Unternehmen Werwolf

Unternehmen Werwolf

Der Werwolf (seltener: Wehrwolf) wurde von Reichsführer-SS Heinrich Himmler als nationalsozialistische Freischärler- bzw. Untergrundbewegung ab September 1944 – kurz vor dem Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ – ins Leben gerufen. Aufrufe zur Bildung des Werwolfs fanden unter der Bevölkerung und unter den Soldaten nur ein geringes Echo. Erst nach Hitlers Tod untersagte Karl Dönitz am 5. Mai 1945 weitere Werwolf-Aktionen als illegale Kampftätigkeit.

Inhaltsverzeichnis

Aufstellung

Heinrich Himmler beauftragte im Herbst 1944 den SS-Obergruppenführer Hans-Adolf Prützmann, kleine Spezialkommandos aufzustellen, die in den besetzten Gebieten des Deutschen Reiches hinter den feindlichen Linien Sabotage verüben und die Bevölkerung von einer Zusammenarbeit mit den Besatzungstruppen abhalten sollten. Prützmann hatte als Höherer SS- und Polizeiführer in der Ukraine die Partisanenbekämpfung geleitet. Er erhielt die Amtsbezeichnung „Generalinspekteur für Spezialabwehr“. Bis Ende 1944 war es in Berlin gelungen, etwa 5.000 Freiwillige zu rekrutieren. Es waren SS-Leute, Hitler-Jungen, SA-Männer, Parteifunktionäre. Weil diese Zahl zu gering war, gab auch die Wehrmacht Anweisungen zur Abstellung von Partisanenkämpfern. Eine Anweisung an eine Volksgrenadier-Division fiel in die Hände der Alliierten:

„Zum beschleunigten Aufbau der Werwolf-Organisation veranlassen die Div. die Auswahl von besonders bewährten, tapferen, als Führer von W-Truppen geeigneten Soldaten aller Dienstgrade, die in feindbesetzten Gebieten beheimatet sind. Es kommen Soldaten der besetzten Ost-und Westgaue in Frage.[1]

Die nationalsozialistischen Partisanen wurden in den Lagern der SS-Jagdverbände von Otto Skorzeny trainiert, Ausrüstung, Bewaffnung und Verpflegung stellte die Wehrmacht. Nach Himmlers Vorstellung waren die Werwölfe eine geheime deutsche Widerstandsbewegung. Sie sollte keinen allgemeinen „Volkskrieg“ auslösen, sondern im Untergrund kämpfen. Ihre Aufgaben sollten bestehen in:

Goebbels hatte jedoch andere Vorstellungen. Durch einen Rundfunkappell wurde der Werwolf am Ostersonntag, den 1. April 1945, als angeblich „spontane Untergrundbewegung“ der deutschen Bevölkerung in den besetzten Gebieten des Reiches bekannt gemacht. „Haß ist unser Gebet und Rache ist unser Feldgeschrei.“[2]. Der leistungsstarke Sender stellte erst am 24. April seinen Betrieb ein.

Namensgebung

Als Symbol des Werwolf wurde eine stilisierte Wolfsangel mit Querstrebe verwendet.

Ein Werwolf ist in der germanischen Mythologie ein Mannwolf, der umherstreift, reißt und tötet.

In einem Roman „Der Wehrwolf“ (1910) von Hermann Löns hatten sich die Selbstschutzverbände von Heidebauern im Dreißigjährigen Krieg „Werwölfe“ genannt.

Adolf Hitler deutete seinen Vornamen als Adelwolf, was übersetzt der edle Wolf bedeutet. Daher benannte Hitler seine Hauptquartiere (Wolfsschanze, Wolfsschlucht und Werwolf) in diesem Sinne. Möglicherweise hatte Hitler, der sich gerade zum Kriegsende immer mehr in der Gedankenwelt der germanischen Mythologie bewegte, erheblichen Einfluss auf die Namensgebung.

Gliederung

Dem Werwolf stand Hans-Adolf Prützmann als „Reichs-Werwolf“ vor, der sich Himmler gegenüber zu verantworten hatte. Die Werwölfe waren in so genannten Rudeln organisiert, in denen der befehlshabende Offizier als Leit-Wolf bzw. Leit-Werwolf bezeichnet wurde. Diese wurden in speziellen Werwolf-Schulungs-Gattern ausgebildet oder „abgerichtet“. Eine der größten Ausbildungsstätten befand sich auf Schloss Hülchrath in Nordrhein-Westfalen.

Die kleinste selbstständig operierende Einheit war die Jagdgruppe; sie bestand aus vier Mann und einem Führer. Die nächstgrößere Einheit war der Jagdzug. Dieser vereinigte mehrere Jagdgruppen und einen Führungstrupp, die Einsatzstärke lag zwischen 10 und 40 Jägern und deren Führern. Bei Angriffen auf befestigte Positionen oder beispielsweise Eisenbahnen sollten Streifkorps gebildet werden. Deren Stärke richtete sich nach Größe und Kampfstärke der anzugreifenden Objekte.

Bis zur Kapitulation und in den Wirren der letzten Kriegstage wurden allerdings nur wenige Leit-Wölfe ausgebildet, so dass viele Rudel ohne Führung waren und ziel- und wahllos durch das besetzte Deutschland zogen. Dazu kam, dass die Rudel oftmals aus jungen, unerfahrenen SS-Männern, Hitlerjungen und BDM-Mädchen bestanden, die keinerlei oder kaum militärische Schlagkraft besaßen.

Aktivitäten

Die spektakulärste Aktion („Unternehmen Karneval“), die dem Werwolf zugeschrieben wurde, war der Mord am Aachener Oberbürgermeister Franz Oppenhoff am 25. März 1945 durch ein Sonderkommando, das hinter der Westfront abgesetzt wurde. Er war von den Alliierten eingesetzt worden, die seit 5 Monaten die Stadt besetzt hielten, und deswegen angeblich ein „Verräter“. Die Täter wurden 1949 bestraft. Erst lange nach dem Krieg wurde bekannt, dass nicht Werwölfe, sondern SS und Luftwaffe die Aktion geführt hatten.[3]. Die amerikanische Armee nahm diesen Anschlag jedoch als Beweis einer besonderen Gefährlichkeit und entwickelte eine regelrechte „Werwolf“-Hysterie, die sich erst nach Monaten legte. Dazu hatte auch eine Rede Himmlers am 18. Oktober 1944 beigetragen, in der er gesagt hatte:

„Wie die Werwölfe werden todesmutige Freiwillige dem Feinde schaden und seine Lebensfäden abschneiden.[4]

Bis Ende März 1945 blieb dies die einzige offizielle öffentliche Erwähnung des „Werwolfes“.

Kommandos des Werwolf verübten Brandstiftungen (z. B. in Eberswalde) und Kriegsverbrechen wie das Massaker der Penzberger Mordnacht mit 16 Toten.

Solche Aktivitäten erreichten zwar keine praktische Auswirkung auf den Verlauf des Kriegsendes und der Besatzung, veranlassten die Alliierten jedoch zu Gegenmaßnahmen zur Vermeidung von Guerillakämpfen und Sabotage. Zum Kriegsende versuchten deutsche Radiostationen und Zeitungen propagandistisch den Eindruck einer flächendeckenden Erhebung der Deutschen durch die Werwölfe gegen die Alliierten zu erwecken, was nie der Fall war. Trotzdem bestand bei ihnen die Befürchtung von Hinterhalten durch fanatisierte Hitlerjungen in „Werwolf“-Manier.

Die Aktivitäten des Werwolf richteten sich in den letzten Kriegswochen vor allem gegen Deutsche, die des Krieges müde waren.

Entnazifizierung und Hinrichtungen

In der SBZ vollstreckten die sowjetischen Besatzungstruppen in den Jahren nach dem Krieg zahlreiche Todesurteile gegen Jugendliche, die der Werwolftätigkeit für schuldig erklärt worden waren.[5]

Verarbeitung im Film

  • "Die Werwölfe" (1973), Drehbuch, Regie und Produktion: Werner Klett, Berlin.

Weblinks

Belege

  1. zitiert nach: Klaus-Dietmar Henke: Die amerikanische Besetzung Deutschlands, München 1995, ISBN 3-486-54141-2, S. 946
  2. zitiert nach: Klaus-Dietmar Henke: Die amerikanische Besetzung Deutschlands, München 1995, ISBN 3-486-54141-2, S. 943
  3. Henning Krumrey: Wühlmaus im Archiv in "Focus 40/2008" S. 31
  4. Klaus-Dietmar Henke: Die amerikanische Besetzung Deutschlands, München 1995, S.953
  5. A. Kilian: Stalins Prophylaxe. Maßnahmen der sowjetischen Sicherheitsorgane im besetzten Deutschland. In: Deutschland Archiv: Zeitschrift für das vereinigte Deutschland. Nr. 4, 1997, ISSN 0012-1428, S. 558. 

Literatur

  • Biddiscombe, Alexander Perry: Werwolf! : the history of the National Socialist guerrilla movement ; 1944 - 1946. Univ. of Toronto Press, Toronto; Buffalo 1998, ISBN 0-8020-0862-3. 
  • Hesemann, Michael: Hitlers Lügen : wie der "Führer" die Deutschen täuschte. Area, Erftstadt 2005, ISBN 3-89996-481-0. 
  • Watt, Roderick H.: Wehrwolf or Werwolf? Literature, Legend, or Lexical Error into Nazi Propaganda?. In: Modern Language Review. 87, Nr. 4, 1991, ISSN 0026-7937, S. 879-895. 
  • Koop, Volker: Himmlers letztes Aufgebot : die NS-Organisation "Werwolf". Böhlau, 2008, ISBN 978-3-412-20191-3. 
  • Wolfgang Benz,: Die 101 wichtigsten Fragen. Das Dritte Reich, 2007, Beck-Verlag, ISBN 3-406-56849-1

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