Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)

Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)

Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), kurz: UG (haftungsbeschränkt), umgangssprachlich auch als Mini-GmbH bezeichnet, wurde im Zuge der Reform des deutschen GmbH-Rechts durch das am 1. November 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)[1] als existenzgründerfreundliche Variante der herkömmlichen GmbH eingeführt. Die in § 5a GmbHG geregelte UG (haftungsbeschränkt) stellt keine neue Rechtsform dar. Vielmehr handelt es sich um eine GmbH mit einem geringeren Stammkapital als dem für die gewöhnliche GmbH vorgeschriebenen Mindeststammkapital von 25.000 Euro und mit einem besonderen Rechtsformzusatz. Die UG (haftungsbeschränkt) ist eine juristische Person, (im Regelfall) voll körperschaftsteuer- und gewerbesteuerpflichtig, und sie muss ihre Jahresabschlüsse nach Maßgabe der §§ 325, 326 HGB veröffentlichen. Die UG kann mit einem Stammkapital von lediglich einem Euro gegründet werden.

Inhaltsverzeichnis

Gründung der Gesellschaft

Die UG (haftungsbeschränkt) wird bis auf geringfügige Abweichungen wie die klassische GmbH gegründet. Es muss ein Gesellschaftsvertrag (Satzung) geschlossen werden und es müssen die Stammeinlagen erbracht werden. Im Rechtsverkehr darf die Unternehmergesellschaft nur mit dem Rechtsformzusatz „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ auftreten. Eine Abkürzung des Zusatzes „haftungsbeschränkt“ ist nicht zulässig.

Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag muss notariell beurkundet und die Errichtungsurkunde von den Gründungsgesellschaftern unterzeichnet werden. Der gesetzliche Mindestinhalt ist geregelt in § 3 GmbH-Gesetz. Demnach muss der Vertrag mindestens folgende Angaben haben:

  • Firma der Gesellschaft
  • Sitz der Gesellschaft
  • Gegenstand des Unternehmens
  • Betrag des Stammkapitals
  • Zahl der Nennbeträge der einzelnen Stammeinlagen
  • Namen der Gründungsgesellschafter.

Nach dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages wird dieser zusammen mit der von den Gesellschaftern unterzeichneten Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) von dem Notar (elektronisch) beim Handelsregister eingereicht.

Musterprotokoll

Das GmbH-Gesetz sieht ausdrücklich ein Musterprotokoll vor, dessen Verwendung ein vereinfachtes und kostensparendes Gründungsverfahren verspricht. Es wurde mit der Reform vom 1. November 2008 eingeführt und dient zugleich als Gesellschaftsvertrag und Gesellschafterliste. Es existiert in zwei Varianten: eine für die Gründung einer Einpersonengesellschaft und eine für die Gründung einer Mehrpersonengesellschaft. Beide Varianten finden sich im Anhang des GmbH-Gesetzes und umfassen jeweils eine DIN-A4-Seite.

Die Voraussetzungen für die vereinfachte Gründung nach dem Musterprotokoll sind (lt. § 2 Abs. 1a GmbHG):

  • maximal drei Gesellschafter,
  • nur ein Geschäftsführer und
  • keine vom Protokoll abweichenden Bestimmungen.

Stammkapital

Die im Gesellschaftsvertrag festgelegten Nennbeträge der Geschäftsanteile der Gesellschafter − das sogenannte Stammkapital − müssen nach der Gründung und vor der Anmeldung zum Handelsregister (§ 5a Abs. 2 GmbHG) erbracht werden, damit die Unternehmergesellschaft eingetragen wird. Das Stammkapital insgesamt muss mindestens einen Euro betragen. In der Gründungspraxis werden meist Beträge bis zu 1000 Euro gewählt, was aber die Bonität der Gesellschaft beeinträchtigen kann.[2] Ab 25.000 Euro wird keine Unternehmergesellschaft mehr gegründet, sondern eine GmbH im ursprünglichen Sinne (§ 5a Abs. 1 S.1 GmbHG). Im Gegensatz zur GmbH sind keine Sacheinlagen zulässig. Das Stammkapital muss sofort in voller Höhe als Bareinlage eingezahlt werden (§ 5a Abs. 2 GmbHG). Folglich ergeben UG (haftungsbeschränkt) bereits ab einem Stammkapital von 12.500 Euro wenig Sinn, in dieser Konstellation kann eine GmbH im ursprünglichen Sinne gegründet werden, bei der nur die Hälfte des Stammkapitals einbezahlt wird. Allerdings besteht bei der GmbH im Insolvenzfall eine Pflicht der Gesellschafter, den Fehlbetrag zu 25.000 Euro Stammkapital noch zu erbringen, in der UG hingegen nicht. Hier ist das gesamte verfügbare Stammkapital auch eingezahlt. Das Musterprotokoll sieht vor, dass der gründende Gesellschafter die Gründungskosten selbst tragen muss, wenn diese das Kapital der Gesellschaft übersteigen.

Unternehmensbezeichnung

Den Namen kann man in Form einer Personen-, Sach-, Fantasie- oder Mischfirma (siehe Firmenarten) wählen (§ 4 GmbHG).

Rechte und Pflichten der Beteiligten

Bei der UG (haftungsbeschränkt) gibt es – wie bei der klassischen GmbH – zum einen die Gesellschafter und zum anderen den oder die Geschäftsführer.

Gesellschafter

Wie bei der GmbH sind die Gesellschafter die „Inhaber“ der UG (haftungsbeschränkt). Die Gesellschafter haben demnach das Entscheidungsrecht über alle wesentlichen Vorgänge in der Gesellschaft. Die wichtigsten Gesellschafterrechte sind:

  • Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung sowie Stimmrecht in dieser Versammlung in allen wichtigen Fragen der UG (haftungsbeschränkt)
  • Informationsrechte
  • Gewinnbezugsrecht.

Es ist zu beachten, dass die Gesellschafter gem. § 5a Abs. 4 GmbHG bei drohender Zahlungsunfähigkeit (bereits dann, wenn auch nur eine Rechnung nicht innerhalb der Zahlungsfristen bezahlt werden kann) unverzüglich eine Gesellschafterversammlung abhalten müssen. Bei der GmbH muss dies nur erfolgen, wenn sich aus der Bilanz ergibt, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist (§ 49 Abs. 3 GmbHG).

Geschäftsführer

Nach § 6 Abs. 2 GmbHG kann Geschäftsführer nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein, die nicht unter Betreuung steht, keinem Berufs- oder Gewerbeverbot unterliegt und nicht wegen Insolvenzstraftaten oder anderen in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG genannten Straftaten mit vermögensrechtlichem Einschlag verurteilt ist. Die Geschäftsführer sind für die Führung der laufenden Geschäfte zuständig. Ihre Rechte und Pflichten ergeben sich zum einen aus der Bestellung zum Geschäftsführer und zum anderen aus dem Anstellungsvertrag. Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft nach außen gerichtlich und außergerichtlich. Die wichtigste und haftungsträchtigste Pflicht ist die ordnungsgemäße Rechnungslegung. Der Geschäftsführer ist dafür verantwortlich, dass die Buchführung zeitnah und vollständig geführt wird. Er ist zur Abgabe der Steuererklärungen verpflichtet und führt die operativen Geschäfte der Gesellschaft.

Aufsichtsrat

Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft verfügt die UG (haftungsbeschränkt) in der Regel nicht über einen Aufsichtsrat. Eine Verpflichtung zur Bildung des Aufsichtsrates besteht nur dann, wenn mitbestimmungsrechtliche Vorschriften einschlägig sind, die dies erforderlich machen, bspw. wenn die UG mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt (also kaum von praktischer Relevanz). Die Satzung kann jedoch die Errichtung eines Aufsichtsrats vorsehen.

Buchführungspflicht

Die UG ist als Variante der GmbH zur gesetzlichen Buchführung (doppelte Buchführung samt Jahresbilanz) verpflichtet (§ 238 HGB).

Rücklage und Umwandlung in eine GmbH

Im Gegenzug dafür, dass die Stammeinlage (nahezu) beliebig gering ausfallen kann, müssen jährlich mindestens 25 % des Jahresüberschusses in eine Rücklage eingestellt werden. Wenn die angesammelte Rücklage zusammen mit dem ursprünglichen Stammkapital die Summe von 25.000 Euro (Mindestkapital gem. § 5 Abs. 1 GmbHG) erreicht, können die Gesellschafter gem. § 57c GmbHG einen Kapitalerhöhungsbeschluss fassen. Dieser ermöglicht es der Unternehmergesellschaft

  • künftig auf die Ansammlung der Rücklage i. H. v. 25 % des Jahresüberschusses zu verzichten,
  • über den Jahresüberschuss auch sonst frei zu verfügen und
  • ihre Firmierung zu ändern und den Rechtsformzusatz „GmbH“ zu führen.

Eine Unternehmergesellschaft darf erst dann aufhören, die Rücklage anzusparen, wenn das Stammkapital auf mindestens 25.000 Euro erhöht worden ist. Mit einem solchem Kapitalerhöhungsbeschluss ist jedoch kein automatischer Übergang zur GmbH verbunden; die Gesellschafter haben vielmehr ein Wahlrecht, ob die Unternehmergesellschaft beibehalten wird oder eine Umwandlung zur GmbH vorgenommen werden soll (§ 5a Abs. 5 GmbHG). Diese Regelung berücksichtigt, dass Umwandlungen zusätzliche Kosten nach sich ziehen, weil hierfür eine von einem Wirtschaftsprüfer mit einem Bestätigungsvermerk versehene Bilanz erstellt werden muss.

Gesetzlich vorgeschriebene Schreibweise

Die Firma muss die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führen gemäß § 5a GmbHG. Das Auslassen von Klammern oder Umformulierung von „haftungsbeschränkt“ in z. B. „mit beschränkter Haftung“ ist nicht zulässig.

Vergleichbare Gesellschaften

Der deutsche Gesetzgeber hat die Unternehmergesellschaft in erster Linie eingeführt, um eine Alternative zu der in den letzten Jahren immer beliebteren Rechtsform der englischen Limited anbieten zu können.

Als Alternative zur Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) könnte sich die Europäische Privatgesellschaft entwickeln.

Auch die österreichische Wirtschaftskammer (WKÖ) sowie die Junge Wirtschaft aus Österreich befürworten die Einführung einer neuen Unternehmensform nach deutschem Vorbild in Österreich. Hierfür sprach sich der Präsident der WKÖ, Christoph Leitl, im Zuge der Alpbacher Reformgespräche im August 2007 aus.

Literatur

  • Hasso Heybrock (Hrsg.): Praxiskommentar zum GmbH-Recht. ZAP-Verlag, 1. Auflage 2008, ISBN 978-3-89655-268-6
  • Frank-Holger Lange: Wenn die UG erwachsen werden soll – „Umwandlung“ in die GmbH. In: NJW 51/2010, 3686
  • Antonio Miras: Die neue Unternehmergesellschaft. UG (haftungsbeschränkt) und vereinfachte Gründung nach neuem Recht. Mit Formularteil. 2. Auflage 2010, ISBN 978-3-406-61394-4
  • Peter Ries: MoMiG und die Folgen: Praktische Probleme bei der GmbH. In: Anwaltsblatt (AnwBl.) 1/2011, 13 [1]
  • Volker Römermann, Wachter (Hrsg.): GmbH-Beratung nach dem MoMiG. Sonderheft des GmbHR 2008, Kap. 6.
  • Melanie Spies: Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt). Verfassung – Gläubigerschutz – Alternativen. Duncker & Humblot, 2010, ISBN 978-3-428-13193-8
  • Stefan Holzner: Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) im Wettbewerb der Gesellschaftsrechtsformen. Verlag Dr. Kovač, 2011, ISBN 978-3-8300-5734-5

Weblinks

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Text des MoMiG (Seite des BMJ) (PDF)
  2. Dr. Wilhelm Niemeier: Erste Startkapitalisierungsdaten der „UG“: Mit Schwung in die kapitallose Unternehmensgründung? In: Status: Recht 03/2009, S. 74, abgerufen 4. Februar 2010
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