Universität Dillingen

Universität Dillingen

Die Universität Dillingen bestand von 1551 bis 1803 in der schwäbischen Stadt Dillingen an der Donau, deren vorrangige Aufgabe die Ausbildung des Pfarrernachwuchses und des katholischen Adels in Süddeutschland war. Sie war zunächst der einzige Versuch, den dominikanisch-thomistischen Zweig der spanischen Spätscholastik nach Deutschland zu übertragen. Historische Bedeutung erlangte sie aber in erster Linie als erste voll ausgeprägte Jesuiten-Universität auf dem Boden des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Daneben war sie die erste bestandsfähige Universitätsstiftung eines geistlichen Fürsten im deutschen Raum.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Goldener Saal der ehem. Universität Dillingen

1549 wurde das „Collegium St. Hieronymi“ als Folge der Reformen des Konzils von Trient durch den Augsburger Bischof Kardinal Otto Truchsess von Waldburg am Sitz der von Augsburg nach Dillingen verlagerten hochstiftischen Regierung gegründet und 1551 durch Papst Julius III. zur Universität erhoben, die wiederum von Kaiser Karl V. 1553 bestätigt wurde. In diesen Gründerjahren mit sechs Lehrstühlen betrieben zunächst die Dominikaner unter Führung des bedeutenden Konzilstheologen von Trient Pedro de Soto, dem Beichtvater Kaiser Karls V., die Universität. Neben dem aus Spanien gekommenen Pedro de Soto lehrte außerdem der kaiserliche Hofkaplan und ehemalige Professor in Paris, der Spanier Martinus de Olave. Erster Rektor war der aus den spanischen Niederlanden stammende Petrus Endavianus. Neben drei Spaniern lehrten drei Gelehrte von der Universität Löwen. Keiner der ersten Professoren stammte aus dem Reich. Nachdem de Soto im März 1555 von Reginald Pole nach Oxford geholt worden war, zielte Kardinal Otto, wohl beeinflusst durch seinen Berater, den Jesuiten Petrus Canisius auf eine Übergabe der Universität an die Jesuiten. Die ersten Lehrstühle gingen am 20. Oktober 1563 an die spanischen Jesuiten Christoph Herrera, Hieronymus Torres, später Alfons Pisa genannt Pisanus (1567–1570) und Gregor de Valencia (1573–1575). Erst am 17. August 1564 erfolgte die formelle Übergabe der Universität an den Jesuitenorden.

Dabei bestand die Universität zunächst nur aus einer Artistischen und einer Theologischen Fakultät, die ab 1625 durch neue Jura-Lehrstühle langsam um eine Juristische Fakultät (ab 1743) und wenige Jahre später auch durch eine medizinisch-chirurgische Abteilung, die sich nicht mehr zu einer vollgültigen Fakultät entwickelte, ergänzt werden konnte.

Im Zuge der Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773 fiel die Universität Dillingen an den bischöflichen Landesherrn, den Augsburger Fürstbischof Clemens Wenzeslaus von Sachsen zurück und wurde schließlich 1803 infolge der Säkularisation von dem neuen Landesherrn, Kurfürst Maximilian IV. Joseph, dem späteren Bayerischen König Maximilian I., aufgelöst.

Als Nachfolgeinstitut schuf Kurfürst Maximilian IV. Joseph 1804 ein Lyzeum mit akademischem Rang, aus der 1923 die „Philosophisch-Theologische Hochschule Dillingen“ hervorging. Diese wurde im April 1971 zugunsten des neu errichteten Katholisch-Theologischen Fachbereichs an der 1970 gegründeten Universität Augsburg, an den mehrere Professoren sowie die Studierenden aus Dillingen überwechselten, aufgelöst. Im Gebäude der Hochschule residiert seitdem die 1971 gegründete „Akademie für Lehrerfortbildung“, die 1996 in „Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung“ umbenannt wurde.

Obwohl unabweisbar Traditionslinien von ihrer Katholisch-Theologischen Fakultät über die Philosophisch-Theologische Hochschule Dillingen bis zur dortigen Universität zurückreichen, versteht sich die Universität Augsburg heute weniger denn je als deren Nachfolgerin, sondern betont demgegenüber ihren Status als neu gegründete Reformuniversität.

Bedeutende Professoren der Universität Dillingen

  • Ferdinand Alber (1548–1617), Jesuit, 1569 Studium in Dillingen, dort Philosophieprofessor
  • Andreas Brunner (1589–1650), Jesuit, Historiker („Bairischer Livius“) und Dichter, ab 1622 Professor der Moraltheologie und Prediger in Dillingen
  • Paul Laymann (1575–1635), Jesuit, 1625–1632 der erste Professor für Kirchenrecht in Dillingen
  • Heinrich Wangnereck (1595–1664) Jesuit, Theologe und Philosoph, Kanzler der Universität
  • Johann Christoph Raßler (1654–1723), Jesuit, seit 1691 Professor für Moraltheologie und Dogmatik, von 1714 bis 1716 Rektor
  • Pedro de Soto (um 1500–1563), Dominikanertheologe und Berater des Kaisers Karl V.
  • Johann Michael Sailer (1751–1832), katholischer Theologe und Bischof von Regensburg, 1784–1794 Professor für Theologie
  • Adam Tanner (1572–1632), gilt als einer der größten jesuitischen Theologen, Professor der Theologie
  • Patriz Benedikt Zimmer (1752–1820), katholischer Theologe
  • Joseph von Weber (1753–1831), Naturwissenschaftler und Theologe

Literatur

  • Dillingen. In: Ludwig Koch: Jesuiten-Lexikon. Die Gesellschaft Jesu einst und jetzt, Paderborn 1934, Spalten 426-427.
  • Landsberger als Studierende der Universität Dillingen in den Jahren von 1556-1694. In: Archiv für Geschichte des Hochstifts Augsburg. Hrsg. Dr. Alfred Schröder, Dillingen a.D., 1914/1915, 70, S. 42 f.
  • Thomas Specht: Die Matrikel der Universität Dillingen, Bd.1 (1551-1645), Dillingen 1909/11; Bd. 2 (1646-1695), Dillingen 1912/13; Bd. 3 (Register 1551-1695), Dillingen 1914/15
  • Thomas Specht: Geschichte der ehemaligen Universität Dillingen (1549-1804) und der mit ihr verbundenen Lehr- und Erziehungsanstalten, Freiburg i. Br. 1902 Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  • Rolf Kießling (Hrsg.): Die Universität Dillingen und ihre Nachfolger. Stationen und Aspekte einer Hochschule in Schwaben, Dillingen an der Donau, 1999.

Weblinks

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