U-Boot-Flugzeugträger

U-Boot-Flugzeugträger
Katapultstart des Parnall Peto-Wasserflugzeugs von Bord des britischen U-Bootes HMS M2

U-Boot-Flugzeugträger sind U-Boote, die Flugzeuge zu ihrem Einsatzort transportieren und von denen aus Flugzeuge starten (Bordflugzeug). Einige U-Boot-gestützte Flugzeuge starten auch als gewöhnliche Wasserflugzeuge. Sie landen als Wasserflugzeuge neben dem U-Boot und werden dann wieder vom U-Boot aufgenommen.

Die Geschichte des Einsatzes von Flugzeugen, die von U-Booten aus gestartet werden sollten und als Aufklärer als die verlängerten Augen für das Mutter-U-Boot dienen sollten (U-Boots-Augen), begann im Ersten Weltkrieg.

Durch die Vergrößerung der „Sichtweite“ bei der Suche nach feindlichen Schiffen mittels bordeigenen Aufklärungsflugzeugen sollte die Kampfkraft der U-Boote erhöht werden. Die um das zehnfache vergrößerte „Sichtweite“ wäre besonders hilfreich bei der Durchsetzung von Seeblockaden und bei der Suche und Vernichtung feindlicher Schiffe auf offener See.

Nur in Ausnahmefällen (siehe unten) wurden U-Boot-gestützte Flugzeuge als Angriffswaffe oder Torpedoträger gegen feindliche Schiffe oder Objekte an Land verwendet. Mit dem Aufkommen von U-Boot-gestützten Raketenwaffen und der Entwicklung des Radars wurde diese klassischen Aufgaben der U-Boot-Flugzeuge überflüssig und ihre weitere Entwicklung eingestellt.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

Während des Ersten Weltkrieges entwickelten sich sowohl das U-Boot, als auch das Flugzeug zu Waffenträgern, die für den Fronteinsatz bereit waren. Die ersten U-Boote wurden für gegnerische Schiffe schnell zu einer ernstzunehmenden Gefahr. Es war naheliegend, beide Waffen zu kombinieren.

Focke-Achgelis Fa 330

Als erstes setzte Deutschland diese Kombination aus U-Boot und Flugzeug ein. Deutschland setzte 1914 das Wasserflugzeug Friedrichshafen FF.29 als Seeaufklärer ein (Höchstgeschwindigkeit 51 kn, Motor: Mercedes D.II, 2 Mann Besatzung, Doppeldecker, Wasserflugzeug mit zwei Schwimmern, Hersteller: Flugzeugbau Friedrichshafen). Eine FF.29 war das erste Flugzeug, das von einem U-Boot aus startete (15. Januar 1915, von belgischen Hafen Zeebrügge besetzt, und deutsche U-Boote wurden hierher verlegt, da der Hafen einen großen Wellenbrecher hatte. U 12 unter dem Kommando von Kapitänleutnant Walter Forstmann traf als eines der ersten U-Boote in der neuen Marinebasis in Zeebrügge ein. Ebenfalls in Zeebrügge wurde eine Gruppe der kaiserlichen Marinefliegerabteilung unter Leitung von Oberleutnant zur See Friedrich von Arnauld de la Perière stationiert (2 Flugzeuge FF.29, 4 Offiziere, 55 Soldaten). Arnauld war von Dezember 1914 bis zu seiner Notlandung und Gefangennahme im Dezember 1915 Kommandeur der Seeflugstation (Marine Korps), die ab 1916 Seeflugstation Flandern I hieß. Die Fährstation in Zeebrügge wurde zu einer Basis für Wasserflugzeuge umgebaut und Flugzeughallen errichtet. Am 28. Dezember 1914 flog Arnaud einen Angriff auf London, dabei überquerte er den Ärmelkanal, flog die Themse flussaufwärts und warf einige kleine Bomben auf einen Londoner Vorort.

Der U-Boot-Kommandant Forstmann und der Flieger Arnauld beschlossen, eine Friedrichshafen FF.29 auf dem Deck von U 12 zu befestigen, um es zu seinem Einsatzort zu transportieren. Am Bestimmungsort sollte das U-Boot dann etwas abtauchen, um das Wasserflugzeug freizugeben. So sollte der Einsatzradius des Flugzeuges erhöht werden. Das Flugzeug wurde mit seinen Tragflächen parallel zu U-Boot-Längsachse platziert. Da die See am Tag des ersten Versuches unruhig war und die Brecher das Flugzeug zu zerstören drohten, beschloss man bereits eine Stunde nach dem Auslaufen, das Flugzeug zu starten. Das U-Boot flutete die vorderen Tanks und das Flugzeug kam frei. Es flog einen Erkundungsflug an der Küste von Kent. Nachdem das deutsche Oberkommando von dem nicht genehmigten Unternehmen erfuhr, wurden weitere Versuche eingestellt. Erst 1917 wurden wieder, diesmal mit Genehmigung des Oberkommandos, Versuche für den gemeinsamen Einsatz von U-Booten und Flugzeugen unternommen, um die Schlagkraft der U-Boote zu vergrößern.

Mit dem Versuchsmodell des einsitzigen Flugbootes Hansa-Brandenburg W.20, von dem nur drei Exemplare gebaut wurden, wollten die deutschen Konstrukteure 1918 speziell ein Flugzeug für den Start von U-Booten konstruieren. Es handelte sich um ein U-Boot-gestütztes Flugzeug, das in demontiertem Zustand in einem U-Boot verstaut werden konnte. Der Zusammenbau dauerte nur drei Minuten. Der Doppeldecker W.20 hatte einen 5,93 m langen Rumpf, abnehmbare Tragflächen mit einer Spannweite von 6,80 m und einen 7-Zylinder-Umlaufmotor (U.O. - Umlaufmotor Oberursel; 80 PS = 60 kW) mit Druckpropeller. Es hatte ein Leergewicht von 396 kg und ein maximales Startgewicht von 568 kg. An den Tragflächen waren Stützschwimmer angebracht. Das Flugzeug sollte als Aufklärer für das U-Boot eingesetzt werden. Da der dafür vorgesehene U-Boot-Typ nicht gebaut wurde, wurden die Versuche eingestellt.

Im Zweiten Weltkrieg wurde in Deutschland die Arado Ar 231 entwickelt, ein ebenfalls U-Boot-gestütztes Aufklärungsflugzeug.

Eine andere deutsche Entwicklung im Zweiten Weltkrieg war der "U-Boot-Hubschrauberträger". Zur Vergrößerung der Sichtweite des U-Bootes wurde die Focke-Achgelis Fa 330 gebaut. Dies war ein sehr einfach aufgebauter Tragschrauber, der drei Rotorblätter, aber keinen Antriebsmotor hatte. Er wurde wie ein Drachen vom U-Boot geschleppt und konnte bereits bei 30 km/h Wind aufsteigen. In einer Höhe von 120 m beträgt die theoretische Sichtweite 40 km und ist damit fünf mal größer als vom U-Boot aus.

Eine Weiterentwicklung war der Focke-Achgelis Fa 336, der einen 60 PS-Motor hatte und als vollwertiger Hubschrauber eingesetzt werden konnte.

Großbritannien

Das britische U-Boot HMS M2 mit einem startbereiten Wasserflugzeug

Bereits 1914 wurde die Bristol Burnley X gebaut. Sie war so konstruiert, dass sie wieder auseinandergebaut werden konnte und sich auf einem Schiff bzw. in einem U-Boot verstauen ließ.

Die Briten befestigten 1916 zwei Sopwith-Schneider-Wasserflugzeuge an Deck des U-Bootes E22, um es auf die offene See zu transportieren.

Das weitreichendste Experiment in dieser Richtung führten die Briten jedoch 1927 durch, als sie das U-Boot M-2 als Flugzeugträger in Betrieb nahmen. Das U-Boot war für diese Aufgabe hervorragend geeignet, da es eine 12-Zoll-Kanone hatte, die sich in einem runden Kanonenturm weit vorne an Deck des U-Bootes befand. Diese große Kanone wurde entfernt und der wasserdichte und druckfeste Kanonenturm wurde zu einem Hangar umgebaut, um ein kleines zweisitziges Wasserflugzeug vom Typ Parnall Peto für Aufklärungszwecke aufzunehmen. In den Kanonenturm wurde ein Tor mit den Maßen 9'3 x 8'9 eingebaut. Um die Aufnahme des gelandeten Wasserflugzeuges vom Wasser auf das U-Boot zu ermöglichen, wurde auf den Turm ein kleiner Lastkran installiert. Hiermit konnte das Flugzeug auch wieder aus dem Hangar zum Starten auf das Wasser gesetzt werden. Gewöhnlich startete das Flugzeug aber von einem leicht nach oben geneigten Startkatapult auf dem Vorderdeck. Das Katapult war für ein Startgewicht von 318 kg (700 lbs) ausgelegt. Dabei wurde das Flugzeug auf einer Strecke von 10,3 m (34 ft) auf 72 km/h (45 mph) beschleunigt.

Um nach dem Auftauchen des U-Bootes einen möglichst zügigen Katapultstart zu ermöglichen, wurde der Flugzeugmotor und das Schmieröl anderweitig vorgewärmt, da der Motor nicht schon während der Unterwasserfahrt zum Warmlaufen gestartet werden konnte.

Der Prototyp (RAF-Kennung N181) der Parnall Peto wurde 1926 gebaut. Es war ein kleiner Doppeldecker mit Tragflächen unterschiedlicher Spannweite (Anderthalbdecker, Sesquiplane). Die Tragflächen waren beiklappbar und hatten dann nur noch eine Spannweite von 2,40 m.

Japan

Wasserflugzeug Aichi M6A Seiran - stationiert auf japanischen U-Booten vom Typ I-400

Die Japaner setzten im Zweiten Weltkrieg erstmals ein U-Boot als Flugzeugträger für Bombenflugzeuge ein. Bei allen vorherigen Projekten führte das U-Boot die Flugzeuge nur zu Aufklärungszwecken mit sich. Japan bombardierte in einem einzigen Unternehmen das Territorium der USA mit Hilfe von U-Boot-gestützten Yokosuka E14Y, die mit dem japanischen U-Boot I-25 in die Nähe der amerikanischen Küste transportiert wurden.

Nicht mehr zum Einsatz kam eine weitere japanische Konstruktion aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges, die M6A1. Dabei handelte es sich um eine Version der Aichi M6A Seiran. Dieses Wasserflugzeug konnte nach dem Start seine beiden Schwimmer abwerfen und später eine Bauchlandung im Wasser machen bzw. in einer weiteren Version mit einem zusätzlichen Einziehfahrwerk an Land landen. Die Arbeiten an dem als Bomber gedachten Flugzeug wurden von 1942 bis 1945 durchgeführt. Die ursprünglichen Pläne sahen den Bau von 18 sehr großen U-Booten vor, die jeweils 3-4 dieser Flugzeuge mitführen sollten, sozusagen U-Boot-Flugzeugträger, die durch den japanischen Erfolg ihrer Flugzeugträger beim Angriff auf Pearl Harbor inspiriert wurden. Der Start sollte laut Planung als Katapultstart erfolgen, wobei die 3 Flugzeuge innerhalb einer halben Stunde starten sollten.

Frankreich

Das französische U-Boot Surcouf (benannt nach dem französischen Piraten Robert Surcouf) wurde 1934 gebaut und ging 1942 unter. Dieses U-Boot hatte zwei riesige Kanonen vom Kaliber 203 mm, das eher für Schwere Kreuzer gebräuchlich war. Im hinteren Bereich des Turmes befand sich ein druckfester Hangar, in dem ein Wasserflugzeug vom Typ Besson MB-411 untergebracht war.

Sowjetunion

Im Zentralen Konstruktionsbüro für Meerestechnik "Rubin" (ZKB-18; Zentrales Konstruktionsbüro-18) wurde 1937 unter der Leitung von B. M. Malinin das U-Boot der Serie XIV (Projekt 41a) entworfen. Es war geplant das U-Boot mit einem Wasserflugzeug vom Typ Hydro-1 (russ. Гидро-1), Baujahr 1935, aus dem Konstruktionsbüro von N. W. Tschetwerikow (russ. Н. В. Четвериков) auszurüsten. Dafür war auf dem U-Boot ein 2,5 m breiter und 7,5 m langer Hangar geplant. Das Flugzeug hatte ein Abfluggewicht von 800 kg und flog bis zu 183 km/h schnell. Die Vorbereitungszeit, um das Flugzeug startklar zu machen sollte 5 Minuten betragen. Das Verstauen des Flugzeuges nach der Landung sollte 4 Minuten betragen. Das Projekt wurde jedoch nie realisiert.

Aktuelle Entwicklung

Im modernen U-Boot-Bau werden keine Flugzeuge eingesetzt. In der Sowjetunion gab es ein Projekt für einen Aufklärungshubschrauber Kamow Ka-56 „Osa“ (deutsch: Wespe). Er sollte für den Transport in einem U-Boot angepasst werden, in der Torpedo-Abschussvorrichtung, von der er auch gestartet werden sollte. Das Projekt erreichte nicht die Serienreife, da es in der Sowjetunion nicht die passenden Triebwerke für den Rotor gab.

In den USA gibt es Projekte für den Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen von U-Booten aus.

Siehe auch

Literatur

Terry C. Treadwell: Strike from beneath the Sea: A History of Aircraft Carrying Submarine. ISBN 978-0-7524-1704-2, Arcadia Publishing, 1999


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Flugzeugträger — Der Flugzeugträger USS Harry S. Truman der US Navy längsseits des Versorgungsschiffs USNS John Lenthal im Mittelmeer …   Deutsch Wikipedia

  • Flugzeugträger B — Schiffsdaten Auftragsvergabe: 16. November 1935 Kiellegung: 1938 …   Deutsch Wikipedia

  • Flugzeugträger und Geschwader der US Navy im Zweiten Golfkrieg — Insgesamt sechs Flugzeugträger der US Navy mit je einem Geschwader (CVW carrier air wing) nahmen am Zweiten Golfkrieg teil. Inhaltsverzeichnis 1 USS Saratoga/CVW 17 2 USS John F. Kennedy/CVW 3 3 USS Midway/CVW 5 …   Deutsch Wikipedia

  • Flug-U-Boot — Sowjetischer Entwurf für ein fliegendes U Boot Das Fliegende U Boot ist eine Kombination aus Wasserflugzeug und Unterseeboot, das man alternativ auch als Tauchendes Flugzeug bezeichnen kann. Dieses Fluggerät soll wie ein Flugzeug fliegen, auf dem …   Deutsch Wikipedia

  • Fliegendes U-Boot — Sowjetischer Entwurf für ein fliegendes U Boot Das Fliegende U Boot ist eine Kombination aus Wasserflugzeug und Unterseeboot, das man alternativ auch als Tauchendes Flugzeug bezeichnen kann. Dieses Fluggerät soll wie ein Flugzeug fliegen, auf dem …   Deutsch Wikipedia

  • Historische Flugzeugträger — Bei dieser Auflistung handelt es sich um die historischen Flugzeugträger. Sie enthält die Flugzeugträger, leichten Träger und Geleitträger, die aus den Schiffslisten der Marinen gestrichen sind (z. B. wegen Verschrottung oder Totalverlust). Um… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der historischen Flugzeugträger — Bei dieser Auflistung handelt es sich um die historischen Flugzeugträger. Sie enthält die Flugzeugträger, leichten Träger und Geleitträger, die aus den Schiffslisten der Marinen gestrichen sind (z. B. wegen Verschrottung oder Totalverlust). Um… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste historischer Flugzeugträger — Bei dieser Auflistung handelt es sich um die historischen Flugzeugträger. Sie enthält die Flugzeugträger, leichten Träger und Geleitträger, die aus den Schiffslisten der Marinen gestrichen sind (beispielsweise wegen Verschrottung oder… …   Deutsch Wikipedia

  • U-Boot-Krieg — Der Begriff U Boot Krieg bezeichnet Kampfhandlungen, bei denen U Boote eingesetzt werden, um feindliche Schiffe zu versenken. Werden Schiffe ohne vorherige Warnung angegriffen, so spricht man vom uneingeschränkten U Boot Krieg. In konsequenter… …   Deutsch Wikipedia

  • U-Boot mit Marschflugkörpern — Modernes russisches SSGN der Oscar Klasse Älteres so …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”