Tupí (Sprache)

Tupí (Sprache)

Die Tupí-Sprache ist eine Sprache, die vor der Conquista und während der portugiesischen Kolonialzeit über ein weites Gebiet entlang der gesamten Atlantikküste Brasiliens gesprochen wurde. Die tupísprachigen Ethnien werden als Tupí bezeichnet. Aus Varianten des Tupí entwickelten sich zwei Verkehrssprachen, die als Lingua franca in Brasilien dienten, und zwar im Gebiet entlang der Küste bzw. in Amazonien.

Als die Portugiesen mit der Eroberung Brasiliens begannen, fanden sie heraus, dass die Ureinwohner entlang der riesigen Küste überall nahe miteinander verwandte Mundarten sprachen, so dass sie von der „Allgemeinen Sprache“ (Lingua geral) sprachen. Die Jesuiten schrieben die Sprache auf und verwendeten sie für die Missionierung. Dabei entwickelten sich zwei Tupí-Varianten als Verkehrssprache.

Grundlage für die Südliche Allgemeine Sprache (Língua geral austral oder Língua geral paulista) war das Tupí der Region São Paulo (bei SIL International Tupí [tpw], auch Alt-Tupí oder Tupí antiguo). Diese Sprache war bis ins 18. Jahrhundert Hauptverkehrssprache der portugiesischen Kolonie Brasilien, auch für die weißen Einwanderer. Nach der Vertreibung der Jesuiten 1759 verlor sie an Bedeutung, wurde im Zuge der verstärkten portugiesischen Einwanderung vom Portugiesischen verdrängt und starb im 19. Jahrhundert aus.

Auch die Allgemeine Sprache Amazoniens (Língua geral amazônica), welche auf der Tupí-Mundart der Tupinambá (bei SIL Tupinambá [tpn], gesprochen zwischen Rio de Janeiro und Amazonas) beruhte und als Verständigungsmittel zwischen sprachlich völlig unterschiedlichen indigenen Ethnien wie auch mit den Weißen diente, wurde vom Portugiesischen zurückgedrängt. Es gibt jedoch noch etwa 8.000 Sprecher im Gebiet des Río Negro, wo es unter dem Namen Nheengatu („gute Sprache“) bekannt ist.

Zu den Tupí-Sprachen (oder – je nach Sicht – Tupí-Mundarten, gemeint ist nicht die Tupí-Sprachfamile / Tupian gemäß SIL) innerhalb der Tupí-Guaraní-Sprachen gehören neben den ausgestorbenen Sprachen Alt-Tupí (São Paulo), Tupinambá, Tupinkin und Potiguara nur noch drei überlebende Sprachen: Nheengatu, Omagua und Cocama. Die beiden letztgenannten sind jedoch fast ausgestorben. Eng verwandt mit diesen Sprachen ist auch Guaraní mit seinen verschiedenen Varianten.

Das Tupí hat den Wortschatz des brasilianischen Portugiesisch um hunderte von Wörtern, vor allem aus dem Bereich der Botanik und Zoologie erweitert. Zu den Tupí-Wörtern, die bis ins Deutsche gelangt sind, gehören unter anderem Piranha („Zahn-Fisch“), Tapir, Kaschu (auch Cashew, „Nierenbaum“), Marakuja („Pflanze, die Früchte gibt“), Maniok („Haus der Göttin Mani“) und Karioka („Bewohner des Hauses von Kari“ = Einwohner von Rio de Janeiro nach dem Dorf Karioka, an dessen Stelle Rio erbaut wurde). Die beiden wohl bekanntesten Wörter der Tupí-Sprache im Deutschen sind Ananas („gutriechende Frucht“) und Jaguar („Dschungelhund“).

Das Wort „Tupí“ selbst bedeutet im Tupí so viel wie „großer Vater“ oder „Führer“.

Literatur

  • Campbell, Lyle (1997). American Indian Languages: The historical linguistics of Native America. New York: Oxford University Press. ISBN 0195140508

Weblinks


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