U-Boot-Bunker Valentin

U-Boot-Bunker Valentin
Eingang zum Bunker

Der U-Boot-Bunker Valentin, häufig auch U-Boot-Bunker Farge genannt, ist ein im Bremer Ortsteil Rekum[1] an der Weser gelegenes Bauwerk, das von 1943 bis März 1945 unter Einsatz von Zwangsarbeitern errichtet wurde, wobei Tausende ums Leben kamen. Im Bunker Valentin sollten aus vorgefertigten Sektionen U-Boote des Typs XXI montiert werden. Infolge von Bombardierungen und des nahenden Kriegsendes wurde der U-Boot-Bunker nicht fertiggestellt.

Es handelt sich um den von der Grundfläche (35.375 m²) her größten freistehenden Bunker in Deutschland, und um den zweitgrößten in Europa. An Material wurden eine Million Tonnen Kies und Sand, 132.000 Tonnen Zement und 20.000 Tonnen Stahl verbaut. Der größte U-Boot-Bunker des Zweiten Weltkrieges wurde im besetzten Frankreich bei Brest errichtet.

Ein Teil des Gebäudes wurde bis Ende 2010 von der Bundeswehr als Teildepot des Wilhelmshavener Marinematerialdepots 2 genutzt, mittlerweile jedoch verlassen. Es ist geplant, den Bunker in eine Gedenkstätte umzuwandeln. Bund und Land stellen für den Aufbau einer Gedenkstätte zusammen 3,8 Millionen Euro zur Verfügung. Beide zahlen jeweils die Hälfte.

Inhaltsverzeichnis

Planung

Projekt

Baupier für die Materialanlieferungen

Als die Bombenangriffe auf deutsche Werften zunahmen und die Produktion von U-Booten dadurch stark eingeschränkt wurde, wurden bombensichere Werften in Bunkern geplant. Eine meterdicke Zerschellschicht (im Bunker Valentin in Form einer Sieben-Meter-Spannbeton-Decke) sollte dafür sorgen, dass die Produktion vollkommen unbeeindruckt von Luftangriffen weitergehen konnte.

Gegen Ende des Jahres 1942 gab der NS-Rüstungsminister Albert Speer den Plan für eine der größten Bunkerwerften heraus. Als Standort wurde Bremen-Farge aufgrund der infrastrukturell günstigen Anbindung an die Weser, vorhandener arbeitsloser Zwangsarbeiter sowie der enormen Fertigungskapazitäten der Bremer Großwerften ausgewählt. Der Bunker sollte nach Fertigstellung vom Bremer Vulkan zur Endmontage der in Sektionsbauweise fließbandartig gebauten U-Boote des Typs XXI genutzt werden. Ein weiterer Bunkerbau namens „Hornisse“ wurde im Bremer Hafen für die AG Weser begonnen, um dort U-Boot-Sektionen zu fertigen. Andere Sektionen sollten im Bunker „Wespe“ in Wilhelmshaven hergestellt und dann per Schiff zum Bunker Valentin zur Endmontage gebracht werden.

Die Bezeichnung richtete sich nach den Anfangsbuchstaben der Standorte: „Valentin“ stammt von Vegesack, dem Standort der Vulkan-Werft. Der U-Boot-Bunker in Hamburg-Finkenwerder hieß „Fink II“, der Bunker Wespe stand in Wilhelmshaven, in Kiel gab es den U-Boot-Bunker Kilian.

Die Fertigstellung des Bunkers war ursprünglich für Ende 1944 geplant und wurde dann auf Anfang 1945 verschoben.

Valentin 2

Da es im Werftbunker Valentin mit den 13 Taktplätzen nicht genügend Platz für die Ausrüstung der U-Boote gab, wurde im November 1944 der Planungsauftrag für den Bunker „Valentin 2“ erteilt. Mit den Erdarbeiten wurde im Februar 1945 begonnen. Diese Arbeiten wurden dann Ende März 1945 eingestellt.

Produktionsweise

Im Bunker sollte nach der Fertigstellung alle 56 Stunden ein U-Boot vom Stapel laufen, was zu einer monatlichen Produktion von 14 Booten geführt hätte. Planungen von Ende 1944 sahen vor, dass nach Produktionsanlauf im April 1945 zunächst monatlich drei Boote fertiggestellt werden sollten und ab August 1945 dann die (vorläufige) Endkapazität von 14 Booten erreicht sein würde.

Die Sektionen der Boote sollten in anderen Fabriken – hauptsächlich in den Werften Blohm & Voß, Deschimag AG Weser und Deschimag Seebeck AG – vorgefertigt und dann unter Leitung des Bremer Vulkan im Valentinbunker auf einer Montagelinie zusammengebaut und komplett ausgerüstet werden. Vorgesehen waren 13 Montagestationen, wobei die Station 13 ein etwa 8 m tiefes Wasserbecken mit anschließender Ausfahrt zur Weser war. Die Stationen 12 und 13 waren vom übrigen Bereich durch Mauern und Schleusentore abgetrennt und konnten bis zu einer Höhe von 14 m geflutet werden.

Nach Aufschwimmen des Bootes in Station 12 wurde dieses seitlich nach Station 13 verschoben. Nach Erreichen des Höchstwasserstands von 14 m wären somit in der Station 13 stationäre Dichtigkeits- und Funktionsprüfungen bis 22 m Tiefe (Kiel des Bootes) möglich gewesen.

Bau

Überblick auf die Turmdrehkräne auf dem Bau, 1944
Zwangsarbeiter beim Positionieren eines Spannbetonbogens mit Stahlstangen, 1944

Der Bau wurde von der Organisation Todt geplant und beaufsichtigt. Die Bauleitung wurde seit dem Baubeginn im Jahre 1943 von der Arbeitsgemeinschaft Agatz & Bock wahrgenommen, die Bauleitung vor Ort oblag Erich Lackner und der Deschimag AG Weser.[2] Für die Anlieferung der Baustoffe wurden Kaianlagen an der Weser geschaffen und eine Nebenstrecke der Marinebahn Farge–Schwanewede gebaut. 50 Firmen in zwei Arbeitsgemeinschaften waren mit der Bauausführung beschäftigt.

Für den Bau wurden 10.000 bis 12.000 Zwangsarbeiter aus den besetzten Gebieten und dem KZ Neuengamme herbeigeschafft. Sie mussten in Zehnstundenschichten den Bunker errichten. Vermutlich sind 2.000 bis 6.000 Menschen bei Bauarbeiten ums Leben gekommen, genauere Zahlen sind jedoch schwer zu erfassen. Es sind nur 1.700 Tote registriert, weil die Namen der polnischen und russischen Toten nicht berücksichtigt wurden. Viele Zwangsarbeiter sind an Unterernährung gestorben oder hingerichtet worden.

Lager

In der Region Bremen-Farge mit den niedersächsischen Ortschaften Schwanewede und Neuenkirchen gab es auf einer Fläche von 6 mal 2 km sieben Häftlings-Lager, die ab 1938 eingerichtet wurden.

1937 richtete die Firma Gottlieb Tesch aus Berlin ein Aufenthaltslager für Firmenmitarbeiter am Waldweg (heute An de Deelen) in Lüßum ein. Ergänzend kamen zunächst 300 „Fremdarbeiter“ hinzu. Diese wurden bereits ab 1938 für den Bau eines Treibstoffbunkers für 160.000 Kubikmeter Kraftstoff herangezogen. Der Auftrag kam von der Tarnfirma Wifo, die dem Gelände den Namen gab. Die Arbeiter waren im Vergleich zu anderen Gruppen noch weniger eingeschränkt: Sie gingen ohne Begleitung zur Baustelle, behielten ihre Zivilkleidung und durften sich relativ frei bewegen – mit Ausnahme der Polen, welche zusätzlich ein lila „P“ tragen mussten. Gegen Kriegsende waren circa 2.000 Menschen in dem Lager untergebracht.[3] Die Tankanlagen werden z. T. heute noch betrieben. Bis 1960 nutzten sie die Amerikaner (u. a. für die Berliner Luftbrücke). Heute ist es das größte Treibstofflager Europas – es wird zu 1/3 von der Bundeswehr und 2/3 von der Ölwirtschaft genutzt.

Als Teilbereich des Tesch-Lagers entstand im Oktober 1940 das erste Arbeitserziehungslager der Gestapo. Dieses Straflager diente der Disziplinierung sogenannter „Bummelanten“, Arbeitsverweigerer, Regimegegner und später „Halbjuden“. Es wurde schnell aufgrund seiner besonderen Härte zu einem Vorzeigelager, das die Historikerin Gabriele Lotfi als eines der wenigen „Todeslager“ unter den Arbeitserziehungslagern bezeichnete. [4] Die Häftlinge wurden einer „erzieherischen Maßnahme“ unterworfen – auf 56 Tage beschränkt. Die Gestapo konnte weitere 21 Tage Schutzhaft anordnen. Es sind zudem Fälle bekannt, dass jemand nach kurzer Freiheit erneut ins Lager gebracht wurde. Die Lebensbedingungen waren bewusst erheblich schlimmer und das Verhalten des Wachpersonals grausamer als in einem KZ, um die „erziehende Wirkung“ zu erzielen.

Das KZ Neuengamme besaß ein ganzes Netzwerk von Außenlagern, zu denen seit November 1943 auch das KZ Farge gehörte. Seit November 1943 wurden hier anfangs 500, später bis zu 2.500 Gefangene untergebracht. Diese wurden für die schwersten und unangenehmsten Arbeiten auf der Baustelle eingesetzt. Untergebracht waren sie hauptsächlich in einem fertiggestellten Treibstoffbunker, wo sie ohne Tageslicht in engster Umgebung und mit wenig Essen versorgt hausten. [5]

Ab 1939 kamen zwei „Marinegemeinschaftslager“ dazu. In den Lagern der Organisation Todt Heidkamp I und II (= Ortsteil von Schwanewede) wurden zuletzt 4.500 Menschen in 27 Baracken zusammengezwängt. Außerdem gab es noch ein Kriegsgefangenenlager.

Bombardierung und Bauende

Einschlagsloch einer der zwei britischen Bomben, die Valentin trafen

Anfang 1943 begann die Flächenbombardierung Bremens und der Werften Deschimag AG Weser und Bremer Vulkan. Der Bunker wurde nicht bombardiert, obwohl der Baufortschritt den Alliierten durch Luftaufklärung bekannt war. Es war ihnen vermutlich wichtiger, dass die Baustelle Material und Arbeitskräfte band, beides somit der Herstellung von Rüstungsgütern entzogen wurde. Erst kurz vor Inbetriebnahme, als der Bunker zu etwa 90% fertiggestellt war, wurden zwei Luftangriffe auf den Bunker geflogen.

Der erste der beiden Angriffe erfolgte am 27. März 1945 durch 18 spezielle ausgerüstete Bomber vom Typ Lancaster B Mk.I (Special) der Royal Air Force, die mit 13 Grand Slams (je 10 t), vier Tallboys (je 5,4 t) und zwölf 454-kg-Bomben bewaffnet waren. Zwei Treffer sind zu verzeichnen, zwei Grand Slams drangen etwa 2 m tief in die – in der ersten Ausbaustufe befindliche – 4,5 m starke Decke ein. Beide rissen jeweils ein Loch von etwa 8 m Durchmesser in die Bunkerdecke, von denen eines in nebenstehender Abbildung mit heraushängender Armierung, im Volksmund seiner Form wegen heute „Toter Mann“ genannt, zu sehen ist.

Die Bauarbeiten wurden daraufhin eingestellt. Am 30. März 1945 erfolgte ein Angriff der US Army Air Force, deren 2,5 t schwere Bomben dem Bunker zwar nichts anhaben konnten, aber die umliegende ungeschützte Infrastruktur zerstörten und das Baggerschiff versenkten, welches den Durchbruch zur Weser freimachen sollte. Die Bauarbeiten wurden nicht wieder aufgenommen, und selbst die Aufräumarbeiten nach den Angriffen wurden eine Woche später abgebrochen.

Nutzung nach dem Krieg

Innenansicht des U-Boot-Bunkers, Ausfahrt zur Weser

Nach Freigabe durch die Alliierten Ende Mai 1945 begannen Arbeiter der beteiligten Baufirmen, die Anlagen zu demontieren, und Schrotthändler schlachteten den Bunker aus. Später, von 1946 bis 1949, wurde der Bunker von der RAF und der USAF zu Tests mit speziellen betonbrechenden Bomben genutzt. Die komplette Sprengung wurde mehrfach diskutiert, jedoch nie umgesetzt, was vor allem am Widerspruch des neuen Hafendirektors und ehemaligen Bauleiters für den Bunker Arnold Agatz scheiterte. Zudem wären die möglichen Schäden in der Umgebung zu groß geworden. Es wurde davon ausgegangen, dass die großen, einstürzenden Massen ein künstliches Erdbeben erzeugen, in dessen Folge der Ortsteil Rekum größtenteils zerstört und das in der Nähe befindliche Kraftwerk Farge schwer beschädigt würden. Daraufhin wurden nur kleinere Teile des Bunkers, Tauchbecken und Ausfahrtbecken von Engländern gesprengt.

1948 plante der Senator für das Bauwesen, den Bunker durch Trümmerschutt und Erdaufschüttungen in einen großen Hügel zu verwandeln, um ihn als Parklandschaft zu nutzen. Für die komplette Einebnung des Geländes wäre eine Masse von etwa 800.000 m³ nötig gewesen. Aufgrund der damit entstehenden Kosten von rund einer Million Mark ließ der Senat das Projekt schließlich fallen. Stattdessen entwickelte sich die Weserseite des Bunkers vollkommen eigenständig zu einem beliebten Bade-, Angel- und Campingplatz.

In den 1950er Jahren wurde der Bunker wieder öffentlich beachtet, hierbei jedoch auf technische Leistungen und seine Größe beschränkend als „Wunder“ bzw. „Achtes Weltwunder“ bezeichnet.[6] Selbst ein Leichenfund im Fundament des Bunkers am 28. Juni 1957, bei dem es sich offenkundig um einen verstorbenen Zwangsarbeiter handelte, führte zu keiner weitergehenden Auseinandersetzung mit den negativen Aspekten des Bunkerbaus.[7] Der Fokus lag auf einer weiteren pragmatischen Nutzung des gigantischen Gebäudes. So sollte er als großes Kühlhaus genutzt oder das Bunkergebäude in einen Atomreaktor umgewandelt werden (1957). Beide Ideen wurden jedoch wie der Plan zur Errichtung einer Freizeitanlage aus Kostengründen aufgegeben. Nach der Wiederbewaffnung war er als Depot für amerikanische Atomwaffen vorgesehen, was aber ebenfalls nie umgesetzt wurde.

Im Oktober 1960 beschloss die Bundeswehr eine Nutzung des Bunkers als Materialdepot der Marine. Vier Jahre später begannen die Instandsetzungsarbeiten an etwa 40 % des Bunkers, welches in ein Marinedepot der Bundeswehr umgebaut wurde. Ab dem 1. Oktober 1966 wurden hier Ersatzteile, Bordausrüstungen und nautisches Zubehör verschiedener Schiffstypen gelagert, später kamen auch Materialien verschiedener Bordhubschrauber hinzu. Das Gelände des ehemaligen Außenlagers war als Panzerübungsgelände bereits seit Ende der 1950er-Jahre Teil des Standortübungsplatzes der Bundeswehrgarnison. Dieses Teildepot des Wilhelmshavener Marinematerialdepots 2 wurde 2010 verlassen.[8]

Die Fundamente des Bunkers wurden auf Lauenburger Ton gegründet, welcher sich durch hohe Festigkeit und Stabilität auszeichnet. Diese Voraussetzung war der Grund dafür, dass für das Fundament statt einer kompletten Fundamentplatte lediglich Fundamentstreifen ausreichten. Die Fundamentstreifen sind zwischen 6,50 und 15 Meter tief und zwischen 11 und 12 Meter breit[9]. Noch heute werden daran Messungen über die Absenkung des Bauwerkes im Boden vorgenommen, weil so einzigartige Erfahrungswerte für die Verbesserung statischer Berechnungen gewonnen werden können.

Erinnerungsstätte

Das Mahnmal Vernichtung durch Arbeit vor dem Bunker versinnbildlicht das Leiden und Sterben der Häftlinge, die schwere Zwangsarbeit auf der Bunkerbaustelle verrichten musste.

Nachdem der Bunker auch aufgrund von Geheimhaltung und militärischer Absperrung lange ins Vergessen geraten war, wurde ab den 1980er Jahren langsam die Geschichte der Zwangsarbeiter beachtet. Der Bremer Verwaltungsbeamte Rainer Habel fand 1975 in alten Parlamentsprotokollen eine Große Anfrage an den Senat nach Massengräbern in der Farger Heide. Aus seinen Recherchen entstand 1981 die Rundfunk-Produktion „Keiner verlässt lebend das Lager“ für Radio Bremen, wodurch das Schicksal der Zwangsarbeiter wieder in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit gelangte.

Habel gründete die Initiative „Blumen für Farge“, die Kontakt zu ehemaligen Häftlingen wie Lucien Hirth (1923–2008) und André Migdal pflegte, welche bereits seit vielen Jahren regelmäßig Gedenkfahrten (Pélérinagen) unter anderem auch zum Bunker unternahmen. Die Initiative setzte sich nun zunehmend für die Schaffung eines Mahnmals für die ehemaligen Zwangsarbeiter der Bunkerbaustelle ein.[10]

Mahnmal

Nach einer längeren Diskussion wurde 1983 am Eingang ein Mahnmal namens Vernichtung durch Arbeit für die Opfer des Bunkerbaus errichtet, eine Betonplastik des Bremer Künstlers Fritz Stein.[11] Es steht auf der ehemaligen Trasse der Marinebahn Farge-Schwanewede, die auch für Deportationszüge genutzt wurde.

Es entstanden Initiativen, die die Öffentlichkeit informierten, und die Bundeswehr begann, die militärische Geheimhaltung und Abschirmung zugunsten einer beschränkten Öffentlichkeitsarbeit fallenzulassen. Nach Protesten ließ sie am gesprengten Rundbunker, in dem KZ-Häftlinge untergebracht waren, 1985 eine Informationstafel anbringen, und der Standortälteste der Bundeswehr Schwanewede ließ im April 1995 zum 50. Erinnerungstag des Kriegsendes einen Findling zum Gedenken an die Toten des Außenlagers aufstellen. Er wurde 2008 durch einen neueren ersetzt. Seit 1990 erlaubten einige Standortleiter zivilen Besuchern einen Besuch des Bunkers und stellten einen Mitarbeiter des Depots für Führungen ab.

Kulturelle Veranstaltungen

Lesungen ehemaliger Häftlinge durften nun im unrenovierten Teil des Bunkers stattfinden und führten dazu, dass dieses Kulturprogramm erweitert wurde. Am 7. Mai 2000, 55 Jahre nach Kriegsende und der Befreiung aus den Häftlingslagern, sprach zum Beispiel André Migdal im U-Boot-Bunker Valentin: Seine Cantate pour la vie hatte dort Premiere.[10] Zwischen 1999 und 2004 wurde im ungenutzten Teil der Ruine das Theaterstück Die letzten Tage der Menschheit von Karl Kraus unter der Regie von Johann Kresnik vom Theater Bremen aufgeführt. Rund 40.000 Theatergäste besuchten die Vorstellungen.[12]

Für Ausstellungszwecke stellte die Bundeswehr 1999 eine Materialbaracke zur Verfügung. Seit Anfang 2002 sind markante Orte wie die ehemaligen Gelände des KZ-Außenlagers und des „Arbeitserziehungslagers Farge“ sowie Grabstätten als Stationen eines „Geschichtslehrpfades“ mit Stelen gekennzeichnet. Seit 2005 führt das Schulzentrum Blumenthal jeweils Ende April einen Gedenklauf durch vom Weserdeich am Bunker über die Lagerstraße zum ehemaligen Arbeitserziehungslager. Der Verein „Geschichtslehrpfad“ und die „Friedensschule Bremen“ organisieren regelmäßig Führungen durch den Bunker und über das Lagergelände. Seit 2005 ist Valentin als einziger Bunker im Land Bremen in der Landesdenkmalliste eingetragen.[13] Angesichts der Pläne, den Bunker zu verkaufen, besuchte der Bremer Senat mit Bürgermeister Jens Böhrnsen und Bürgermeisterin Karoline Linnert am 15. April 2008 den Bunker „Valentin“ zusammen mit dem Brigadegeneral Wolfgang Brüschke. Im Vordergrund der Gespräche stand dabei eine angemessene Nachnutzung des Bauwerks. Der Senat sprach sich dafür aus, im Bunker eine Gedenkstätte für die beim Bau ums Leben gekommenen Zwangsarbeiter zu errichten.[14] Im selben Jahr fand in Bremen ein Gedenkstättenseminar statt, das den Bunker als zukünftige Gedenkstätte thematisierte.[15] Am 3. März 2009 beschloss der Bremer Senat, 150.000 Euro zur Erstellung eines Gedenkstättenkonzepts bereitzustellen. Die Bremer Landeszentrale für politische Bildung ist mit der Vorbereitung zur Errichtung einer zentralen Erinnerungs- und Dokumentationsstätte beauftragt.[16]

Gedenkstätte

Bremen bekam vom Bund 1,9 Millionen Euro, um 2011 bis 2015 eine Gedenkstätte im ehemaligen U-Boot-Bunker „Valentin“ aufzubauen[17] und verdoppelte diesen Betrag aus Landesmitteln.

Am 8. Mai 2011 nahm die Gedenkstätte Denkort Bunker Valentin ihren Betrieb auf.[18] Zunächst sollen Führungen für Gruppen und Schulklassen angeboten werden sowie Materialien für Unterricht und Seminare erstellt werden. Um den Bunker herum soll ein Weg führen: „Die physische Erfahrung des Ruinenteils gehört zu den pädagogisch wichtigen Elementen des Denkortes Bunker Valentin.“ Für die Zukunft ist auch an einen Fahrstuhl auf das Dach des Bunkers gedacht, wo ein Modell die Dimensionen der Baustelle verdeutlichen soll. „Ein offenes Archiv, die Freilegung der Betonmischanlage, archäologische Untersuchungen und die Bereitstellung einer Veranstaltungsfläche für Lesungen und Konzerte - das Konzept der Landeszentrale für politische Bildung sieht eine ganze Reihe weiterer Ausbau-Module vor.“[19]

Eigentümer

Am 31. Dezember 2010 beendete die Bundeswehr die Nutzung des Bunkers. Seitdem wird der Komplex von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) verwaltet. Diese versucht, den vorderen Bunkerteil wirtschaftlich zu nutzen. Bürgermeister Jens Böhrnsen hatte allerdings gewarnt: „Dieses monströse Monument kann man nicht wie eine beliebige Immobilie auf eine Verkaufsliste setzen“, als der Bunker im Internet zum Verkauf angeboten wurde.[19] Am 10. Januar 2011 unterschrieb Böhrnsen eine Nutzungsvereinbarung mit der BIMA zur gemeinsamen Nutzung des Bunkers im Beisein von Vertretern des Vereins „Geschichtslehrpfad Farge“ und des Projektes „Internationale Friedensschule Bremen“, die ihre Bunkerführungen im Auftrag des Landes Bremen fortsetzen werden.

Gebäudedaten

  • Länge: 426 m
  • Breite (Osten): 67 m
  • Breite (Westen): 97 m
  • Außenhöhe: 20-22 m
  • Außenhöhe bei Deckenerhöhung: 30-33 m
  • Innenhöhe: 18 m
  • Grundfläche: 35.375 m²
  • gesicherter umbauter Raum: 520.000 m³
  • verbauter Beton: knapp 500.000 m³
  • Betondicke (Decke, erste Ausbaustufe): 4,5 m
  • Betondicke (Decke, zweite Ausbaustufe): 7 m
  • Betondicke (Außenwände): 4,5 m

Siehe auch

Literatur

Filme

  • depot dämon denkort – Der U-Boot-Bunker in Bremen-Farge; Film von Silke Betscher, Katharina Hoffmann und Wolfgang Wortmann mit Unterstützung durch Lerngruppen des Schulzentrums Blumenthal. Verleih: Landeszentrale für politische Bildung Bremen. (Premiere: 25. April 2008)
  • Der U-Boot-Bunker "Valentin" – Überleben auf der Baustelle und den Lagern 1943-1945; Film von Daniel Sokolis. Verleih: Landesfilmarchiv Bremen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Aus historischen Gründen wird der Bunker häufig Farge zugeordnet. Er befindet sich aber im Bremer Ortsteil Rekum.vgl. die Stadtkarte:Der Bunker liegt in Rekum
  2. Eike Lehmann: 100 Jahre schiffbautechnische Gesellschaft. Springer, Berlin 1999, ISBN 3540641505, S. 214.
  3. Johr/Roder, S.22-26.
  4. Gabriele Lotfi: KZ der Gestapo. Arbeitserziehungslager im Dritten Reich. Stuttgart 2000, ISBN 3421053421, S. 80,193.
  5. Marc Bruggeln: Der U-Boot-Bunker Valentin. In: Inge Marszolek/Marc Buggeln (Hrsg.): Bunker. Kriegsort, Zuflucht, Erinnerungsraum im Dritten Reich. Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-593-38603-4, S. 111ff..
  6. Weser-Kurier vom 13. Oktober 1955.
  7. Bremer Nachrichten vom 29. Juni 1957.
  8. Christochowitz, S.70f.
  9. Lars Oliver Windmann, Ehemalige U-Boot-Bunkerwerft "Valentin"
  10. a b Silke Wenk (Hrsg.): Die Initiative »Blumen für Farge«. In: Erinnerungsorte aus Beton. Bunker in Städten und Landschaften. Ch. Links Verlag, Berlin 2001, ISBN 3861532549, S. 174 u. a.,, abgerufen am 26. November 2009.
  11. Beschreibung auf der Homepage des KZ Neuengamme.
  12. "Die letzten Tage der Menschheit" im Bunker auf Spiegel Online, 22. April 1999.
  13. Denkmaldatenbank des LfD
  14. Pressemitteilung des Bremer Senats, 15. April 2008.
  15. Pressemitteilung des Bremer Senats, 11. September 2008.
  16. Pressemitteilung des Bremer Senats, 3. März 2009.
  17. Rahmenvereinbarung für die Nutzung des ehemaligen U-Boot-Bunkers Valentin unterschrieben. Senatspressestelle, 10. Januar 2011, abgerufen am 12. Januar 2011.
  18. Rede zur Eröffnung der Gedenkstätte
  19. a b "Das Bunkerkonzept steht", Weser-Kurier 8. September 2010, S. 9
53.2166666666678.5041666666667

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