Ulrike Ottinger

Ulrike Ottinger

Ulrike Ottinger (* 6. Juni 1942 in Konstanz als Ulrike Weinberg) ist eine deutsche Filmemacherin und Fotografin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die Tochter des Kunst- und Dekorationsmalers Ulrich Ottinger und der später mit ihm verheirateten Fremdsprachenkorrespondentin Maria Weinberg absolvierte nach der Mittleren Reife eine Banklehre. Seit 1959 war sie Gaststudentin an der Akademie der Künste in München und arbeitete als Malerin.

Von 1962 bis 1968 lebte sie in Paris und wurde unter anderem im Atelier von Johnny Friedlaender in Radiertechniken ausgebildet. Sie beteiligte sich an mehreren Ausstellungen und schrieb 1966 ihr erstes Drehbuch mit dem Titel Die mongolische Doppelschublade.[1]

Ulrike Ottinger kehrte in die Bundesrepublik zurück und gründete 1969 in Zusammenarbeit mit dem Filmseminar der Universität Konstanz den Filmclub „Visuell“, den sie bis 1972 leitete. Sie führte auch eine Galerie und die dazu gehörige „galeriepress“, wo sie die Werke zeitgenössischer Künstler editierte. Seit 1973 lebt Ulrike Ottinger in Berlin.

In dieser Zeit lernte sie Tabea Blumenschein kennen, die sie neben Magdalena Montezuma mehrmals zur Hauptdarstellerin ihrer seit 1972 entstandenen Filme machte. Ulrike Ottinger entwickelte ihren eigenen bizarr-surrealistischen Filmstil, der unter anderem gekennzeichnet war durch weitgehenden Verzicht auf eine lineare Handlung und stattdessen langes Verweilen bei einzelnen Szenen, die wiederum durch überstarke Schminke und extravagante Phantasiekostüme der meist weiblichen Darsteller kunstvoll zu eigenen Bildcollagen ausgestaltet wurden.

Daneben arbeitete sie auch am Theater und inszenierte unter anderem 1983 am Staatstheater Stuttgart Elfriede Jelineks Clara S. und 1986 in Graz Jelineks Begierde und Fahrerlaubnis.

Nachdem bereits in Ottingers Spielfilmen immer wieder ihre Vorliebe für die fernöstliche Formensprache sichtbar wurde, drehte sie in den folgenden Jahrzehnten einige eigenwillige Dokumentarfilme über das Leben in verschiedenen asiatischen Regionen, darunter das viereinhalbstündige Werk China – die Künste – der Alltag und die achteinhalbstündige Produktion Taiga.

Ottinger nahm 2002 an der documenta 11 in Kassel teil

Im Jahr 2005 erschien eine Retrospektive von Ottingers Fotografien im Deutschen Verlag für moderne Kunst unter dem Titel: Ulrike Ottinger. Bildarchive. Fotografien 1970–2005.[2] Im Jahr 2008 publizierte Laurence A. Rickels, Professor an der Universität von Kalifornien und an der European Graduate School, unter dem Titel Ulrike Ottinger: the Autobiography of Art Cinema einen Überblick über das Leben und Werk der Künstlerin. Innerhalb des Buches werden Interviews mit Ottinger und Ausschnitte ihrer fotografischen Arbeiten zu einer Exploration des Filmemachens und der Möglichkeit des Kunstfilmes zusammengeführt.[3]

Seit 2007 lehrt Ulrike Ottinger als Professorin an der European Graduate School in Saas-Fee (Schweiz).

Filmografie

  • 1972–74: Laokoon & Söhne
  • 1973: Berlinfieber. Dokumentation Ulrike Ottinger
  • 1975: Die Betörung der blauen Matrosen
  • 1978: Madame X – Eine absolute Herrscherin
  • 1979: Bildnis einer Trinkerin
  • 1981: Freak Orlando
  • 1984: Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse
  • 1985: China – die Künste – der Alltag. Eine filmische Reisebeschreibung
  • 1986: Superbia – Stolz
  • 1987: Usinimage
  • 1988: Johanna d'Arc of Mongolia
  • 1990: Countdown
  • 1992: Taiga
  • 1997: Exil Shanghai
  • 2002: Südostpassage
  • 2004: Zwölf Stühle
  • 2007: Prater
  • 2008: Seoul Women Happiness
  • 2008: Die koreanische Hochzeitstruhe
  • 2009: Still Moving
  • 2011: Die Blutgräfin
  • 2011: Unter Schnee. Premiere: 9. September 2011 Haus der Kulturen der Welt, Berlin.

Auszeichnungen

  • 1980: 2. Publikumspreis beim Filmfestival von Sceaux für Bildnis einer Trinkerin
  • 1983: 2. Publikumspreis beim Filmfestival von Sceaux für Freak Orlando
  • 1984: Spezialpreis der Jury des Filmfestivals Florenz für künstlerische, formale und inhaltliche Geschlossenheit des Oevres
  • 1986: Preis der deutschen Filmkritik für China – die Künste – der Alltag
  • 1987: Kurzfilmpreis des HDF Hauptverband deutscher Filmtheater
  • 1989: Filmband in Gold (Visuelle Gestaltung) für Johanna d'Arc of Mongolia
  • 1989: Preis der Publikumsjury Montréal für Johanna d'Arc of Mongolia
  • 2006: Kunstpreis Konstanz
  • 2008: Preis der deutschen Filmkritik in der Kategorie Dokumentarfilm für Prater
  • 2010: Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland

Ausstellungen

  • 2011: Ulrike Ottinger: Floating Food. Eine Collage aus den Filmen Taiga, Johanna d'Arc of Mongolia und China. Die Künste - Der Alltag.[4]

Literatur

  • Ottinger, Ulrike; Madame X eine absolute Herrscherin. Drehbuch. [Faksimile Edition] Basel/ Frankfurt a.M., Stroemfeld / Roter Stern, 1979.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ulrike Ottinger Faculty Seite an der European Graduate School. Biografie, Bibliografie, Fotos und Video Vorlesungen. (Englisch) (HTML). European Graduate School. Abgerufen am 8. Dezember 2010.
  2. Ulrike Ottinger, Bildarchive. Fotografien 1970–2005, Deutscher Verlag für moderne Kunst, 2005. 528 Seiten, ISBN:3938821140.
  3. Laurence A. Rickels. Ulrike Ottinger, the autobiography of art cinema. University of Minnesota Press, 29 Juli 2008. 288 Seiten, ISBN:0816653313.
  4. Flyer zur Ausstellung 2011 im Haus der Kulturen der Welt

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