metzeld, K. Isaac, J. Groß Ophoff, A. Speck-Hamdan & K. Böhme: Warum sich der Aufwand lohnt - Der Beitrag von Vergleichsarbeiten zum kompetenzorientierten Unterrichten. (2009) Grundschulunterricht, 56 (2), 4-8.
  • C. Selter: VERA Mathematik 2004. VERbesserungsbedürftige Aufgaben! VERkapptes Ausleseinstrument? (2005) In: Grundschule aktuell, Nr. 89, 17-20.
  • K. Weinrich: VERA 2008 Mathematik: Viel Aufwand – wenig Nutzen. (2008) In: Grundschule aktuell, Nr. 103, 9-14.
  • E. Chr. Wittmann: VerA & Co.: Qualitätsabsenkung durch „Qualitätssicherung“. (2010) Magazin B&E des Verbands Bildung und Erziehung, Ausgabe Herbst 2010.

Weblinks

VERA-3

VERA-8

VERA allgemein


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