U-Bahnlinie 55 (Berlin)

U-Bahnlinie 55 (Berlin)
Linie Berlin U55.svg
Strecke der U-Bahnlinie 55 (Berlin)
BSicon utENDEa.svg Kehrgleisanlage Hauptbahnhof
BSicon utBHF.svg Hauptbahnhof (HBF) Deutsche Bahn AG-Logo.svg S-Bahn Stadtbahn
BSicon utHST.svg Bundestag (BUN)
BSicon utHST.svg Brandenburger Tor (BRT) S-Bahn Nord-Süd-Tunnel
BSicon uextSTR.svg Weiterführung in Richtung Alexanderplatz im Bau
BSicon uextHST.svg Unter den Linden (ULU) Berlin U6.svg
BSicon uextHST.svg Museumsinsel (MIN)
BSicon uextBHF.svg Berliner Rathaus (RHO)
BSicon uextSTR.svg Anschluss an die Berlin U5.svg in Richtung Hönow
U5 200-Kilometer-Plan Tegel Heckerdamm Jungfernheide Wiebestraße Beusselstraße Turmstraße Fritz-Schloß-Park Hauptbahnhof Bundestag Brandenburger Tor Unter den Linden Museumsinsel Berliner Rathaus Alexanderplatz Schillingstraße Strausberger Platz Weberwiese Frankfurter Tor Samariterstraße Frankfurter Allee Magdalenenstraße Lichtenberg Friedrichsfelde Tierpark Biesdorf-Süd U-Bahnhof Elsterwerdaer Platz Wuhletal Kaulsdorf-Nord Neue Grottauer Straße Cottbusser Platz Hellersdorf Louis-Lewin-Straße Hönow KarlshorstStrecke der U-Bahnlinie 55 (Berlin)
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Kennzeichnung am Bahnhof Bundestag

U55 ist die Linienbezeichnung für eine Strecke der Berliner U-Bahn vom Brandenburger Tor zum Hauptbahnhof, die am 8. August 2009[1] eröffnet wurde. Diese bisher nur 1,8 Kilometer lange Strecke ist Bestandteil der auch als „Kanzler-U-Bahn“ bezeichneten Verlängerung der U-Bahn-Linie U5 vom Alexanderplatz nach Westen. Nach Bau und Inbetriebnahme der Strecke zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor wird die Linie U55 in der Linie U5 aufgehen.

Inhaltsverzeichnis

Planungsgeschichte

Der Name „Kanzler-U-Bahn“ ist eine Anspielung auf den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl, da der Bau der Linie auf Betreiben der damaligen Bundesregierung im Hauptstadtvertrag geregelt wurde. Die ursprünglichen Planungen stammen allerdings aus dem sogenannten „200-Kilometer-Plan“ der West-Berliner Verwaltung Mitte der 1950er Jahre, die bereits damals neben vielen anderen Projekten u. a. eine westliche Verlängerung der U-Bahn-Linie E (heute: U5) in der heute projektierten Trassenführung vorsahen.

Unter den im Zuge der Wiedervereinigung geplanten U-Bahn-Verlängerungen und Linien-Neubauten war die U5 die erste größere Baumaßnahme. Die existierenden Pläne aus den 1950er Jahren wurden so angepasst, dass die vom Alexanderplatz verlängerte U5 den neu geplanten Hauptbahnhof sowie das neue Regierungsviertel bedient. Für den heutigen Bundestag wurde damals eine großzügige Verteilerebene mit direkten Zugängen zum Kanzleramt und Paul-Löbe-Haus (Bundestagsgebäude) vorgesehen. Auch dies trug zur Verbreitung des Begriffs „Kanzler-U-Bahn“ bei.[2] In der langfristigen Planung sollte die U5 im Westen ab Hauptbahnhof weiter durch den Ortsteil Moabit (Anschlussbahnhof zur U9 in der Turmstraße) und über die Jungfernheide (Anschluss U7, Nordring der S-Bahn) bis zum Flughafen Tegel verlaufen. Allerdings wurde nur der Abschnitt Alexanderplatz–Turmstraße in den vordringlichen Bedarf aufgenommen und näher untersucht. Dieser Abschnitt wurde mit den folgenden Bahnhöfen geplant:

Eine Finanzierungsvereinbarung wurde im Rahmen des Hauptstadtvertrages allerdings nur für den Abschnitt Alexanderplatz – Hauptbahnhof getroffen, obwohl die Kosten-Nutzen-Untersuchung sich auf den Abschnitt bis Turmstraße bezog.

Angesichts der projektierten Baukosten von mindestens 700 Mio. Euro allein zwischen Alexanderplatz und Hauptbahnhof[3] und der auf diesem Abschnitt parallel verkehrenden Stadtbahn wird die Notwendigkeit dieser Linie häufig in Frage gestellt. Der Kosten-Nutzen-Wert der Strecke vom Alexanderplatz bis zur Turmstraße betrug 1,79. Werte größer 1 bedeuten in diesem Fall, dass der Nutzen im Allgemeinen größer ist als die Kosten und das Projekt somit als wirtschaftlich gelten kann. Eine gesonderte Berechnung für den Abschnitt nur bis zum Hauptbahnhof wurde nicht durchgeführt.[2]

Baustopp und Zwischennutzung

2002 stoppte der Berliner Senat das Projekt aus finanziellen Gründen. Die Stationen Hauptbahnhof und Reichstag waren dabei schon im Rohbau fertiggestellt gewesen. Um die Rückzahlung von mehr als 800 Millionen Euro Fördergeldern des Bundes zu vermeiden, beschloss der Senat 2003 eine Fortführung bis zum Brandenburger Tor, die bis 2006 fertiggestellt werden sollte. Auf einem Gleis sollte anschließend ein Zwei-Wagen-Zug auf der dann 1,47 km langen Strecke pendeln.[4]

Am 27. Oktober 2005 wurde bekannt, dass die Fertigstellung aufgrund hohen Grundwasserstands am Brandenburger Tor nicht bis Mai 2006 erfolgen könne. Daraufhin wurde ein vorübergehender Betrieb im 610 m langen Abschnitt zwischen Hauptbahnhof und Reichstag zur Fußball-WM 2006 diskutiert.[4] Diese Pläne wurden letztlich nicht realisiert. Die Berliner Verkehrsbetriebe weigerten sich, die Betriebskosten für den Inselbetrieb auf diesem kurzen Abschnitt zu tragen. Darüber hinaus äußerten Polizei und Feuerwehr Bedenken, ob die kurzen Fahrzeuge die erwarteten Menschenmassen bewältigen könnten. Das Bundesverkehrsministerium verzichtete darüber hinaus auf die Rückzahlung von 70 Millionen Euro Fördermitteln, die in den bis dahin realisierten Bau investiert worden waren und durch die Verletzung der Betriebspflicht eigentlich hätten zurückgezahlt werden müssen.[5]

U-Bahnhof Bundestag als Opern-Spielstätte 2008

Während des Baustopps fungierte der im Rohbau fertige Bahnhof Reichstag als Veranstaltungs- und Filmdrehort. Beispielsweise fanden dort die Uraufführung von Angie (ein Stück über Angela Merkel), Kart-Rennen und eine Party mit Robbie Williams während seiner Tournee statt. Aber auch Teile der Horror-Filmproduktion Resident Evil und des Science-Fiction-Films Æon Flux wurden im U-Bahnhof gedreht. Im April und Mai 2008 diente der fertiggestellte und nunmehr in Bundestag umbenannte Bahnhof als Aufführungsort einer Inszenierung von Mozarts Zauberflöte unter der Regie von Christoph Hagel.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung nutzte die leerstehende U-Bahn-Station außerdem von Ende Oktober bis Mitte November 2008 für die Ausstellung „Weltmaschine“, eine Exposition über die Aktivitäten rund um den Teilchenbeschleuniger LHC am Internationalen Forschungsinstitut CERN.

Teil-Fertigstellung als U55

Eröffnung der U-Bahn-Linie 55 am 8. August 2009
Zitat am Treppenausgang:

„Gefahren lauern auf diejenigen, die nicht auf das Leben reagieren“
  besser bekannt als:
„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“

M. Gorbatschow, 6. Oktober 1989

Blick in den im Schildvortriebverfahren errichteten Tunnel zwischen den Bahnhöfen Brandenburger Tor und Bundestag

Als der Bund drohte, die schon geleisteten Finanzhilfen wegen des Baustopps zurückzufordern, wurde 2003 beschlossen, den schon fertigen Abschnitt als ‚Mini-U-Bahn-Linie‘ zu betreiben. Sie soll, um die Fahrgäste nicht zu verwirren, U55 heißen. Unter dem SPD-Senator Peter Strieder sollte der Bahnhof Brandenburger Tor, der noch nicht fertiggestellt war, nur für Kurzzüge mit einem Ausgang errichtet werden. Nach dem Rücktritt des Senators und der Übernahme des Amtes durch Ingeborg Junge-Reyer wurden diese Pläne geändert: So sollte der Bahnhof Brandenburger Tor nun komplett ausgebaut werden. Da dies jedoch wesentlich mehr Zeit in Anspruch nahm, dauerten die Bauarbeiten bis Sommer 2009. Bis Oktober 2005 wurde noch mit einem provisorischen Betrieb während der Fußballweltmeisterschaft 2006 gerechnet. Doch aufgrund von Grundwasserproblemen verzögerte sich der Bau, sodass die komplette Einweihung der 1,8 Kilometer[6] langen Linie – dann jedoch mit einem 120 Meter langen Bahnsteig Brandenburger Tor – erst am 8. August 2009[7] stattfand. Ein zuvor angekündigter Inselbetrieb zwischen den Stationen Hauptbahnhof und Bundestag ab 28. Mai 2006 fand wegen Unrentabilität nicht statt.

Die Strecke wird seit dem 9. August 2009 im Pendelbetrieb bedient. Dabei fährt der Zug zwischen 4:45 Uhr und 0:45 Uhr (sonntags ab 5:45 Uhr) alle zehn Minuten jeweils um die Minute 0 ab Brandenburger Tor und um die Minute 5 ab Hauptbahnhof. Die Fahrt dauert 2½ Minuten, wobei pro Schicht nur ein Fahrer im Einsatz ist. Für die U55 hat die Betriebsabteilung der BVG den Bahnhofsmanagerbezirk „Hauptbahnhof“ gebildet. Pro Schicht sind zwei Bahnhofsmanager im Einsatz; einer pendelt über die drei Bahnhöfe und löst in regelmäßigen Abständen den Fahrer ab und der zweite betreut von der SIS-Zentrale am Alexanderplatz neben der U55 die U5, die U8 und die U9. Besonderheiten der Linie U55 sind das Fehlen eines Anschlusses an das Berliner U-Bahn-Netz und eine von Hand zu bedienende Weichenanlage am Hauptbahnhof. Für die eingleisige Strecke mit nur einem Zug gibt es eine vereinfachte Zugsicherung ohne Hauptsignale.

Auf der Strecke fahren acht Wagen vom Typ F79, die für die Strecke angepasst wurden. Geplant war, dass vier Wagen als Fahrgastzug unterwegs sind und vier Wagen als Reserve in einer Hilfswerkstatt ohne Arbeitsgruben am Hauptbahnhof stehen. Mittlerweile werden auch sechs Wagen aufgrund der temporären und unerwartet hohen Zahl an Fahrgästen – vornehmlich Touristen – eingesetzt. Durchschnittlich transportiert die U55 rund 6200 Passagiere pro Tag, erwartet wurden 6400.[8] Die Werkstatt besteht aus zwei Seitenbahnsteigen auf Gitterrosten für die Reinigung der Wagen und einer Fahrzeughebeanlage. Wegen der fehlenden Anbindung an das Berliner U-Bahn-Netz wurden die Wagen am 23. und 24. Juli 2009 mit einem Kran durch die Materialeinlassöffnung in der Nähe der Invalidenstraße auf das Gleis abgelassen.[6]

Der Bund förderte das Teilstück der U55 mit 170 Mio. Euro.[9]

Die Benennung des U-Bahnhofes Bundestag (der ursprüngliche Planungsname war Reichstag) geht auf eine Initiative des Ältestenrates des Deutschen Bundestages zurück, dessen Wunsch eine Benennung nach dem aktuellen Namen des deutschen Parlamentes war. Dieser Name wird auch der Lage des Bahnhofs besser gerecht, da er sich nicht vor dem Reichstagsgebäude, sondern vor dem Paul-Löbe-Haus des Bundestages befindet.

Wegen des zunächst erwarteten geringen Fahrgastaufkommens wurden an der Station Bundestag noch keine Rolltreppen eingebaut. Eine Nachrüstung ist für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen. Die für Rolltreppen vorgesehenen Bereiche neben den Treppenabgängen sind provisorisch mit Blechen verkleidet, damit keine Gefahrenquellen entstehen.

Weiterbau seit 2010

Die Arbeiten zum Weiterbau der Strecke Alexanderplatz – Hauptbahnhof haben inzwischen begonnen. Die Bauarbeiten für den Tunnel zum Alexanderplatz mussten gemäß Hauptstadtfinanzierungsvertrag spätestens ab 2010 fortgeführt werden. Der Berliner Senat gelangte zudem durch eine Entscheidung der Bundesregierung vom 4. Juli 2007, das Berliner Stadtschloss wieder aufzubauen, unter Zugzwang, da die Verlängerung der U5/U55 unter dem Schloss hindurchlaufen und ein Eingang in das Gebäude integriert werden soll. Die Kosten der Fortführung der Kanzler-U-Bahn werden auf mindestens 400 Mio. Euro taxiert, von denen das Land Berlin 100 Mio. Euro tragen soll.[9] Durch die Kostensteigerungen beim Bau des bereits eröffneten Teilstückes wurden hierfür bereits rund 320 Mio. Euro ausgegeben. Der Weiterbau der Trasse bis zum Alexanderplatz wird mit 433 Mio. Euro veranschlagt (Stand: 2009).[2]

Baumfällarbeiten im Marx-Engels-Forum und Unter den Linden als erste Bauvorbereitungen für den Weiterbau begannen im April 2009. An den zukünftigen Stationen Berliner Rathaus und Humboldtforum wurde mit archäologischen Ausgrabungen begonnen, die den U-Bahnbau vorbereiten sollen.[10] Das Marx-Engels-Forum wird als Baustelleneinrichtung und als Startpunkt der Schildvortriebsmaschine genutzt werden.

Gemäß aktueller Planungen soll die neue Station Berliner Rathaus am Ende des derzeit als Wendeanlage genutzten und seit 1930 bestehenden Tunnels vom U-Bahnhof Alexanderplatz (U5) bis 2014 errichtet werden. Daran anschließend wird die Tunnelstrecke Unter den Linden per Schildvortrieb aufgefahren. Die Inbetriebnahme der Gesamtstrecke zum Hauptbahnhof ist für Sommer 2017 vorgesehen.[11]

Langfristige Verlängerungsoptionen

Obwohl die Kosten-Nutzen-Analyse für die Verlängerung bis Turmstraße (U9) bereits positiv verlief, steht für diesen Abschnitt kein Bautermin fest. Die Planungen sehen weiter vor, dass die Linie von dort über Jungfernheide (U7) sowie ursprünglich bis zum Flughafen Tegel und von dort weiter Richtung Reinickendorf verlängert werden sollte. Die Bahnhöfe Turmstraße und Jungfernheide sind dafür bereits zum Zeitpunkt ihres Baus in den frühen 1960er- bzw. späten 1970er Jahren als zukünftige Kreuzungsbahnhöfe ausgelegt worden (siehe Abschnitt Planungsgeschichte). In Jungfernheide sind die beiden ungenutzten Gleiströge für die Fahrgäste direkt sichtbar; im Bahnhof Turmstraße ragt der ungenutzte Bahnsteig ins Hallendach der U9 und wird als Treppenzugang genutzt. Die Realisierung der Verlängerungspläne ist angesichts der Haushaltslage Berlins ungewiss, zumal der Flughafen Tegel im Juni 2012 zu Gunsten des Flughafens Berlin Brandenburg geschlossen werden soll.

Weblinks

 Commons: U55 (Berlin) – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. U-Bahnlinie 55 hat Betrieb aufgenommen. Rundfunk Berlin-Brandenburg, 8. August 2009, abgerufen am 9. August 2009.
  2. a b c Klaus Kurpjuweit: Der lange Weg zur kurzen U-Bahn. Der Tagesspiegel, 5. August 2009, abgerufen am 12. Dezember 2009.
  3. Peter Neumann: Bund und Land einigen sich: U5 fährt erst 2015. Berliner Zeitung, 8. Juli 2000, abgerufen am 9. August 2009.
  4. a b Meldung Berlin: Trauerspiel um die U55. In: Eisenbahn-Revue International. Heft 12/2005, S. 560.
  5. Meldung Keine U-Bahn zur WM. In: Eisenbahn-Revue International. Heft 6/2006, ISSN 1421-2811, S. 272.
  6. a b Kerstin Marquard: In zweieinhalb Minuten vom Berg ins Tal. (PDF) In: plus_08 Das Kundenmagazin der BVG. August 2009, S. 14–16. Abgerufen am 19. August 2009.
  7. Peter Neumann: Was lange währt, wird endlich die U 55. Berliner Zeitung, 7. November 2008, abgerufen am 9. August 2009.
  8. Artikel: Kleine heile Welt im Untergrund. In: Berliner Zeitung vom 6. August 2010, abgerufen am 8. August 2010.
  9. a b Peter Neumann, Jan Thomsen: Planspiele für Tempelhof. Berliner Zeitung, 14. November 2006, abgerufen am 9. August 2009.
  10. Neue Ausgrabungen am Roten Rathaus haben begonnen. Der Tagesspiegel, 26. Oktober 2009, abgerufen am 12. Dezember 2009.
  11. U5 Lückenschluss Anwohner-Newsletter November 2010. Abgerufen am 12. Januar 2011.

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